TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/5 W169 2192509-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.2020
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Entscheidungsdatum

05.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W169 2192509-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Eritrea, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.03.2018, Zl. 1170768006-171161743, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.10.2020, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. Die Spruchpunkte II. bis VI. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein eritreischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler, schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 10.10.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, aus Eritrea zu stammen, die Sprache Tigrinya zu sprechen und der Religionsgemeinschaft der orthodoxen Christen anzugehören. Der Beschwerdeführer habe zehn Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als Straßenverkäufer gearbeitet. Er sei verheiratet. Zum Ausreisegrund führte der Beschwerdeführer an, dass er in XXXX Schüler gewesen sei. „Sie“ hätten ihn dann mit 18 Jahren von der Schule hinausgeworfen. Dann habe er eine Einberufung zum Militärdienst bekommen. Er sei nicht hingegangen. Daraufhin hätten „sie“ den Vater des Beschwerdeführers festgenommen. Dann sei der Beschwerdeführer nach Asmara gegangen. Er habe dort eine Weile gearbeitet und sei dann illegal über die Grenze gegangen. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst vor dem Militärdienst, weil dieser auf unbestimmte Zeit erfolge. Er würde wahrscheinlich eingesperrt und gefoltert werden.

2. Anlässlich seiner Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 07.03.2018 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, aus Eritrea zu stammen, der Volksgruppe der Tigrinya und der Religionsgemeinschaft der orthodoxen Christen anzugehören. Er habe zehn Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als Straßenverkäufer gearbeitet. Er sei in Zawl geboren und aufgewachsen und habe zuletzt vor seiner Ausreise in Asmara gelebt. Seine Eltern und Geschwister würden noch in Zawl leben und hätten dort eine Landwirtschaft, von der sie leben würden. Der Beschwerdeführer habe unregelmäßigen telefonischen Kontakt mit seiner Familie. Er habe in Uganda eine Eritreerin aus seinem Heimatdorf traditionell geheiratet und habe keine Kinder. Zu seinem Gesundheitszustand gab der Beschwerdeführer an, Schlafprobleme zu haben, aber derzeit nicht in ärztlicher Behandlung zu stehen.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass er Schüler der 10. Klasse gewesen sei, als er aus der Schule geworfen worden sei, da er bereits 18 Jahre alt gewesen sei. Er habe dann über seine Mutter eine Vorladung bekommen, der er nicht nachgekommen sei, da er ansonsten sein ganzes Leben lang im Militärdienst bleiben würde. Da die Behörden den Beschwerdeführer nicht gefunden hätten, hätten sie seinen Vater nach XXXX (gemeint: ins Gefängnis) gebracht. Der Beschwerdeführer habe sich meistens versteckt gehalten und sei, nachdem sein Vater mitgenommen worden sei, nach Asmara gegangen. Nachdem ihm ein Freund von der Möglichkeit, aus Eritrea zu fliehen, erzählt habe, sei er ausgereist.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.03.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Eritrea (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Eritrea zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

5. Mit Schriftsatz vom 06.05.2018 brachte der Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung ein und legte dieser die Kopie eines „eritreische[n] Dokumente[s]“, eine Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs und zwei Arztbriefe mit den Diagnosen einer posttraumatischen Belastungsstörung, Angst- und Panikattacken und Agoraphobie bei.

6. Mit Schriftsatz vom 23.05.2018 wurde die Beschwerdeergänzung dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Kenntnis gebracht und eine Frist von 14 Tagen zur Stellungnahme gewährt, wovon nicht Gebrauch gemacht wurde.

7. Am 06.10.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer und sein rechtlicher Vertreter teilnahmen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist entschuldigt ferngeblieben. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wurde der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen, Rückkehrbefürchtungen und Integrationsbemühungen in Österreich befragt (s. Verhandlungsprotokoll). Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Verhandlung ein Konvolut an Integrationsunterlagen vor (Beilage ./A).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Er ist Staatsangehöriger von Eritrea, gehört der Volksgruppe der Tigrinya und der Religionsgemeinschaft der orthodoxen Christen an. Er ist volljährig und im erwerbsfähigen Alter. Der Beschwerdeführer spricht Tigrinya. Er hat zehn Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als Straßenverkäufer gearbeitet.

Der Beschwerdeführer wurde in Zawl, Region XXXX , geboren und hat dort bis kurz vor seiner Ausreise gelebt. Die letzten rund fünf Monate vor seiner Ausreise hat der Beschwerdeführer sich in Zawl und Asmara versteckt.

Der Beschwerdeführer hat neben seinen Eltern drei Brüder und drei Schwestern. Ein Bruder lebt in Norwegen, ein Bruder ist vor dem Militärdienst nach der Grundausbildung aus einem Militärcamp nach Äthiopien geflohen und der jüngste Bruder des Beschwerdeführers hält sich in Zawul versteckt, da er schon eine Vorladung zum Militärdienst bekommen hat. Die restliche Familie des Beschwerdeführers lebt weiterhin in Eritrea. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seiner Familie.

Der Beschwerdeführer ist nicht verheiratet und hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner lebensbedrohlichen Krankheit und ist strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer hat sich dem eritreischen Nationaldienst entzogen und Eritrea illegal verlassen. Dem Beschwerdeführer droht im Falle einer Rückkehr aufgrund seiner illegalen Ausreise und der Entziehung vom Nationaldienst unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert, gefoltert und zum Nationaldienst eingezogen zu werden.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgehalten:

Politische Lage

Eritrea ist nach dem Südsudan das zweitjüngste und eines der ärmsten Länder Afrikas. Das Land löste sich nach einem Referendum von Äthiopien und wurde 1993 ein eigener Staat (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Das Land ist ein in sechs Provinzen aufgeteilter Zentralstaat. Die Verfassung von 1997 ist nie in Kraft getreten. Alle wesentlichen Entscheidungen werden vom Präsidenten getroffen. Es gibt keine Gewaltenteilung. Das Übergangsparlament besteht aus 150 Abgeordneten, von denen 75 dem Zentralrat der Staatspartei PFDJ (People's Front for Democracy and Justice) angehören. Weitere 60 Abgeordnete sind ausgewählte Vertreter der Provinzen und 15 Sitze entfallen auf die Vertreter der Auslandseritreer. Das Parlament trat zuletzt 2001 zusammen und ist faktisch inaktiv (AA 24.5.2018). Seit der Unabhängigkeit des Landes gab es keine Wahlen auf nationaler Ebene (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 25.2.2018). De facto handelt es sich um eine Einparteiendiktatur. Die Regierungspartei PFDJ ging 1994 aus der Eritrean People's Liberation Front (EPLF) hervor. Sie stellt den Staats- und Regierungschef Isaias Afewerki sowie die gesamte weitere politische Führung des Landes. Andere politische Parteien sind verboten (AA 25.2.2018).

Am Sonntag, 8.7.2018, kam es in Asmara zu einem historischen Treffen zwischen dem äthiopischen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed und dem seit 25 Jahren herrschenden eritreischen Staatschef Isaias Afewerki (JA 9.7.2018; vgl. NZZ 9.7.2018). Am Montag, 9.7.2018, wurde ein Friedens- und Freundschaftsvertrag unterzeichnet (AN 11.7.2018; vgl. AN 28.12.2018, NZZ 9.7.2018) und somit der Kriegszustand zwischen den Nachbarstaaten offiziell für beendet erklärt (AN 11.7.2018). Die beiden Staatschefs haben sich nicht nur auf den Frieden geeinigt, sondern auf eine umfassende Kooperation (DS 9.7.2018). Mit der Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung haben sie den Weg für eine dauerhafte Versöhnung geebnet (JA 9.7.2018).

Äthiopien und Eritrea vereinbarten, ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufzunehmen, ihre Grenzen zu öffnen, die Wiederaufnahme des Luft- und Seeverkehrs und den Personenverkehr zwischen den beiden Ländern zu ermöglichen (BBC 9.7.2018; vgl. JA 8.7.2018, JA 9.7.2018, KZ 10.7.2018). Einen Tag nach der Friedenserklärung wurde die Telefonverbindung zwischen Äthiopien und Eritrea wieder hergestellt und es gibt nun wieder Flüge von Addis Abeba nach Eritrea (AN 29.1.2019; vgl. BBC 9.7.2018, DS 9.7.2018, KZ 10.7.2018). Auch die Landgrenze wurde wieder geöffnet (AFAR 15.1.2019; vgl. AN 28.12.2018; AN 29.12.2018). Der Handel von äthiopischer Seite reicht nun nach Asmara und in andere große eritreische Städte. In umgekehrter Richtung hält der Flüchtlingsstrom an (AN 28.12.2018).

Durch die Erleichterung des Personenverkehrs, des Zugangs zu den Häfen und die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Landes wird sich die Lage zwangsläufig ändern. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Regentschaft von Isaias Afeworki anpassen wird (JA 9.7.2018). Bisher hat die eritreische Regierung weder ein Programm für demokratische Reformen eingeführt, noch die Menschenrechtslage im Land verbessert. Die Öffnung der Grenze zu Äthiopien hat dazu geführt, dass Tausende von Eritreern aus dem Land strömen. Bis zu 500 Menschen überqueren täglich die Grenze nach Äthiopien (AFAR 14.11.2018).

Außerdem hat Eritrea inzwischen auch Frieden mit Somalia geschlossen (AN 28.12.2018). Die diplomatischen Beziehungen wurden wiederhergestellt, als der somalische Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed Farmajo im Juli 2018 seinen Amtskollegen in Asmara besuchte (AN 15.11.2018). Die beiden Länder hatten seit mehr als einem Jahrzehnt angespannte Beziehungen, was insbesondere auf Asmaras angebliche Unterstützung der al Shabaab zurückzuführen ist. Dieser Vorwurf hat außerdem dazu geführt, dass Eritrea seit 2009 Sanktionen der Vereinten Nationen unterliegt, darunter das Einfrieren von Vermögenswerten und Reiseverbote für politische und militärische Beamte im Ausland, sowie einem Waffenembargo. Die jüngsten Berichte der UN-Embargokommission führen keine Beweise mehr für eine eritreische Unterstützung der Islamisten an (JA 28.7.2018). Letztlich, nach fast einem Jahrzehnt, beschloss der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im November 2018 einstimmig die Aufhebung des Waffenembargos und der gezielten Sanktionen gegen Eritrea (AFAR 14.11.2018; vgl. AN 28.12.2018). Mit Beendigung der Sanktionen ist Eritrea aus der internationalen Isolation ausgebrochen. Gleichzeitig ist Eritrea ein wichtiger Verbündeter Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate in ihrem Krieg im Jemen. Eritrea verfügt über Stützpunkte, von denen aus beide Länder operieren (AFAR 14.11.2018).

Auch mit Dschibuti ist es nach Jahren der Konflikte zu einer Entspannung gekommen (AN 15.11.2018; vgl. AN 28.12.2018). Eritrea und Dschibuti haben am 6.9.2018 den territorialen Streit um die Region Ras Doumeira beigelegt und ein neues Friedensabkommen unterzeichnet, mit dem der jahrzehntelange Konflikt zwischen den beiden Ländern effektiv beendet wurde (AJ 11.9.2018; vgl. RFI 6.9.2018). Gleichzeitig kündigten Eritrea und Dschibuti an, ihre diplomatischen Beziehungen wiederherzustellen (AN 15.11.2018).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (24.5.2018): Eritrea, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/eritrea-node/-/226210, Zugriff 16.1.2019

-AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 16.1.2019

-AFAR - African Arguments (15.1.2019): With Ethiopia’s border now open, why are Eritreans still fleeing to Sudan?, https://africanarguments.org/2019/01/15/ethiopia-border-open-why-eritrea-sudan-fleeing/, Zugriff 30.1.2019

-AFAR - African Arguments (14.11.2018): Why sanctions on Eritrea are being lifted and what it means, https://africanarguments.org/2018/11/14/eritrea-sanctions-lifted-what-it-means/, Zugriff 11.2.2019

-AJ - Al Jazeera (11.9.2018): Eritrea consolidates Horn of Africa peace, Restoration of diplomatic relations among Eritrea, Djibouti, Ethiopia and Somalia signals an end to region's conflict, https://www.aljazeera.com/news/2018/09/eritrea-consolidates-horn-africa-peace-deal-180910174538098.html, Zugriff 14.2.2019

-AN - AfricaNews (29.1.2019): Ethiopia-Eritrea to regularize trade, transport after trial period, http://www.africanews.com/2019/01/29/ethiopia-eritrea-to-regularize-trade-transport-after-trial-period/, Zugriff 26.2.2019

-AN - AfricaNews.com (29.12.2018): Eritrea unilaterally shuts border with Ethiopia, http://www.africanews.com/2018/12/29/eritrea-unilaterally-shuts-border-with-ethiopia/, Zugriff 11.2.2019

-AN - AfricaNews (28.12.2018): 2018 Review: Eritrea's top news stories - Ethiopia, Djibouti, UNSC, http://www.africanews.com/2018/12/28/2018-review-eritrea-s-top-news-stories-ethiopia-djibouti-unsc/, Zugriff 11.2.2019

-AN - AfricaNews (15.11.2018): How and why Eritrea's sanctions were lifted, http://www.africanews.com/2018/11/15/how-and-why-eritrea-s-sanctions-were-lifted/, Zugriff 11.2.2019

-AN - AfricaNews.com (11.7.2018): Ethiopia PM says Eritrea peace deal to be accelerated to ‘make up for lost opportunities’: http://www.africanews.com/2018/07/11/ethiopia-pm-says- eritrea-peace-deal-to-be-accelerated-to-make-up-for-lost/, Zugriff 12.7.2018

-BBC - BBC News Africa (9.7.2018): Ethiopia's Abiy and Eritrea's Afewerki declare end of war, https://www.bbc.com/news/world-africa-44764597, Zugriff 11.2.2019

-DS - derStandard.at (9.7.2018): Äthiopien und Eritrea beenden 20-jährigen Krieg, https://derstandard.at/2000083113948/Langzeit-Rivalen-Aethiopien-und-Eritrea-unterschrieben-Friedensvertrag, Zugriff 11.2.2019

-JA - Jeune Afrique (28.7.2018): Érythrée : le président somalien en visite pour trois jour, https://www.jeuneafrique.com/607578/politique/erythree-le-president-somalien-en-visite-pour-trois-jours/, Zugriff 14.2.2019

-JA - Jeune Afrique (9.7.2018): Rapprochement Éthiopie-Érythrée : « C’est un virage à 180 degrés, mais la route est encore longue », https://www.jeuneafrique.com/590462/politique/rapprochement-ethiopie-erythree-cest-un-virage-a-180-degres-mais-la-route-est-encore-longue/, Zugriff 14.2.2019

-JA - Jeune Afrique (8.7.2018) Rencontre historique des dirigeants éthiopien et érythréen à Asmara, http://www.jeuneafrique.com/590040/politique/rencontre-historique-des-dirigeants-ethiopien-et-erythreen-a-asmara/, Zugriff 11.2.2019

-KZ - Kleine Zeitung (10.7.2018): Friedenserklärung - Äthiopien und Eritrea können nach 20 Jahren wieder miteinander telefonieren, https://www.kleinezeitung.at/politik/aussenpolitik/5461739/Friedenserklaerung_Aethiopien-und-Eritrea-koennen-nach-20-Jahren, Zugriff 11.2.2019

-NZZ - Neue Zürcher Zeitung (9.7.2018): Äthiopien treibt den Friedensprozess mit Eritrea schnell voran, https://www.nzz.ch/international/weitere-entspannung-zwischen-aethiopien-und-eritrea-ld.1401941, Zugriff 11.2.2019

-RFI - Radio France International (6.9.2018): Accord historique de coopération entre la Somalie, l’Erythrée et l’Ethiopie, http://www.rfi.fr/afrique/20180906-accord-historique-cooperation-somalie-erythree-ethiopie, Zugriff 14.2.2019

-USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430113.html, Zugriff 16.1.2019

Sicherheitslage

Die Lage bleibt angespannt (FD 26.2.2019). Es wird sich erst erweisen, inwieweit sich die Normalisierung des Verhältnisses zwischen Eritrea und Äthiopien und die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen im Juli 2018 auf die Sicherheitslage auswirkt (EDA 26.2.2019).

Gemäß dem französischen und österreichischen Außenministerium gilt für ganz Eritrea ein hohes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 4) (BMEIA 26.2.2019; FD 26.2.2019). Das deutsche Auswärtige Amt rät vor Reisen ins Grenzgebiet zu Äthiopien, zum Sudan und zu Dschibuti ab (AA 16.1.2019).

Zudem besteht insbesondere im Grenzgebiet zu Äthiopien und Dschibuti landesweit akute Minengefahr (AA 26.2.2019; vgl. BMEIA 26.2.2019). Daneben kann im Grenzgebiet zu Äthiopien und dem Sudan Gefahr durch dort anwesende bewaffnete Gruppen drohen (FD 26.2.2019). Im Grenzgebiet zum Sudan sind zusätzlich Schmuggler aktiv. Die Situation ist gespannt. Von Reisen dorthin wird abgeraten (EDA 26.2.2019; vgl. FD 26.2.2019).

Demonstrationen in großen Ballungszentren sind selten, können aber von den Sicherheitskräften gewaltsam unterdrückt werden (FD 26.2.2019).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (26.2.2019): Eritrea, Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/eritrea-node/eritreasicherheit/226176, Zugriff 26.2.2019

-BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres(26.2.2019): Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/eritrea/, Zugriff 26.2.2019

-EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (26.2.2019): Reisehinweise Eritrea, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/eritrea/reisehinweise-fuereritrea.html, Zugriff 26.2.2019

-FD - France Diplomatie (26.2.2019): Erythrée, Conseils aux voyageurs, Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/erythree/, Zugriff 26.2.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Das Gesetz und die nicht umgesetzte Verfassung sehen eine unabhängige Justiz vor. Die Justiz ist allerdings vor der Kontrolle durch die Exekutive nicht geschützt (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Rechtsstaatlichkeit ist in Eritrea nicht gewährleistet (AA 25.2.2018). Es gibt keine Gewaltenteilung (AA 24.5.2018). Die Justiz ist weder unabhängig noch unparteiisch, Korruption ist ein Problem (USDOS 20.4.2018). Die Justiz bleibt unzureichend finanziert, es mangelt ihr an ausgebildetem Personal und Infrastruktur (USDOS 20.4.2018). Die Justizreform geht schleppend voran. Die EU unterstützt die Professionalisierung von „community courts“. Anfang 2015 wurde ein neues Strafgesetzbuch und eine neue Zivil- und Strafprozessordnung vorgelegt, welche die alten noch geltenden äthiopischen Gesetzbücher ablösten (AA 25.2.2018).

Neben der ordentlichen Gerichtsbarkeit existieren Militär- und Sondergerichte, die jedes Verfahren an sich ziehen können und vor denen keine Rechtsanwälte zugelassen sind. Sie sind auch für die Ahndung von Korruptionsfällen und von Kapitaldelikten zuständig (AA 25.2.2018; vgl. AA 24.5.2018, USDOS 20.4.2018). Eine Berufung gegen deren Urteile ist nicht möglich. In Verfahren vor diesen Gerichten gibt es keine öffentliche Verhandlung, keinen anwaltlichen Beistand und keine Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen (AA 25.2.2018).

Traditionelle juristische Institutionen sind der Gerechtigkeit verpflichtet, vernachlässigen aber die Gleichstellung der Geschlechter bis zu einem gewissen Grad (BTI 2018).

Eine Strafverfolgung aus politischen Gründen ist nicht auszuschließen. Verhaftungen ohne Haftbefehl und ohne Angabe von Gründen sind üblich. Umgekehrt werden Häftlinge auch ohne Angabe von Gründen freigelassen (AA 25.2.2018).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (24.5.2018): Eritrea, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/eritrea-node/-/226210, Zugriff 16.1.2019

-AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 16.1.2019

-BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Eritrea Country Report 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427444/488349_en.pdf, Zugriff 28.1.2019

-USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430113.html, Zugriff 16.1.2019

Sicherheitsbehörden

Die Polizei ist für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit verantwortlich, die Armee für die äußere Sicherheit. Doch die Regierung setzt manchmal die Streitkräfte, die Reserve, demobilisierte Soldaten oder Miliz dazu ein, um innere und äußere Sicherheitsaufgaben zu erfüllen. Agenten des Nationalen Sicherheitsbüros, das dem Präsidentenbüro unterstellt ist, sind für die Verhaftung von Personen verantwortlich, die verdächtigt werden, die nationale Sicherheit zu gefährden. Die Streitkräfte haben die Befugnis, Zivilisten anzuhalten und zu verhaften. Generell spielt die Polizei in Fällen der nationalen Sicherheit keine Rolle. Dabei ist bei Sicherheitskräften Straflosigkeit die Norm. Es gibt keine bekannten internen oder externen Mechanismen, um Vergehen von Sicherheitskräften zu untersuchen (USDOS 20.4.2018). Militär, Polizei und Sicherheitsdienste üben eine fast vollständige Kontrolle über das politische und gesellschaftliche Leben aus. Sie verfügen über weitreichende Vollmachten, die nicht immer eine gesetzliche Grundlage haben (AA 25.2.2018).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 16.1.2019

-USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430113.html, Zugriff 16.1.2019

Folter und unmenschliche Behandlung

Das geltende Strafgesetzbuch verbietet Folter (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Trotzdem wird Folter gegenüber Gefangenen, insbesondere während der Befragung, angewandt. Auch sollen Deserteure, Wehrdienstflüchtige und Wehrdienstverweigerer verschiedener religiöser Gruppen, insbesondere Anhänger der Zeugen Jehovas, physisch und psychisch misshandelt werden (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Ferner kommt es bei Vernehmungen vereinzelt zu Folter. Medizinische Hilfe wird nur im Notfall gewährt. Es sind keine Fälle bekannt, in denen die Anwendung von Folter zu Sanktionen geführt hätte (AA 25.2.2018).

Die Vereinten Nationen und andere Organisationen haben wiederholt über Folter in Eritrea berichtet (BTI 2018; vgl. HRW 17.1.2019, HRW 3.10.2018). U.a. hat die von der UNO ernannte Untersuchungsmission für Menschenrechte in Eritrea festgestellt, dass in Eritrea seit 1991 Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter Versklavung, Inhaftierung, Verschwindenlassen, Folter, Verfolgung, Vergewaltigung und Mord begangen werden (BTI 2018). Auch während des Nationaldienstes kommt es zu systematischem Missbrauch, einschließlich Folter und unzureichender Versorgung mit Nahrungsmitteln (HRW 3.10.2018).

Die Veränderung der Beziehung zu Äthiopien änderte bisher weder die repressive Politik noch die Härte staatlicher Herrschaft. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen beklagt die systematischen, weit verbreiteten und schweren Menschenrechtsverletzungen der Regierung, die in einem Klima der allgemeinen Straflosigkeit begangen werden (HRW 17.1.2019). Zu den Menschenrechtsvergehen gehören willkürliche Inhaftierung, Verschwindenlassen, Folter und sexuelle Gewalt sowie Zwangsarbeit (HRW 3.10.2018; vgl. HRW 17.1.2019). Fernerhin werden weiterhin Menschen willkürlich und unter Zwang auf unbestimmte Zeit rekrutiert. Es kommt zu willkürlichen Verhaftungen und zur Anwendung von Folter durch staatliche Akteure (AA 25.2.2018).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 16.1.2019

-BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Eritrea Country Report 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427444/488349_en.pdf, Zugriff 28.1.2019

-HRW - Human Rights Watch (3.10.2018): Eritrea: Diplomacy Changes, but Political Prisoners Remain, https://www.ecoi.net/de/dokument/1445202.html, Zugriff 16.1.2019

-HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002170.html, Zugriff 26.2.2019

-USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430113.html, Zugriff 16.1.2019

Korruption

Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International nimmt Eritrea 2018 den 157 von 180 Plätzen ein (TI 2018). Die meisten staatlichen Institutionen sind von Korruption betroffen (BTI 2018). Strafrechtliche Sanktionen für korrupte Beamte sind gesetzlich vorgesehen, die Regierung setzt das Gesetz jedoch nicht effektiv um (USDOS 20.4.2018. Korrupte Praktiken bleiben häufig ungestraft (USDOS 20.4.2018; vgl. BTI 2018). Das offizielle Ziel der Regierung, die Korruption einzudämmen, wurde praktisch aufgegeben (BTI 2018).

Dabei gäbe es spezielle Gerichte, die für die Untersuchung von Korruptionsfällen zuständig sind (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Jedoch gibt es keine Regierungsstelle, die unabhängig vom Büro des Präsidenten und der PFDJ arbeitet. Es gibt auch keine unabhängige Kontrollinstanz (USDOS 29.6.2017) und keine öffentliche Rechenschaftspflicht für Misswirtschaft oder Korruption. Die vom Militär geführten Sondergerichte für Korruptionsfälle sind weitgehend inaktiv (BTI 2018).

Korruption in der Zivilverwaltung und insbesondere im Militär bleibt weit verbreitet. Hochrangige Beamte beteiligen sich weiterhin an illegalen Aktivitäten (BTI 2018). Klientelismus, Vetternwirtschaft und Kleinkriminalität innerhalb der Exekutive basieren weitgehend auf familiären Beziehungen (USDOS 20.4.2018). Es gibt Berichte über Korruption bei der Polizei, die gelegentlich Bestechungsgelder fordert, um Häftlinge freizulassen (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Auch die Korruption in der Justiz bleibt ein Problem (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 16.1.2019

-BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Eritrea Country Report 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427444/488349_en.pdf, Zugriff 28.1.2019

-TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/country/ERI, Zugriff 13.2.2019

-USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430113.html, Zugriff 17.1.2019

-USDOS - US Department of State (29.6.2017): Investment Climate Statements for 2017 – Eritrea, http://www.state.gov/e/eb/rls/othr/ics/investmentclimatestatements/index.htm?year=2017&dlid=269731, Zugriff 17.1.2019

Wehrdienst und Rekrutierungen

Der obligatorische Nationaldienst („national service“) dauert für Männer und Frauen offiziell 18 Monate (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018, HRW 17.1.2019), kann aber nach wie vor willkürlich und unter Zwang auf unbestimmte Zeit verlängert werden (AI 30.7.2018; vgl. HRW 17.1.2019). Für Frauen dauert die Dienstpflicht aktuell bis zum 27. und für Männer bis zum 50. Lebensjahr (nach anderen Angaben für Frauen bis zum 47. und für Männer bis zum 57. Lebensjahr). Frauen werden in der Regel bei Heirat oder Schwangerschaft aus dem Nationaldienst entlassen (AA 25.2.2018).

In einigen Fällen dauert der Nationaldienst schon bis zu 18 Jahre (HRW 17.1.2019) - sodass dieser Dienst Sklaverei-ähnliche Zustände annehmen kann (AA 25.2.2018; vgl. HRW 17.1.2019). Dieses System der unbefristeten, unfreiwilligen Einberufung kommt Zwangsarbeit gleich (AI 30.7.2018). Nach dem Friedensabkommen mit Äthiopien hat die Regierung bisher keine langdienenden Nachtionaldienstleistenden freigestellt (HRW 17.1.2019).

Nationaldienstleistende werden seit langem unmenschlich und erniedrigend bestraft, es kommt auch zu Folter (HRW 17.1.2019). Bei geringen Verstößen werden harte Strafen verhängt (AI 30.7.2018). Obwohl die Löhne in den letzten Jahren erhöht wurden, bleiben sie unzureichend, um eine Familie zu ernähren (HRW 17.1.2019).

Der eritreische Informationsminister bestätigte in einem Interview 2018, dass weniger als ein Fünftel der Nationaldienstleistenden eine militärische Funktion ausübt (HRW 17.1.2019). Nach der militärischen Grundausbildung werden die Dienstverpflichteten z.B. beim Straßen- und Dammbau, in der Landwirtschaft, aber auch in allen Bereichen der staatlichen Verwaltung und Wirtschaft eingesetzt (AA 25.2.2018; vgl. HRW 17.1.2019).

Die „People´s Army“ (Volksarmee) in ihrer heutigen Form entstand 2012 nach zwei äthiopischen Angriffen auf eritreisches Territorium und existiert parallel bzw. ergänzend zum Nationaldienst. Es gibt keine öffentlich zugängliche gesetzliche Grundlage der Volksarmee, es besteht keine Dienstpflicht und die Volksarmee ist auch nicht Teil des Nationaldiensts. Für die Volksarmee müssen Eritreer zwischen 18 und ca. 75 Jahren, nicht im Nationaldienst aktiv sein und eine Waffenausbildung absolvieren (SEM 31.1.2017; vgl. SFH 30.9.2018). Seit Mai 2012 wurde der Großteil der erwachsenen Bevölkerung mit dem AK-47 Sturmgewehren bewaffnet (AA 25.2.2018; vgl. SEM 31.1.2017). Personen, welche dem Aufgebot zur Volksarmee nicht Folge leisten, droht der Entzug von Lebensmittelcoupons und Identitätsdokumenten, sowie Haftstrafen. Die Haftbedingungen sind auch in diesem Fall hart und für die Entlassung muss ein Schuldeingeständnis unterschrieben werden (SFH 30.9.2018). Ende 2014 und Anfang 2015 haben dennoch zahlreiche Personen das Aufgebot zur Volksarmee ignoriert. Zum Umgang der Behörden mit Dienstverweigerern liegen nur anekdotische Informationen vor. Sie lassen darauf schließen, dass es keine einheitliche Praxis gibt (SEM 31.1.2017).

Das Gesetz verbietet die Rekrutierung von Kindern unter 18 Jahren. Es kommt jedoch vor, dass Kinder bei Razzien festgehalten und in das Sawa National Training and Education Center gebracht werden (USDOS 20.4.2018). Jugendliche, die versuchen, dem Wehrdienst zu entgehen, werden verhaftet. Minderjährige werden bei (illegalen) Ausreiseversuchen meist aber nach Hause geschickt. Volljährige und damit Wehr- und Nationaldienstpflichtige kommen in Haft. Diese wird auf Antrag häufig in offenem Vollzug abgeleistet. Sofern die Eltern der Jugendlichen oder andere Personen bei der Entziehung vom Wehrdienst behilflich waren, droht auch ihnen Strafverfolgung (AA 25.2.2018).

Es gibt Berichte über sexuelle Nötigung und Gewalt bis hin zu Vergewaltigung von weiblichen Rekruten. Eine Weigerung führt in manchen Fällen zu Internierung, Misshandlung und Folter (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018), z.B. Nahrungsentzug oder dem Aussetzen extremer Hitze. Eine Schwangerschaft während des Militärdienstes, auch wenn sie das Resultat einer Vergewaltigung oder sexueller Übergriffe durch Vorgesetzte ist, führt zum Ausschluss aus dem Militär (AA 25.2.2018). Es kommt zudem auch zu Zwangsdiensten, bzw. sexueller Sklaverei von Frauen und Mädchen in Trainingslagern (USDOS 20.4.2018).

Ebenso kommt es vor, dass Wehrpflichtige nach Ableistung des 18-monatigen Wehrdienstes nicht nur aus dem Militär, sondern auch aus dem Nationaldienst entlassen werden. Als Grund nennt die Regierung gute schulische Leistungen. Abiturienten mit guten Noten soll so der rasche Zugang zu weiterführenden Bildungseinrichtungen (Colleges) ermöglicht werden (AA 25.2.2018).

Keine Schule in Eritrea, mit Ausnahme des Militärcamps „Sawa“, bietet die 12. Schulstufe an. Seit Sommer 2003 müssen alle Schüler das 12. Schuljahr in diesem zentralen Ausbildungslager in Sawa absolvieren (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Nur in Sawa können sie ihr „Highschool“ - Abschlusszeugnis erhalten. Die Besten werden danach zum Studium an einem der 19 Colleges zugelassen. Die Übrigen werden für eine Berufsschulausbildung oder für den Militärdienst herangezogen (AA 25.2.2018).

Gemäß Gesetz verpflichtet sich jeder Absolvent der High School zu einem 18-monatigen Nationaldienst, der eine sechsmonatige Militärausbildung beinhaltet (AI 30.7.2018). Nach anderen Angaben erhalten die Schüler in Sawa eine dreimonatige paramilitärische Ausbildung (AA 25.2.2018). In Sawa ist die Versorgung schlecht und es besteht eine mangelhafte sanitäre Grundversorgung und Hygienebedingungen (AI 30.7.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).

Einige verlassen die Schule, um der Wehrpflicht zu entkommen, aber ohne eine Bescheinigung des Nationaldienstes können sie weder auf Lebensmittelrationen zugreifen noch ein Unternehmen gründen, eine Mobiltelefon erwerben, einen Führerschein oder ein Bankkonto eröffnen. Darüber hinaus führt das Militär spontane Hausdurchsuchungen durch, um jeden festzunehmen, der im Verdacht steht, sich dem Nationaldienst entziehen zu wollen (AI 30.7.2018).

Ein Recht zur Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen und einen Ersatzdienst gibt es nicht; Wehrdienstverweigerung wird mit Aufenthalten in Umerziehungslager oder mit Gefängnis bestraft. Dies betrifft insbesondere Zeugen Jehovas (AA 25.2.2018). Rein rechtlich wäre es möglich, aus gesundheitlichen Gründen vom Wehrdienst befreit zu werden. Laut Artikel 15 der National Service Proclamation können körperlich Behinderte, Blinde und Personen mit schweren psychischen Erkrankungen vom nationalen Dienst befreit werden (ILO 23.10.1995).

Trotz Ankündigungen der Regierung, den Nationaldienst zu befristeten und die Armee zu verkleinern, gab es bisher keine konkreten Schritte. Etliche Nationaldienstpflichtige sind seit dem historischen Friedensabkommen mit Äthiopien im Juli 2018 und nach der Grenzöffnung nach Äthiopien ausgereist (TG 12.10.2018). Zuvor mussten die Menschen an den Grenzen viel riskieren (AA 25.2.2018; vgl. IRIN 15.11.2018). Nach Abschluss des Friedensabkommen war es möglich, die Grenze auch ohne Pass oder Genehmigung zu überqueren und es musste auch nicht bestätigt werden, ob und wann eine Rückkehr geplant ist (IRIN 15.11.2018).

Qu ellen:

-AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 22.1.2019

-AI - Amnesty International (30.7.2018): Op-Ed: Eritrea: no more excuses for indefinite national service, https://www.ecoi.net/de/dokument/1439699.html, Zugriff 22.1.2019

-HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002170.html, Zugriff 21.1.2019

-IRIN - Integrated Regional Information Networks (15.11.2018): Eritrea-Ethiopia peace leads to a refugee surge, https://www.irinnews.org/news-feature/2018/11/15/eritrea-ethiopia-peace-leads-refugee-surge, Zugriff 24.1.2019

-ILO - International Labor Organization (23.10.1995): Gazette of Eritrean Laws, Published by the Government of Eritrea, Vol. 5/1995 No. 11 Asmara October 23/1995, National Service Proclamation, http://www.ilo.org/dyn/natlex/docs/SERIAL/79562/85681/F2067220900/ERI79562.pdf, Zugriff 24.1.2019

-SEM - Staatssekretariat für Migration (31.1.2017): Focus Eritrea - Volksarmee ("Volksmiliz"), https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/eri/ERI-volksarmee-d.pdf, Zugriff 22.1.2019

-SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (30.9.2018): Eritrea: Reflexverfolgung, Rückkehr und «Diaspora- Steuer», https://www.ecoi.net/en/file/local/1447945/1788_1540559596_3009.pdf, Zugriff 23.1.2019

-TG - The Guardian (12.10.2018): I was euphoric': Eritrea's joy becomes Ethiopia's burden amid huge exodus, https://www.theguardian.com/global-development/2018/oct/12/eritrea-joy-becomes-ethiopia-burden-huge-exodus-refugees, Zugriff 24.1.2019

-USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Eritrea, https://www.ecoi.net/en/document/1430113.html, Zugriff 24.1.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

In Eritrea kann es fallweise zu massiven Verletzungen der Menschenrechte kommen (AA 25.2.2018). Es gibt absolut keinen Schutz der Bürgerrechte, sie werden durch kein Gesetz garantiert. Ein Vierteljahrhundert nach der Unabhängigkeit hat das Land immer noch keine Verfassung umgesetzt. Hochrangige Regierungsvertreter, darunter der Präsident, äußern offen ihre Missachtung und Nichtanerkennung der international anerkannten Menschenrechte und des rechtsstaatlichen Verfahrens. Das Recht auf Leben und Sicherheit wird ignoriert und Folter ist in Gefängnissen und Haftanstalten des Militärs weit verbreitet. Der Mangel an Bürgerrechten betrifft die gesamte Bevölkerung (BTI 2018). In der am 23.5.1997 von der Nationalversammlung angenommenen Verfassung, die bis heute nicht in Kraft getreten ist, sind in den Artikeln 14 bis 24 die Grundrechte niedergelegt, welche von staatlichen Organen nicht respektiert werden (AA 25.2.2018). Somit bleibt die Ausübung von Grundrechten, wie z.B. Rede- und Meinungsfreiheit, Versammlungs- und Religionsfreiheit, nicht oder nur extrem eingeschränkt möglich (AA 24.5.2018; vgl. BTI 2018). Alle Versammlungen von mehr als fünf Personen – in geschlossenen öffentlichen Räumen wie unter freiem Himmel – müssen vorher genehmigt werden (AA 25.2.2018).

Zu den Menschenrechtsvergehen gehören willkürliche Inhaftierung, Folter (HRW 3.10.2018; vgl. HRW 17.1.2019, AA 25.2.2018), Verschwindenlassen und sexuelle Gewalt sowie Zwangsarbeit (HRW 3.10.2018; vgl. HRW 17.1.2019). Fernerhin werden weiterhin Menschen willkürlich und unter Zwang auf unbestimmte Zeit rekrutiert (AA 25.2.2018). Auch während des Nationaldienstes kommt es zu systematischem Missbrauch, einschließlich Folter und unzureichender Versorgung mit Nahrungsmitteln (HRW 3.10.2018).

Die Regierung hat im Allgemeinen keine Schritte unternommen, um gegen Beamte, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, zu ermitteln, sie zu verfolgen oder zu bestrafen. Straffreiheit bei Missbrauch bleibt die Regel (USDOS 20.4.2018).

Die Veränderung der Beziehung zu Äthiopien änderte bisher weder die repressive Politik noch die Härte staatlicher Herrschaft. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen beklagt die systematischen, weit verbreiteten und schweren Menschenrechtsverletzungen der Regierung, die in einem Klima der allgemeinen Straflosigkeit begangen werden (HRW 17.1.2019). Die von der UNO ernannte Untersuchungsmission für Menschenrechte in Eritrea stellte fest, dass in Eritrea seit 1991 Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter Versklavung, Inhaftierung, Verschwindenlassen, Folter, Verfolgung, Vergewaltigung und Mord begangen werden (BTI 2018; vgl. HRW 3.10.2018, HRW 17.1.2019, HR 27.8.2018). Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit sind eingeschränkt und Bewegungs- und Reisefreiheit beeinträchtigt. Frauen sind von Genitalverstümmelung und häuslicher Gewalt betroffen. Zudem kam es zu Menschenhandel, Zwangs- und Kinderarbeit. Gleichgeschlechtliche Handlungen sind verboten (HR 27.8.2018).

In den Gefängnissen gibt es keinen Ombudsmann der auf Beschwerden reagiert. Es gibt auch keine zivilrechtlichen Verfahren für Einzelpersonen, die Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung geltend machen (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (24.5.2018): Eritrea, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/eritrea-node/-/226210, Zugriff 24.1.2019

-AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 24.1.2019

-BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Eritrea Country Report, 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427444/488349_en.pdf, Zugriff 29.1.2019

-HR - Human Rights (27.8.2018): Länderinformation: Menschenrechte in Eritrea, https://www.humanrights.ch/de/service/laenderinfos/eritrea/, Zugriff 24.1.2019

-HRW - Human Rights Watch (3.10.2018): Eritrea: Diplomacy Changes, but Political Prisoners Remain, https://www.ecoi.net/de/dokument/1445202.html, Zugriff 25.1.2019

-HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002170.html, Zugriff 21.1.2019

-USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Eritrea, https://www.ecoi.net/en/document/1430113.html, Zugriff 24.1.2019

Haftbedingungen

Die Haftbedingungen sind zum Teil unmenschlich, hart und lebensbedrohlich. Auch die hygienischen Zustände und die medizinische Versorgung in Gefängnissen und Straflagern sind unzureichend (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Die Regierung erlaubt keine unabhängige Kontrolle in Haftanstalten (HRW 17.1.2019; vgl. USDOS 20.4.2018). Mangelnde Transparenz und fehlender Zugang zu Informationen machen es unmöglich, die Zahl oder die Umstände von Todesfällen infolge von Folter oder schlechten Haftbedingungen zu ermitteln (USDOS 20.4.2018).

Dutzende Journalisten sitzen ohne Urteil, Kontakt zu Anwälten oder ihren Familien seit Jahren im Gefängnis und werden gefoltert (HRW 17.1.2019; vgl. RSF 2019). Laut Reporter ohne Grenzen befinden sich aktuell elf Journalisten und vier Medienmitarbeiter in Haft (RSF 2019). Die Regierung hat die Bedingungen ihrer prominentesten Gefangenen, Regierungsbeamten und Reporter weder freigegeben noch verbessert (HRW 17.1.2019; vgl. USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 24.1.2019

-HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002170.html, Zugriff 25.1.2019

-RSF - Reporter ohne Grenzen (2019): Eritrea, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/eritrea/, Zugriff 25.1.2019

-USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Eritrea, https://www.ecoi.net/en/document/1430113.html, Zugriff 24.1.2019

Todesstrafe

Auch im neuen Strafgesetzbuch von 2015 wurde für einige Delikte die Androhung der Todesstrafe beibehalten. Demnach kann die Todesstrafe beispielsweise bei Hochverrat, Spionage, Kriegsverbrechen, Mord, etc. ausgesprochen werden. Abgeschafft wurde sie durch das neue Strafgesetzbuch u.a. für Fälle von Fahnenflucht, Befehlsverweigerung sowie Feigheit vor dem Feind. Seit der Unabhängigkeit ist nach offiziellen Angaben, die nicht überprüft werden konnten, im Rahmen eines de facto-Moratoriums noch kein Todesurteil verhängt und vollstreckt worden. Allerdings berichten Menschenrechtsorganisationen und Anhänger der Opposition von häufigen Todesfällen infolge von Folter und unmenschlichen Haftbedingungen sowie von Exekutionen im Militär (AA 25.2.2018). Art. 300 des Strafgesetzbuchs legt zusätzlich fest, dass eine Desertion in Kriegszeiten eine Gefängnisstrafe von fünf Jahren bis lebenslänglich mit sich zieht, in schlimmen Fällen wird sogar die Todesstrafe verhängt (UKHO 7.2018).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 25.1.2019

-UKHO - UK Home Office (7.2018): Country Policy and Information Note Eritrea: National service and illegal exit, https://www.ecoi.net/en/file/local/1438573/1226_1531914681_eritrea-ns-illegal-exit-v5-0e-july-2018.pdf, Zugriff 25.1.2019

Rückkehr

Die bloße Stellung eines Asylantrags im Ausland zieht keine Bestrafung nach sich (AA 25.2.2019), und es gibt Berichte von Staatsbürgern, die das Land verlassen haben, ohne dass ihnen die Wiedereinreise verweigert wurde (USDOS 20.4.2018). Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass die Betätigung für eine Oppositionsbewegung oder -partei im Ausland bei einer Rückkehr nach Eritrea zu Verfolgungsmaßnahmen führt. Ebenso liegen keine Erkenntnisse dazu vor, ob und wie die eritreischen Behörden auf unterschiedliche Arten einer Betätigung für eine Oppositionsorganisation (politisch oder unpolitisch, d.h., z.B. als Reinigungskraft oder als Kassierer bei Veranstaltungen; als einfaches Mitglied oder in herausgehobener Position) bei einer Rückkehr des oder der Betroffenen nach Eritrea reagieren würden (AA 25.2.2019).

Personen, die das Land legal verlassen haben, können problemlos zurückkehren, auch wenn sie nicht zeitgerecht zurückkehren. Eritreer, die ihren Nationaldienst noch nicht beendet haben und das Land illegal verlassen haben, müssen das „Bedauerungsformular B4/4.2“ unterschreiben, wenn sie nach Eritrea zurückkehren wollen. Person, die dieses Formular unterzeichnen, bestätigen das Begehen einer Straftat und erklären sich bereit, zu gegebener Zeit eine angemessene Strafe zu akzeptieren. Die eritreische Regierung hat mehrmals wiederholt, dass diejenigen, die zurückkehren, nicht bestraft werden, solange sie keine anderen Verbrechen begangen haben (als keinen Nationaldienst zu leisten und illegal das Land zu verlassen). Die eritreischen Behörden haben erklärt, dass sie tolerant gegenüber der Rückkehr von Landsleuten sind. Ausländische Beobachter behaupten, dass zurückkehrende Migranten - unabhängig davon, ob ihnen in der Vergangenheit in Europa der Asylstatus zuerkannt wurde oder nicht - bei der Rückkehr gut behandelt werden. Beobachtern in Eritrea zufolge würden Eritreer nicht in großer Zahl zurückkehren, wenn sie wüssten, dass sie bestraft werden. Es kommt aber regelmäßig vor, dass Eritreer freiwillig und ohne weitere Folgen nach Unterzeichnung des „Bedauerungsformulars“ und Zahlung der Diasporasteuer nach Eritrea zurückkehren (NMFA 21.6.2018).

Soweit einem Rückkehrer dagegen illegale Ausreise, das Umgehen des Nationaldienstes oder sogar Fahnenflucht vorgeworfen wird, muss davon ausgegangen werden, dass der Betroffene sich bei seiner Rückkehr nach Eritrea wegen dieser Delikte zu verantworten hat. Die Bestrafung kann von einer bloßen Belehrung bis zu einer Haftstrafe reichen. Im Regelfall kann man sich nach dreijährigem Auslandsaufenthalt als Mitglied der Diaspora registrieren lassen und frühere Verfehlungen werden nicht verfolgt. Festzustehen scheint, dass die Verhängung der Haft nicht in einem rechtsstaatlichen Verfahren erfolgt und die Betroffenen keinen Rechtsbeistand erhalten. Es liegen insbesondere keine Informationen darüber vor, wer welches Strafmaß anhand welcher Rechtsnormen oder anderer Kriterien verhängt. Sicher scheint nur zu sein, dass die Zahlung von Geld das Strafmaß und die Umstände der Strafvollstreckung für den Verurteilten günstig beeinflussen können (AA 25.2.2019).

Es wird berichtet, dass es für zurückkehrende Staatsbürger, die ihren Wohnsitz oder ihre Staatsangehörigkeit in anderen Ländern haben, keine Folgen gibt. Im Allgemeinen hat ein Staatsbürger das Recht auf Rückkehr; Staatsbürger mit Wohnsitz im Ausland müssen nachweisen, dass sie die 2%ige Steuer „Aufbausteuer“ (auf ausländisches Arbeitseinkommen) gezahlt haben, um einige staatliche Leistungen und Dokumente zu erhalten (z.B. Ausreiseerlaubnis, Geburts- oder Heiratsurkunden, Passverlängerungen und Immobilientransaktionen). Die Regierung setzt diese Anforderung uneinheitlich durch (USDOS 20.4.2018).

Nach Ansicht des UNHCR gelten wiederum folgende Gruppen bei ihrer Einreise als gefährdet: Personen, die den Militär-/Nationaldienst umgangen haben, Mitglieder der politischen Opposition und Regierungskritiker, Journalisten und andere Medienschaffende, Mitglieder von Gewerkschaften und Aktivisten des Arbeitsrechts, Mitglieder religiöser Minderheiten, Frauen und Kinder mit besonderen Profilen, Angehörige sexueller Minderheiten, Mitglieder bestimmter ethnischer Minderheiten und Opfer von Menschenhandel. Aufgrund der Allgegenwart der Streitkräfte, eines gut organisierten Netzwerks von Regierungsinformanten sowie der nationalen Kontrolle, die der Staat über die Bevölkerung ausübt, hält der UNHCR die Niederlassung in einem anderen Teil Eritreas für keine angemessene Alternative (NMFA 21.6.2018).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 28.1.2019

-NMFA - Netherlands Ministry of Foreign Affairs (21.6.2018): Algemeen Ambtsbericht Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1438252/1226_1531731730_aab-eritrea-2018-def.pdf, Zugriff 12.2.2019

-USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Eritrea, https://www.ecoi.net/en/document/1430113.html, Zugriff 14.2.2019

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Staats-, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Herkunft, seiner Muttersprache, seiner Schulbildung und Arbeitserfahrung, seinem Geburtsort, seinen Aufenthaltsorten, seiner Familie und deren Aufenthalt und, dass er keine Kinder hat, folgen den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen des Verfahrens.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht verheiratet ist, ist wiederum Folge seiner vagen, nicht nachvollziehbaren und teils widersprüchlichen Angaben in der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Der Beschwerdeführer konnte kaum Angaben zur Heirat und seiner vorgeblichen Ehefrau machen. Er konnte nicht nachvollziehbar darlegen, wie oder warum er – nach mehrjährigem Aufenthalt in Israel – drei Wochen nach seiner Ankunft in Uganda eine Frau, die ebenfalls aus seinem Heimatdorf stamme, geheiratet habe und weshalb er dort eritreeische Freunde gehabt habe, die als Zeugen auftreten hätten können. Ebensowenig konnte der Beschwerdeführer ein die Heirat plausibel begründendes Familienleben zwischen ihm und seiner vorgeblichen Ehefrau dartun, da sie lediglich einen Monat lang zusammen in Uganda gewesen seien, bevor sie getrennter Wege gegangen seien. Nicht zuletzt widersprach sich der Beschwerdeführer dazu, ob die Ehe registriert worden sei, da er einerseits ausführte, dass die Ehe nicht registriert worden sei und er keine Urkunde bekommen habe, andererseits aber auch nahelegte, dass seine vorgebliche Ehefrau eine Urkunde habe, er sich diese aber nicht schicken lassen könne. Damit waren aber die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Eheschließung nicht glaubhaft.

Der Beschwerdeführer hat nicht dargetan, an einer lebensbedrohlichen Krankheit zu leiden.

Dass er strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Einsichtnahme in das österreichische Strafregister.

Dass der Beschwerdeführer sich glaubhaft dem Nationaldienst entzogen hat und er im Falle einer Rückkehr eingezogen werden würde, ergibt sich aus den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Zusammenschau mit den Länderberichten zu Eritrea. Obgleich die belangte Behörde die Ausführungen des Beschwerdeführers im Einzelnen in Zweifel zog, ging auch sie letztlich davon aus, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr den Nationaldienst ableisten müsste (vgl. AS 115 zur Beweiswürdigung sowie AS 116 ff zur rechtlichen Beurteilung hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides).

Darüber hinaus ist aber auch auszuführen, dass die belangte Behörde in den entscheidungswesentlichen Punkten ihrer Beweiswürdigung inkonsistent ist und diese nicht den Länderberichten standhält. So glaubt das Bundesamt dem Beschwerdeführer nicht, dass er in der 10. Schulstufe aufgrund seiner Volljährigkeit der Schule verwiesen worden sei und eine Vorladung zur Verwaltungsbehörde in XXXX bekommen habe, da aus den Länderfeststellungen nicht hervorgehe, dass Personen lediglich aufgrund ihrer Volljährigkeit der Schule verwiesen werden würden. Zudem würde die Rekrutierungsrunden für Schüler jeweils Ende Juli oder Anfang August stattfinden, während der Beschwerdeführer aber bereits im Februar eine Vorladung erhalten habe. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass besagte Rekrutierungsrunde zur 12. Schulstufe in Sawa den Beschwerdeführer nicht betreffen konnte, wenn er bereits in der 10. Schulstufe der Schule verwiesen wurde, weshalb die gegenständliche Vorladung unabhängig von jener Rekrutierung zu betrachten ist. Desweiteren kann schon vor dem Hintergrund der unmittelbar im Bescheid zitierten Länderfeststellungen nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Volljährigkeit der Schule verwiesen wurde, da die Pflicht zur Ableistung des Nationaldienstes mit Volljährigkeit – die im Normalfall erst im 12. Schuljahr erreicht wird – eintritt. Da der Beschwerdeführer schon zuvor volljährig wurde, erscheint daher nicht unplausibel, dass er entsprechend der Schule verwiesen und von der Lokalbehörde zur Ableistung des Nationaldienstes vorgeladen wurde. Dies wird bei genauerer Betrachtung auch durch die Länderfeststellungen, auf die sich die belangte Behörde beruft, bestätigt, denn diese zitieren insoweit einen EASO-Bericht, dem im Detail zu entnehmen ist, dass die Rekrutierung über die 12. Schulstufe in Sawa bei weitem nicht alle Jugendliche trifft und es noch andere Rekrutierungsformen gibt. Insbesondere wird in diesem Bericht wie folgt ausgeführt: „Wer das 11. Schuljahr nicht besucht, kann ab dem 18. Lebensjahr direkt von der Kebabi-Verwaltung zum Nationaldienst aufgeboten werden. Auch Jugendliche über 18 Jahre, welche die Schule noch besuchen, werden manchmal von der Verwaltung zum Nationaldienst aufgeboten.“ (EASO, Eritrea Länderfokus, 11.06.2015, S. 35). Dies bestätigt das Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch unter der von der belangten Behörde vertretenen Annahme, dass der Beschwerdeführer die Schule selbst abgebrochen habe, der Beschwerdeführer nicht von seiner Dienstpflicht befreit gewesen wäre.

Soweit das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl weiters dem Beschwerdeführer keinen Glauben hinsichtlich der erhaltenen Vorladung schenkte, liegt dem eine übertriebene Erwartungshaltung der Behörde zugrunde. Tatsächlich beschrieb der Beschwerdeführer in der Einvernahme durch das Bundesamt als auch im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, zu welcher Zeit er sich an welchem Ort zu welchem Zweck einfinden sollte. Auch erklärte der Beschwerdeführer, von welcher lokalen Verwaltungsbehörde das Schreiben ausgestellt wurde. Die Erwartung, dass der Beschwerdeführer von sich aus weitere Details nennen würde, wie beispielsweise, ob es sich bei der Vorladung um einen Ausdruck gehandelt habe oder diese handgeschrieben sei, ist lebensfremd. Wenn die belangte Behörde darüber hinaus dem Beschwerdeführer vorwirft, von sich aus den Zustellprozess der Ladung beschrieben zu haben, entsteht zudem der Eindruck einer einseitigen Beweiswürdigung zulasten des Beschwerdeführers. Weiters ist zur Anmerkung der Behörde, dass der Beschwerdeführer nicht erwähnt habe, „wo bzw. in welcher Verwaltung [er] sich in der Zone XXXX konkret einfinden“ habe sollen, auszuführen, dass das Bundesamt hier offenkundig einer Verwechslung der Zone (Region) namens XXXX und dem Ortsteil XXXX der Stadt XXXX , welche sich in der Region XXXX befindet, unterlag. Letztlich kann auch dem Vorwurf des Bundesamtes, dass der Beschwerdeführer die Vorladung nicht aufbewahrt habe, um sie – Jahre später – der österreichischen Asylbehörde vorlegen zu können, nicht gefolgt werden, da dem zu jenem Zeitpunkt gerade einmal 18-jährigen Beschwerdeführer eine derartige Vorhersehungsgabe nicht unterstellt werden kann, zumal er – vor dem Hintergrund des Alters des Beschwerdeführers und der Abschottung Eritreas nach außen – vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft vorbrachte, zu jenem Zeitpunkt noch nicht einmal von der Möglichkeit, aus Eritrea zu fliehen, gewusst zu haben. Wiederum in Zusammenschau mit den schon genannten Länderberichten kann daher mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich jene Vorladung bekommen hat, wobei der Beschwerdeführer diesbezüglich nachvollziehbare Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung tätigen konnte, weshalb das erkennende Gericht – unter Einbeziehung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom Beschwerdeführer gewonnenen persönlichen Eindrucks von der Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen ausgeht.

Insgesamt ist daher mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sich tatsächlich dem Nationaldienst entzogen hat und illegal aus Eritrea ausgereist ist. Dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr aufgrund dessen droht, unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert, gefoltert und zum Nationaldienst eingezogen zu werden, ergibt sich aus den obzitierten Länderberichten.

2.2. Zu den Feststellungen zur Situation in Eritrea:

Die Feststellungen zur Situation in Eritrea beruhen auf den angeführten Quellen. Bei den Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Eritrea ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen beste

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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