Norm
PVG §10 Abs4Schlagworte
Beratung des DL mit DA; Niederschrift über Beratungsergebnis; PVG-Verletzung durch fehlende NiederschriftText
B 6-PVAB/20
Prüfungsergebnis
Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Mag. Walter HIRSCH als Vertreter der Dienstnehmer/innen die im Wege des Zentralausschusses beim Bundesministerium für Justiz für die Bediensteten des Exekutivdienstes der Justizanstalten (ZA) gemäß § 41 Abs. 5 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG), BGBl. Nr. 133/1967, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2019, eingebrachte Beschwerde des Dienststellenausschusses (DA) bei der Justizanstalt X (JA) gegen die Dienststellenleitung (DL) wegen behaupteter Verletzung des PVG durch Nichtübermittlung der Niederschrift einer Beratung mit dem DA gemäß § 41 Abs. 4 PVG mit folgendem Ergebnis geprüft:
Die DL hat das PVG in der in Beschwerde gezogenen Angelegenheit verletzt.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2020 wurde der PVAB vom zuständigen Zentralausschuss beim BMJ (ZA) die Beschwerde des DA vom 17. September 2020 übermittelt.
Der DA hatte in seiner Sitzung vom 17. September 2020 beschlossen, Beschwerde an die PVAB wegen Verletzung des PVG durch die DL der JA in der Angelegenheit der Nichtübermittlung der Niederschrift über ein Beratungsgespräch gemäß § 10 Abs. 4 PVG mit dem DA am XY. Juli 2020 zu erheben.
Nach § 41 Abs. 4 PVG kann sich ein Personalvertretungsorgan (PVO) wegen behaupteter Verletzung des PVG innerhalb des letzten Jahres durch ein Organ des DG bei der PVAB beschweren, wobei solche Beschwerden im Wege des zuständigen ZA einzubringen sind.
Nach ständiger Rechtsprechung der PVAK, an der auch die PVAB unverändert festhält, muss die behauptete Verletzung des PVG innerhalb des letzten Jahres vor dem Beschluss des PVO, der der Beschwerde an die PVAB zugrunde liegt, erfolgt sein (Schragel, § 41, Rz 33, mwN).
Die in Beschwerde gezogene behauptete Verletzung des PVG ereignete sich zwischen XY. Juli 2020 und 17. September 2020. Der DA beschloss am 17. September 2020, wegen der behaupteten Verletzung des PVG durch fehlende Niederschrift Beschwerde an die PVAB im Wege des ZA zu erheben. Der relevante Jahreszeitraum liegt zwischen 17. September 2019 und 17. September 2020. Die Beschwerde des DA über die Verletzung des PVG zwischen XY. Juli 2020 und 17. September 2020 erfolgte fristgerecht iSd § 41 Abs. 4 PVG.
Der Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Am XY. Juli 2020 fanden Beratungen gemäß § 10 Abs. 4 PVG zwischen DL und DA zu einem Antrag des DA (Gleichstellung von Justizwachebeamtinnen) statt.
In der Folge wurde dem DA keine Niederschrift über das Beratungsergebnis zur Verfügung gestellt.
Mit E-Mail vom 20. Juli 2020 wurde die Übermittlung der Niederschrift vom DA-Vorsitzenden urgiert.
Mit E-Mail vom 18. September 2020 wurde dem DA ein Dokument „Besprechung mit dem DA“ mit der Überschrift „Termin mit dem DA am 6. Juli 2020, 9 Uhr“ übermittelt, das den Gang der Beratung in zusammenfassender Darstellung enthält. Das Dokument war von der DL eh. unterfertigt worden. In diesem E-Mail an den DA wurde diesem erklärend mitgeteilt, nach Durchsicht der Unterlagen sei aufgefallen, dass das gewünschte Dokument noch nicht geschickt wurde; dieses sei in den Akten untergegangen, wofür um Nachsicht ersucht werde, weshalb es nunmehr nachgereicht werde.
Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen wurden dem Beschwerde führenden DA und der DL mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2020 übermittelt.
Der ZA hatte die Beschwerde weitergeleitet, ohne sich inhaltlich dazu zu äußern, weshalb seine Einbindung nicht geboten war.
Der DA erhob in seiner Stellungnahme vom 2. November 2020 keinen Einwand gegen die Sachverhaltsfeststellungen der PVAB, legte jedoch Wert auf die Feststellung, dass die geforderte Niederschrift dem DA erst am 18. September 2020, also nach Übermittlung der Beschwerde des DA an den ZA, dem DA übermittelt wurde.
Dem Zeitpunkt der Übermittlung der „Niederschrift“ der DL kommt im gegenständlichen Prüfungsverfahren jedoch keine rechtliche Relevanz zu, weil es sich dabei nicht um eine Niederschrift iSd § 10 Abs. 4 letzter Satz PVG handelt (siehe dazu näher im Folgenden).
Die DL übermittelte innerhalb der ihr gesetzten Frist keine Stellungnahme zu den von der PVAB getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, weshalb angenommen werden muss, dass ihrerseits keine Einwände dagegen bestehen.
Rechtliche Beurteilung
In § 10 Abs. 4 PVG ist vorgesehen, dass sich die/der DL auf Verlangen des DA mit diesem über Anträge, Anregungen und Vorschläge des DA zu beraten hat.
Nach § 10 Abs. 4 letzter Satz PVG ist das Beratungsergebnis von der/dem DL in Form einer Niederschrift festzuhalten.
Dabei muss es sich um eine – von allen Teilnehmer/innen unterfertigte – Niederschrift iSd § 14 AVG handeln und nicht bloß einseitig um ein „Protokoll“ (Schragel, PVG, § 10, Rz 27; PVAB 18. September 2017, B 5-PVAB/17, mwN).
Im vorliegenden Fall wurde dem DA zunächst überhaupt kein Dokument über die Ergebnisse der Beratung vom 6. Juli 2020 über den Antrag des DA auf Gleichstellung der Justizwachebeamtinnen übermittelt. Nach Urgenz des DA-Vorsitzenden vom 20. Juli 2020 wurde dem DA mit E-Mail vom 18. September 2020 ein einseitig von der DL unterfertigtes Dokument mit dem Namen „Besprechung mit dem DA“ übermittelt, das ohne rechtlichen Zweifel keine Niederschrift iSd § 14 AVG und des § 10 Abs. 4 PVG darstellt.
Da die DL der zwingenden Vorgabe des § 10 Abs. 4 letzter Satz PVG, das Beratungsergebnis in einer Niederschrift nach § 14 AVG festzuhalten, nicht nachgekommen ist, hat sie das PVG verletzt.
Die Beschwerde war berechtigt.
Wien, am 3. November 2020
Die Vorsitzende:
Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:PVAB:2020:B6.PVAB.20Zuletzt aktualisiert am
18.12.2020