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L34009 Abgabenordnung Wien;Norm
BAO §201;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Ing. N in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 10. Dezember 1992, Zl. UVS-05/27/00508/92, betreffend Übertretung des Dienstnehmerabgabegesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als zur Vertretung nach außen Berufener (Obmann) des Vereins XY die Dienstgeberabgabe für die bei diesem Verein in Wien beschäftigten Dienstnehmer für die Monate Jänner bis Dezember 1990 in der Höhe von S 570,-- bis 27. Mai 1991 nicht gezahlt und erklärt und hiedurch die Dienstgeberabgabe fahrlässig verkürzt. Er habe dadurch "§ 6 des Dienstgeberabgabegesetzes vom 24. April 1970, LGBl. für Wien Nr. 17, in der geltenden Fassung, im Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes" verletzt. Es wurde gemäß § 8 Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: sieben Stunden) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und nicht dafür bestraft zu werden, verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 6 Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. für Wien Nr. 15/1994 hatte der Abgabepflichtige bis zum 10. Tag jedes Monates die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten.
Gemäß § 6 Abs. 2 erster Satz Dienstgeberabgabegesetz in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 5/1979 hatte der Abgabepflichtige jeweils bis zum 10. Feber die im vorangegangenen Kalenderjahr entstandene Abgabenschuld beim Magistrat schriftlich zu erklären.
Gemäß § 8 Abs. 1 Dienstgeberabgabegesetz in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 73/1990 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Abgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis S 300.000,-- zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen.
Dieser Straftatbestand ist dem Tatbild nach ein Erfolgsdelikt (so auch das hg. Erkenntnis vom 31. März 1989, Zl. 87/17/0349). Das Tatbild ist dabei auf die Herbeiführung eines Erfolges, der Verkürzung der Abgabe entweder durch ein aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen (unechtes Unterlassungsdelikt) abgestellt. Eine Verkürzung liegt in solchen Fällen bereits dann vor, wenn die Abgabe nicht zu den vorgesehenen Terminen - das ist nach § 6 Abs. 1 leg. cit. der 10. Tag eines jeden Monats für den Vormonat - entrichtet wird. Mit der Verkürzung ist auch der Erfolg eingetreten, das Delikt nicht nur vollendet, sondern auch beendet. Spätere nach Ablauf des vorgesehenen Termins vorgenommene Handlungen oder weiter andauernde Unterlassungen vermögen an der bereits eingetretenen Verkürzung nichts zu ändern. Ein solches Verhalten nach diesem Zeitpunkt ist auch nicht vom Tatbild erfaßt. Vielmehr sind nur die Handlungen und Unterlassungen vom Tatbild umfaßt, die in einem Kausalzusammenhang mit der Verkürzung stehen
(arg.: Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Abgabe ... verkürzt wird). Dies kann bei einem Verhalten nach bereits eingetretenem Erfolg nicht mehr der Fall sein. In diesem Zusammenhang wird klarstellend darauf hingewiesen, daß ein Dauerdelikt nur dann vorliegt, wenn das gesetzliche Tatbild - was hier nicht der Fall ist - sich nicht darin erschöpft, die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes zu pönalisieren, sondern auch die Aufrechterhaltung dieses Zustandes in das Tatbild einbezogen ist.
Die strafbare Tätigkeit bzw. Untätigkeit ist nach dem Tatbild spätestens mit der Verkürzung der Abgabe abgeschlossen, der Erfolg ist damit eingetreten. Die Verjährungsfrist nach § 31 Abs. 2 VStG berechnet sich daher ab diesem Zeitpunkt, nämlich der Verkürzung der Abgabe. Ein tatbildmäßiges strafbares Verhalten danach enthält der Tatbestand nicht.
Die einjährige Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 2 VStG beginnt auch nicht etwa mit dem fruchtlosen Verstreichen der Erklärungspflicht nach § 6 Abs. 2 leg. cit. Danach ist der Abgabepflichtige zwar verpflichtet, bis 10. Feber die im vorangegangenen Kalenderjahr entstandene Abgabenschuld schriftlich zu erklären, eine bescheidmäßige Abgabenfestsetzung für dieses Jahr ist danach jedoch gesetzlich nicht vorgesehen - sie erfolgt allenfalls im Rahmen des § 149 WAO -, sodaß die Einreichung bzw. Nichteinreichung der Jahreserklärung keine Handlung bzw. Unterlassung ist, wodurch die (bereits verkürzten) Abgaben (neuerlich) verkürzt werden könnten (vgl. zum Ganzen etwa das - zur diesbezüglich inhaltsgleichen Regelung des Wr. Getränkesteuergesetzes ergangene - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1995, Zl. 93/17/0250).
Damit hat aber die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage den Zeitpunkt des Beginns der Verfolgungsverjährung unbeachtet gelassen. Sie hat rechtswidrigerweise den Beschwerdeführer betreffend Verkürzungen von Abgaben, hinsichtlich derer die einjährige Verjährungsfrist im Zeitpunkt der ersten Verfolgungshandlung - nach den Verwaltungsstrafakten mit Abfertigung der Strafverfügung vom 30. September 1991 (zur Frage der Wahrung der Verjährungsfrist vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 1984, Zl. 84/02/0079) - bereits abgelaufen war, trotz Vorliegens eines Strafausschließungsgrundes (auch) bestraft. Dabei ist anzumerken, daß die Anlastung einer fahrlässigen Abgabenverkürzung - wovon die belangte Behörde aber ausgeht - ein fortgesetztes Delikt ausschließt (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 1997, Zl. 94/17/0167, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Der Beschwerdeführer wurde insbesondere auch deshalb in seinen Rechten verletzt, weil die unrichtige Annahme der Dauer der Verkürzung (und damit des Verkürzungsbetrages) hinsichtlich des Unrechtsgehalts der Tat bei der (in der Beschwerde relevierten) Strafbemessung eine Rolle spielen kann.
Der angefochtene Bescheid war daher schon aus den oben angeführten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Bemerkt wird, daß die obigen Ausführungen mit jenen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1982, Zl. 17/2457/79, im Widerspruch stehen, das aber zum Dienstgeberabgabegesetz in einer vor der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung ergangen ist, sodaß die Entscheidung nicht in einem nach § 13 VwGG gebildeten Senat zu treffen war (vgl. etwa das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1995). Gleiches gilt für die Verneinung eines Dauerdeliktes hinsichtlich des Erkenntnisses vom 19. Dezember 1974, Zl. 1711/74, VwSlg 4775 F/1974.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbidnung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den - im Hinblick auf die gesetzliche Kostenpauschalierung nicht zuzuerkennenden - für Umsatzsteuer geltend gemachten Betrag.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1993170036.X00Im RIS seit
20.11.2000