TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/14 W103 2199972-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.09.2020
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Entscheidungsdatum

14.09.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W103 2199972-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Eritrea, vertreten durch RAST & MUSLIU Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2018, Zl. 1125119000-161085497, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (im Folgenden: AsylG 2005), der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Eritreas, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 05.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an, den im Spruch genannten Namen zu führen und eritreischer Staatsangehöriger zu sein.

2. Am 23.06.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt, bei welcher er angab, er habe als Staatsangehöriger von Eritrea in Äthiopien gelebt. Die Regierung wollte, dass er zurück nach Eritrea gehe. Wenn er nach Eritrea müsste, hätte er jedoch dort keine Familie und er spreche auch die dortige Sprache nicht.

3. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer am 16.11.2017 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die amharische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dem Einvernahmeprotokoll sind folgende entscheidungswesentliche Passagen zu entnehmen:

„[…]

Am 16.8.2016 übersendete der Verein Menschenrechte Österreich die Ergebnisse des mit Ihnen durchgeführten „Family Tracing".

Am 5.9.2016 übersendeten die italienischen Behörden den Datensatz bezüglich Ihrer dortigen Registrierung.

Am 4.11.2016 wurde per Verfahrensanordnung Ihre Volljährigkeit festgestellt, nachdem ein medizinisches Altersgutachten zu dem Ergebnis kam, dass das von Ihnen angegebene Alter bzw. Geburtsdatum nicht stimmen kann.

Am 16.11.2017 fand eine persönliche Anhörung/Einvernahme vor dem BFA statt, im Folgenden wird auszugsweise die Niederschrift widergegeben:

[...]

Die anwesenden Personen werden dem Antragsteller, in der Folge als Verfahrenspartei (VP) bezeichnet, vor- und deren Funktion und Aufgabe im Verfahren dargestellt.

Identitätsdaten werden auf der Aufenthaltsberechtigungskarte überprüft.

VP: Mein Geburtsdatum lautet XXXX

LA: Sind Sie sicher, dass dies nach europäischem Kalender korrekt ist?

VP: Ja, nach europäischem Kalender.

LA: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat auch diese Angabe nach europäischem Kalender verwendet oder eine Angabe nach äthiopischem Kalender?

VP: Meine Mutter hat mir das gesagt, deshalb muss es auch stimmen. Sie hat immer den europäischen Kalender verwendet.

LA: Wann hat Ihnen Ihre Mutter das gesagt?

VP: Ich kann mich nicht genau erinnern, es war, als ich noch ein Kind war.

LA: Das heißt, seit Ihrer Kindheit wissen Sie, dass der XXXX Ihr Geburtsdatum ist? VP: In der Schule in Äthiopien habe ich es auch so angegeben.

LA: Nach europäischem Kalender?

VP: Ja.

LA: Haben Sie gegen die hier anwesenden Personen irgendwelche Vorbehalte oder fühlen Sie sich durch eine anwesende Person befangen bzw. eingeschränkt in Ihrer Schilderung?

VP: Nein.

LA: Werden Sie in Ihrem Verfahren anwaltlich vertreten?

VP: Nein.

LA: Der anwesende Dolmetscher ist (vom Leiter der Amtshandlung) als Dolmetscher für die Sprachen Amharisch und/oder Tigrinya bestellt worden. Sind Sie einer dieser Sprachen mächtig und damit einverstanden, in einer dieser Sprachen einvernommen zu werden?

VP: Amharisch.

LA: Was ist Ihre Muttersprache?

VP: Amharisch.

LA: Sprechen oder verstehen Sie auch Tigrinya?

VP: Ich verstehe ein bisschen Tigrinya.

[...]

LA: Fühlen Sie sich heute psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu Ihrem Asylverfahren zu machen?

VP: Ja.

LA: Wie stellt sich Ihr Gesundheitszustand dar?

VP: Ich habe Schlafstörungen und nehme deswegen manchmal Medikamente.

LA: Haben Sie diesbezüglich ärztliche Unterlagen mit?

VP: Ja.

VP reicht zwei Schriftstücke der XXXX ein, in welchen über eine Alkoholvergiftung berichtet wird.

LA: Nehmen Sie Drogen oder Drogenersatzstoffe?

VP: Nein.

LA: Stimmen die Angaben, die Sie bisher im Verfahren getätigt haben und wurde alles richtig protokolliert?

VP: Ja.

LA: Haben Sie heute Dokumente mit, die Sie vorlegen wollen und in Ihrem Verfahren noch nicht vorgelegt haben?

VP: Ich lege heute vor: drei Deutschkursbesuchsbestätigungen und eine Bestätigung vom Roten Kreuz bezüglich Verrichtung ehrenamtlicher Tätigkeiten.

LA: Zur Bestätigung Ihrer Identität benötigen wir noch originale Dokumente wie Reisepass oder Personalausweis. Können Sie solche Dokumente vorlegen?

VP: Nein, ich habe nie einen Ausweis gehabt außer einer Geburtsurkunde. Diese habe ich verloren, als ich unterwegs war.

LA: Schulzeugnisse?

VP: Wir haben in Äthiopien keine Schulzeugnisse erhalten, weil wir als Flüchtlinge registriert waren. Ich bin in eine katholische Schule in XXXX gegangen. Die Schule heißt XXXX .

LA: Sie hatten also Flüchtlingsstatus in Äthiopien?

VP: Ja.

LA: Verfügten Sie über einen Flüchtlingsausweis oder eine Bestätigung über den Flüchtlingsstatus?

VP: Nein, man bekommt so etwas nicht.

LA: Nennen Sie bitte Ihre Daten zu Familienstand, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsbürgerschaft, Volksgruppe, Religionszugehörigkeit.

VP: Ledig; XXXX ; XXXX ; Orthodoxer Christ

LA: Vorhalt: Sie haben in Italien im Rahmen von erkennungsdienstlichen Behandlungen als Ihr Geburtsdatum XXXX sowie XXXX angegeben, in Österreich gaben Sie zunächst den XXXX , dann den XXXX als Ihr Geburtsdatum an. Durch eine medizinische Altersfeststellung konnte festgestellt werden, dass sämtliche von Ihnen in Italien sowie Österreich genannten Geburtsdaten falsch sein müssen, da Ihr medizinisch festgestelltes spätestmögliches Geburtsdatum der XXXX ist. Es ist also erwiesen, dass Sie fortgesetzt staatliche Behörden, die für Asylverfahren zuständig sind, mit mutwillig falschen Angaben in die Irre zu führen versuchten. Möchten Sie dazu etwas sagen?

VP: In Italien haben die Polizisten selber irgendetwas aufgeschrieben. Wie ich nach Österreich gekommen bin, wurde ich gar nicht nach meinem Geburtsdatum gefragt. Da stimmt etwas nicht. Man hat uns damals nur gesagt, dass wir nach Deutschland gehen sollten, weil alles voll sei.

LA: Wie bereits ausgeführt, ist erwiesen, dass auch das Geburtsdatum, welches Sie heute nannten, falsch sei muss. Sie wurden heute bereits ausdrücklich über die Verpflichtung unterrichtet, im Asylverfahren wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Nennen Sie bitte Ihr korrektes Geburtsdatum.

VP: XXXX Das muss stimmen, weil mir meine Mutter das gesagt hat.

LA: Haben Sie Kinder?

VP: Nein.

LA: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie, wenn ja, wie?

VP: Nein.

LA: Wann haben Sie Eritrea verlassen?

VP: Ich kann es nicht genau angeben. Laut meiner Mutter im Alter von vier Jahren.

LA: Haben Sie Eritrea gemeinsam mit Ihren Eltern verlassen?

VP: Mit meiner Mutter.

LA: Wo lebten Sie dann?

VP: In XXXX .

LA: Lebten Sie dort bis zu Ihrer Ausreise aus Äthiopien?

VP: Meistens lebten wir in XXXX , wir lebten aber auch in anderen Bezirken XXXX

LA: Haben Sie immer mit Ihrer Mutter zusammengelebt?

VP: Die meiste Zeit ja. (Nachgefragt:) Meinen Vater kenne ich nicht.

LA: Haben Sie Geschwister?

VP: Nein.

LA: Haben Sie Onkel oder Tanten?

VP: Es tut mir leid, das weiß ich nicht.

LA: Ich frage nach Onkel und Tanten, weil Sie gemeinsam mit Ihrem Cousin, der inzwischen nach Italien abgeschoben wurde, nach Österreich gekommen waren.

VP: Das hat er behauptet, dass ich sein Cousin sei, nicht ich.

LA: Heißt das, dass es sich bei XXXX nicht um Ihren Cousin handelt?

VP: Nein, es besteht überhaupt kein Verwandtschaftsverhältnis zwischen uns.

LA: Haben Sie einen Beruf erlernt?

VP: Nein. Fußball habe ich einmal gespielt.

LA: Für welche Mannschaft?

VP: Hobbymäßig.

LA: Wovon bestritten Sie Ihren Lebensunterhalt im Heimatland?

VP: Ich will jetzt nicht alles äußern, aber meine Mutter war Prostituierte und ich habe Sachen tragen müssen.

(10 Minuten Pause.)

LA: Können Sie das bitte konkretisieren, damit ich mir ein Bild machen kann.

VP: Ich habe zum Beispiel Taschen getragen von Personen, die aus Autos ausgestiegen sind. Ich habe auch Autos gewaschen und so etwas verdient. Aber das war nicht einfach. Dort waren wir nicht willkommen, vor allem deswegen, weil viele Äthiopier durch den Krieg gegen Eritrea etwas verloren haben. Was meine Mutter betrifft, ist es sehr schwierig für mich, sie hat mir nicht alles erzählt. Sie ist immer am Abend weggegangen. Es ist schwierig für mich.

LA: Ihre Mutter und Sie hatten Flüchtlingsstatuts in Äthiopien, ist das richtig?

VP: Ja, richtig.

LA: War bzw. ist Ihre Mutter auch registrierte Auslanderitreerin?

VP: Ich habe bei meiner Mutter nicht nachgefragt, aber ich glaube schon.

LA: Sprechen Sie Tigre?

VP: Nein, wir haben nicht Tigre gesprochen, auch aus Sicherheitsgründen, damit es die Leute nicht merken.

LA: Welche Schulen besuchten Sie?

VP: Ich war nur an dieser Schule, die ich heute schon genannt habe.

LA: Handelte es sich dabei um eine staatliche oder um eine private Schule?

VP: Ich würde sie als privat bezeichnen.

Vertrauensperson: Mir hat er es so erzählt, dass er nicht in eine staatliche Schule gehen durfte aufgrund des Flüchtlingsstatus. Die katholische Schule hat sich dann erbarmt und ihn aufgenommen.

LA: Wann, in welchen Jahren besuchten Sie diese Schule?

VP: Ich bin mir nicht sicher, ca. 2005 bis 2015 bin ich zur Schule gegangen.

LA: Haben Sie einen Schulabschluss erworben?

VP: Ich durfte aufgrund des Flüchtlingsstatus‘ keine Prüfung machen.

LA: Wann haben Sie Äthiopien verlassen?

VP: Ca. 20.1.2016. Aber bitte das Datum lieber nicht aufschreiben, ich bin mir nicht ganz sicher.

LA: Warum haben Sie Äthiopien verlassen? Gab es einen konkreten fluchtauslösenden Grund?

VP: Ich konnte mich nicht frei bewegen und normal leben. Wir wurden als „Shabya“ beschimpft und als Spione betrachtet. Wie ich vorher schon erwähnt hatte, sind viele Äthiopier im Krieg gegen Eritrea gefallen, und waren deshalb Leute wütend auf uns. Einmal wurde ich verhaftet. Zuerst ich allein und dann wir - ich und eine Frau.

LA: Welche Frau?

VP: Meine Mutter.

LA: Können Sie diese Verhaftung näher schildern?

VP: Weil sie oft behauptet haben, dass ich für die Shabya als Spion arbeiten würde und ich einen Bombenanschlag planen würde auf ein Hotel oder mit dem Auto und so weiter.

LA: Können Sie den Ablauf der Verhaftung näher schildern?

VP: Ich wurde ja oft verhaftet, nicht nur einmal. Meistens am Abend wurde ich festgenommen.

LA: Können Sie diese Verhaftungen näher schildern?

VP: Ich habe ja schon erwähnt, dass ich Sachen getragen habe, um Geld zu verdienen. Meistens sind Polizisten, während ich gearbeitet habe, gekommen, haben mich verhaftet und einfach mitgenommen und haben gesagt, dass ich kein Recht hätte zu arbeiten. Es war schlimm im Gefängnis. Wir wurden gleich wie die Verbrecher, Vergewaltiger behandelt. Einmal wurde ich getrennt von meiner Mutter festgehalten, weil Frauen und Männer getrennt voneinander untergebracht werden. Die meisten Gefangenen waren aus Eritrea. Sie haben uns am Abend einzeln mitgenommen und einvernommen. Teilweise haben wir statt dreimal nur zweimal etwas zu essen bekommen.

LA: Wo wurden Sie festgehalten?

VP: Einmal in der Polizeistation 4, einmal in der Zentral-Polizeistation, einmal im Raum 7 und 8. Wenn man dort festgehalten wird, hat man kein Licht mehr und darf nur einmal zur Toilette gehen. (Nachgefragt:) Nur einmal am Abend.

LA: Von wem wurden Sie festgehalten?

VP: Von Polizisten.

LA: Wann wurden Sie zum ersten Mal verhaftet?

VP: Ich kann mich nicht genau erinnern, aber die zweite Verhaftung weiß ich, das war Mitte 2015.

LA: Wann war die letzte Verhaftung?

VP: Ca. Ende 2015.

LA: Wie oft wurden Sie verhaftet und festgehalten?

VP: So drei-, viermal auf jeden Fall.

LA: Wie oft wurden Sie alleine, wie oft mit Ihrer Mutter verhaftet?

VP: Nur beim ersten Mal war meine Mutter dabei, drei Mal alleine.

LA: Wie lange wurden Sie jeweils festgehalten?

VP: Mitte 2015 waren es ca. fünf Monate, bei den anderen Inhaftierungen kann ich mich nicht genau erinnern.

LA: Wurde Anklage gegen Sie erhoben?

VP: Nein, wir wurden festgenommen, misshandelt und wieder freigelassen.

LA: In der Erstbefragung haben Sie angegeben, dass die Kosten für die

Reise/Schleppung 6000 US-$ betrugen. Bestätigen Sie diese Angabe?

VP: In Libyen habe ich in Dinar bezahlt, aber es stimmt, umgerechnet sind es ca. 6000 US-$.

LA: Wofür genau haben Sie das bezahlt?

VP: Für die Ausreise aus Äthiopien. In Libyen habe ich ganz kurz gearbeitet.

LA: Woher hatten Sie das Geld?

VP: Von der katholischen Kirche haben wir Unterstützung bekommen. Dieses Geld habe ich für meine Ausreise verwendet.

LA: Haben Sie Kontakt zu Personen in Äthiopien?

VP: Nein, gar nicht.

LA: Haben Sie Ihr Mobiltelefon hier?

VP: Nein. Meine Nummer lautet XXXX

LA: Hatten Sie in Österreich schon einmal Probleme mit Gerichten, Polizei oder Verwaltungsbehörden?

VP: Vor zwei Wochen hatte ich Kontakt mit Polizisten am Bahnhof in Salzburg. Ohne zu zahlen hatte ich im Spar-Markt... Ich war betrunken. Aus dem Grund habe ich ohne zu bezahlen zwei Bier mitgenommen. Am nächsten Tag hat der Verkäufer das behauptet. Ich habe es bestritten und gebeten, dass er Polizisten anruft.

LA: Ich habe einen polizeilichen Abschlussbericht einen Fall betreffend im Akt, wo es um den Vorwurf eines T-Shirt-Ladendiebstahls ging. ...

VP (unterbricht): Ja, das war der Fall in Villach. Da habe ich inzwischen Recht bekommen. Dazu habe ich eine Bestätigung.

LA: Vorhalt: Gegenüber den Polizisten, die Sie damals befragt hatten, haben Sie angegeben, Ihr Vater heiße XXXX . Heute haben Sie angegeben, Ihren Vater nicht zu kennen. Möchten Sie dazu etwas sagen?

VP gibt an, nicht zu verstehen, was gemeint ist.

LA wiederholt den Vorhalt.

VP: Den Namen kenne ich schon, ich habe den Namen bereits bei der Erstbefragung genannt. Gegenüber den Polizisten habe ich das gar nicht gesagt, sondern diese haben das aus dem System abgelesen und ich habe es bestätigt.

LA: Das heißt, Sie wissen schon, wer Ihr Vater ist, haben ihn aber nie kennengelernt? VP: Nein. Damals bei der Erstbefragung hat es schon ein Missverständnis gegeben. XXXX ist der Vorname meines Großvaters. Es ging damals um meinen Familiennamen.

LA: Großvater mütterlicherseits?

VP: Nein, Großvater väterlicherseits. (Nach einer Pause:) Und mütterlicherseits auch. Zufälligerweise.

LA: Wie heißt Ihr Vater?

VP XXXX

LA: Nennen S XXXX

XXXX .

LA: Können Sie bitte Vor- und Nachnamen Ihres Vaters nennen.

VP: XXXX

LA: Wie lautet der Name Ihres Großvaters väterlicherseits?

VP: XXXX , mehr weiß ich nicht.

LA: Wie lautet der Name Ihres Großvaters mütterlicherseits?

VP: XXXX

LA: Vorhalt: Sie haben vorher gesagt, dass Ihr Großvater mütterlicherseits zufälligerweise auch XXXX heißt. Möchten Sie dazu etwas sagen?

VP: Sie können ja im Protokoll der Erstbefragung nachschauen, dass ich XXXX gesagt habe.

LA: Mein Vorhalt bezog sich darauf, dass Sie heute gesagt haben, dass Ihr Großvater mütterlicherseits zufälligerweise auch XXXX heißt, den Namen Ihres Großvaters mütterlicherseits aber mit „ XXXX “ angegeben haben.

VP: Dann war es nicht ganz richtig, was ich gesagt habe. Mein Großvater mütterlicherseits heißt XXXX und sein Vater heißt XXXX

LA: Haben Sie Ihre Großeltern kennengelernt?

VP: Nein.

LA: Welches Land war Ihr Zielland?

VP: Ich hatte keinen Plan mehr, als ich mein Land verlassen habe.

LA: Vorhalt: In der Erstbefragung haben Sie auf diese Frage etwas anderes gesagt. Da hatten Sie angegeben, nach Österreich zu wollen, um hier zu studieren.

VP: Das war so gemeint, dass ich, nachdem ich hier eingetroffen war, das entschieden habe.

LA: Hatte bzw. hat Ihre Mutter ein Dokument, etwa einen Personalausweis, welches sie als eritreische Staatsangehörige ausweist?

VP: Sie hatte einen eritreischen Personalausweis gehabt, hat ihn aber verloren, weil wir oft Wohnungen gewechselt haben.

LA: Die Behörde muss in Ihrem Fall zunächst feststellen, ob Sie eritreischer oder äthiopischer Staatsangehöriger sind bzw. als was Sie im Asylverfahren gelten. Die Entscheidung betreffend Ihren Antrag auf internationalen Schutz wird dann unter anderem anhand detaillierter landeskundlicher Feststellungen zu Eritrea respektive

Äthiopien begründet werden. Diese Feststellungen werden Ihnen zugesandt, sobald die Staatsangehörigkeit geklärt ist. Es steht Ihnen dann frei, dazu binnen zwei Wochen ohne Möglichkeit der Gewährung einer Nachfrist eine Stellungnahme abzugeben. [Anmerkung: § 39a AVG regelt nur den mündlichen Verkehr mit der Behörde, begründet aber keinen Anspruch auf die Verwendung einer fremden Sprache im Schriftverkehr mit den Beteiligten; insbesondere ist die Beifügung einer Übersetzung eines Schriftstückes nicht vorgesehen (Ringhofer I, 367; VwGH 11.1.1989, Zl 88/01/0187; 1.2.1989, Zl. 88/01/0330). Aufgrund der Verweisungsnorm des § 23 AsylG gilt dies auch im Asylverfahren.]

VP: Ich habe das verstanden.

LA: Es besteht nun die Möglichkeit, weitere Angaben zu machen, die für Sie im Zusammenhang mit Ihrem Asylantrag wichtig sind und die Sie bekanntgeben wollen. VP: Nein, danke.

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden?

VP: Ja, sehr gut.

…(…..)…

Nach anschließender Befragung zu seinem Familien- und Privatleben in Österreich wurde dem Beschwerdeführer die aufgenommene Niederschrift durch den anwesenden Dolmetscher rückübersetzt und bestätigte der Beschwerdeführer abschließend, sich während der gesamten Befragung einwandfrei mit dem Dolmetscher habe verständigen zu können, seine Gründe umfassend erstattet zu haben und keine Einwände gegen das aufgenommene Protokoll zu haben.

4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 25.05.2018, zugestellt am 30.05.2018, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (im Folgenden: AsylG 2005) ab, (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. wurde diesem gemäß § 8 Absatz 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, unter einem wurde diesem gemäß § 8 Absatz 4 AsylG eine bis zum 24.05.2019 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

4.1. Zur Begründung der Abweisung des Status des Asylberechtigten hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beweiswürdigend im Wesentlichen Folgendes fest (Hervorhebungen durch das BVwG):

„[…]“

Feststellungen:

Zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats und des Staats des Aufenthalts:

Sie verließen Ihr Heimatland und Land Ihrer Staatsangehörigkeit Eritrea bereits im Kindesalter mit Ihrer Mutter und wuchsen in Äthiopien auf.

Es wird festgestellt, dass auf das Land Ihrer Staatsangehörigkeit bezogen keine asylrechtlich relevanten Fluchtgründe vorliegen:

Sie hatten in Ihrem Heimatstaat keine asylrechtlich relevanten Probleme auf Grund Ihrer Religionszugehörigkeit oder politischer Betätigung.

Sie hatten in Ihrem Heimatstaat keine asylrechtlich relevanten Probleme auf Grund Ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder Ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe.

Sie hatten in Ihrem Heimatstaat keine asylrechtlich relevanten Probleme mit Ämtern und Behörden.

Im Land Ihres ständigen Aufenthalts, Äthiopien, wurden Sie trotz Flüchtlingsstatus mehrmals willkürlich inhaftiert und fürchteten eine Abschiebung nach Eritrea.

…(…..)…

A)       Beweiswürdigung

(Die Behörde gelangt zu obigen Feststellungen aufgrund folgender Erwägungen, wobei darauf hingewiesen wird, dass im Asylverfahren die vom Antragsteller geltend gemachte Furcht vor Verfolgung nicht nur behauptet, sondern auch glaubhaft gemacht werden muss. Glaubhaftmachung bedeutet, die Behörde davon zu überzeugen, dass der behauptete Sachverhalt wahrscheinlich stattgefunden hat.)

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Die Feststellung, dass Ihre Identität nicht feststeht, ergibt sich aus dem Umstand, dass Sie keine Originaldokumente Ihre Person betreffend zur Identitätsbestätigung vorbrachten.

Die Feststellungen, dass Sie ledig sind sowie physisch und psychisch gesund sind, gründen auf Ihren eigenen Aussagen im Rahmen der Einvernahme. Es erübrigen sich diesbezüglich weitere Ausführungen im beweiswürdigenden Sinne.

Die Staatsangehörigkeit Eritrea wird im Zweifel Ihren eigenen Angaben folgend angenommen, weswegen sich weitere Ausführungen im beweiswürdigenden Sinne erübrigen.

Dass Sie Amharisch sprechen, wurde in der Einvernahme bestätigt.

Die Feststellungen, dass Sie volljährig sind und auch bereits zum Zeitpunkt Ihrer Asylantragstellung in Österreich waren sowie dass sie gegenüber der Behörde, die in

Österreich für Ihren Asylantrag zuständig ist, nachweislich fortgesetzt unwahre Angaben bezüglich Ihres Alters machten, gründet auf dem Ergebnis einer medizinischen Altersfeststellung/Volljährigkeitsbeurteilung.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Die Feststellung, dass Sie Mittel aus der Grundversorgung beziehen, stellt Amtswissen dar.

Die Feststellung, dass Sie ausgenommen der illegalen Einreise und aktenkundigen Ladendiebstählen unbescholten und bis zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt nicht negativ in Erscheinung getreten sind, stellt ebenfalls Amtswissen dar.

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats und

des Staats des Aufenthalts:

Die Feststellung, dass auf Eritrea bezogen keine asylrechtlich relevanten Fluchtgründe vorliegen, beruht auf folgenden Überlegungen:

Sie brachten vor, in Eritrea geboren und eritreischer Staatsbürger zu sein und im Kindesalter Eritrea gemeinsam mit Ihrer Mutter verlassen zu haben. Sie hätten in weiterer Folge bis Anfang 2016 in Äthiopien gelebt und seien nicht mehr nach Eritrea zurückgekehrt.

Nach Rückkehrhindernissen auf das Land Ihrer Staatsangehörigkeit bezogen befragt brachten Sie nur vor, dort keine Familie zu haben und auch die Sprache [Tigrinya] nicht zu sprechen.

Auf Äthiopien, das Land Ihres Aufenthalts, bezogen befragt, gaben Sie an, anerkannter Flüchtling gewesen zu sein, jedoch ca. viermal willkürlich von der Polizei verhaftet und festgehalten worden zu sein, wobei sich die letzten drei Verhaftungen innerhalb von sechs Monaten vor Ihrer Ausreise aus Äthiopien zugetragen hätten. Einmal wären Sie ca. fünf Monate lang inhaftiert gewesen, wobei es zu Misshandlungen gekommen wäre. Dazu sei die Furcht gekommen, jederzeit von Äthiopien nach Eritrea abgeschoben werden zu können.

Die Feststellung, dass Sie im Land Ihres ständigen Aufenthalts, Äthiopien, trotz Flüchtlingsstatus mehrmals willkürlich inhaftiert waren und eine Abschiebung nach Eritrea fürchteten, beruht somit auf Ihren eigenen Ausführungen. Es erübrigen sich weitere beweiswürdigende Ausführungen dazu.

Betreffend die Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA. Diese ist zur Objektivität verpflichtet und verwendet ausschließlich Quellen, die den höchsten Qualitätskriterien entsprechen. Sämtliche zitierten Quellen sind angesehene staatliche wie nichtstaatliche Einrichtungen, die Informationen wurden ausgewogen zusammengestellt. Es können somit keine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit und Relevanz des dort Festgehaltenen bestehen.

Im Hinblick auf die Gewährung subsidiären Schutzes wurde im Rahmen der Beweiswürdigung bzw. der rechtlichen Beurteilung insbesondere wie folgt ausgeführt:

[…]

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Sie leiden an keiner Erkrankung, welche ein Rückkehrhindernis darstellen würde.

Aufgrund Ihres Alters, Ihres Gesundheitszustands und Ihrer Arbeitsfähigkeit könnte Ihnen zugemutet werden, Ihre Lebensbedürfnisse im Herkunftsland zu befriedigen, dorthin zurückzukehren und einer Erwerbsarbeit nachzugehen.

Die Behörde kommt jedoch amtswegig zu dem Schluss, dass Ihnen aufgrund der derzeit praktizierten Praxis hinsichtlich des Militär-/Nationaldiensts in Eritrea sowie der Situation von Rückkehrern der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu erteilen ist, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass Sie als Rückkehrer willkürlich einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt werden und/oder strafweise zum Nationaldienst eingezogen werden.

Es bestehen also Hinderungsgründe bezüglich einer Rückkehr/-führung.

..(…)

4.2. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 25.05.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein ARGE Rechtsberatung als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

5. Der Beschwerdeführer erhob gegen Spruchpunkt I. des angeführten Bescheides Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften, welche am 22.06.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. Unter einem wurde das im Spruch bezeichnete Vollmachtsverhältnis bekannt gegeben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers zu Unrecht als nicht asylrelevant qualifiziere. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde liege nach Ansicht des Beschwerdeführers eine asylrelevante Verfolgung vor, da der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Befragung beim BFA nicht ausreichend bezüglich seiner Fluchtgründe befragt wurde, da seine Staatsbürgerschaft zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht festgestanden sei und er hauptsächlich wegen der Fluchtgründe aus Äthiopien befragt wurde. Der BF sei jedoch bereits im Alter von vier Jahren mit seiner Mutter aus Eritrea geflüchtet, da seine Eltern im obligatorischen Nationaldienst gewesen wären und diese gegen die Unterdrückung durch die Regierung in Eritrea und die Zwangsarbeit aufbegehrt hätten. Die Eltern des BF seien daraufhin von den eritreischen Sicherheitskräften verfolgt worden. Der Vater des BF wurde vielleicht ermordet. Die Nationale Armee in Eritrea dient nicht nur zur Verteidigung gegen andere Staaten, sondern dient auch der Unterdrückung der eigenen Bevölkerung. Der BF wolle nicht gegen die eigene Bevölkerung vorgehen müssen. Der BF will nicht gezwungen werden, seine „Brüder und Schwestern (Landsleute) zu töten. Daher wolle der BF keinen obligatorischen Nationaldienst leisten. Auf Grund der Dienstverweigerung drohe dem BF eine Verfolgung durch die Sicherheitskräfte in Eritrea. Der obligatorische Nationaldienst komme einer Zwangsarbeit gleich. Gegen Dienstverweigerer gehen die eritreischen Sicherheitskräfte mit Razzien vor. Dienstverweigerer werden meist für eigene Monate ohne Verfahren und Anklage inhaftiert und dann in die militärische Ausbildung überführt. Ein Recht zur Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen und einen Ersatzdienst gebe es nicht. Auf Grund der regimekritischen Einstellung seiner Eltern und auf Grund seiner Dienstverweigerung aus Gewissensgründen hat der BF aus Gründen der politischen Gesinnung wohlbegründete Verfolgung in Eritrea zu befürchten. Dem BF werde daher eine feindliche politische Gesinnung unterstellt und der BF fürchte auf Grund seiner Dienstverweigerung die Verhaftung durch das eritreische Regime.

Die Verfolgung durch die Regierung (Ableistung des bis zu lebenslangen Nationaldienstes) erreiche den Grad asylrelevanter Intensität, weshalb dem Beschwerdeführer internationaler Schutz gemäß § 3 AsylG zu gewähren gewesen wäre. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde beantragt.

6. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 04.07.2018 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt.

7. Am 02.01.2019 wurde gegenständlicher Akt durch Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses der Geschäftsabteilung W103 zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des Antrages auf internationalen Schutz vom 05.08.2016, der Einvernahmen des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der im Verfahren vorgelegten Schriftsätze sowie der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, das Zentrale Melderegister, das Fremden- und Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist eritreischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Tigray an; er bekennt sich zum christlich orthodoxen Glauben.

Die Identität des Beschwerdeführers war mangels Vorlage unbedenklicher Dokumente nicht festzustellen; der im Spruch angeführte Name des Beschwerdeführers und insbesondere sein Alter dienen bloß zu seiner Identifizierung als Verfahrenspartei.

Der Beschwerdeführer befürchtet zu Recht im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland, zum Nationaldienst eingezogen zu werden, so wie auch die belangte Behörde bereits bei der Zuerkennung des subsidiären Schutzes dies festgestellt hat.

Es ergibt sich somit, dass der damit in Zusammenhang stehenden unterstellten politischen Gesinnung des Beschwerdeführers, Verfolgungshandlungen vor dem Hintergrund der angeführten Länderfeststellungen (insbesondere Punkt 7. Wehrdienst/Nationalservice und Punkt 5. Folter und unmenschliche Behandlung nach Rückkehr nicht maßgeblich unwahrscheinlich sind.

Wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, ist der Beschwerdeführer vom Alter her wehrpflichtig und ist eine Person, welche sich dem Wehrdienst entzieht, gesetzlich mit Haft oder Umerziehungslager – ohne rechtsstaatliches Verfahren – bedroht, wobei auch Folter und unmenschliche Behandlung drohen.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Es ist angesichts dieses Geschehensverlaufs wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer Verfolgungshandlungen Seitens der Regierung von Eritrea im Falle seiner Rückkehr nach Eritrea zu gewärtigen hätte.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Eritrea:

1. Politische Lage

Eritrea ist nach dem Südsudan das zweitjüngste und eines der ärmsten Länder Afrikas. Das

Land löste sich nach einem Referendum von Äthiopien und wurde 1993 ein eigener Staat

(AA 21.11.2016).

Eritrea ist ein in sechs Provinzen aufgeteilter Zentralstaat. Die Verfassung von 1997 ist nie in

Kraft getreten (AA 10.2016a). Alle wesentlichen Entscheidungen werden vom Präsidenten

getroffen. Es gibt keine Gewaltenteilung (AA 10.2016a). Das Übergangsparlament besteht

aus 150 Abgeordneten, von denen 75 dem Zentralrat der Staatspartei PFDJ (People's Front

for Democracy and Justice) angehören. Weitere 60 Abgeordnete sind ausgewählte Vertreter

der Provinzen und 15 Sitze entfallen auf die Vertreter der Auslandseritreer. Das Parlament

trat zuletzt 2001 zusammen, nur auf Anforderung des Präsidenten. Es ist damit faktisch

inaktiv (AA 10.2016a).

Seit der Unabhängigkeit sind weder Präsidentschafts- noch Parlamentswahlen durchgeführt

worden. De facto handelt es sich in Eritrea um eine Einparteiendiktatur. Die Regierungspartei

PFDJ ging 1994 aus der Befreiungsbewegung "Eritrean People's Liberation Front" (EPLF)

hervor. Sie stellt den Staats- und Regierungschef Isaias Afewerki sowie die gesamte weitere

politische Führung des Landes. Andere politische Parteien sind verboten (AA 21.11.2016;

vgl. USDOS 13.4.2016).

Die innenpolitische, wirtschaftliche und soziale Lage in Eritrea wird seit Jahren in erster Linie

durch den ungelösten Grenzkonflikt mit Äthiopien bestimmt. Folgen sind unter anderem die

weitgehende Militarisierung der Gesellschaft und ein Zurückdrängen der Privatwirtschaft

durch staatlich gelenkte Wirtschaftsunternehmen (AA 10.2016a; vgl. AA 21.11.2016). Seit

dem Grenzkrieg mit Äthiopien (Mai 1998 bis Juni 2000) ist der demokratische Prozess in

Eritrea zum Stillstand gekommen. Präsident Isaias Afewerki regiert das Land unter Hinweis

auf den ungelösten Grenzkonflikt ohne demokratische Kontrolle, gestützt auf die

Sicherheitsbehörden und den Apparat der einzigen zugelassenen Partei PFDJ. Das

Friedensabkommen von Algier vom 12.12.2000 beendete zwar den Krieg zwischen Eritrea

und Äthiopien, die Spannungen zwischen den beiden Nachbarländern bestehen allerdings

unvermindert fort (AA 21.11.2016). Für seine repressiven innenpolitischen Maßnahmen greift

Präsident Isaias auf eine „weder Krieg noch Frieden“ Politik zurück (HRW 12.1.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (10.2016a): Eritrea, Innenpolitik, http://www.auswaertigesamt.

de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Eritrea/Innenpolitik_node.html, Zugriff

27.1.2017

- AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage

in Eritrea

- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Eritrea,

http://www.ecoi.net/local_link/334689/476442_de.html, Zugriff 1.2.2017

- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights

Practices 2015 - Eritrea,

http://www.ecoi.net/local_link/322451/461928_de.html, Zugriff 30.1.2017

2. Sicherheitslage

Das deutsche Auswärtige Amt warnt eigene Bürger vor Reisen in die Grenzgebiete zu

Äthiopien und Dschibuti (AA 31.1.2017). Die Beziehungen zu Äthiopien bleiben trotz des

Friedensabkommens vom 12.12.2000 weiter angespannt (EDA 6.2.2017; vgl. AA

21.11.2016) und haben seit 2012 mehrfach zu bewaffneten Zusammenstößen an der

gemeinsamen Grenze geführt (AA 21.11.2016). Am 12. Juni 2016 kam es in der eritreischäthiopischen

Grenzregion zu schweren Kämpfen (DS 8.6.2016; vgl. BAMF 13.6.2016). Es ist

nicht klar warum die Kämpfe ausgebrochen sind, jedoch befinden sich die Länder in einem

"weder Krieg noch Frieden" Zustand. Im Zuge der Feierlichkeiten zur 25jährigen

Unabhängigkeit beschuldigte der eritreische Präsident Isaias Afwerki Äthiopien, der

Souveränität Eritreas feindlich gegenüber zu stehen. Der äthiopische Premierminister,

Hailemariam Desalegn, hatte angekündigt, dass Äthiopien bereit sei, mit militärischen

Maßnahmen auf eritreische Provokationen zu reagieren (BBC 13.6.2016).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (31.1.2017): Eritrea, Reise- und Sicherheitshinweise

(Teilreisewarnung), http://www.auswaertigesamt.

de/sid_747C556AEA6A72286098D233576D91C2/DE/Laenderinformationen/00-

SiHi/Nodes/EritreaSicherheit_node.html, Zugriff 31.1.2017

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (13.6.2016): Briefing Notes,

http://www.ecoi.net/file_upload/4765_1465826992_1-deutschland-bundesamt-fuermigration-

und-fluechtlinge-briefing-notes-13-06-2016-deutsch.pdf, Zugriff 2.1.2017

- BBC News (13.6.2016): Ethiopia and Eritrea blame each other for border clash,

http://www.bbc.com/news/world-africa-36515503, Zugriff 2.1.2017

- DS - der Standard (8.6.2016): UN-Bericht dokumentiert Kriegsverbrechen in Eritrea,

http://derstandard.at/2000038459447/UNO-Bericht-dokumentiert-schreckliche-

Verbrechen-in-Eritrea, Zugriff 15.7.2016

- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (27.1.2017):

Reisehinweise Eritrea, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-undreisehinweise/

eritrea/reisehinweise-fuereritrea.html, Zugriff 6.2.2017

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Es gibt keine Gewaltenteilung. Die Justiz ist als Teil des Justizministeriums von diesem

abhängig, es gibt Sondergerichte (AA 10.2016a). Die Reform der Justiz geht schleppend

voran. Die EU unterstützt die Professionalisierung von „community courts“. Die Justiz ist

zwar formal unabhängig, tatsächlich aber vor Einmischungen durch die Exekutive nicht

geschützt. Neben der ordentlichen Gerichtsbarkeit existieren Militär- und Sondergerichte, die

jedes Verfahren an sich ziehen können und vor denen keine Rechtsanwälte zugelassen sind

und auch für die Ahndung von Korruptionsfällen und von Kapitaldelikten zuständig sind. Eine

Berufung gegen deren Urteile ist nicht möglich. In Verfahren vor diesen Gerichten gibt es

keine öffentliche Verhandlung, keinen anwaltlichen Beistand und keine Möglichkeit,

Rechtsmittel einzulegen (AA 21.11.2016).

Anfang 2015 wurde ein neues Strafgesetzbuch und eine neue Zivil- und

Strafprozessordnung vorgelegt, die die alten noch geltenden äthiopischen Gesetzbücher

ablösten. Es gibt keine Beschränkung des Strafmaßes, obwohl die Todesstrafe tatsächlich

nicht ausgesprochen oder zumindest nicht vollstreckt zu werden scheint. Eine

Strafverfolgung aus politischen Gründen ist nicht auszuschließen. Verhaftungen ohne

Haftbefehl und ohne Angabe von Gründen sind üblich. Umgekehrt werden Häftlinge auch

ohne Angabe von Gründen freigelassen (AA 21.11.2016). Rechtsstaatlichkeit und Justiz

bleiben schwach und sind somit anfällig dafür, durch informelle und außergerichtliche

Formen von Justiz umgangen zu werden (FCO 21.4.2016).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (10.2016a): Eritrea, Innenpolitik, http://www.auswaertigesamt.

de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Eritrea/Innenpolitik_node.html, Zugriff

27.1.2017

- AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage

in Eritrea

- FCO - UK Foreign and Commonwealth Office (21.4.2016): Human Rights and

Democracy Report 2015 - Chapter IV: Human Rights Priority Countries - Eritrea,

http://www.ecoi.net/local_link/322986/462477_de.html, Zugriff 6.2.2017

4. Sicherheitsbehörden

Die Polizei ist für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit verantwortlich und die Armee

für die äußere Sicherheit. Doch die Regierung setzt manchmal die Streitkräfte, die Reserve,

demobilisierte Soldaten oder Miliz dazu ein, um innere und äußere Sicherheitsanforderungen

zu erfüllen. Agenten des Nationalen Sicherheitsbüros, das dem Präsidentenbüro unterstellt

ist, sind für die Verhaftung von Personen verantwortlich, die verdächtigt werden, die

nationale Sicherheit zu gefährden. Die Streitkräfte haben die Befugnis, Zivilisten anzuhalten

und zu verhaften. Generell spielt die Polizei in Fällen der nationalen Sicherheit keine Rolle.

Dabei ist bei Sicherheitskräften Straflosigkeit die Norm. Es gibt keine bekannten internen

oder externen Mechanismen, um Vergehen von Sicherheitskräften zu untersuchen (USDOS

13.4.2016).

Militär, Polizei und Sicherheitsdienste üben eine fast vollständige Kontrolle über das

politische und gesellschaftliche Leben aus. Sie verfügen über weitreichende Vollmachten,

die nicht immer eine gesetzliche Grundlage haben (AA 21.11.2016).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage

in Eritrea

- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights

Practices 2015 - Eritrea,

http://www.ecoi.net/local_link/322451/461928_de.html, Zugriff 27.1.2017

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Das geltende Strafgesetzbuch verbietet Folter (AA 21.11.2016; vgl. USDOS 13.4.2016).

Trotzdem wird Folter gegenüber Gefangenen, insbesondere während der Befragung,

angewandt. Auch sollen Deserteure, Wehrdienstflüchtige und Wehrdienstverweigerer

verschiedener religiöser Gruppen, insbesondere Anhänger der Zeugen Jehovas, physisch

und psychisch misshandelt werden. Es sind keine Fälle bekannt, in denen die Anwendung

von Folter zu Sanktionen geführt hätte (AA 21.11.2016; vgl. USDOS 13.4.2016). Gefangene,

darunter auch Minderjährige, werden unter schlechten Bedingungen in unterirdischen Zellen

oder in Schiffscontainern eingesperrt. Sie erhalten weder ausreichend Nahrung noch

sauberes Trinkwasser. Schlafgelegenheiten und der Zugang zu sanitären Einrichtungen und

Tageslicht sind unzureichend. In einigen Fällen kamen diese Haftbedingungen Folter gleich

(AI 24.2.2016).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage

in Eritrea

- AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State

of the World's Human Rights - Eritrea,

http://www.ecoi.net/local_link/319675/458842_de.html, Zugriff 27.1.2017

- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights

Practices 2015 - Eritrea,

http://www.ecoi.net/local_link/322451/461928_de.html, Zugriff 27.1.2017

6. Korruption

Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International nimmt Eritrea 2016

den 164. von 176 Plätzen ein (TI 2016). Das Gesetz sieht Strafen für Korruption von

Beamten vor, aber die Regierung setzt das Gesetz nicht effektiv um, und korrupte Praktiken

bleiben häufig ungestraft, auch wenn die Regierung Berichten zufolge einige

Staatsbedienstete wegen Korruption entlassen hat (USDOS 13.4.2016). Ein Spezialgericht

wurde 1996 als vorläufige Maßnahme vom Büro des Präsidenten mithilfe von Geheimdienst,

Armee und Polizei geführt, um Korruption zu bekämpfen. Dennoch ist diese in allen

Bereichen zu finden (EASO 11.6.2015).

Korruption gibt es auch im Bereich von Justiz und Polizei. Um deren Dienste in Anspruch zu

nehmen, werden manchmal Schmiergelder gezahlt. Die Polizei setzt auch für Freunde und

Familie gelegentlich ihren Einfluss bei Entlassung aus dem Gefängnis ein. Die Polizei fordert

angeblich Schmiergelder, damit Gefangene freikommen (USDOS 13.4.2016). Aufgrund von

mangelnden Kapazitäten und Korruption in der eritreischen Armee ist es in den letzten

Jahren deutlich einfacher geworden, die Grenze illegal zu überqueren (EASO 11.6.2015).

Obwohl sie in Eritrea weniger allgegenwärtig als in anderen Ländern der Region ist, gibt es

Anzeichen dafür, dass die Korruption auf dem Vormarsch ist - vor allem in den Bereichen

Schmuggel und Migration (USDOS 5.7.2016).

Quellen:

- EASO - European Asylum Support Office (11.6.2015): Eritrea Länderfokus,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1440743642_2015-06-11-easo-eritrea-de.pdf, Zugriff

30.1.2017

- TI - Transparency International (2016): Corruption Perceptions Index,

http://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff

30.1.2017

- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights

Practices 2015 - Eritrea,

http://www.ecoi.net/local_link/322451/461928_de.html, Zugriff 30.1.2017

- USDOS - US Department of State (5.7.2016): Investment Climate Statements for 2016 –

Eritrea, http://www.ecoi.net/local_link/332411/473836_de.html, Zugriff 30.1.2017

7. Wehrdienst und Rekrutierungen

Der obligatorische Nationaldienst („national service“) dauert für Männer und Frauen offiziell

18 Monate (AA 21.11.2016; vgl. USDOS 13.4.2016, HRW 12.1.2017), kann aber nach wie

vor auf unbestimmte Zeit verlängert werden und kommt der Zwangsarbeit gleich. Die

Militärdienstleistenden erhalten nur eine geringe Besoldung, mit der sie die

Grundbedürfnisse ihrer Familien nicht decken können (AI 24.2.2016; vgl. LI 20.5.2016,

EASO 11.6.2015). Im Frühjahr 2016 wurde angekündigt, dass die Gehälter im nationalen

Nationaldienst erhöht werden (LI 20.5.2016). Die Dienstverpflichtung kann oftmals über

mehrere Jahre andauern (AA 21.11.2016; vgl. LI 20.5.2016) - in einigen Fällen bis zu 20

Jahre lang (AI 24.2.2016).

Aufgrund des Ausnahmezustands werden die Dienstverpflichteten nach der militärischen

Grundausbildung z.B. beim Straßen- und Dammbau, in der Landwirtschaft, aber auch in

allen Bereichen der staatlichen Verwaltung und Wirtschaft eingesetzt. Für Frauen dauert die

Dienstpflicht bis zum 27. und für Männer bis zum 50. Lebensjahr (nach anderen Angaben für

Frauen bis zum 47. und für Männer bis zum 57. Lebensjahr). Frauen werden in der Regel bei

Heirat oder Schwangerschaft aus dem Nationaldienst entlassen (AA 21.11.2016; vgl. LI

24.5.2016). Entgegen der 2014 und 2015 gemachten Ankündigungen haben die eritreischen

Behörden den Nationaldienst bisher nicht auf die gesetzlich vorgesehenen 18 Monate

beschränkt. Der Dienst ist weiterhin zeitlich unbefristet und dauert meist mehrere Jahre. Die

Behörden teilen die Rekruten entweder in eine Armeeeinheit oder in einen zivilen Job ein.

Sie haben weder Einfluss auf ihre Einteilung noch eine Möglichkeit, diesen Dienst zu

verlassen. Dennoch scheinen sich im Nationaldienst Veränderungen anzubahnen. Dazu

gehört die vorgesehene und offenbar teilweise umgesetzte bessere Entlöhnung. Außerdem

deutet vieles darauf hin, dass in den letzten Jahren vermehrt Rekruten in den zivilen Teil des

Nationaldiensts eingeteilt wurden anstelle des militärischen Teils. Obwohl es in den letzten

Jahren keine größeren Demobilisierungen gegeben hat, gab es in den letzten Jahren

offenbar vermehrt Entlassungen aus dem zivilen Nationaldienst. Dennoch gehen die

Schätzungen nach wie vor von durchschnittlich fünf bis zehn Jahren Dienst aus. Frauen

haben bessere Möglichkeiten, aufgrund von Heirat, Schwangerschaft oder Mutterschaft vom

Nationaldienst ganz freigestellt oder nach wenigen Jahren entlassen zu werden. Ihre

durchschnittliche Dienstzeit ist deshalb deutlich geringer als bei Männern (SEM 10.8.2016).

Im März 2012 wurde die „People´s Army“ eingeführt, welche als erweiterte Nationalgarde zu

verstehen ist (LI 20.5.2016; vgl. UKHO 10.2016) und parallel zur Armee existiert (EASO

11.6.2015). Auslöser dafür waren Vorstöße der äthiopischen Armee auf eritreisches

Territorium. Dazu müssen Eritreer zwischen 18 und ca. 70 Jahren, die derzeit nicht im

Nationaldienst aktiv sind, eine Waffenausbildung absolvieren und von der Regierung zur

Verfügung gestellte Waffen und Uniformen in Empfang nehmen (EASO 11.6.2015). Seit Mai

2012 wurde der Großteil der erwachsenen Bevölkerung mit Sturmgewehren Ak-47 bewaffnet

(AA 21.11.2016). Ältere Frauen und Männer werden auch weiterhin zu dieser sogenannten

"Volksarmee" eingezogen. Dort sind Aufgaben unter Androhung von Strafen zu verrichten

(AI 24.2.2016). Bisher fanden die Rekrutierungen für die Volksarmee vor allem in Asmara

und Keren statt (EASO 11.6.2015). Personen, welche dem Aufgebot zur Volksarmee keine

Folge leisten, droht der Entzug von Lebensmittelcoupons und Identitätsdokumenten sowie

Haftstrafen. Ende 2014 und Anfangs 2015 haben dennoch zahlreiche Personen das

Aufgebot zur Volksarmee ignoriert. Berichten zufolge gab es mittlerweile auch Razzien und

Verhaftungen gegen solche Dienstverweigerer (EASO 11.6.2015).

Jugendliche, die versuchen, dem Wehrdienst zu entgehen, werden verhaftet. Bei (illegalen)

Ausreiseversuchen aufgegriffene Minderjährige werden verhaftet, meist aber nach Hause

geschickt. Volljährige und damit Wehr- und Nationaldienstpflichtige kommen in Haft, die auf

Antrag häufig in offenem Vollzug abgeleistet werden kann. Sofern die Eltern der

Jugendlichen oder andere Personen bei der Entziehung vom Wehrdienst behilflich waren,

droht auch ihnen Strafverfolgung (AA 21.11.2016). Insgesamt scheinen die eritreischen

Behörden und Sicherheitskräfte aber nicht mehr die Kapazitäten zu haben, alle

Dienstverweigerer systematisch zuhause aufzusuchen, um sie zu verhaften oder zu

rekrutieren. Dennoch kommt dies in Einzelfällen immer noch vor, insbesondere bei

Personen, die ein Aufgebot in den militärischen Teil des Nationaldiensts erhalten haben.

Üblicherweise gehen die eritreischen Sicherheitskräfte allerdings mit Razzien (Giffas) gegen

Dienstverweigerer und Deserteure vor. Dabei umstellen sie einen Stadtteil oder ein Dorf und

kontrollieren alle Anwesenden. Wer nicht nachweisen kann, dass er entweder dem

Nationaldienst angehört oder seine Dienstpflicht erledigt hat, wird festgehalten. Anschließend

werden die Betroffenen meist für einige Monate ohne Verfahren oder Anklage inhaftiert und

danach in die militärische Ausbildung überführt (SEM 10.8.2016).

Es gibt Berichte über sexuelle Nötigung und Gewalt bis hin zu Vergewaltigung gegenüber

weiblichen Rekruten (AA 21.11.2016; vgl. UKHO 10.2016, USDOS 13.4.2016). Eine

Weigerung führte in manchen Fällen zu Internierung, Misshandlung und Folter, z.B.

Nahrungsentzug oder dem Aussetzen extremer Hitze. Eine Schwangerschaft während des

Militärdienstes, auch wenn sie das Resultat einer Vergewaltigung oder sexueller Übergri

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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