Entscheidungsdatum
28.09.2020Index
90/02 KraftfahrgesetzNorm
KFG §103 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Ivica Kvasina über die Beschwerde des Herrn Komm.Rat A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 30.10.2019, Zl. MA67/...1/2019, betreffend Übertretung des § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz (KFG) und § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG),
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 25,60 (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.
III. Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haftet die C. GmbH zusätzlich für die Kosten des Beschwerdeverfahrens zur ungeteilten Hand.
IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Verfahrensgang:
1. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet wie folgt:
„1. Datum: 01.08.2019
Ort: Wien, D.-straße
Betroffenes Fahrzeug: Kennzeichen: W-... (A)
Funktion: handelsrechtlicher Geschäftsführer/in
Die Firma C. GmbH in Wien, E. 1 wurde als Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen W-... mit Schreiben vom 15.07.2019 aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer dieses Fahrzeug am 03.05.2019 von 11:50 Uhr bis 12:01 Uhr in Wien, E. 1 gelenkt bzw. vor diesem Zeitpunkt abgestellt hat. Sie haben als Verantwortlicher der genannten Firma diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist von 2 Wochen nach Zustellung des Schreibens erteilt. Sie haben auch keine andere Person benannt, die die Auskunft hätte erteilen können.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
1. § 103 Abs. 2 KFG und § 9 Abs. 1 VStG
2. § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:
Geldstrafe von
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
Freiheitsstrafe von
Gemäß
1. € 128,00
1 Tage(n) 6 Stunde(n) 0 Minuten
§ 134 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967)
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 12,80 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10 für jedes Delikt.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€ 140,80
Die C. GmbH, mit Sitz in Wien, E. 1, haftet für die mit diesem Bescheid über den zur Vertretung nach außen Berufenen Herrn A. B., verhängte Geldstrafe von EUR 128,00, die Verfahrenskosten in der Höhe von EUR 12,80 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.“
2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29.11.2019 fristgerecht Beschwerde, in welcher er vorbringt, dass der dem Straferkenntnis zugrunde liegende Sachverhalt bereits verfahrensrechtlich abgehandelt worden sei, sodass gegen den Grundsatz „ne bis in idem“ verstoßen werde und ein nichtiges Verfahren bestehe. Wegen des behaupteten Sachverhaltes sei die Anonymverfügung vom 27.05.2019 sowie eine weitere Anonymverfügung vom 07.06.2019 erlassen worden. Aufgrund der in weiterer Folge erhobenen Einsprüche sei mit Note vom 07.06.2019 an den Fahrer Herrn F. die Mitteilung gerichtet worden, dass kein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werde. Da amtsbekannt gewesen sei, dass Herr F. der Fahrer am 03.05.2019 war und die Verfahrensbeendigung durch die MA 67 erklärt worden sei, sei für weitere Verfahrensschritte – wie das hier angefochtene Straferkenntnis – kein rechtlicher Raum mehr vorhanden. Es werde daher beantragt, das Verfahren einzustellen.
3. Der Verwaltungsakt wurde seitens der belangten Behörde am 02.01.2020 (einlangend) dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vorgelegt. Auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung sowie auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde verzichtet.
4. Am 08.06.2020 übermittelte die belangte Behörde – über Ersuchen des Verwaltungsgerichtes Wien vom 02.06.2020 – den (elektronischen) Akt zur Zahl MA67/...0/2019.
Feststellungen:
1. Der Beschwerdeführer, Herr A. B., ist – seit 14.07.1997 bis dato – handelsrechtlicher Geschäftsführer der C. GmbH mit Sitz in Wien, E. 1.
2. Die C. GmbH wurde am 03.05.2019 als Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen W-... seitens des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, angezeigt, da dieses Fahrzeug am 03.05.2019, 11:50 Uhr, bis 03.05.2019, 12:01 Uhr, in Wien, E. 1, auf einer Straßenstelle geparkt gewesen sei, die mit einer Zickzacklinie gekennzeichnet gewesen sei. Dieses Verfahren wurde bei der Magistratsabteilung 67 zur Zahl MA67/...0/2019 geführt.
3. An die C. GmbH wurde in weiterer Folge die Anonymverfügung vom 27.05.2019 zur Zahl MA67/...0/2019 mit folgendem Inhalt zugestellt:
„1. Datum/Zeit: 03.05.2019, 11:50 Uhr – 03.05.2019, 12:01 Uhr
Ort: Wien, E. 1, Nebenfahrbahn
Betroffenes Fahrzeug: Kennzeichen: W-... (A)
Funktion: Zulassungsbesitzer(in)
Sie haben auf einer Straßenstelle, die mit einer Zickzacklinie gekennzeichnet war, geparkt.
Es wurden dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
1. § 24 Abs. 3 lit. a StVO
Für die Übertretung dieser Vorschrift(en) wurde gemäß § 49a des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG mit entsprechender Verordnung des Magistrats der Stadt Wien die Zulässigkeit der Vorschreibung einer Anonymverfügung festgesetzt.
Es wird/werden daher durch Anonymverfügung vorgeschrieben:
Geldstrafe von
gemäß
1. € 58,00
§ 99 Abs. 3 lit. a StVO
Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt:
€ 58,00“
4. Mit E-Mail vom 04.06.2019, welche bei der belangten Behörde am 05.06.2019 einlangte, teilte ein gewisser Herr G. F. – offenbar in Reaktion auf die an die C. GmbH gerichtete Anonymverfügung vom 27.05.2019 - zur Zahl MA67/...0/2019 mit, dass es die beschriebene Bodenmarkierung (Zickzacklinie) an der angegebenen Adresse (gemeint: Wien, E. 1) nicht gebe und fügte der E-Mail eine Fotokopie der Örtlichkeit bei.
5. Mit Schreiben vom 07.06.2019, ebenfalls zur Zahl MA67/...0/2019, teilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, Herrn G. F. Folgendes mit:
„Eingabe zur Anonymverfügung
Sehr geehrter Herr F.!
Die Magistratsabteilung 67 teilt zu Ihrer Eingabe vom 5.6.2019 betreffend die gegenständliche Anonymverfügung mit, dass kein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wird und somit keine Zahlung mehr zu leisten ist.“
(Hervorhebung im Original enthalten)
6. An die C. GmbH wurde in weiterer Folge die Anonymverfügung vom 07.06.2019 zur Zahl MA67/...0/2019 mit folgendem Inhalt zugestellt:
„1. Datum/Zeit: 03.05.2019, 11:50 Uhr – 03.05.2019, 12:01 Uhr
Ort: Wien, E. 1, Nebenfahrbahn
Betroffenes Fahrzeug: Kennzeichen: W-... (A)
Funktion: Zulassungsbesitzer(in)
Sie haben das Fahrzeug mit zwei Rädern auf dem Gehsteig, welcher hierdurch vorschriftswidrig benützt wurde, abgestellt, obwohl die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art verboten ist und die Ausnahmebestimmungen nach § 8 Abs. 4 Ziffer 1 bis 3 StVO 1960 nicht vorlagen.
2. Datum/Zeit: 03.05.2019, 11:50 Uhr – 03.05.2019, 12:01 Uhr
Ort: Wien, E. 1, Nebenfahrbahn
Betroffenes Fahrzeug: Kennzeichen: W-... (A)
Funktion: Zulassungsbesitzer(in)
Sie haben vor einer Hauseinfahrt geparkt.
Es wurden dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
2. § 24 Abs. 3 lit. b StVO
Für die Übertretung dieser Vorschrift(en) wurde gemäß § 49a des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG mit entsprechender Verordnung des Magistrats der Stadt Wien die Zulässigkeit der Vorschreibung einer Anonymverfügung festgesetzt.
Es wird/werden daher durch Anonymverfügung vorgeschrieben:
Geldstrafe(n) von
gemäß
1. € 48,00
§ 99 Abs. 3 lit. a StVO
2. € 68,00
§ 99 Abs. 3 lit. a StVO
Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt:
€ 116,00“
7. Da auf die Anonymverfügung vom 07.06.2019 keine Reaktion erfolgte und insbesondere der vorgeschriebene Strafbetrag nicht rechtmäßig und rechtzeitig einbezahlt wurde, wurde die C. GmbH als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen W-... mit Lenkererhebung vom 15.07.2019, Zahl MA67/...0/2019, von der Magistratsabteilung 67 aufgefordert, der Behörde schriftlich binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens Auskunft darüber zu erteilen, wer das Kraftfahrzeug mit dem genannten Kennzeichen in Wien, E. 1, abgestellt hat, sodass es dort am 03.05.2019 um 11:50 Uhr gestanden ist. Dieses Schreiben wurde der C. GmbH am 17.07.2019 durch persönliche Übergabe an einen Arbeitnehmer zugestellt.
8. Weder der Beschwerdeführer selbst, noch die C. GmbH beantwortete die Lenkererhebung vom 15.07.2019, sodass in weiterer Folge seitens des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer und damit Verantwortlichen der C. GmbH wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 zur Zahl MA67/...1/2019 das hier gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet und letztlich das angefochtene Straferkenntnis erlassen wurde.
Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen gründen sich auf den unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt, an dessen Vollständigkeit und Richtigkeit das Verwaltungsgericht Wien keine Zweifel hegt.
Die Tatsache, dass weder der Beschwerdeführer selbst, noch die C. GmbH die Lenkererhebung vom 15.07.2019 beantwortete, blieb im gesamten Verfahren unbestritten. Das Beschwerdevorbringen bezieht sich ausschließlich darauf, dass der „zugrunde liegende Sachverhalt bereits verfahrensrechtlich abgehandelt“ worden und der Lenker – Herr G. F. – der belangten Behörde ohnehin bekannt gewesen sei, sodass keine Verpflichtung bestanden habe, der Lenkererhebung vom 15.07.2019 nachzukommen.
Das Verwaltungsgericht hat erwogen:
1. Gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Die Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG schützt das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerung möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung. Das nach § 103 Abs. 2 KFG strafbare Verhalten liegt darin, dass der befragte Zulassungsbesitzer innerhalb der gesetzten Frist keine richtige Auskunft erteilt hat. Lediglich dann, wenn der Zulassungsbesitzer der Behörde auf Verlangen bereits einmal Auskunft erteilt hat, ist der Anspruch der Behörde auf Auskunft konsumiert und die Nichtbefolgung eines etwaigen weiteren Verlangens nach Auskunft nicht strafbar (vgl. VwGH vom 09.06.2015, Ro 2015/02/0010 mwN).
Die Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG gibt der Behörde nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch keine Handhabe, willkürlich vorzugehen und grundlos eine Auskunft zu verlangen; solange ein Verwaltungsstrafverfahren nicht abgeschlossen bzw. die Verjährungsfrist nicht abgelaufen ist, kann jedenfalls nicht von einem willkürlichen oder grundlosen Verlangen gesprochen werden (vgl. VwGH vom 09.06.2015, Ro 2015/02/0010; 12.07.1994, Zl. 92/03/0200; 15.01.1992, Zl. 91/03/0349).
2. Für den gegenständlichen Fall ergibt sich daher Folgendes:
2.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass ihm bzw. der C. GmbH das schriftliche Auskunftsverlangen der belangten Behörde vom 15.07.2019 zugekommen ist und auch nicht, dass er handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma C. GmbH, die Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen W-... ist, zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens war.
§ 9 Abs. 1 VStG bestimmt, dass für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich ist, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Ist keine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG erfolgt, so ist jeder zur Vertretung nach außen Berufene der juristischen Person für die Beantwortung einer Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG zuständig und für die Nichterteilung der Auskunft strafrechtlich verantwortlich. Dies gilt auch dann, wenn die Lenkeranfrage nach § 103 Abs. 2 KFG nicht an den handelsrechtlichen Geschäftsführer einer GmbH, sondern an die GmbH selbst ergangen ist (VwGH vom 07.03.2017, Ra 2016/02/0145, mwN). Der Beschwerdeführer ist als handelsrechtlicher Geschäftsführer der C. GmbH zur Vertretung nach außen Berufener und daher für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften dieser juristischen Person verantwortlich. Ein verantwortlich Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG wurde nicht bestellt.
Die Lenkererhebung vom 15.07.2019 wurde am 17.07.2019 zugestellt und wurde dieser – unstrittig – nicht binnen zwei Wochen entsprochen, da weder Auskünfte über den vollen Namen noch die vollständige Anschrift des Lenkers bekannt gegeben wurden, welcher das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen W-..., in Wien, E. 1, abgestellt hat, sodass es dort am 03.05.2019 um 11:50 Uhr gestanden ist. Es erfolgte schlicht überhaupt keine Reaktion des Beschwerdeführers bzw. der C. GmbH auf das Auskunftsverlangen der belangten Behörde vom 15.07.2019.
2.2. Festzuhalten ist, dass – entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Einspruch, wonach „in dieser Angelegenheit bereits zwei Lenkererhebungen stattgefunden“ hätten und „als Folge dieser unser Chauffeur Herr G. F. auch genannt“ worden sei – weder dem Akt zu MA67/...1/2019, noch zu MA67/...0/2019, zu entnehmen ist, dass die belangte Behörde in gegenständlicher Angelegenheit vor der Lenkererhebung vom 15.07.2019 bereits ein Auskunftsverlangen an die C. GmbH gerichtet hätte respektive Herr G. F. von dieser als Lenker bekanntgegeben worden wäre. Eine bereits eingetretene „Konsumierung“ des Anspruches der Behörde auf Auskunft aufgrund einer bereits zuvor erteilten Auskunft lag daher zum Zeitpunkt der Zustellung der Lenkererhebung vom 15.07.2019 nicht vor.
2.3. Das gegenständliche Auskunftsverlangen vom 15.07.2019 ist aufgrund folgender Erwägungen auch weder willkürlich noch grundlos (vgl. VwGH vom 09.06.2015, Ro 2015/02/0010; 12.07.1994, 92/03/0200 mwN) ergangen:
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist zwar insofern zu folgen, als Herrn G. F. von der belangten Behörde mit Schreiben vom 07.06.2019 mitgeteilt wurde, dass betreffend die Anonymverfügung vom 27.05.2019 (hinsichtlich des Vorwurfes der Übertretung des § 24 Abs. 3 lit. a StVO) kein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werde.
Insofern der Beschwerdeführer durch sein Beschwerdevorbringen, „die Sache sei bereits verfahrensrechtlich abgehandelt worden“, in dieser Mitteilung der belangten Behörde vom 07.06.2019 (vgl. Punkt 5. der Feststellungen) offenkundig einen „Abschluss“ des der Lenkererhebung zugrunde liegenden Verwaltungsstrafverfahrens erblickt – welcher der in Rede stehenden Lenkererhebung im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tatsächlich die Grundlage entzogen hätte –, ist darauf hinzuweisen, dass bei dieser Argumentation das Wesen einer Anonymverfügung verkannt wird.
Die in § 49a VStG geregelte Anonymverfügung bietet den Behörden die Möglichkeit, bei geringfügigen Verwaltungsübertretungen eine im Vorhinein festgesetzte Geldstrafe (ohne Ersatzfreiheitsstrafe) vorzuschreiben, ohne den wahren Täter ausforschen zu müssen. Die Anonymverfügung wird damit gegen einen unbekannten Täter erlassen und bildet eine Besonderheit in dem sonst vom Schuldprinzip beherrschten Verwaltungsstrafrecht.
Die Anonymverfügung ist keine Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs 2 VStG (vgl. ausdrücklich § 49a Abs 6 VStG). Dies ist die notwendige Konsequenz dessen, dass sich eine Verfolgungshandlung gegen eine „bestimmte Person als Beschuldigten“ zu richten hat, mit der Anonymverfügung aber keine „bestimmte Person“ als Täter verfolgt wird (VwGH vom 17.06.1994, Zl. 93/17/0097).
Wird von einer fristgerechten oder/und rechtmäßigen Entrichtung des in der Anonymverfügung vorgeschriebenen Strafbetrages abgesehen, wird die Anonymverfügung gemäß § 49a Abs. 6 VStG gegenstandslos und die Behörde hat den Sachverhalt möglichst zu klären und Nachforschungen nach dem unbekannten Täter einzuleiten. Die Anonymverfügung tritt mit anderen Worten außer Kraft und die Behörde hat den wahren Täter auszuforschen und die dafür nötigen Ermittlungen anzustellen.
Vor dem Hintergrund des Gesagten ist weder durch die Anonymverfügung vom 27.05.2019, noch durch die Anonymverfügung vom 07.06.2019 die Einleitung eines (ordentlichen) Verwaltungsstrafverfahrens erfolgt, sodass ein solches folglich auch nicht „abgeschlossen“ sein konnte. Indem die in den jeweiligen Anonymverfügungen festgesetzten Geldstrafen nicht fristgerecht entrichtet wurden, war die belangte Behörde daher verpflichtet den wahren Täter auszuforschen und die dafür nötigen Ermittlungen anzustellen.
Eine vom Beschwerdeführer vorgebrachte Verletzung des Grundsatzes „ne bis in idem“ (Verbot der neuerlichen Strafverfolgung und Bestrafung in derselben Sache nach deren rechtskräftigen Entscheidung) liegt daher schon deshalb nicht vor, weil die Anonymverfügungen gegen einen unbekannten Täter erlassen wurden (die Zustellung erfolgte vor dem Hintergrund des § 49a Abs. 5 VStG an die C. GmbH als Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen W-..., weil die Behörde mit Grund annehmen konnte, dass die C. GmbH oder ein für sie gemäß § 9 verantwortliches Organ den Täter kennt oder leicht feststellen kann), eine Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten noch nicht gesetzt wurde und daher keine „Sache“ vorlag (weil noch gar kein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden war), wegen derer der Beschwerdeführer „neuerlich“ verfolgt bzw. bestraft werden hätte können. Es konnte daher – entgegen dem Beschwerdevorbringen – auch keine „Verfahrensbeendigung“ (im Sinne einer Einstellung des Verfahrens) durch die belangte Behörde erfolgen, weil ein solches (Verwaltungsstraf-)Verfahren noch gar nicht eingeleitet worden war; eine solche „Verfahrensbeendigung“ ist der an Herrn G. F. gerichteten Mitteilung der belangten Behörde vom 07.06.2019 darüber hinaus ohnehin nicht zu entnehmen, da damit explizit nur mitgeteilt wurde, dass betreffend die Anonymverfügung vom 27.05.2019 kein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werde.
Aus der Mitteilung der belangten Behörde vom 07.06.2019 ergab sich überdies keine „Sperrwirkung“ dahingehend, dass die Behörde für dieselbe Tat (auch unter Anwendung einer anderen Verwaltungsvorschrift) keine neue Anonymverfügung hätte zustellen dürfen. Die Anonymverfügung vom 27.05.2019 trat – mangels fristgerechter Entrichtung der festgesetzten Geldstrafe – ebenso außer Kraft wie die Anonymverfügung vom 07.06.2019 und war die belangte Behörde daher verpflichtet, den wahren Täter auszuforschen, weshalb schließlich das Auskunftsverlangen vom 15.07.2019 an die C. GmbH erging.
Der Beschwerdeführer ist daher im Ergebnis mit seinem Vorbringen, wonach der „zugrunde liegende Sachverhalt bereits verfahrensrechtlich abgehandelt“ worden und er daher nicht mehr verpflichtet gewesen sei, dem Auskunftsverlangen vom 15.07.2019 nachzukommen, nicht im Recht.
Vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens, wonach der Lenker „amtsbekannt“ gewesen sei, ist zunächst festzuhalten, dass sich den verfahrensgegenständlichen Akten nicht entnehmen lässt, dass der belangten Behörde vor dem Auskunftsverlangen vom 15.07.2019 von der C. GmbH ein gewisser Herr G. F. konkret als Lenker bekannt gegeben worden wäre (siehe dazu auch bereits Punkt 2.2. der Erwägungen); selbst wenn der Behörde durch die (per E-Mail übermittelte) Mitteilung des Herrn G. F. vom 04.06.2019 der Lenker bereits mitgeteilt worden wäre, würde dies nichts daran ändern, dass die Behörde berechtigt war, ein Auskunftsverlangen nach § 103 Abs. 2 KFG an die Zulassungsbesitzerin zu richten, um – unter der Sanktionsdrohung des § 134 Abs. 1 KFG – Auskunft darüber zu erlangen, wer das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt hat oder wer über den Lenker Auskunft erteilen kann (vgl. VwGH vom 09.06.2015, Ro 2015/02/0010). Der Behörde kann es nicht verwehrt werden, die lediglich auf Indizien beruhende Annahme über die Person des Lenkers auf ein sichereres Fundament zu stellen; dies schon deswegen, um dadurch etwa einem Beschuldigten die nicht von vornherein auszuschließende Möglichkeit zu nehmen oder doch zu erschweren, in einer späteren Verfahrensphase seine Verantwortung zu wechseln und einen anderen als Lenker des Fahrzeuges zu bezeichnen (VwGH vom 15.01.1992, Zl. 91/03/0349).
Indem dem Auskunftsverlangen vom 15.07.2019 nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung am 17.07.2019 entsprochen wurde und dieses auch weder willkürlich noch grundlos ergangen ist, hat der Beschwerdeführer die objektive Tatseite des § 103 Abs. 2 KFG iVm § 9 VStG erfüllt.
2.4. Die Verwaltungsübertretung wurde auch in subjektiver Hinsicht erfüllt. Dies aus dem nachstehenden Grund:
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine verwaltungsstrafrechtliche Vorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.
Ein Ungehorsamsdelikt liegt bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes vor, wenn erstens zum Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung nicht der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört und zweitens für die Tatbegehung kein besonderes Verschulden gefordert ist.
Die angelastete Verwaltungsübertretung ist als Ungehorsamsdelikt zu qualifizieren. Bei solchen Delikten obliegt es sohin gemäß § 5 Abs. 1 VStG dem Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass im konkreten Fall die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne vorwerfbares Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, z.B. durch die Beibringung geeigneter Beweismittel bzw. die Stellung entsprechender konkreter Beweisanträge (vgl. VwGH vom 30.06.1998, Zl. 96/11/0175).
Im Verfahren haben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme fehlenden (oder auch nur geminderten) Verschuldens des Beschwerdeführers ergeben. Der Beschwerdeführer hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der C. GmbH unterlassen, die geforderte Lenkerauskunft zu erteilen. Es war daher vom Verschulden in Form eines jedenfalls fahrlässigen Verhaltens auszugehen.
Der Beschwerdeführer hat die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung daher auch in subjektiver Hinsicht begangen, weshalb das angefochtene Straferkenntnis in der Schuldfrage zu bestätigen war.
3. Zur Strafbemessung wird bemerkt:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu € 5.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer u.a. diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt.
Durch das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verhalten wurde das gesetzlich geschützte – nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als hoch einzuschätzende – Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerung möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (VwGH vom 07.03.2017, Ra 2016/02/0145), verletzt, sodass der Unrechtsgehalt der Tat an sich nicht als gering sondern sogar als hoch bezeichnet werden kann.
Das Verschulden des Beschwerdeführers war nicht als geringfügig anzusehen, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen, nur schwer hätte vermieden werden können.
Von der belangten Behörde wurde richtigerweise festgestellt, dass der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit vorliegt. Sonst kamen keine Milderungsgründe in Betracht. Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
In Ermangelung näherer Angaben zu den Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers war von durchschnittlichen Werten auszugehen.
In Anbetracht des bis zu € 5.000,-- reichenden Strafrahmens ist die Angemessenheit der Strafhöhe (lediglich rund 2,5 % des Strafrahmens) ebenfalls zu bejahen. Eine Herabsetzung wäre auch aus spezial- und generalpräventiven Überlegungen nicht möglich, eine niedrigere Strafe wäre nicht mehr geeignet den Beschwerdeführer und andere potentielle Täter in Zukunft von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.
Die Ersatzfreiheitsstrafe berücksichtigt die obigen Strafzumessungsgründe mit Ausnahme der allseitigen Verhältnisse.
4. Die Kostenentscheidungen gründen sich auf § 52 VwGVG und § 9 Abs. 7 VStG.
5. Aufgrund des unstrittigen Sachverhalts und da in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet, sowie keine € 500,-- übersteigende Geldstrafe verhängt und kein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung gestellt wurde, konnte das Verwaltungsgericht Wien gemäß § 44 Abs. 3 Z 1 und Z 3 VwGVG von der Durchführung einer Verhandlung absehen.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Lenkerauskunft; Aufforderung; Zulassungsbesitzer; Bekanntgabe; handelsrechtlicher GeschäftsführerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.071.18.2020Zuletzt aktualisiert am
18.12.2020