TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/20 W122 2175779-1

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Veröffentlicht am 20.07.2020
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Entscheidungsdatum

20.07.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
WG 2001 §26

Spruch

W122 2175779-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch PICHLER Rechtsanwalt GmbH in 6850 Dornbirn, Marktstraße 33, gegen den Bescheid des Militärkommandos Vorarlberg vom 28.09.2017, GZ P1242937/7-MilKdo/V/KdoErgAbt/2017, betreffend Aufschub des Grundwehrdienstes, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Bisheriges Verfahren

Der Beschwerdeführer wurde mit Einberufungsbefehl vom 05.09.2016 ab Februar 2017 zur Ableistung des Grundwehrdienstes einberufen. Der Einberufungstermin des Beschwerdeführers wurde antragsgemäß vom 06.02.2017 auf 02.10.2017 abgeändert. Diese Abänderung wurde am 27.01.2017 zugestellt, nicht angefochten und erwuchs in Rechtskraft.

Dabei handelte es sich nicht um einen Aufschub sondern eine Konkretisierung des Einberufungsbefehls gemäß § 24 Abs. 3 Z 2 Wehrgesetz 2001.

Mit dem nunmehr gegenständlichen Antrag vom 23.09.2017 ersuchte der Beschwerdeführer abermals um „Aufschub“, da er in der Schweiz lebe und einen Spielervertrag als hauptberuflicher Eishockeyspieler hätte.

2. Bescheid

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Antrag auf Aufschub des Antrittes des Grundwehrdienstes gemäß § 26 Abs. 3 Wehrgesetz 2001 abgewiesen.

Begründend angeführt wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage, dass der Beschwerdeführer keine Ausbildungsgründe geltend gemacht hätte, sondern nur auf seinen Auslandsaufenthalt und auf seinen Beruf als Eishockeyspieler hingewiesen hätte.

3. Beschwerde

Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in welcher er diesen wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, mangelhafter Beweiswürdigung und inhaltlicher Rechtswidrigkeit anficht.

Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er durch die Ableistung des Grundwehrdienstes seinen Weg zum Profi-Eishockeyspieler unwiderruflich abbrechen müsse. Die Behörde hätte es unterlassen, den Sachverhalt zu erheben und zu würdigen.

4. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht

Die Behörde legte mit Schreiben vom 08.11.2017 die Beschwerde und den Bescheid sowie die bezughabenden Akten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

Mit Beschluss vom 11.12.2017, GZ W122 2175779-1/8Z wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Einvernahme des Antragstellers im Rechtshilfeweg gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen, der Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid gemäß § 13 VwGVG aufschiebende Wirkung zuerkannt, und der Antrag, die Wirkung des Einberufungsbefehls aufzuschieben gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

Am 08.01.2018 fand in den Räumlichkeiten des Bundesverwaltungsgerichtes in Wien eine mündliche Verhandlung statt, bei der der Beschwerdeführer entschuldigt nicht erschienen ist und der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers näher darlegte, inwieweit die Ausbildung zum Profi-Eishockeyspieler durch die Ableistung des Grundwehrdienstes nachhaltig beeinträchtigt sei. Der Beschwerdeführer würde einen Trainingsrückstand erleiden, der nicht mehr aufzuholen wäre und der ihm den Weg zum Profi-Eishockeyspieler versperren würde. Der Beschwerdeführer würde bereits seit seinem vierten Lebensjahr seinen Lebensweg auf dieses Ziel ausrichten, habe seinen Wohnort und auch seinen Schulbesuch in der Schweiz an dieses Ziel angepasst. Der Rechtsvertreter verwies auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Befreiung eines Balletttänzers, der sich ab seinem siebenten Lebensjahr auf diesen Beruf vorbereitete. Im Gegensatz dazu beantragte der Beschwerdeführer lediglich einen Aufschub und nicht eine gänzliche Befreiung, denn er wäre nach wie vor bereit und willens, den Präsenzdienst abzuleisten.

Die Behörde führte die Unterschiede zwischen Befreiung und Aufschub und die betreffend Befreiung relevante Harmonisierungspflicht näher aus. Der Beschwerdeführer hätte bereits bei Abschluss des Spielervertrages mit den Eishockeyclubs Arosa und Basel im Sinne der Harmonisierungspflicht disponieren können und müssen.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied im vorliegenden Fall am 09.01.2018 und gab der Beschwerde Folge. In weiterer Folge wurde der Aufschub des Antrittes des Grundwehrdienstes bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres des Beschwerdeführers gem. § 26 Abs. 3 Z 1 Wehrgesetz 2001 gewährt. Die Revision wurde für zulässig erklärt.

Gegen dieses Erkenntnis erhob das Militärkommando Vorarlberg als belangte Behörde am 16.02.2018 Revision. Diese wurde dem Verwaltungsgerichtshof am 09.04.2018 samt den Gerichts- und Verwaltungsakten zugestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof entschied daraufhin am 20.05.2020, das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben (Ro 2018/11/0005). Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen an, dass die Annahme des Verwaltungsgerichtes, der Beschwerdeführer werde seine Ausbildung bzw. sonstige Berufsvorbereitung erst mit Vollendung des 26. Lebensjahres abgeschlossen haben, nicht nachvollziehbar wäre. Die Aktenlage stütze das Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer ab dem Vertrag mit dem genannten Eishockeyclub im Jahr XXXX bereits berufstätig war. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass sich der Beschwerdeführer in ständiger Weiterbildung und täglichem Training befindet, weil dies, wie von der Behörde richtig aufgezeigt, auf nahezu alle Berufssportler zutreffe. Ob der Beschwerdeführer ohne den beantragten Aufschub einen bedeutenden Nachteil im Sinne des § 26 Abs. 3 Z. 1 Wehrgesetz 2001 erleiden würde, wäre mangels Vorliegens einer Ausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung nicht mehr zu prüfen. Gleiches gelte für die im Erkenntnis vom 23.09.2014, 2012/11/0187, gemäß § 26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 2001 für die Befreiung vom Grundwehrdienst maßgebend gewesenen „besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen Interessen“, nicht zuletzt, weil es gegenständlich nicht um einen Befreiungsantrag ginge. Der Beschwerdeführer wäre im Gegensatz zum erwähnten Balletttänzer in der Lage, den Grundwehrdienst körperlich unbeschadet zu absolvieren.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist zur Ableistung des Grundwehrdienstes tauglich und wurde mit Wirksamkeit vom 02.10.2017 einberufen. Der Beschwerdeführer trat den Grundwehrdienst nicht an.

Bereits im Alter von vier Jahren begann der Beschwerdeführer kontinuierlich auf sein Ziel als Profi Eishockeyspieler hinzuarbeiten. Die Ausbildung dazu findet aktuell bei einem Eishockeyclub in der Schweiz statt und ist nicht vollends abgeschlossen, aber der Beschwerdeführer war bereits im Jahr XXXX als Eishockeyspieler berufstätig.

Der Beschwerdeführer muss – wie nahezu alle Berufssportlerinnen und Berufssportler - tägliche Trainingseinheiten absolvieren um sein Leistungsniveau zu steigern und seine Profisportlerkarriere aufrecht zu erhalten. Dies kann der Beschwerdeführer während der Ableistung eines Grundwehrdienstes nicht durchführen. Die Ableistung des Grundwehrdienstes würde dem Beschwerdeführer die bislang erworbene Aussicht der Berufsausübung als Profisportler mit maximaler Leistungssteigerung zerstören.

Dem Beschwerdeführer wäre die Fortsetzung des Berufs als Eishockeyspieler nach Ableistung des Präsenzdienstes mit reduziertem Leistungsniveau möglich. Er wäre auch nach einem Präsenzdienst körperlich in der Lage den Beruf eines Eishockeyspielers auszuüben.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus der eindeutigen Aktenlage sowie aus den weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers und der Behörde.

Die Feststellungen hinsichtlich des Abschlusses der Ausbildung des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers, den Ausführungen des Rechtsvertreters und den aktenbasierten Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichtshofes. Die Entgegnung, dass sich der Ausbildungsvertrag nunmehr als Spielervertrag bezeichne, ändert nichts an der Tatsache, dass der Beschwerdeführer weiterhin an der Erhaltung seiner Profikarriere zu arbeiten hat. Bedeutende Nachteile des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der Ableistung des Präsenzdienstes waren nicht zu relevieren.

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer den Grundwehrdienst im Gegensatz zu einem Balletttänzer körperlich unbeschadet überstehen würde, ist bereits im oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.05.2020 in Rz. 13 hervorgehoben worden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da für den hier vorliegenden Fall im maßgeblichen Materiengesetz (Wehrgesetz) keine Senatsbestimmungen vorgesehen sind, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

§ 26 Wehrgesetz 2001, BGBl. 146/2001 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 63/2012, lautet:

"Befreiung und Aufschub

§ 26. (1) Taugliche Wehrpflichtige sind, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien

1. von Amts wegen, wenn und solange es militärische Rücksichten oder sonstige öffentliche Interessen erfordern, und

2. auf ihren Antrag, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Als sonstige öffentliche Interessen gelten insbesondere gesamtwirtschaftliche oder familienpolitische Interessen sowie die Tätigkeiten von Fachkräften der Entwicklungshilfe nach § 15 des Entwicklungshelfergesetzes. Eine Befreiung ist auch zulässig, wenn eine Voraussetzung nach Z 1 oder 2 während eines Präsenzdienstes eintritt. Befreiungen nach Z 1 hat der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport zu verfügen.

(2) Anträge auf Befreiung nach Abs. 1 Z 2 dürfen beim Militärkommando eingebracht werden und darüber hinaus

1. hinsichtlich des Grundwehrdienstes auch im Stellungsverfahren bei der Stellungskommission und

2. während einer Präsenzdienstleistung auch bei jener militärischen Dienststelle, der der Wehrpflichtige zur Dienstleistung zugeteilt ist.

Bescheide nach Abs. 1 Z 1 sind, sofern es sich um eine Befreiung wegen einer beruflichen Tätigkeit handelt, dem Auftraggeber für diese berufliche Tätigkeit, insbesondere dem Arbeitgeber des Wehrpflichtigen, zur Kenntnis zu bringen.

(3) Tauglichen Wehrpflichtigen ist, sofern militärische Interessen nicht entgegenstehen, der Antritt des Grundwehrdienstes aufzuschieben, wenn

1. sie nicht zu einem innerhalb eines Jahres nach ihrer jeweiligen Heranziehbarkeit zum Grundwehrdienst gelegenen Termin zu diesem Präsenzdienst einberufen wurden und sie durch eine Unterbrechung einer bereits begonnen Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung einen bedeutenden Nachteil erleiden würden oder

2. sie vor der rechtswirksam verfügten Einberufung zum Grundwehrdienst eine weiterführende Ausbildung begonnen haben und eine Unterbrechung dieser Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.

Ein Aufschub ist auf Antrag der Wehrpflichtigen zu verfügen. Der Aufschub darf bis zum Abschluss der jeweiligen Berufsvorbereitung gewährt werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September jenes Kalenderjahres, in dem diese Wehrpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden.

(4) Mit Erlassung eines Bescheides, durch den einem Wehrpflichtigen eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, wird eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung für den Zeitraum dieser Befreiung oder dieses Aufschubes für ihn unwirksam."

Die belangte Behörde konnte nachvollziehbar darlegen, dass der Beschwerdeführer als Profisportler nicht mehr in einer Berufsausbildung bzw. sonstigen Berufsvorbereitung steht. Das Vorliegen eines bedeutenden Nachteils war daher nicht mehr zu prüfen (Verwaltungsgerichtshof, 20.05.2020, Ro 2018/11/0005).

Im Unterschied zu einer im allgemeinen vergleichbaren Situation eines Balletttänzers (vgl. Verwaltungsgerichtshof, 23.09.2014, 2012/11/0187) der mit dem siebten Lebensjahr seine berufliche Karriere einschlug, kann der Beschwerdeführer seinen Beruf als Eishockeyspieler ohne körperliche Schäden nach der Ableistung eines Präsenzdienstes ausüben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil zur gegenständlichen Sachverhaltskonstellation mit dem oben angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom 20.05.2020 bereits eindeutige Aussagen zum Abschluss der Ausbildung des Beschwerdeführers samt entsprechender oben zitierter Schlussfolgerungen getroffen wurden.

Schlagworte

Antrittsaufschub Auslandsaufenthalt bedeutender Nachteil Berufsausbildung Einberufungsbefehl Grundwehrdienst Präsenzdienst Profi-Eishockeyspieler Rechtsanschauung des VwGH

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W122.2175779.1.00

Im RIS seit

18.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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