Entscheidungsdatum
18.05.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
G306 2209780-1/17E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA: Nordmazedonien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2018, Zahl XXXX beschlossen:
A)
Das gegenständliche Beschwerdeverfahren wird gemäß § 17 VwGVG iVm. § 38 AVG bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in den Beschwerdeverfahren 1.) der XXXX , geb. XXXX , 2.) der XXXX , geb. XXXX , und 3.) des XXXX , geb. XXXX , allesamt StA: Nordmazedonien, GZen.: G310 2214460-1, G3010 2214454-1 und G3010 2214452-1 ausgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Ein vom Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) am 26.11.2015 – wegen behaupteter Verfolgung durch Privatpersonen – gestellter Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 12.05.2017 rechtskräftig negativ entschieden.
2. Der BF stellte am 27.03.2018 den gegenständlichen – neuerlichen – Antrag auf Erteilung des internationalen Schutzes.
Am 27.03.2018 wurde der BF von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstvernommen und fand am 24.04.2018 eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) statt.
Begründend brachte der BF – anknüpfend an seinen ersten negativ entschiedenen Asylantrag – vor, neuerlich von Albanern aufgrund von Schulden seiner Schwiegereltern bedroht worden zu sein. Ergänzend verwies der BF darauf, dass bezüglich seiner Lebensgefährtin (im Folgenden: LG) XXXX , geb. XXXX , StA: Nordmazedonien, und den gemeinsamen Kindern, XXXX , geb. XXXX , StA: Nordmazedonien, und XXXX , geb. XXXX , StA.: Nordmazedonien, ebenfalls jeweils ein Asylverfahren anhängig und seine LG zudem krank sei.
2. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt am 25.10.2018, wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nordmazedonien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nordmazedonien zulässig ist (Spruchpunkt V.) sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht besteht (Spruchpunkt VI.).
3. Dagegen erhob der BF durch seine seinerzeitige Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) ARGE Rechtsberatung, Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVWG).
3. Im Zuge des derzeit beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) anhängigen Beschwerdeverfahrens stellte sich heraus, dass die Asylanträge des BF, dessen LG sowie der gemeinsamen minderjährigen Kinder, – aufgrund getrennter Wohnsitze – durch das BFA getrennt geführt wurden, Beschwerdeverfahren derselben ebenfalls beim BVwG, bei der Gerichtsabteilung G310, unter den GZ.: G310 2214460-1, -2214454-1 und -2214452-1, anhängig sind, und der BF mit nunmehr mit seiner Familie ein gemeinsames Familienleben führt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen eine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 1 VwGVG ist das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i. d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt. Entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, bleiben gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs. 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.
Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gem. § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Zu Spruchteil A):
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG gilt als Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat.
Der mit „Familienverfahren im Inland“ betitelte § 34 AsylG lautet:
„§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).“
§ 38 AVG normiert zur Frage der Beurteilung von Vorfragen Nachstehendes:
"Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung dem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."
„Unter einer „Vorfrage“ (im hier relevanten verfahrensrechtlichen Sinn) ist einer für die Entscheidung der Verwaltungsbehörde präjudizielle Rechtsfrage zu verstehen, über die als Hauptfrage von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden ist. (VwSlgNF 10.383 A; VwGH 20.2.1992, 91/19/0320; 15.5.2009, 2007/09/0113; 23.3.2010, 2008/18/0305) Vorfragen sind auch solche präjudiziellen Rechtsfragen, die von derselben Verwaltungsbehörde in einem anderen Verfahren zu entscheiden sind. (StRsp; zB VwSlgNF 3537 A; VwSlgNF 9689 A – verst. Sen; vgl. Hengschläger/Leeb, AVG § 38 Rz 5 mwN. Diese Auffassung steht freilich in einem Spannungsverhältnis zum Wortlaut des § 38 AVG („anderen Verwaltungsbehörden“).“ (Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht9 (2011), Rz 306)
Nordmazedonien gilt gemäß § 1 Z 4 HStV als sicherer Herkunftsstaat, hat sich die Sicherheitslage im Herkunftsstaat des BF seit seines letzten negativ entschiedenen Asylantrages nicht wesentlich verändert und hat der BF neuerlich eine Verfolgung durch Privatpersonen vorgebracht. Bei einer Grobprüfung des Vorbringens des BF kann keine Asylrelevanz festgestellt werden. Jedoch hat der BF auch eigene Fluchtgründe hinsichtlich seiner LG, insbesondere deren gesundheitliche Lage, vorgebracht und teils belegt, sodass der Ausgang des Asylverfahrens derselben sowie der gemeinsamen minderjährigen Kinder im Sinne des § 38 AsylG (Familienverfahren) für die gegenständliche Entscheidung von maßgeblicher Relevanz, sohin präjudiziell, ist.
Demzufolge ist bis zum Abschluss der besagten Verfahren der LG und der gemeinsamen minderjährigen Kinder des BF das gegenständliche Verfahren gemäß § 17 VwGVG iVm. § 38 AVG auszusetzen.
2.2. Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG),
BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
AussetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2209780.1.00Im RIS seit
17.12.2020Zuletzt aktualisiert am
17.12.2020