TE OGH 2020/11/2 3Ob160/20f

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Veröffentlicht am 02.11.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Roch als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Petrowitsch, Rechtsanwalt in Leibnitz, gegen die beklagte und widerklagende Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 4.200 EUR sA (Klage) und 38.159,57 EUR sA (Widerklage), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 30. Juni 2020, GZ 5 R 56/20x-40, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1]            Das beklagte und widerklagende Bauunternehmen (im Folgenden nur: Beklagte) wurde 2001 von zwei Bauherren mit Baumeisterarbeiten zur Errichtung ihres Wohnhauses beauftragt. 2014 kam es zu großflächigen Ablösungen des Innenputzes. Im Zuge von Mängelbehebungsarbeiten beauftragte die Beklagte das klagende und widerbeklagte Bauunternehmen (im Folgenden nur: Klägerin) mit der Sanierung des Innenputzes.

[2]            In einem zwischen den Bauherren und der Beklagten geführten Vorprozess begehrten die Bauherren die Kosten der Ersatzvornahme der Sanierungsarbeiten, zumal auch diese mangelhaft gewesen seien. Die Beklagte verkündete im Vorprozess der Klägerin den Streit, die daraufhin dem Verfahren als Nebenintervenientin auf Seiten der Bauherren beitrat und schuldhafte Handlungen durch sie bestritt. Die Beklagte wurde im Vorprozess zur Zahlung von 10.993,45 EUR samt Zinsen an die Bauherren verurteilt und ihnen gegenüber zum Kostenersatz verpflichtet. Auch gegenüber der Klägerin (als Nebenintervenientin) wurde sie zum Ersatz der Prozesskosten verpflichtet.

[3]            Mit der Klage im Hauptprozess machte die Klägerin einen Werklohnanspruch aus einem anderen Bauprojekt mit zuletzt 4.200 EUR sA gegenüber der Beklagten geltend. Dieser Forderung hielt die Beklagte ua jene Beträge aufrechnungsweise entgegen, zu deren Zahlung sie im Vorprozess an die Bauherren verurteilt wurde bzw die sie außerprozessual an diese geleistet hatte. Im Hinblick auf die zu Recht erkannte Gegenforderung wurde die Klage rechtskräftig abgewiesen.

[4]            Mit ihrer Widerklage begehrt die Beklagte den Ersatz jener Beträge (inklusive Prozesskosten), zu deren Zahlung sie im Vorprozess gegenüber den Bauherren und der Klägerin verpflichtet wurde, weiters den Ersatz ihrer eigenen Prozesskosten im Vorprozess und die an die Bauherren außergerichtlich erbrachten Leistungen. Dabei machte die Beklagte geltend, dass die Klägerin die von ihr vorgenommenen Arbeiten nicht ordnungsgemäß vorgenommen habe, woraus auch der Prozessverlust im Vorverfahren resultiere. Die Klägerin habe die außergerichtliche Kostenübernahme der Sanierung verweigert, weshalb die Prozesskosten durch das schuldhafte Verhalten der Klägerin entstanden seien. Durch die bewusste und vorsätzliche Leistungsverweigerung seien der Beklagten Prozesskosten erwachsen, die ihr bei einer Anerkennung der Schadenersatzverpflichtung durch die Klägerin nicht entstanden wäre.

[5]            Als Ersatz ihrer Leistungen an die Bauherren samt Zinsen (ohne Prozesskosten) wurden der Beklagten 4.768,47 EUR sA (im ersten Rechtsgang) und 4.788,60 EUR sA (im zweiten Rechtsgang) rechtskräftig zugesprochen. Im Ausmaß von 4.379,86 EUR wurde die Widerklage rechtskräftig abgewiesen. Der teilweisen Klagsstattgebung lag zugrunde, dass die Klägerin ihr Werk mangelhaft ausgeführt habe. Ausgehend von einem Schaden von 17.736,45 EUR wegen des mangelhaften Werks wurde der Klägerin ein Betrag von 13.584,45 EUR zugerechnet.

[6]            Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich der in der Widerklage begehrte Ersatz der der Beklagten im Vorprozess entstandenen (eigenen) Prozesskosten und der ihr dort auferlegten (fremden) Prozesskosten der Bauherren und der Klägerin (Nebenintervenientin) im Ausmaß von insgesamt 24.222,64 EUR.

[7]            Die Vorinstanzen wiesen den die Verfahrenskosten betreffenden Teil der Widerklage ab.

[8]            Das Erstgericht verneinte einen auf § 1037 ABGB gestützten Ersatzanspruch schon deshalb, weil die Klägerin im Vorprozess nicht auf Seiten der Beklagten sondern auf der Gegenseite dem Verfahren beigetreten sei.

[9]            Das Berufungsgericht ging davon aus, dass sich die Beklagte nur auf den Rechtstitel des Schadenersatzes, nicht aber auf § 1037 ABGB berufen habe. Ein Zuspruch auf dieser Anspruchsgrundlage scheide daher aus.

[10]           Ein Schadenersatzanspruch hinsichtlich der Prozesskosten scheide schon aufgrund der eigenen Behauptungen der Beklagten aus, weil sie von Beginn an in Kenntnis der Mängel war, eine Verletzung von Informationspflichten durch die Widerbeklagte (daher) nicht vorgelegen habe und sie sich in Kenntnis ihrer voraussichtlichen Ersatzpflicht in das für sie aussichtslose Verfahren eingelassen habe.

Rechtliche Beurteilung

[11]           Die Beklagte zeigt in ihrer außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb diese als nicht zulässig zurückzuweisen ist. Das ist wie folgt kurz zu begründen (§ 510 Abs 3 ZPO):

[12]           1. Nach gesicherter Rechtsprechung sind dem regressberechtigten Subauftraggeber dessen Kosten eines erkennbar aussichtslosen Vorprozesses vom schlechterfüllenden Vertragspartner nie zu ersetzen, weil insofern der Rechtswidrigkeitszusammenhang fehlt (RIS-Justiz RS0045850 [T5, T10, T13, T14, T19]). Der bloße Umstand, dass der Subauftragnehmer seine Haftung gegenüber dem Subauftraggeber bestreitet, reicht nicht dafür hin, dass jener für die Kosten eines aussichtslosen Prozesses haftet, auf den sich der Subauftraggeber eingelassen hat.

[13]           2. Ob eine Prozessführung erkennbar aussichtslos ist, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (3 Ob 29/18p; RS0022840 [T12], RS0022854 [T1]) und begründet – von krassen Fehlentscheidungen abgesehen 4 Ob 258/16v mwN – damit keine erhebliche Rechtsfrage.

[14]           3.1 Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Beklagte stets von einer mangelhaften Leistungserbringung der Klägerin ausgegangen sei, zumal sie den Bauherren außergerichtlich Leistungen für die Sanierung erbrachte, und ihr damit klar hätte sein müssen, das sie nicht nur für die eigentlichen Sanierungskosten, sondern auch für die Kosten einer nötigen anderweitigen Unterbringung der Bauherren während der Sanierung haften würde, weshalb sie sich auf ein aussichtsloses Verfahren eingelassen habe, ist jedenfalls vertretbar.

[15]           3.2 Insoweit die Beklagte mehrfach betont, sie sei von der Klägerin deshalb falsch informiert worden, weil diese im Vorprozess den Standpunkt vertreten habe, dass deren Werkleistungen mängelfrei durchgeführt worden seien, wird außer Acht gelassen, dass damit die generelle Mangelfreiheit des Werks nicht behauptet wurde. Gegenstand des Vorprozesses war aber Letzteres und nicht die Frage, ob die Mangelhaftigkeit von der Klägerin verursacht wurde. Die Mangelhaftigkeit des Werks war der Beklagten bereits vor dem Vorprozess bewusst, zumal sie vor dem Vorprozess weitere Sanierungsarbeiten vornahm und an die Bauherren auch außergerichtliche Zahlungen leistete.

[16]           4. Auch die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens kann die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht begründen.

[17]           4.1 In einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Pflichten des § 182a ZPO hat der Rechtsmittelwerber darzulegen, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte (RS0037095 [T4]).

[18]           4.1.1 Insoweit die Beklagte dem Berufungsgericht vorwirft, es sei mit den Parteien nicht erörtert worden, dass allenfalls für die Heranziehung des § 1037 ABGB noch Vorbringen zu erstatten gewesen wäre, legt sie nicht dar, welches Vorbringen sie zu § 1037 ABGB erstattet hätte.

[19]           4.1.2 Bezüglich eines Schadenersatzanspruchs verweist die Beklagte nur darauf, sie hätte bei richterlicher Anleitung vorgebracht, dass die Prozesskosten des Vorprozesses einzig und allein aufgrund des Verhaltens der Klägerin entstanden seien, weil diese sie mit „unrichtigen Informationen hinsichtlich des Schadens“ versorgt habe, ohne näher auszuführen, inwieweit die Beklagte konkret falsch informiert worden sei und warum sie sich deshalb in den Prozess eingelassen hat. Damit wird die Relevanz der behaupteten Mangelhaftigkeit nicht ausreichend dargelegt. Allein aus dem Umstand, dass die Klägerin eine ordnungsgemäße Ausführung des Subauftrags ihrerseits behauptete, lässt sich mit Blick auf die von der Beklagten erkannten Mangelhaftigkeit noch keine für die Prozesseinlassung kausale Falschinformation ableiten.

Textnummer

E130085

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0030OB00160.20F.1102.000

Im RIS seit

18.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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