TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/6 L501 2222133-1

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Veröffentlicht am 06.08.2020
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Entscheidungsdatum

06.08.2020

Norm

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch

L501 2222133-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von Herrn XXXX , SVNR XXXX , vertreten durch RA Mag. Wulf Sieder, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (vormals Oberösterreichische Gebietskrankenkasse) vom 07.05.2019, Zeichen VS-VP, Beitragskontonummer XXXX , wegen Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 ASVG in Höhe von EUR 1.000,00 nach ergangener Beschwerdevorentscheidung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 113 Abs 1 und 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1.    Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid der belangten Behörde wurde der nunmehr beschwerdeführenden Partei (in der Folge "bP") gemäß § 113 ASVG ein Beitragszuschlag in Höhe von EUR 1.000,00 vorgeschrieben.

Begründend wurde ausgeführt, dass bei einer Überprüfung durch ein Organ der Abgabenbehörde des Bundes am 22.01.2019 um 11:25 Uhr festgestellt worden sei, dass der tunesische Staatsangehörige XXXX (in der Folge „MB “), SVNR XXXX , bei der bP ohne Meldung zur Sozialversicherung beschäftigt gewesen sei

In der fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde vorgebracht, dass sie in ihrem Recht auf Parteiengehör und der Möglichkeit zur Stellungnahme verletzt worden sei, da der angefochtene Bescheid auf Beweise gestützt werde, die ihr nicht einmal zur Kenntnis gebracht worden seien. Entgegen der Ausführungen der belangten Behörde sei der Sachverhalt nicht unstrittig. Sie habe bereits gegenüber der Finanzpolizei klar dargelegt, dass sein Cousin MB am Tag der Betretung nicht für sie gearbeitet habe, sondern in der Restaurantküche für seine Kinder Essen zubereitet habe, da er in seiner im selben Haus gelegenen Wohnung über keine Küche verfüge. Auch habe sich um 11:25 Uhr noch kein einziger Gast in der von der beschwerdeführenden Partei geführten Pizzeria befunden, sodass MB für sie gar nicht gearbeitet haben kann.

Mit Bescheid vom 23.07.2019, Zeichen VR/VS XXXX -6322, wurde die Beschwerde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom 29.7.2019 beantragte die beschwerdeführende Partei die Vorlage ihrer Beschwerde, die Übermittlung sämtlicher Beweisergebnisse sowie die Einvernahme des MB und Herrn XXXX (in der Folge E.) zum Beweis dafür, dass MB nur für sich selbst und seine 2 Kinder gekocht hat und zum maßgeblichen Zeitpunkt keine Gäste anwesend waren.

I.2      Auf Anfrage übermittelte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Erkenntnisse LVwG- XXXX , jeweils vom 05.12.2019, samt den Niederschriften von der am 09. und 14.10.2019 durchgeführten mündlichen Verhandlung. Mit den angeführten Erkenntnissen des Landesverwaltungsgerichts wurden die Beschwerden der bP gegen die Straferkenntnisse der BH XXXX wegen Übertretung des ASVG und des AuslBG als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2020 wurden die eingeholten Unterlagen den Parteien zur Kenntnis gebracht und Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, sich hierzu zu äußern. Mit Schreiben vom 24.03.2020 gestand die bP unter Hinweis auf die Ergebnisse der vor dem Landesverwaltungsgericht abgeführten Verhandlung und dem inzwischen in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis ein, dass für MB die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sei. Sie verzichte auf die Durchführung der von ihr beantragten Beweise und sei mit der Verlesung des Verhandlungsprotokolls einverstanden. Da die Anmeldung zur Pflichtversicherung gemäß dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes unverzüglich erfolgt sei, es sich um die erstmalige verspätete Anmeldung eines einzigen Dienstnehmers handle und somit die Folgen gering geblieben seien, stelle sie gemäß § 113 Abs. 3 ASVG den Antrag, den Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen zu lassen und den Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf € 300,00 herabzusetzen.

Die Äußerung der bP wurde der belangten Behörde zur Stellungnahme übermittelt. Mit Schreiben vom 09.04.2020 übermittelte die belangte Behörde einen internen Auszug aus den Programmen der ÖGK, aus dem hervorgeht, dass zwar für andere Zeiträumen gemeldet worden war, nicht aber für den 22.1.2019.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Im Zuge einer Kontrolle durch Organe der Abgabenbehörde des Bundes am 22.01.2019 um 11:25 Uhr wurde MB in der Küche der Pizzeria der bP arbeitend (Zutaten schneidend) angetroffen. Er trug ein verschmutztes T-Shirt mit dem Logo der Pizzeria und eine Schürze. Die Pizzeria öffnete am 22.1.2019 um 11:00 Uhr; mehrere Gäste waren zum Zeitpunkt der Kontrolle um 11:25 Uhr im Gastraum anwesend und hatten Speisen bestellt. E. war als Pizzakoch im Gastraum tätig. MB war zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht zur Sozialversicherung gemeldet.

II.2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie den Gerichtsakt, beinhaltend insbesondere das schriftliche Eingeständnis der bP vom 24.03.2020 sowie die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich, LVwG- XXXX , jeweils vom 05.12.2019, samt den Niederschriften von der am 09. und 14.10.2019 durchgeführten mündlichen Verhandlung. Der den Straferkenntnissen zu Grunde liegende Sachverhalt ist derselbe wie der verfahrensgegenständliche, nämlich das Antreffen von MB im Rahmen einer Kontrolle durch die Finanzpolizei am 22.01.2019 um 11:25 Uhr in der Küche der Pizzeria der bP.

Wenngleich für das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Bindungswirkung an die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts im Verwaltungsstrafverfahren zur Feststellung des Bestehens eines Dienstverhältnisses besteht, so ist anzumerken, dass § 46 AVG hinsichtlich der Beweismittel bestimmt, dass als Beweismittel alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist (Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel). Die Behörde [das Gericht] kann gemäß dem Grundsatz der arbiträren Ordnung daher alles als Beweismittel heranziehen, was nach logischen Grundsätzen Beweis zu liefern, dh einen Beitrag zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes zu leisten vermag (VwGH v. 28.01.1992, 91/04/0224).

Das Landesverwaltungsgericht führte gegenständlich beweiswürdigend wie folgt aus:

„[…] MB war zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt nicht zur Sozialversicherung angemeldet. […] Der Sachverhalt ergibt sich aus den Aussagen des Kontrollorgans und E. Der Zeuge E. erläuterte ausführlich und glaubwürdig, dass die Vorbereitungen (Rucola waschen, Zwiebeln schneiden,...) bereits ab 10:00 Uhr stattfanden. Auch Paprika wurde geschnitten und zwar bereits vor dem Einlangen einer Bestellung. Er selbst führte diese Tätigkeiten durch bzw. am 22.01.2019 MB. Dieser arbeitete an diesem Tag nach den Angaben des Zeugen E. ganz normal in der Küche, beginnend ab 10:00 Uhr. Bei MB handelte es sich entgegen den Angaben der beschwerdeführenden Partei nicht um deren Cousin. Er erhielt von der beschwerdeführenden Partei einen Schlüssel für die Hintertür. Die Angaben des MB, dass er für einen Tag in XXXX mit dem Bus von Rom aus kommend anreist, um dann im verschmutzten T-Shirt mit Pizzeria-Logo und Schürze nur Minestrone für seine Kinder, von denen ein Kind keinen eigenständigen Aufenthaltstitel aufweist, zu kochen, entbehrt jeglicher Glaubwürdigkeit. Dass nach Angaben der beschwerdeführenden Partei keine Zutaten für einen Küchenbetrieb vorbereitet werden, entspricht ebenfalls nicht der allgemeinen Lebenserfahrung. Der Auszug aus der Registrierkasse kann dementsprechend kein taugliches Beweismittel darstellen. MB wurde während der Öffnungszeiten in der Küche angetroffen, nicht wie er angab, vorher. Das Kontrollorgan konnte sich auch noch an andere vorbereitete Speisen erinnern, die in der Küche standen.“

Dieser nachvollziehbaren, auf der Durchführung einer Beschwerdeverhandlung basierenden Beweiswürdigung, schließt sich das Bundesverwaltungsgericht an, zumal auch die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom 24.03.2020 ausdrücklich eingestand, für MB die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet zu haben.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, […], und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Gemäß § 113 Abs 1 ASVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 79/2015) können Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde. Gemäß Abs 2 leg. cit. setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 400 € je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 600 €. Gemäß Abs 3 leg. cit. kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 300 € herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

Die bP hat es als Dienstgeber unterlassen, MB vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger (der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse) anzumelden, wodurch sie gegen die ihr obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten verstoßen hat. Zum Zeitpunkt der Kontrolle durch die Finanzpolizei lag eine Anmeldung nicht vor. Damit sind alle Voraussetzungen für die Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs 1 ASVG dem Grunde nach erfüllt.

Hinsichtlich der monierten Herabsetzung der Höhe des Beitragszuschlages ist auszuführen, dass die Anmeldung zum Zeitpunkt der Kontrolle zweifelsfrei noch nicht nachgeholt worden war, weshalb die Folgen des Meldeverstoßes – selbst bei nur einem Betretenen - gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als unbedeutend anzusehen sind (vgl. VwGH 19.02.2016, 2013/08/0287; vom 25.06.2013, 2011/08/0161; vom 3.4.2017, Ra 2016/08/0098).

Die Vorschreibung des gegenständlichen Beitragszuschlages erfolgte daher dem Grunde und der Höhe nach zu Recht.

Absehen von einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Im gegenständlichen Fall kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil sich Fragen der Beweiswürdigung nicht (mehr) stellen, der maßgebliche Sachverhalt als durch die Aktenlage geklärt erachtet werden konnte und keine Rechtsfragen vorliegen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordern würden. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier Art 6 Abs 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil zu der gegenständlich anzuwendenden Bestimmung zahlreiche Judikate des Verwaltungsgerichtshofes vorliegen, die Rechtsfragen in der bisherigen Rechtsprechung einheitlich beantwortet wurden und in der vorliegenden Entscheidung von der höchstrichterlichen Spruchpraxis auch nicht abgewichen wurde.

Schlagworte

Beitragszuschlag Meldeverstoß Sozialversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L501.2222133.1.00

Im RIS seit

18.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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