TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/30 W227 2216691-1

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Veröffentlicht am 30.06.2020
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Entscheidungsdatum

30.06.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
UG §55

Spruch

W227 2216691-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Organs für studienrechtliche Angelegenheiten an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien) vom 14. Jänner 2019, Zl. B/0282/06/16, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer stellte am 11. Dezember 2018 an der WU Wien den Antrag auf Genehmigung des individuellen Bachelorstudiums „Data Science“, eine Kombination des Bachelorstudiums „Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“, Studienzweig „Wirtschaftsinformatik“, an der WU Wien und des Bachelorstudiums „Maschinenbau“ an der Technischen Universität Wien (TU Wien).

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Organ für studienrechtliche Angelegenheiten an der WU Wien den Genehmigungsantrag gemäß § 55 Abs. 3 Universitätsgesetz 2002 (UG) ab.

Begründend führte das Organ für studienrechtliche Angelegenheiten im Wesentlichen aus:

Im vorgelegten Studienplan würden vom Gesamtumfang von 185,5 ECTS-Anrechnungspunkten lediglich 15,5 ECTS-Anrechnungspunkte aus dem Bachelorstudium „Maschinenbau“ stammen. Im Bachelorstudium „Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ könnten hingegen bis zu 14 ECTS-Anrechnungspunkte an freien Wahlfächern abgelegt werden. Auch gehe aus Punkt 11.6. der Richtlinien für das Verfahren auf Zulassung zu einem individuellen Studium mit Schwerpunkt an der WU Wien eindeutig hervor, dass mit der Wahl des Studienzweigs „Wirtschaftsinformatik“ jedenfalls 41 ECTS-Anrechnungspunkte aus dem anderen Studium vorzusehen seien. Damit sei der individuelle Ausbildungsbedarf nicht gegeben.

Weiters könne das Fach „Wirtschaftsinformatik“ (32 ECTS-Anrechnungspunkte) nicht ersetzt werden, da ansonsten die zentralen Aspekte des Studienzweigs „Wirtschaftsinformatik“ fehlten. Im vorgelegten Studienplan des Beschwerdeführers seien jedoch lediglich 16 ECTS-Anrechnungspunkte („Rechnerpraktikum aus Programmierung“, „IS-Projektmanagement“, „Prozessmanagement“ und „Datenbanksysteme“) vorgesehen, die der Beschwerdeführer im Gegensatz zu den abbedungenen 16 ECTS-Anrechnungspunkten bereits absolviert habe. Es fehle daher auch an der Gleichwertigkeit mit einem facheinschlägigen Studium.

Mit Blick auf den Studienfortschritt des Beschwerdeführers im Bachelorstudium „Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ (162 von 180 ECTS-Anrechnungspunkten) und darauf, dass der Beschwerdeführer sämtliche vorgesehene Prüfungen aus dem Bachelorstudium „Maschinenbau“ schon absolviert habe, sei das offenkundige Ziel des Antrags die Genehmigung eines individuellen Studiums, das der Beschwerdeführer bereits beinahe zur Gänze absolviert habe. Bei den laut dem vorgelegten Studienplan noch fehlenden Leistungen handle es sich lediglich um eine einzige Prüfung („Angewandte Mikroökonomik“ im Umfang von 4 ECTS-Anrechnungspunkten) sowie die Bachelorarbeit im Umfang von 8 ECTS-Anrechnungspunkten. Sinn und Zweck eines individuellen Studiums sei es nicht, absolvierte Prüfungen aus verschiedenen Studien so zusammenzusetzen, dass sich dadurch ein (fast) abgeschlossenes Studium ergebe.

3. Am 15. Jänner 2019 schloss der Beschwerdeführer die Prüfung „Angewandte Mikroökonomik“ an der WU Wien ab.

4. In Folge erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde, in der er zusammengefasst (hier relevant) vorbringt:

Er stimme den Feststellungen im angefochtenen Bescheid „überblicksmäßig“ zu. Sollte sein individuelles Studium „Data Science“ genehmigt werden, „so laufen beide parallel“; er habe „dann die Wahl“, welches der beiden Studien er abschließen wolle. „Logisch[er]weise“ könne „im Genehmigungsbescheid festgehalten“ werden, „dass hier nur ein Bachelorstudium, also entweder Wirtschafts- und Sozialwissenschaften oder Data Science abgeschlossen“ werden könne.

Er könne die Argumentation verstehen, dass er sein Ausbildungsziel über das reguläre Studium erreichen könne; jedoch habe ein Bachelorstudium „Data Science“ heutzutage eine „ganz andere Bedeutung“, wie sich an der „wirtschaftlichen Nachfrage“ zeige. Leider werde seitens der WU Wien noch immer kein „Data Science Studium“ angeboten, obwohl man das z.B. mit einem eigenen Studienzweig „ganz leicht realisieren“ könnte. Hier seien „einige Universitäten und Fachhochschulen in Österreich schon weit voraus“.

Sein individuelles Studium sei auf „Data Science maßgeschneidert“, insbesondere mit den beiden speziellen Betriebswirtschaftslehren.

Der „offenkundige[n]“ Argumentationslinie, dass der „Wirtschaftsinformatikblock“ nicht „zerrissen“ werden dürfe, könne er so nicht folgen, weil jedes individuelle Studium, das diesen „Wirtschaftsinformatikblock“ in sich habe, immer ein Wirtschaftsinformatikstudium sein werde und somit immer über den Regelstudienweg erreichbar sei. Die Richtlinie der WU Wien führe somit dazu, dass individuelle Studien auf Basis des Wirtschaftsinformatikzweiges „verunmöglicht“ würden. Er glaube kaum, dass dies Sinn und Zweck des § 55 UG sein könne.

Für den Abschluss des beantragten individuellen Studiums fehlten ihm noch „12“ (wohl gemeint: 8) ECTS-Anrechnungspunkte. Es sei somit naheliegend, dass er dieses Studium zuerst abschließen könne, wodurch sich ein individueller Ausbildungsbedarf ergebe, weil es nicht sein könne, dass aus „abstrakt-theoretischen“ Überlegungen der Abschluss des Studiums des „strebsamen“ Absolventen „verzögert“ werde. Dass das Ausbildungsziel „auch auf Umwegen erreichbar“ wäre, könne „nicht verlangt werden“ und sei „somit nicht zumutbar“.

Er behalte sich jedoch vor, gegebenenfalls das „normale“ Studium („Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ mit dem Studienzweig „Wirtschaftsinformatik“) abzuschließen und auf das „andere“ Studium („Data Science“) zu verzichten. In diesem Fall wäre dann zwar die Genehmigung des „Data Science“ Studiums für ihn „um sonst“ gewesen, allerdings könnten zumindest zukünftige Studierende und die Universität davon profitieren.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer stellte am 11. Dezember 2018 an der WU Wien den Antrag auf Genehmigung des individuellen Bachelorstudiums „Data Science“. Dieses Studium stellt eine Kombination des Bachelorstudiums „Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“, Studienzweig „Wirtschaftsinformatik“, an der WU Wien mit dem Bachelorstudium „Maschinenbau“ an der TU Wien dar, wobei vom Gesamtumfang von 185,5 ECTS-Anrechnungspunkten 15,5 ECTS-Anrechnungspunkte aus dem Bachelorstudium „Maschinenbau“ stammen.

Der Beschwerdeführer hatte zum Antragszeitpunkt bereits sämtliche im beantragten Studium vorgesehenen Prüfungen aus dem Bachelorstudium „Maschinenbau“ absolviert. Aus dem Bachelorstudium „Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ fehlten ihm nur noch die Prüfung „Angewandte Mikroökonomik“ im Umfang von 4 ECTS-Anrechnungspunkten und die Bachelorarbeit im Umfang von 8 ECTS-Anrechnungspunkten.

Am 15. Jänner 2019 absolvierte er (auch) die Prüfung „Angewandte Mikroökonomik“.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde [Spruchpunkt A)]

3.1.1. Gemäß § 55 Abs. 1 UG dürfen Fächer aus verschiedenen Diplom-, Bachelor- oder Masterstudien zu einem individuellen Bachelor- oder Masterstudium verbunden werden. Der Antrag auf Zulassung zu einem individuellen Studium ist an jener Universität einzubringen, an welcher der Schwerpunkt des geplanten Studiums liegen soll.

Der Antrag hat gemäß § 55 Abs. 2 UG jedenfalls zu enthalten:

1.       die Bezeichnung des Studiums;

2.       ein Curriculum einschließlich Qualifikationsprofil;

3.       den Umfang in ECTS-Anrechnungspunkten;

4.       wenn das Studium an mehreren Universitäten durchgeführt werden soll, die Zuordnung der Fächer zu den beteiligten Universitäten.

Gemäß § 55 Abs. 3 UG ist der Antrag vom für die Organisation der Studien zuständigen Organ bescheidmäßig zu genehmigen, wenn das beantragte Studium einem facheinschlägigen Studium gleichwertig ist. In der Genehmigung ist der Zeitpunkt der Zulassung zum individuellen Studium festzulegen.

3.1.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes räumt § 55 UG den Studierenden (nur) insoweit die Möglichkeit ein, ihr Studium individuell zu gestalten, als dadurch einem Ausbildungsziel entsprochen wird, dem andernfalls nicht oder nicht hinreichend Genüge getan werden könnte. Ebenso wie es Sinn und Zweck des seinerzeitigen studium irregulare war, dem – beruflich oder wissenschaftlich motivierten – individuellen Ausbildungsbedarf des Studierenden zu dienen, setzt die Einrichtung des individuellen Studiums grundlegend voraus, dass es zur Erreichung eines näher bestimmten Ausbildungszieles notwendig ist. Fehlt es an einem entsprechenden individuellen Ausbildungsbedarf, so mangelt es an einer grundlegenden Voraussetzung für ein individuelles Studium; für eine Genehmigung ist diesfalls kein Raum (vgl. VwGH 16.12.2002, 2002/10/0008; 21.01.2015, Ro 2014/10/0028 m.w.N.).

Der Verwaltungsgerichtshof verneint etwa das Vorliegen dieser Voraussetzung in Bezug auf ein beantragtes individuelles Diplomstudium, bei welchem das Studium bloß aus einer „Verquickung“ von Fächern zweier Studienrichtungen besteht, die beide bereits studiert werden (vgl. wieder VwGH 16.12.2002, 2002/10/0008). Mit dieser Auslegung will der Verwaltungsgerichtshof offensichtlich einem Missbrauch der Regelungen über die Einrichtung individueller Studien entgegenwirken. Würde man § 55 UG nicht in diesem Sinn verstehen, wäre auch eine Umgehung anderer studienrechtlicher Regelungen – insbesondere jener über die Erlassung von Curricula – leicht möglich, wobei man nicht davon ausgehen kann, dass der Gesetzgeber Derartiges ermöglichen wollte (vgl. Perthold-Stoitzner in Perthold-Stoitzner, UG3.01 § 55 (Stand 1.12.2018, rdb.at).

3.1.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Der Beschwerdeführer beantragte das individuelle Bachelorstudium „Data Science“, das eine Kombination des Bachelorstudiums „Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“, Studienzweig „Wirtschaftsinformatik“, an der WU Wien und des Bachelorstudiums „Maschinenbau“ an der Technischen Universität Wien (TU Wien) darstellt.

Der Beschwerdeführer hatte jedoch zum Antragszeitpunkt bereits sämtliche im beantragten Studium vorgesehenen Prüfungen aus dem Bachelorstudium „Maschinenbau“ absolviert. Aus dem Bachelorstudium „Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ fehlten ihm nur noch die Bachelorarbeit im Umfang von 8 ECTS-Anrechnungspunkten und die Prüfung „Angewandte Mikroökonomik“ im Umfang von 4 ECTS-Anrechnungspunkten, wobei er diese Prüfung mittlerweile absolviert hat.

Damit besteht das beantragte Studium bloß aus der „Verquickung“ von Fächern der Studienrichtungen „Maschinenbau“ und „Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“, die beide vom Beschwerdeführer ohnedies studiert werden bzw. bereits beinahe zur Gänze absolviert wurden.

Der Beschwerdeführer benötigt daher keinesfalls das beantragte individuelle Bachelorstudium „Data Science“, um die mit diesem Studium erzielbare Ausbildung zu erlangen. Schon deswegen fehlt eine grundlegende Genehmigungsvoraussetzung (vgl. dazu wieder VwGH 16.12.2002, 2002/10/0008). Das räumt im Übrigen sinngemäß auch der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde selbst ein. Ob noch weitere Gründe für eine Abweisung des Genehmigungsantrages bestehen, kann damit dahingestellt bleiben.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet.

Eine Verhandlung (sie wurde nicht beantragt) konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (vgl. dazu etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass hier der individuelle Ausbildungsbedarf nicht besteht und es damit an einer grundlegenden Genehmigungsvoraussetzung für ein individuelles Studium fehlt, entspricht der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Ausbildungsziel Bachelorstudium Genehmigungsantrag Gleichwertigkeit individuelles Bachelorstudium Studienplan Studium Universität

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W227.2216691.1.00

Im RIS seit

18.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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