Entscheidungsdatum
08.09.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W128 2225861-1/12E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Michael FUCHS-ROBETIN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX (Erstbeschwerdeführer), als gesetzlicher Vertreter des mj. XXXX (Zweitbeschwerdeführer), geb. XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas LANGER, gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Wien vom 17.10.2019, Zl. 003.103/0215-Präs3a1/2019:
A)
Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren wird eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Der Erstbeschwerdeführer zeigte am 30.08.2019 mit einem Formularantrag die Teilnahme des Zweitbeschwerdeführers am häuslichen Unterricht an.
2. Mit Bescheid vom 17.10.2019 untersagte die belangte Behörde mit Spruchpunkt 1. des Bescheides die Teilnahme des Zweitbeschwerdeführers am häuslichen Unterricht und ordnete mit Spruchpunkt 2. an, dass der Erziehungsberechtigte für die Erfüllung der Schulpflicht des Zweitbeschwerdeführers in einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule zu sorgen habe.
3. Mit Schriftsatz vom 13.11.2019 erhob der Erstbeschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
4. Mit Schreiben vom 25.11.2019, eingelangt am 27.11.2019, legt die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.
5. Mit Beschluss vom 02.12.2019, W128 2225861-1/2Z wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zurück.
6. Mit Beschluss vom 09.12.2019 hob das Bundesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück.
7. Dagegen erhob die belangte Behörde Amtsrevision.
8. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.05.2020, Zl. Ro 2020/10/0007-4 wurde der angefochtene Beschluss wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes ausgehoben.
Nach Aufhebung des Beschlusses vom 09.12.2019 ist das Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht fortzusetzen.
9. Das Bundesverwaltungsgericht hielt der beschwerdeführenden Partei die Gegenstandslosigkeit des Beschwerdeverfahrens mit Schreiben vom 30.07.2020 vor. Da das Schuljahr 2019/2020, für welches die Anzeige des häuslichen Unterrichts erfolgte, bereits verstrichen ist, erscheint das Beschwerdeverfahren gegenstandslos geworden zu sein (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auch dann eintreten kann, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt [vgl. z.B. VwGH 16.10.2006, 2003/10/0140 m.w.N.]).
Das Bundesverwaltungsgericht forderte die beschwerdeführende Partei im Rahmen des Parteiengehörs auf, binnen einer Frist von vier Wochen ab Zustellung, dazu Stellung zu nehmen. Eine entsprechende Stellungnahme langte bis zum Datum der Beschlussfassung nicht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist mit der Einstellung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur bei formeller Klaglosstellung, sondern auch bei "Gegenstandslosigkeit" der Beschwerde vorzugehen.
Gegenstandslosigkeit wird angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (siehe VwGH vom 28.11.2013, 2013/10/0084 samt zitierter Vorjudikatur).
Im gegenständlichen Fall ist der Zeitraum (Schuljahr 2019/2020), für welches die Anzeige der Teilnahme am häuslichen Unterricht erfolgte, bereits verstrichen. Gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG ist die Teilnahme am häuslichen Unterricht „jeweils“ vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen. Die Wirkung der Anzeige vom 30.08.2019 endete daher in jedem Fall mit Ende des Schuljahres 2019/2020 und wäre für die Folgeschuljahre eine erneute Anzeige notwendig. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt [vgl. z.B. VwGH 16.10.2006, 2003/10/0140 m.w.N.]). Das Beschwerdeverfahren ist gegenstandslos geworden da mit Ablauf des Schuljahres 2019/2020 durch eine Entscheidung lediglich über theoretische Rechtsfragen, ohne praktische Relevanz, entschieden werden könnte und somit die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid auch nicht mehr in ihren Rechten verletzt sein können. (vgl. VwGH 12.08.2010, 2010/10/0087). Das Vorliegen eines weiteren rechtlichen Interesses wurde von den Beschwerdeführern trotz Aufforderung nicht vorgebracht.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Gegenstandslosigkeit häuslicher Unterricht Rechtsanschauung des VwGH Verfahrenseinstellung Wegfall des RechtschutzinteressesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W128.2225861.1.00Im RIS seit
18.12.2020Zuletzt aktualisiert am
18.12.2020