TE Vwgh Beschluss 1997/8/28 97/04/0131

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Veröffentlicht am 28.08.1997
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Index

E1E;
E3L E13301300;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
95/01 Elektrotechnik;

Norm

11992E030 EGV Art30;
11992E036 EGV Art36;
31973L0023 Niederspannungs-RL Art8 idF 393L0068;
AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
ETG 1965 §9 Abs4 Z2;
NspGV 1995 §2;
NspGV 1995 §9 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, in der Beschwerdesache der V, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. Juni 1997, Zl. 94.423/40-IX/4/97, betreffend Untersagung des Inverkehrbringens elektrischer Betriebsmittel, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Spruch des an die X-Gesellschaft m.b.H. gerichteten Bescheides des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. Juni 1997 hat folgenden Wortlaut:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten untersagt gemäß § 9 Abs. 4 Z. 2 Elektrotechnikgesetz 1992 - ETG 1992, BGBl. Nr. 106/1993, das Inverkehrbringen des elektrischen Betriebsmittels

Art                  : Dampfreinigungsgerät mit ÖVE-Prüf-

                       zeichen und CE-Kennzeichnung

Marke                : X

Typ                  : STR 6000, Art.Nr. 3070915

Fabrikationsnummer

(Seriennummer)       : -

Herstellungsjahr     : -

Hersteller           : V

Importeur            : X-GmbH., W

sowie all jener elektrischen Betriebsmittel, die in demselben Betrieb lagern und von denen nach ihrer Art, Marke, Type, Fabrikationsnummer (Seriennummer) oder ihrem Herstellungsjahr anzunehmen ist, daß sie dieselbe vorschriftswidrige Beschaffenheit aufweisen."

Zur Begründung führte der Bundesminister aus, aus einem ihm vorliegenden Prüfbefund der Versuchsanstalt für Elektrotechnik (TGM) gehe hervor, daß das in Rede stehende elektrische Betriebsmittel schwere (näher bezeichnete) sicherheitstechnische Mängel aufweise. Nach § 9 Abs. 4 Z. 2 ETG 1992 sei das Inverkehrbringen elektrischer Betriebsmittel zu untersagen, wenn der Zustand des elektrischen Betriebsmittels nicht den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 ETG 1992 oder den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspreche und dadurch eine unmittelbare Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Personen drohe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerde ist nicht zulässig.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in dem von Art. 30 EG-V gewährleisteten Recht auf freien Absatz ihrer Produkte in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und in dem Recht, in Übereinstimmung mit den Vorschriften des ETG bzw. der NSpGV hergestellte Geräte nach Österreich einzuführen und dort zu vertreiben. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt sie u.a. vor, Art. 30 EG-V, der Bestand der österreichischen Rechtsordnung sei, und widersprechendem nationalen Recht vorgehe, gewähre jeder Person mit Sitz innerhalb der Europäischen Union das Recht, seine Waren ohne Beschränkung in allen anderen Staaten zu vertreiben und in Verkehr zu setzen, soweit sie in Übereinstimmung mit den gemäß Art. 100 EG-V bzw. Art. 100a EG-V ergangenen Rechtsakten der Gemeinschaft oder in Übereinstimmung mit den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Herstellerstaates hergestellt worden seien. Art. 30 EG-V verleihe somit subjektiv-öffentliche Rechte, die jeder Person mit Sitz in der Gemeinschaft zustünden und die vor den Gerichten und Behörden aller Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft durchsetzbar seien. Dabei verbiete Art. 30 EG-V nicht nur mengenmäßige Einfuhrverbote, sondern auch Maßnahmen gleicher Wirkung. Als solche sei jede Regelung der Mitgliedsstaaten zu verstehen, die geeignet sei, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern. Daraus folge für den vorliegenden Sachverhalt, daß die Beschwerdeführerin jedenfalls in ihrem von Art. 30 EG-V gewährten subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sei, selbst wenn sich der ergangene Bescheid formal nur an die X-Gesellschaft m.b.H. richte. Es könne nämlich überhaupt kein Zweifel darüber bestehen, daß der angefochtene Bescheid geeignet sei, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, indem er das Inverkehrbringen der von der Beschwerdeführerin hergestellten Produkte in Österreich verbiete. Sie habe daher ein rechtliches Interesse im Sinn des § 8 AVG an einem bestimmten Ausgang des Verfahrens und sei deshalb als Partei in diesem Verwaltungsverfahren anzuerkennen. Die belangte Behörde hätte daher die Beschwerdeführerin von der Einleitung des Verfahrens verständigen müssen, um ihr Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Neben Art. 30 EG-V verleihe auch Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen (RL 73/23/EWG), welche in Österreich anwendbar sei, der Beschwerdeführerin Parteistellung im vorliegenden Verwaltungsverfahren. Denn diese Bestimmung ordne an, daß bei Beanstandungen der Hersteller oder Importeur einen von einem nach dem Verfahren des Art. 11 mitgeteilten Stelle ausgearbeiteten Gutachterbericht über die Übereinstimmung mit der Bestimmung des Art. 12 vorlegen könne.

§ 9 Abs. 4 der (österreichischen) Niederspannungsgeräteverordnung 1995 treffe eine ähnliche Anordnung, in der bestimmt werde, der Hersteller eines dieser Verordnung unterliegenden Produkts könne bei Beanstandung durch die Behörde binnen einem Monat ein Gutachten vorlegen, aus dem das Erreichen der Sicherheitsziele des Art. 2 dieser Verordnung hervorgehe. Aus beiden Bestimmungen gehe hervor, daß der Hesteller am Verfahren zu beteiligen sei, weil er anders von der ihm eingeräumten Möglichkeit, Gutachten vorzulegen, keinen Gebrauch machen könnte. Da ihr die belangte Behörde diese Parteistellung nicht gewährt habe, erachtet sich die Beschwerdeführerin auch in dem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt.

Nach § 9 Abs. 4 Z. 2 Elektrotechnikgesetz 1992 (BGBl. Nr. 106/1993) hat die Behörde, wenn festgestellt wird, daß der Bestand oder Betrieb einer elektrischen Anlage oder ein elektrisches Betriebsmittel diesem Bundesgesetz oder den auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen nicht entspricht, und dadurch eine umittelbare Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Personen oder Sachen droht und wenn der gesetzmäßige Zustand nicht sofort hergestellt wird, bei elektrischen Betriebsmitteln dem darüber Verfügungsberechtigten deren Inverkehrbringen (§ 3 Abs. 8) zu untersagen; die Untersagung ist dabei für jene in demselben Betrieb lagernden elektrischen Betriebsmittel auszusprechen, von denen nach ihrer Art, Marke, Type, Fabrikationsnummer (Seriennummer) oder ihrem Herstellungsjahr anzunehmen ist, daß sie dieselbe vorschriftswidrige Beschaffenheit aufweisen.

Nach § 3 Abs. 8 leg. cit. ist unter "Inverkehrbringen" das Lagern, Feilhalten, Ankündigen, Ausstellen, Werben, Verkaufen und jedes sonstige Überlassen zu verstehen, ebenso die Herstellung oder indirekte Einfuhr eines Produktes zum Eigengebrauch.

Nach § 9 Abs. 4 NSpGV 1995 kann bei Beanstandungen durch die Behörde (§ 13, § 14 Abs. 2 ETG 1992) der Hersteller oder derjenige, der das elektrische Betriebsmittel im Inland in Verkehr gebracht hat, ein Gutachten einer gemeldeten Stelle (§ 10 Abs. 1), aus dem die Einhaltung der Anforderungen gemäß § 2 hervorgeht, binnen eines Monats vorlegen.

Nach Art. 8 der Richtlinie des Rates vom 19. Februar 1973 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen (73/23/EWG) kann bei Beanstandungen der Hersteller oder Importeur einen von einer nach dem Verfahren des Art. 11 mitgeteilten Stelle ausgearbeiteten Gutachterbericht über die Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Art. 2 vorlegen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verlezt wurde (vgl. z.B. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, Slg. N.F. Nr. 10.511/A).

Eine derartige Rechtsverletzungsmöglichkeit durch den angefochtenen Bescheid vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erblicken.

Der normative Gehalt des Spruches des angefochtenen Bescheides ist einerseits im Hinblick auf die Bezugnahme auf "die in demselben Betrieb" lagernden elektrischen Betriebsmittel und andererseits im Lichte der seine rechtliche Grundlage bildenden Bestimmung des § 9 Abs. 4 Z. 2 ETG 1992 nicht als ein an einen unbestimmten Adressatenkreis gerichtetes Verbot des Inverkehrbringens des in Rede stehenden elektrischen Betriebsmittels, sondern als eine an den Bescheidadressaten, also an die X-Gesellschaft m.b.H. gerichtete Anordnung des Inhalts zu verstehen, das Inverkehrbringen des von der Behörde individuell beanstandeten Betriebsmittels sowie aller gleichartigen in ihrem Betrieb lagernden elektrischen Betriebsmittel zu unterlassen.

Der so verstandene normative Gehalt des angefochtenen Bescheides gestaltet wohl die Rechtssphäre der Bescheidadressatin, ist aber nicht geeignet, in die von der Beschwerdeführerin als Beschwerdepunkt geltend gemachten subjektiven öffentlichen Rechte einzugreifen. Denn dadurch, daß durch den angefochtenen Bescheid einem einzelnen Händler ein ein Produkt der Beschwerdeführerin betreffendes Verbot auferlegt wird, wird - abgesehen von Fragen des Art. 36 EG-V - weder das Recht der Beschwerdeführerin auf freien Absatz ihrer Produkte in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union noch das Recht, in Übereinstimmung mit den Vorschriften des ETG bzw. NSpGV hergestellte Geräte nach Österreich einzuführen und dort zu vertreiben berührt. Denn daß etwa der Beschwerdeführerin kein anderer Weg zum Vertrieb ihres in Rede stehenden Produktes in Österreich als durch die X-Gesellschaft m.b.H. zur Verfügung stünde, ergibt sich weder aus dem angefochtenen Bescheid, noch wird derartiges in der Beschwerde behauptet.

Das von der Beschwerdeführerin zwar nicht ausdrücklich, aber in ihrem Beschwerdevorbringen implizit als Beschwerdepunkt geltend gemachte Recht, daß das Inverkehrbringen der in Rede stehenden elektrischen Betriebsmittel auch nicht einzelnen Händlern untersagt werde, läßt sich aus der von ihr zitierten Bestimmung des § 9 Abs. 4 NSpGV 1995, die Art. 8 der Richtlinie des Rates 73/23/EWG entspricht, schon deshalb nicht ableiten, weil mit ihr dem Hersteller oder Importeur nur das Recht eingeräumt wird, aus Anlaß einer nicht näher spezifizierten "Beanstandung" innerhalb einer bestimmten Frist ein Gutachten vorzulegen. Ein subjektives Recht auf Unterlassung der an einen Dritten gerichteten Untersagung des Inverkehrbringens elektrischer Betriebsmittel kann daraus nicht abgeleitet werden.

Mangelt es aber solcherart an der Möglichkeit der Verletzung der von der Beschwerdeführerin als Beschwerdepunkt geltend gemachten subjektiven Rechte durch den angefochtenen Bescheid, mangelt es ihr entsprechend der oben dargestellten Rechtslage auch an der Beschwerdelegitimation. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Schlagworte

Gewerberecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997040131.X00

Im RIS seit

07.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

18.07.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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