Entscheidungsdatum
25.09.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W283 2225341-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch XXXX , StA. Serbien, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Stefan ERRATH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.09.2019, Zl. 563530801 - 161271401:
A)
Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 23.09.2019 wurde dem minderjährigen Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt.
2. Der Beschwerdeführer erhob dagegen mit Schreiben vom 28.10.2019 (zur Post gegeben am 30.10.2019) durch seinen Rechtsvertreter Beschwerde. Zur Rechtzeitigkeit brachte er vor, der Bescheid sei ihm am 02.10.2019 zugestellt worden.
3. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 13.11.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
4. Mit im elektronischen Rechtsverkehr am 20.11.2019 hinterlegtem Schreiben vom 19.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass sich die Beschwerde nach der Aktenlage als verspätet darstelle. Die Rechtsmittelfrist habe am 29.10.2019 geendet und die Beschwerde sei erst am 30.10.2019 bei der Post aufgegeben worden. Dem Beschwerdeführer wurde für die Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt eine Frist von zwei Wochen eingeräumt; es langte keine Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der minderjährige Beschwerdeführer wird durch seinen Vater gesetzlich vertreten (AS 40, 41).
1.2. Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.09.2019 wurde dem Beschwerdeführer per Rückscheinbrief „RSb“ nachweislich am Dienstag, den 01.10.2019 zugestellt (zum Rückschein siehe AS 90). Laut Rückschein und der in Klammer gesetzten, handschriftlichen Anmerkung zur Unterschrift („mama“) wurde das Dokument von der Mutter des Beschwerdeführers, am Dienstag, den 01.10.2019 persönlich übernommen. Zum Zeitpunkt der Zustellung hat der Beschwerdeführer mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt gelebt (Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 13.11.2019; vgl. auch die dahingehenden Angaben seines Vaters in der Einvernahme vor dem Bundesamt vom 09.07.2019 [AS 41, 42]).
1.3. Die Rechtsmittelbelehrung des gegenständlichen Bescheides informiert darüber, dass dagegen binnen vier Wochen Beschwerde erhoben werden kann, die beim Bundesamt einzubringen wäre (AS 87).
Die Frist zur Einbringung der Beschwerde gegen den Bescheid endete demnach am Dienstag, den 29.10.2019 (vgl. auch die rechtliche Beurteilung unter Pkt. II.3.3.).
1.4. Der Beschwerdeführer erhob gegen den unter II.1.1. angeführten Bescheid des Bundesamtes mit Schreiben vom 28.10.2019, zur Post gegeben am Mittwoch, den 30.10.2019, durch seinen Rechtsvertreter Beschwerde.
1.5. Mit am 20.11.2019 zugestelltem Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass sich die Beschwerde nach der Aktenlage als verspätet darstelle. Dazu langte keine Stellungnahme ein.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen gründen sich auf die Einsichtnahme in den unbedenklichen Verwaltungsakt des Beschwerdeführers sowie in die Gerichtsakte seiner Eltern (W283 2225775-1 und W283 2225342-1).
Die Feststellung, wonach es sich bei der Zustellung des Bescheides um einen RSb-Brief handelt, ergibt sich aus der weißen Umschlagfarbe (AS 90). Dass die Unterschrift am Rückschein von der Mutter des Beschwerdeführers stammt, resultiert aus einem Vergleich der Unterschrift seines Vaters (AS 43) mit jener seiner Mutter (AS 54, 108 [W283 2225775-1]). Wenngleich vom Zusteller am Rückschein „Empfänger“ angekreuzt wurde, konnte aufgrund des durchgeführten Unterschriftenvergleichs festgestellt werden, dass die Mutter des Beschwerdeführers den Bescheid persönlich übernommen hat.
Die Parteien sind dem Akteninhalt nicht entgegengetreten, vor allem wurde zum Verspätungsvorhalt keine Stellungnahme eingebracht, sodass der Akteninhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt werden konnte. Aus der Sendungsverfolgung der Österreichischen Post AG ergibt sich, dass die Beschwerde am 30.10.2019 bei der Post aufgegeben wurde. Betreffend das Fristende zur Einbringung der Beschwerde ist auf die rechtliche Beurteilung unter Pkt. II.3.3. zu verweisen.
Die einzelnen Feststellungen beruhen im Übrigen auf den jeweils in der Klammer angeführten Beweismitteln.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A) Zurückweisung wegen Verspätung:
3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.2. Zur rechtswirksamen Zustellung des Bescheides:
3.2.1. Für das Zustandekommen eines Bescheides ist es erforderlich, dass dieser erlassen wird. Erst mit seiner Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz (vgl. VwGH 26.04.2000, 99/05/0239; 26.06.2013, 2011/22/0122). Solange ein Bescheid noch nicht erlassen wurde, kann er keine Rechtswirkung nach außen entfalten (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014) Rz 426 f). Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung oder Ausfolgung zu erfolgen. Erlassen ist ein Bescheid ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtswirksame Zustellung oder Ausfolgung vorliegt (vgl. VwGH 26.06.2001, 2000/04/0190; 18.03.2013, 2010/05/0046, jeweils mwN).
§ 21 AVG ordnet an, dass Zustellungen nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes vorzunehmen sind.
Gemäß § 16 Abs. 1 ZustG darf, wenn das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden kann und an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend ist, an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Gemäß § 21 ZustG dürfen dem Empfänger zu eigenen Handen zuzustellende Dokumente nicht an einen Ersatzempfänger zugestellt werden.
Nach § 16 Abs. 2 ZustG kann jede erwachsene Person Ersatzempfänger sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die – außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt – zur Annahme bereit ist.
Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Judikatur im Hinblick auf die Zustellung an Ersatzempfänger davon aus, dass es für die Wirksamkeit der Zustellung im Sinn des § 16 Abs. 1 ZustG weder einer ausdrücklichen Vollmachtserteilung an den Ersatzempfänger bedarf noch einer Kenntnis des Ersatzempfängers von der Bedeutung der Zustellung des Bescheides (vgl. VwGH 13.12.2011, 2009/05/0243).
3.2.2. Der vorliegende Bescheid wurde per RSb-Brief übermittelt, sodass kein Fall des § 21 ZustG vorliegt und eine Ersatzzustellung grundsätzlich möglich war.
Der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, wird durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung der vorschriftsgemäßen Zustellung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vgl. VwGH 25.06.2013, 2012/08/0031, mwN).
Im Verfahren wurden jedoch keine Gründe vorgebracht, warum die vorliegende Zustellung mangelhaft gewesen wäre. Auch aus Sicht des erkennenden Gerichts sind solche nicht gegeben, zumal die Mutter des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Zustellung im gemeinsamen Haushalt mit dem Beschwerdeführer und dessen gesetzlichen Vertreter gelebt hat und auch keine Gründe zur Annahme hervorgekommen sind, dass sich der Empfänger nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten hätte.
Zusammenfassend stellt sich somit die am 01.10.2019 erfolgte Zustellung als rechtswirksam dar.
3.3. Zur Beschwerdefrist:
3.3.1. Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Nur in den Fällen des § 16 Abs. 2 BFA-VG und § 7 Abs. 2 AsylG 2005, sofern der Status des Asylberechtigten aberkannt und die Aberkennung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden wurde, beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG zwei Wochen.
Es liegt kein Fall des § 16 Abs. 2 BFA-VG und § 7 Abs. 2 AsylG 2005 vor, sodass die Frist zur Beschwerdeerhebung vier Wochen beträgt.
Gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG iVm Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG beginnt die Beschwerdefrist, da dem Beschwerdeführer der Bescheid des Bundesamtes zugestellt (und nicht mündlich verkündet) wurde, mit dem Tag der Zustellung.
Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am Dienstag, den 01.10.2019 zugestellt. Da in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides zutreffend eine vierwöchige Beschwerdefrist angegeben war (vgl. § 61 Abs. 1 AVG, § 7 Abs. 4 VwGVG), endete die Beschwerdefrist am Dienstag, den 29.10.2019 (zur Berechnung von Wochenfristen siehe § 32 Abs. 2 AVG). Folglich war die am Mittwoch, den 30.10.2019 zur Post gegebene Beschwerde verspätet (vgl. § 33 Abs. 3 AVG, wonach „die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) […] in die Frist nicht eingerechnet“ werden.).
Die Beschwerde war daher als verspätet zurückzuweisen.
3.4. Eine Verhandlung konnte unterbleiben, da gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine Verhandlung entfallen kann, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist. Zudem war auf Grund des unbestrittenen Akteninhalts durch eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren; solche sind auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Ersatzzustellung öffentliche Urkunde Rechtsmittelfrist Verspätung Verspätungsvorhalt Zurückweisung Zustellnachweis Zustellung ZustellwirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W283.2225341.1.00Im RIS seit
17.12.2020Zuletzt aktualisiert am
17.12.2020