Entscheidungsdatum
08.07.2020Norm
BDG 1979 §38Spruch
W213 2230171-1/6E
Im Namen der Republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Thomas STROBL und Ass. Prof. Mag. Dr. Bernhard Martin SCHERL als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch RA Mag. Matthias PRÜCKLER, Florianigasse 16/8, 1080 Wien, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Kärnten, vom 26.02.2020, GZ. 19/16637-PA 2/2019, betreffend Versetzung (§ 38 BDG 1979) zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 38 BDG Verbindung mit § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
I.1. Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor (Verwendungsgruppe E2b) der Landespolizeidirektion Kärnten in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
I.2. Die belangte Behörde teilte mit Verständigung gemäß § 38 Abs. 6 BDG vom 27.08.2019 mit, dass beabsichtigt sei ihm zur Polizeiinspektion XXXX zu versetzen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Lebensgemeinschaft mit Frau Bezlnsp XXXX , die sich auf der Pl XXXX als Stellvertreterin des Inspektionskommandanten beworben habe und aus dem Besetzungsverfahren als bestgeeignete Bewerberin hervorgegangen sei. Die LPD Kärnten beabsichtige, Bezlnsp XXXX als 3. Stellvertreterin des Inspektionskommandanten einzuteilen. Da der Beschwerdeführer jedoch ebenfalls auf der Pl XXXX seinen Dienst versehe und als Mitarbeiter eingesetzt sei, würde seine Lebenspartnerin als Stellvertreterin des Inspektionskommandanten mit besonderer Weisungsbefugnis ihm gegenüber ausgestattet sein (§ 42 Abs. 2 BDG).
Bei den Personalmaßnahmen sei die Dienstbehörde im Rahmen der Fürsorgepflicht verpflichtet, von mehreren Möglichkeiten die für die betroffenen Beamten schonendste zu wählen. Im vorliegenden Fall hätte Bezlnsp XXXX für den Fall ihrer „Nichteinteilung" mit nachhaltigen Nachteilen in ihrer dienstlichen Laufbahn und der damit in Verbindung stehenden Lebensverdienstsumme zu rechnen, wohingegen der Beschwerdeführer durch die Versetzung zu einer nahegelegenen Polizeiinspektion (10 km) und dortigen Einteilung in derselben Verwendungsgruppe E2b in der er auch derzeit eingestuft sei, ausschließlich den geringfügig weiteren Weg zur Dienststelle in Kauf zu nehmen haben.
I.3. Der Beschwerdeführer erhob gegen die in Aussicht genommene Versetzung durch seinen anwaltlichen Vertreter Einwendungen und brachte im Wesentlichen vor, dass trotz des Umstandes der Einteilung von Frau BI XXXX zur dritten Inspektionskommandantin keine wichtigen dienstlichen Gründe einer Weiterverwendung des Beschwerdeführers auf der Polizeiinspektion XXXX entgegenstünden. Nach der Scheidung des Beschwerdeführers im Juli 2015 sei dieser zu seiner Lebensgefährtin BI XXXX an ihre Wohnadresse in XXXX gezogen. Ihr gehöre das Wohnhaus mit insgesamt drei Wohneinheiten. Bereits im April 2015 habe der Beschwerdeführer seinen damaligen Pl Kommandanten (seit 2018 im Ruhestand) von dessen Beziehung zu BI XXXX informiert. Schon damals sei die Frage aufgeworfen worden, ob dieser Umstand ein Problem darstelle, da BI XXXX als dienstführende Beamtin und der Betroffene als eingeteilter Beamter Dienst verrichteten. Dennoch seien der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin an der Dienststelle verlassen worden. Es sei lediglich verfügt worden, dass seitens der Dienstführung der Pl keine gemeinsamen Streifentätigkeiten eingeplant würden.
Dazu sei es seit 2015 bis heute nur ganz vereinzelt (weniger als 5 Dienste pro Jahr) aufgrund adhoc durchzuführender Nachbesetzungen von erkrankten Beamten durch den Beschwerdeführer oder durch BI XXXX gekommen.
Das dienstliche Klima habe zu keinem Zeitpunkt unter der Konstellation gelitten und es habe keinen einzigen Anlass zu einer Beschwerde eines Kollegen oder des Bezirkspolizeikommandanten Obstlt. XXXX gegeben.
Im Falle der jedenfalls vorzunehmenden und auch vom Beschwerdeführer ausdrücklich gewünschten Einteilung von BI XXXX und einem Verbleib des Beschwerdeführers auf der Pl XXXX würde sich an der Situation, welche bereits seit 2015 bestehe, nichts ändern. BI XXXX habe gegenüber dem Beschwerdeführer bereits während dieser fast 4 Jahre in bestimmten Fällen Weisungs- und Kontrollbefugnis (als dienstführende Beamtin im Dienst) ausgeübt. Diese Fälle würden sich aufgrund ihrer höheren Funktion nicht mehren. BI XXXX würde weiterhin im Außendienst und der Betroffene im Kriminaldienst tätig sein. Abrechnungen von Organmandanten und dergleichen würden wie bisher entweder vom Kommandanten oder dem l. Stellvertreter vorgenommen werden. Eine längere Abwesenheit aller drei in der Hierarchie über BI XXXX stehenden Beamten sei sehr unwahrscheinlich. Die Dienstplanung sei von BI XXXX bereits zweimal zur vollsten Zufriedenheit aller Kollegen ausgewogen vorgenommen worden. Adhoc Entscheidungen (kurzfristige unpopuläre Zuteilungen) könnten auch keine Bevorzugung oder Benachteiligung hervorrufen, weil der Beschwerdeführer als Mitglied des DA XXXX nur innerhalb des Bezirkes XXXX (Wirkungsbereich) zugeteilt werden könne. Ebenso würden solche Maßnahmen nur in Absprache mit dem Pl Kommandanten getroffen werden.
Der Beschwerdeführer sei derzeit Vorsitzender des DA XXXX und nehme regelmäßig die notwendige freie Zeit zur Ausübung seines Personalvertretungsmandates in Anspruch. Auch erfolge monatlich eine Einberufung zum Zentralausschuss nach Wien. Der Betroffenen kandidiere zudem bei der PV Wahl 2019 auch an zweiter Stelle für den FA, wobei ein Mandatsgewinn auch hier nicht unrealistisch erscheine. Ebenso sei der Beschwerdeführer als Stadtrat Mitglied der Stadtregierung von XXXX . Auf einer Großdienststelle wie der Pl XXXX (hier 30 Beamte im Systemstand, gegenüber der Pl XXXX mit lediglich 10 Beamten im Systemstand) sei die Dienstplanung wesentlich einfacher und flexibler zu gestalten, sodass die Abwesenheiten durch das Tätigwerden in der Kommunalpolitik besser abgefedert und in Grenzen gehalten werden könnte. Da auf diese Abwesenheiten jedoch ein Rechtsanspruch bestehe, würde sich bei einer angedachten Versetzung nach XXXX dieser Umstand auch für die dortige Dienststelle nachteilig auswirken, weil sicherlich mehr Dienstzeit dafür in Anspruch genommen werden müsste.
Selbst bei der Subsumption einer Lebensgemeinschaft, wie im gegenständlichen Fall, unter die Regelung des § 42 Abs. 2 BDG sei jedenfalls eine besondere Situation gegeben, die die Rechtfertigung der Weiterverwendung des Betroffenen auf der Pl XXXX unter gleichzeitiger Ernennung von BI zur dritten, stellvertretenden Kommandantin rechtfertigen würde.
Es werde daher beantragt die Rechtssache zur Beurteilung und zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung an das Bundesministerium für Inneres weiterzuleben.
Sollte die LPD nach Abwägung der Einwendungen weiterhin eine Versetzung von Amts wegen beabsichtigen, möge der Gesamtakt der Zentralstelle zur Beurteilung und Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 42 Abs 3 vorgelegt werden.
I.4. Die belangte Behörde holte in weiterer Folge Stellungnahmen des Bezirkspolizeikommandanten XXXX und des Kommandanten der PI XXXX ein und trat in weiterer Folge mit Schreiben vom 27.09.2019 an das BMI daran, um eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 42 Abs. 3 BDG zu erwirken. Mit Erlass vom 14.02.2020, GZ. 2020-0.096.598, teilte das BMI mit, dass vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach eine Lebensgemeinschaft hinsichtlich der Beziehungs- und Interessenslage durchaus einer Ehe gleichgehalten werden könne, eine Ausnahme von einer Verwendungsbeschränkung gemäß § 42 Abs. 3 BDG nicht erteilt werden könne.
I.5. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr bekämpften Bescheid, dessen Spruch folgenden Wortlaut hat:
„Die Dienstbehörde versetzt Sie von Amts wegen mit Wirksamkeit vom
1. April 2020
von der Pl XXXX zur Pl XXXX und teilt Sie auf dieser Dienststelle als Mitarbeiter (E2b) ein.
Rechtsgrundlage:
§38 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 idgF.“
Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensgangs und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar in § 42 Abs. 2 BDG 1979 nicht explizit der Tatbestand der Lebensgemeinschaft normiert werde. Below sei aufgrund der Nahebeziehung bei geschlechtlichen Beziehungen derTelos gleichgelagert wie bei einer Ehe. Aus diesem Grunde sei nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 24.09.1996, GZ B 2450/95) die obzitierte Bestimmung analog auf den konkreten Fall anzuwenden. Auch der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 18.03.1985, GZ
84/12/0051, festgestellt:
„Auch wenn die Lebensgemeinschaft in §42 Abs 2 BDG 1575 nicht ausdrücklich erwähnt ist, muss die Beziehungs- und Interessenlage einer solchen Verbindung durchaus der einer Ehe gleichgehalten werden bzw. als wesentlich stärker gewertet werden, als die bei einer Schwägerschaft oder Verwandtschaft dritten Grades."
Aus der Arbeitsplatzbeschreibung einer Sachbearbeiterin der FGr. 2, die Bezlnsp XXXX derzeit sei, gehe hervor, dass sie Dienst- und Fachaufsicht über E2b-Beamte „im übertragenen Bereich" sowie als Streifenkommandantin bzw. Leiterin von Amtshandlungen habe. Aus dieser Formulierung ergebe sich, dass eine dienstliche Trennung, wie sie bei den beiden betroffenen Beamten - Kriminaldienst und uniformierter Dienst - bisher getätigt wurde, möglich sei.
Auch würden einer Sachbearbeiterin weder die Dienstplanung noch die Monatsabrechnung oder sonstige finanzielle Gebarungen übertragen. Aus beiden Gründen Fälle bei einer Sachbearbeiterin die Bestimmung des § 42 Abs 2 Z 1 und 2 BDG außer Acht bleiben.
Anders stelle es sich jedoch dar, wenn ein Beamter oder eine Beamtin in eine Kommandantenfunktion - auch bereits als 3. Stellvertreterin - komme. In der Arbeitsplatzbeschreibung einer 3. Stellvertreterin auf einer Polizeiinspektion sei ausdrücklich angeführt, dass Dienst- und Fachaufsicht gegenüber allen Bediensteten – außer Kommandant, 1. und 2. Stellvertreter, bestehe. Hier werde die Dienst- und Fachaufsicht nicht auf einen „übertragenen Bereich" wie bei der Sachbearbeiterin eingeschränkt. Zudem seien in den Aufgaben ausdrücklich die Dienstplanung und die Monatsabrechnung im Vertretungsfall angeführt. Der Arbeitsplatzinhaber habe als Sachbereichsleiter einen oder mehrere Sachbereiche (§ 4 Abs 3 OGO PI/FI) zu führen. Auch hier lasse sich der Bestimmung eine Einschränkung auf bestimmte Beamte bzw. bestimmte Bereiche nicht entnehmen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs könne eine Lebensgemeinschaft, obwohl aus § 42 Abs. 2 BDG 1975 keine ausdrückliche Verwendungsbeschränkung folge, ein wichtiges dienstliches Interesse an einer Verwendungsänderung begründen.
Aufgrund der Rechtsprechung der Berufungskommission sei in derartigen Fällen im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht verhalten, von mehreren Möglichkeiten die für den Beamten schonendste zu wählen.
Die belangte Behörde habe in der gegenständlichen Sache eingehend geprüft, welchen Nachteil eine amtswegige Versetzung des Beschwerdeführers im Gegensatz zur „Nichteinteilung" der Bezlnsp XXXX nach sich ziehen würde.
Durch die Versetzung zu einer anderen, nahegelegenen Polizeiinspektion und der dortigen Einteilung in derselben Verwendungsgruppe E2b (eingeteilter Beamter) hätte der Beschwerdeführer ausschließlich die etwas höheren Fahrtkosten zu der etwa 10 km entfernt liegenden Dienststelle zu tragen. Es wäre für ihn kein Einkommensnachteil, sondern lediglich ein geringer Mehraufwand mit der Verwendung auf der anderen Polizeiinspektion verbunden.
Hingegen hätte Bezlnsp XXXX durch die Nichteinteilung auf die in Rede stehende Position (3. Stellvertreterin des Inspektionskommandanten) einen sofortigen monatlichen Einkommensnachteil, der sich in der Lebensverdienstsumme fortsetze. Zudem hätte die Beamtin auch einen Nachteil im Erfahrungsschatz, der mit der Innehabung einer Kommandantenfunktion in Zusammenhang stehe, für zukünftige Bewerbungen auf höhere Kommandantenfunktionen zu verzeichnen, was ihrem Fortkommen wesentlich hinderlich wäre.
I.6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde, wobei er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholte und ergänzend ausführte, dass die Hinweise der belangten Behörde auf die Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sie nicht von der Notwendigkeit enthebe sich mit den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles auseinanderzusetzen und begründend darzulegen hat, warum gerade im gegenständlichen Fall die Verwendungsbeschränkung des § 42 Abs. 2 BDG 1979 anwendbar wäre und damit einen wichtigen dienstlichen Grund zur Versetzung liefere. Die belangte Behörde habe unzureichend mit dem Thema auseinandergesetzt, warum im gegenständlichen Fall - da ein Dienstversehen beider Beamter auf derselben Dienststelle in einer hierarchischen Konstellation bereits seit 5 Jahren ohne Probleme und ohne Beanstandungen funktionierte - auch bei einer Betrauung von Frau Bezirksinspektor XXXX als 3. Stellvertreterin des Polizeiinspektionskommandanten nicht weiterhin funktionieren könne.
Diese habe nämlich bereits bisher die Aufgabe der Vorbereitung der Diensteinteilung, die nunmehr seitens der Behörde als Grund für die verfügte Versetzung des Beschwerdeführers ins Treffen geführt worden sei, für den Inspektionskommandanten zur Abzeichnung vorbereitet. Da auch nach der Bestellung zur 3. Stellvertreterin des Inspektionskommandanten drei weitere höherrangige Vorgesetzte anwesend seien, welche jedenfalls auch eine Vorbereitung der Monatsplanung durch Frau Bezlnsp. XXXX ebenso einer Prüfung und einer Genehmigung unterziehen würden, wie zum Zeitpunkt als diese von selbiger als Sachbearbeiterin erstellt worden sei, könne auch die Behörde für ihre Ansicht keine nachvollziehbaren Argumente vorbringen.
Die Verrechnung bzw. Geld- und Materialgebarung sei auf der Pl XXXX seit jeher ausnahmslos Aufgabe des Kommandanten und des 1. Stellvertreters und werde sich an diesem Umstand durch die Bestellung von Frau Bezirksinspektor XXXX zur 3. Stellvertreterin nichts ändern. Diese komme sohin mit diesen Aufgaben nicht in Berührung, da selbst wenn der Kommandant und der 1 . Stellvertreter gleichzeitig nicht anwesend wären, noch immer der 2. Stellvertreter dafür verantwortlich wäre. Ergo könne dies auch keine Grundlage dafür bieten, die weitere Dienstverrichtung des Beschwerdeführers auf der Polizeiinspektion XXXX im Sinne des § 42 Abs. 2 BDG 1979 zu verneinen.
Da aber aufgrund der Formulierung des Gesetzestextes und auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine bestehende Lebensgemeinschaft abstrakt nicht zu einer Verwendungsbeschränkung zur Dienstverrichtung des Beschwerdeführers auf der Pl XXXX führen könne, könne Entscheidung der belangten Behörde aufgrund mangelnder Darlegung ihrer Argumente nicht nachvollzogen werden.
In den letzten fünf Jahre habe es wie bereits in den Einwendungen vorgetragenen auch kein Problem dargestellt, dass bei der Diensteinteilung darauf Rücksicht genommen wurde, dass die beiden Betroffenen ihren Dienst nicht gemeinsam versehen. Auch bei den wenigen unvorhergesehenen gemeinsamen Dienstverrichtungen habe es keine Beanstandungen gegeben. Dass nunmehr eine stellvertretende Inspektionskommandantin in der Nacht Streife fahren werde, sei sehr unwahrscheinlich. Tagsüber wäre der Beschwerdeführer weiterhin in seiner angestammten Position als Inspektionsermittler tätig und gebe es diesbezüglich mit der 3. Stellvertreterin der Polizeiinspektion keine Berührungspunkte.
Eine zufällige gemeinsame Dienstverrichtung sei sohin durch die Veränderung der Frau Bezirksinspektor XXXX unwahrscheinlicher geworden. Weiters sei die Dienstbehörde auch nicht auf den Umstand eingegangen, dass der Beschwerdeführer als stellvertretender Vorsitzender des Dienststellenausschusses XXXX regelmäßig die notwendige freie Zeit zur Ausübung seines Personalvertretungsmandates in Anspruch nehmen müsse. Während der Ausübung seiner Personalvertretungstätigkeit sei der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Dienstvorgesetzten ohnedies weisungsfrei.
Insofern sei die Argumentation der belangten Behörde mit der abstrakten Arbeitsplatzbeschreibung, also welche Aufgaben von wem zu verrichten seien, im gegenständlichen Fall als eine nicht ausreichende Begründung anzusehen, zumal die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers nicht als Kommandantin der Polizeiinspektion eingesetzt worden sei, sondern eben nur als 3. Stellvertreterin desselben. Folglich seien drei weitere Vorgesetzte vorhanden, welche die Dienst- und Fachaufsicht über den Beschwerdeführer ausüben könnten.
Nach dem derzeitigen Kenntnisstand des Beschwerdeführers hätten sich sowohl der Bezirkspolizeikommandant als auch der Kommandant der PI XXXX positiv zu einer Belassung des Beschwerdeführers bei der PI XXXX und Bestellung seiner Lebensgefährtin dritten Stellvertreterin des PI-Kommandanten geäußert. Warum diese Stellungnahmen einerseits im Rahmen eines Parteiengehörs dem Beschwerdeführer nicht vorgelegt worden seien und selbige auch nicht in die Entscheidungsfindung der belangten Behörde eingeflossen seien, könne nicht nachvollzogen werden. Aus diesen sei jedoch auch ersichtlich, dass bei Betrachtung des gegebenen Sachverhaltes keine Gründe vorliegen würden, die dem Zweck des § 42 Abs. 2 BDG 1979 widersprechen würden.
Dass die realen Umstände nicht dazu führen würden, dass der Beschwerdeführer nicht weiterhin seinen Dienst auf der Polizeiinspektion XXXX verrichten könne, zeigten einerseits die durch den Inspektionskommandanten der Pl XXXX und des Bezirkspolizeikommandanten XXXX abgegebene positive Stellungnahme hinsichtlich einer Weiterverwendung des Beschwerdeführers auf der Pl XXXX unter gleichzeitiger Ernennung der Bezirksinspektor XXXX zur 3. Stellvertreterin, wie auch die im Bescheid durch die Behörde selbst dargetanen Versuche, eine Lösung durch Veränderung des Wohnortes des Beschwerdeführers herbeizuführen.
Es werde daher beantragt,
? den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben,
in eventu
den angefochtenen Bescheid zu beheben und das dienstrechtliche Verfahren an die Behörde l. Instanz zur Durchführung eines rechtskonformen Verfahrens zurückzuverweisen,
in eventu
eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, in der Sache nach Durchführung eines Erkenntnisverfahrens selbst zu entscheiden und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.
I.7. Am 08.07.2020 Band eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, wobei der Beschwerdeführer als Partei sowie der Leiter des Bezirkspolizeikommandos XXXX , der Kommandant der Polizeiinspektion XXXX und die ehemalige Lebensgefährtin des Beschwerdeführers Bezirksinspektorin XXXX als Zeugen einvernommen wurden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor (Verwendungsgruppe E2b) der Landespolizeidirektion Kärnten in den öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er stand bis zur Erlassung des bekämpften Bescheides als Sachbearbeiter an der PI XXXX in Verwendung. Er lebte seit 2015 in Lebensgemeinschaft mit Bezirksinspektorin XXXX und wohnte mit ihr in ihrem Haus XXXX .
Bezirksinspektorin XXXX wurde mit Wirkung vom 01.04.2020 zur 3. Stellvertreterin des Kommandanten der PI XXXX bestellt.
Die Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers mit Bezirksinspektorin XXXX wurde am 12.06.2020 beendet. Der Beschwerdeführer hat einen Mietvertrag hinsichtlich der Wohnung XXXX , abgeschlossen und für diese Wohnung bereits erforderliche Möblierung bestellt.
2. Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen konnten unmittelbar auf Grund der Aktenlage sowie der Ergebnisse der Verhandlung vom 08.07.2020 getroffen werden. Dabei ist hervorzuheben, dass der Beschwerdeführer und Bezirksinspektorin XXXX übereinstimmend angegeben, dass die Lebensgemeinschaft beendet wurde. Bezüglich der Wohnung XXXX , wurden der Mietvertrag sowie die entsprechenden Rechnungen bzw. Bestellunterlagen vorgelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Hingegen hat gemäß § 135a Abs. 1 BDG 1979 idf BGBl. I Nr. 64/2016, das Bundesverwaltungsgericht unter anderem in Angelegenheiten der §§ 38 und 40 BDG durch einen Senat zu entscheiden. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor. Gemäß § 135b leg.cit. wirken an der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts je ein vom Bundeskanzler als Dienstgebervertreter bzw. ein von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst als Dienstnehmervertreter nominierter fachkundiger Laienrichter mit.
Zu A) I.
Die §§ 38 und 42 BDG 1979 lauten (auszugsweise):
„Versetzung
§ 38. (1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.
(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.
(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor
1. bei Änderungen der Verwaltungsorganisation,
2. bei der Auflassung von Arbeitsplätzen,
3. bei Besetzung eines freien Arbeitsplatzes einer anderen Dienststelle, für den keine geeigneten Bewerberinnen oder Bewerber vorhanden sind,
4. wenn die Beamtin oder der Beamte nach § 81 Abs. 1 Z 3 den zu erwartenden Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat oder
5. wenn über die Beamtin oder den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihr oder ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung der Beamtin oder des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.
(4) Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine solche Versetzung ist – ausgenommen in den Fällen des Abs. 3 Z 4 und 5 sowie in jenen Fällen, in denen abweichend vom Abs. 3 Z 5 noch keine rechtskräftige Disziplinarstrafe verhängt worden ist – unzulässig, wenn sie
1. für die Beamtin oder den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und
2. eine andere geeignete Beamtin oder ein anderer geeigneter Beamter derselben Dienststelle und derselben Verwendungsgruppe zur Verfügung steht, bei der oder dem dies nicht der Fall ist.
(5) Eine Versetzung der Beamtin oder des Beamten in ein anderes Ressort bedarf bei sonstiger Nichtigkeit des Bescheids der Zustimmung der Leiterin oder des Leiters des anderen Ressorts.
(6) Ist die Versetzung des Beamten von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist er hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und seiner neuen Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.
(7) Die Versetzung ist mit Bescheid zu verfügen; in diesem ist festzustellen, ob der Beamte die für die Versetzung maßgebenden Gründe gemäß §§ 141a, 145b oder 152c BDG 1979 zu vertreten hat oder nicht. Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Der vom Beamten zuletzt innegehabte Arbeitsplatz darf bis zur Rechtskraft des Bescheides nicht auf Dauer besetzt werden.
[…].
Verwendungsbeschränkungen
§ 42. (1) Sind für die Ausübung einer Tätigkeit Erfordernisse vorgeschrieben, so darf der Beamte, der diese Erfordernisse nicht erfüllt, zu dieser Tätigkeit nur herangezogen werden, wenn von der Nichterfüllung dieser Erfordernisse nach diesem Bundesgesetz Nachsicht erteilt werden kann und die Ausübung der Tätigkeit nicht nach anderen Rechtsvorschriften unzulässig ist.
(2) Beamte, die miteinander verheiratet sind, die zueinander in einem Wahlkindschaftsverhältnis stehen oder die miteinander in auf- oder absteigender Linie oder bis einschließlich zum dritten Grad der Seitenlinie verwandt oder verschwägert sind, dürfen nicht in folgenden Naheverhältnissen verwendet werden:
1. Weisungs- oder Kontrollbefugnis des einen gegenüber dem anderen Beamten,
2. Verrechnung oder Geld- oder Materialgebarung.
Diese Verwendungsbeschränkungen gelten auch im Verhältnis zwischen Beamtinnen und Beamten zu Vertragsbediensteten, Lehrlingen und Verwaltungspraktikantinnen und Verwaltungspraktikanten.
(3) Die Zentralstelle kann Ausnahmen von den Verwendungsbeschränkungen des Abs. 2 genehmigen, wenn aus besonderen Gründen eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen nicht zu befürchten ist.
(4) Die Genehmigung einer Ausnahme gemäß Abs. 3 ist an der Amtstafel der betroffenen Dienststelle zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung hat
1. die Namen der betroffenen Bediensteten und ihre Funktionen,
2. das zwischen diesen Bediensteten bestehende Weisungs-, Kontroll- oder sonstige in Abs. 2 angeführte dienstliche Verhältnis und
3. jene besonderen Gründe, die eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen im konkreten Fall nicht befürchten lassen,
anzuführen.“
Eine Lebensgemeinschaft kann, obwohl aus § 42 Abs 2 BDG 1979 keine ausdrückliche Verwendungsbeschränkung folgt, ein wichtiges dienstliches Interesse an einer Verwendungsänderung begründen. Auch wenn die Lebensgemeinschaft in § 42 Abs 2 BDG 1979 nicht ausdrücklich erwähnt ist, muss die Beziehungs- und Interessenlage einer solchen Verbindung durchaus der einer Ehe gleichgehalten werden bzw. als wesentlich stärker gewertet werden, als die bei einer Schwägerschaft oder Verwandtschaft dritten Grades (VwGH, 18.03.1985, GZ. 84/12/0051).
Im vorliegenden Fall erblickte die belangte Behörde das wichtige dienstliche Interesse an der Versetzung des Beschwerdeführers zur Polizeiinspektion XXXX darin, dass seine Lebensgefährtin Bezirksinspektorin XXXX zur dritten Stellvertreterin des Kommandanten der PI XXXX bestellt worden war und daher eine gleichzeitige dienstliche Verwendung des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin § 42 Abs. 2 BDG zuwiderlaufen würde.
Angesichts der übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers und seiner ehemaligen Lebensgefährtin Bezirksinspektorin XXXX In der Verhandlung vom 08.07.2020 sowie der vorgelegten Unterlagen, aus denen klar hervorgeht, dass der Beschwerdeführer im Begriff ist einen eigenständigen Haushalt in XXXX , einzurichten, kann von einem wichtigen dienstlichen Interesse an der mit dem bekämpften Bescheid verfügten Versetzung keine Rede mehr sein. Wenn auch die belangte Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides zu Recht davon ausgegangen ist, dass eine bestehende Lebensgemeinschaft als Verwendungsbeschränkung im Sinne des § 42 Abs. 2 BDG anzusehen ist, ist für die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Sach-und Rechtslage zum Zeitpunkt der Fällung des Erkenntnisses maßgeblich. Das Beweisverfahren hat klar ergeben, dass die von der belangten Behörde seinerzeit angenommenen Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht. Andere Umstände, die ein wichtiges Interesse an der verfahrensgegenständlichen Versetzung begründen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Zumal selbst der Leiter des Bezirkspolizeikommandos XXXX und der Kommandant der Polizeiinspektion XXXX in schriftlichen Stellungnahmen vom 20.09.2019 bzw. 25.09.2019 in Kenntnis der seinerzeit noch bestehenden Lebensgemeinschaft eine gemeinsame Verwendung des Beschwerdeführers und von Bezirksinspektorin XXXX als dritte Stellvertreterin des Kommandanten der Polizeiinspektion XXXX befürwortet haben. Ebenso hat das Beweisverfahren ergeben, dass die in Rede stehende Lebensgemeinschaft keinerlei nachteilige dienstliche Auswirkungen gezeigt hat.
Der Beschwerde war daher gemäß § 38 BDG Verbindung mit § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG stattzugeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall ist davon auszugehen, dass die hier maßgeblichen Rechtsfragen der Zulässigkeit einer amtswegigen Versetzung wegen Verwendungsbeschränkungen gemäß § 42 BDG Hinblick auf die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs bzw. der Berufungskommission als geklärt zu betrachten sind.
Schlagworte
ersatzlose Behebung Lebensgemeinschaft Versetzung Verwendungsänderung wichtiges dienstliches InteresseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W213.2230171.1.00Im RIS seit
18.12.2020Zuletzt aktualisiert am
18.12.2020