TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/16 LVwG-2019/34/1820-40

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Veröffentlicht am 16.11.2020
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Entscheidungsdatum

16.11.2020

Index

83 Naturschutz Umweltschutz

Norm

ALSAG 1989 §2 Abs4
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litc
ALSAG 1989 §3 Abs1a
ALSAG 1989 §6 Abs1
ALSAG 1989 §10 Abs1 Z1
ALSAG 1989 §10 Abs1 Z2
ALSAG 1989 §10 Abs1 Z3
ALSAG 1989 §10 Abs1 Z4
AWG 2002 §2 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin MMag.a Dr.in Besler über die Beschwerde des Bundes, vertreten durch das Zollamt Z in Z, Adresse 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 18.6.2019, ***, (sonstige Partei: AA, geboren am 15.8.1966, wohnhaft in X in Tirol, Adresse 2, vertreten durch BB, Adresse 3, Z), betreffend Feststellungen gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG), nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.5.2020

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:

„Gemäß § 10 Abs 1 Z 1 bis 4 Altlastensanierungsgesetz, BGBl Nr 299/1989, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 97/2013 wird festgestellt:

a)   Bei dem auf diversen Baustellen angefallenen und im Auftrag des AA, geboren am 15.8.1966, wohnhaft in X in Tirol, Adresse 2, zur Vornahme von Geländeanpassungen im Zeitraum vom Mai 2014 bis zum 9.12.2014 auf Gst-Nr **1 in EZ **2 GB **3 X (vgl Aufschüttungsfläche 1 in Abbildung 1) verbrachten Aushubmaterial im Ausmaß von 4.550 m³ und im März 2014 auf die Gst-Nr **4 und **1, beide in EZ **2 GB **3 X (vgl Aufschüttungsfläche 2 in Abbildung 1), verbrachten Aushubmaterial im Ausmaß von 539 m³ handelt es sich um Abfall im Sinne des § 2 Abs 4 Altlastensanierungsgesetz, BGBl Nr 299/1989, in der Fassung des Bundesgesetzes 40/2008, in Verbindung mit § 2 Abs 1 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG 2002), BGBl I Nr 102/2002, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 103/2013.

b)   Dieser Abfall unterliegt gemäß § 3 Abs 1 Z 1 lit c Altlastensanierungsgesetz, BGBl Nr 299/1989, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 103/2013 dem Altlastenbeitrag.

c)   Es liegt eine betragspflichtige Tätigkeit gemäß § 3 Abs 1 Z 1 lit c Altlastensanierungsgesetz, BGBl Nr 299/1989, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 103/2013, vor.

d)   Es liegt die Abfallkategorie des § 6 Abs 1 Z 1 lit a Altlastensanierungsgesetz, BGBl Nr 299/1989, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 111/2010, vor.“

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.6.2019 stellte die belangte Behörde gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG), BGBl Nr 299/1989, in der Fassung BGBl I Nr 97/2013 fest, dass

a)   es sich bei dem im Jahr 2014 auf den Gst-Nr **4 und **1, beide GB **3 X, abgelagerten Bodenaushubmaterial im Ausmaß von 539 m³ auf einer Fläche von 467 m² und 4.550 m³ auf einer Fläche von 1.951 m² um Abfall im Sinne des § 2 Abs 17 ALSAG, BGBl Nr 299/1989, in der Fassung BGBl I Nr 103/2013 handelt;

b)   das auf den Gst-Nr **4 und **1, beide GB **3 X, abgelagerte Bodenaushubmaterial im Ausmaß von 539 m³ auf einer Fläche von 467 m² und 4.550 m³ auf einer Fläche von 1.951 m² nicht dem Altlastenbeitrag unterliegt;

c)   das abgelagerte Bodenaushubmaterial auf den Gst-Nr **4 und **1, beide GB **3 X, im Ausmaß von 539 m³ auf einer Fläche von 467 m² und 4.550 m³ auf einer Fläche von 1.951 m² gemäß § 3 Abs 1a Z 4 ALSAG von der Beitragspflicht ausgenommen ist;

d)   das abgelagerte Bodenaushubmaterial grundsätzlich der Abfallkategorie des § 6 Abs 1 Z 1 lit a ALSAG zuzuordnen ist, jedoch gemäß § 3 Abs 1a Z 4 ALSAG von der Beitragspflicht ausgenommen ist.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Bundes, vertreten durch das Zollamt Z, mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass eine betragspflichtige Tätigkeit gemäß § 3 Abs 1 Z 1 lit c vorliegt und der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs 1a Z 4 ALSAG nicht erfüllt ist.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme

a)   in den Akt der belangten Behörde, insbesondere das bautechnische Gutachten des Bmstr. CC vom Juni 2014 (insbesondere die Seiten 18 und 19), die E-Mail der belangten Behörde an den Vertreter des Bundes, vertreten durch das Zollamt Z, vom 29.7.2017, die E-Mail der sonstigen Partei vom 8.8.2015 zum Zweck der Aufschüttung, das Gutachten des DD, datiert mit 3.2.2016, enthalten in der Sachverhaltsdarstellung des durch das Zollamt vertretenen Bundes vom 21.7.2017, die E-Mail der belangten Behörde an den Vertreter des Bundes, vertreten durch das Zollamt Z, vom 29.7.2017, wonach für die in Rede stehenden Aufschüttungen keine Bewilligungen vorliegen, den Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 30.8.2017 auf Feststellung gemäß § 10 Abs 1 Z 1 bis 4 Altlastensanierungsgesetz, die E-Mails der sonstigen Partei vom 9.10.2017 und vom 11.10.2017, die E-Mail der belangten Behörde vom 13.10.2017 und das Schreiben der belangten Behörde vom 22.11.2018 an die sonstige Partei mit der Aufforderung, Angaben über das geschüttete Material zu machen und gegebenenfalls den Untersuchungsbericht zu übermitteln, das bautechnisches Gutachten des Bmstr. CC, datiert mit 29.6.2014, das Gutachten des EE vom 27.6.2017, den Aktenvermerk der belangten Behörde vom 7.12.2018 über ein Telefonat mit der sonstigen Partei über Zeitpunkt der Schüttungen, betroffene Fläche und Mengen, die Mitteilung von FF vom 16.1.2019, wonach die Materialien von kleineren Baustellen stammten, den Aktenvermerk der belangten Behörde vom 14.2.2019 über ein Telefonat mit der GG, den Aktenvermerk der belangten Behörde vom 25.3.2019 über ein Telefonat mit der sonstigen Partei, wonach die in Rede stehenden Aufschüttungen im Jahr 2014 durchgeführt worden seien, die Mitteilungen der sonstigen Partei vom 16.4.2019 und vom 17.4.2019 über Zeitpunkt und Menge der Aufschüttung, das geotechnische Gutachten vom 5.6.2019, den angefochtener Bescheid, die Beschwerde,

b)   in den Akt der belangten Behörde zur Zahl ***, insbesondere die Aktenvermerke der belangten Behörde vom 19.4.2011 und vom 20.4.2011, wonach kein Auwald vorliege, den (rechtskräftigen) Bescheid der belangten Behörde vom 30.7.2013, mit dem eine forstrechtliche Bewilligung betreffend das Gst-Nr **4 GB **3 X erteilt wurde, die E-Mail der sonstigen Partei vom 20.5.2014, wonach zur Herstellung von Rangierflächen Aufschüttungen erfolgen sollen (Fläche: circa 4.500 m², Volumen: circa 7.000 m³), die E-Mail der belangten Behörde vom 20.5.2014, wonach dafür keine Bewilligung erforderlich sei; den Überprüfungsbericht des Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Forstwirtschaft vom 4.4.2016, wonach es zu einer Änderung der Ausführungsart bei den Bermen auf dem Gst-Nr **4 gekommen sei und eine Abweichung von der ursprünglichen Projektseinreichung vorliege, die Stellungnahme des Vertreters des Forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung vom 11.4.2016 und

c)   in den Akt des LVwG, insbesondere die Schriftsätze der sonstigen Partei vom 30.9.2019 (OZ 2) und vom 18.10.2019 samt Gutachten des JJ(beide OZ 3), die Aufforderungen des LVwG an die sonstige Partei vom 17.1.2020 und vom 7.4.2020, binnen 2 Wochen Analyseergebnisse bzw die entsprechenden Beurteilungsnachweise betreffend die Qualität des verwendeten Aushubmaterials vorzulegen (OZ 3, 13), die Mitteilung des Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Naturkunde vom 20.1.2020 (OZ 6), das Schreiben der belangten Behörde vom 23.1.2020, mit dem der Akt der belangten Behörde zur Zahl *** vorgelegt wurde und der Akt der belangten Behörde zur Zahl ***, die Mitteilung der sonstigen Partei vom 31.1.2020 samt Aufstellung zu Bodenaushubmaterialien (OZ 9), die gutachterliche Stellungnahme des Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Abfallwirtschaft vom 8.4.2020 (OZ 15), die E-Mail der GG vom 28.4.2020 samt grundlegender Charakterisierung (OZ 19), die Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 28.4.2020 (OZ 20), das Gutachten des Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Agrarwirtschaft vom 23.4.2020 (OZ 21), das ergänzende Gutachten des Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Abfallwirtschaft vom 5.5.2020 (OZ 26), die von der belangten Behörde übermittelten Projektsunterlagen (OZ 28), das von der sonstigen Partei vorgelegte Gutachten des JJ vom 15.5.2020 (OZ 32), das ergänzende Gutachten des Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Agrarwirtschaft vom 12.5.2020 (OZ 33), die nach der Verhandlung eingelangten Stellungnahmen des Bundes, vertreten durch das Zollamt Z (OZ 36, 39), der sonstigen Partei (OZ 37, 40), der belangten Behörde (OZ 38) sowie

d)   Einvernahme der beschwerdeführenden Partei, der sonstigen Partei und der belangten Behörde als Parteien, der Amtssachverständigen aus den Fachbereichen Abfallwirtschaft und Agrarwirtschaft und eines Vertreters der GG als Zeuge im Rahmen der Verhandlung am 27.5.2020 (vgl Verhandlungsschrift in OZ 34).

Die Parteien stimmten einer schriftlichen Entscheidung durch das LVwG zu (vgl OZ 38, 39, 40).

Von der Einholung eines Gutachtens aus dem Fachbereich Wasserwirtschaft (vgl Beweisantrag in OZ 34 S 11) wurde Abstand genommen, weil einem solchen aufgrund der untenstehenden rechtlichen Beurteilung keine Relevanz zukommt.

II.      Sachverhalt:

Die sonstige Partei ist Eigentümer des KK in der Gemeinde X in Tirol, vorgetragen

in EZ **2 GB **3 X, und der Liegenschaft in EZ 92 GB W(unstrittig vgl ASV Agrarwirtschaft OZ 21 S 2).

Der Betrieb der sonstigen Partei wird als gemischter Betrieb mit Tierhaltung und Produktion von Heidelbeeren genutzt. Die Heidelbeerproduktion scheint im Land- und Forstwirtschaftlichen Register nicht auf, findet faktisch jedoch statt. Das Gst-Nr **5 in EZ 92 GB W wird als Mähfläche genutzt. Die im Gutsbestand der Liegenschaft in EZ **2GB **3 X aufscheinenden Grundstücke werden als Pferdekoppeln, Mähflächen und zur Produktion von Heidelbeeren genutzt. Die Heidelbeerproduktion erfolgt auf einem Teil des Gst-Nr **6 (der restliche Teil ist Wald) und auf einem Teil des Gst-Nr **4, das im Kataster als Wald ausgewiesen ist. Die Heidelbeeren werden in Töpfen kultiviert. Im südlichen Bereich des Gst-Nr **4 und im mittleren bis westlichen Bereich des Gst-Nr **1 befinden sich die in Rede stehenden Aufschüttungen. In weiterer Folge wird die Aufschüttung auf Gst-Nr **1 als Aufschüttungsfläche 1 und die grundstücksübergreifende Aufschüttung auf den Gst-Nr **4 und **1 als Aufschüttungsfläche 2 bezeichnet (vgl Abbildung 1) (unstrittig vgl ASV Agrarwirtschaft OZ 21 S 5).

Auf der Aufschüttungsfläche 1 (vgl Abbildung 2) werden Hackschnitzel und Sägemehl gelagert. Zudem befinden sich im nördlichen Bereich dieser Fläche ein Tierunterstand (für Schafe) mit Heuraufe, eine Viehtränke und ein Anhänger für Kleintiere. Die Heidelbeeren werden hier in Behältnisse gefüllt. Auf der Aufschüttungsfläche 2 (vgl Abbildung 3) werden Hackschnitzel vermischt mit mulchigem Material gelagert (vgl ASV Agrarwirtschaft und sonstige Partei OZ 34 S 8).

Die Aufschüttungsfläche 1 wurde im Zeitraum vom Mai 2014 bis zum 9.12.2014 auf einer Fläche von 1.951 m² hergestellt. Es wurde dort Aushubmaterial im Ausmaß von 4.550 m³ aufgebracht (unstrittig vgl OZ 34 S 4, 36, 37).

Die Aufschüttungsfläche 2 wurde im März 2014 auf einer Fläche von 467 m² hergestellt. Es wurde dort Aushubmaterial im Ausmaß von 539 m³ aufgebracht (unstrittig vgl OZ 34 S 4, 36, 37).

Die beiden Aufschüttungsflächen sind örtlich nicht miteinander verbunden. Die beiden Aufschüttungen sind sowohl örtlich als auch sachlich getrennt voneinander zu betrachten (unstrittig vgl OZ 34 S 4).

Für die Aufschüttungen wurde Aushubmaterial verwendet. Es stammt zur Gänze von diversen Baustellen und diversen Bauherren. Es fiel nicht auf Grundstücken an, die im grundbücherlichen Eigentum der sonstigen Partei stehen (unstrittig vgl OZ 34 S 3).

Konkret stammt das zur Herstellung der Aufschüttung auf der Aufschüttungsfläche 1 verwendete Material von FF (3.945 m³) und diversen anderen Baustellen und Bauherren (605 m³). Die Menge, die auf die Aufschüttungsfläche 1 aufgebracht wurde, übersteigt die Kleinmenge von 2.000 t (dies entspricht in etwa 1.300 m³ Bodenaushubmaterial) (unstrittig vgl OZ 34 S 4). Bezüglich des auf der Aufschüttungsfläche 1 aufgeschütteten Aushubmaterials liegt keine grundlegende Charakterisierung (das ist eine vollständige Charakterisierung der Abfälle durch Ermittlung aller für die Zulässigkeit der Ablagerung erforderlichen Informationen) vor, obwohl eine solche gemäß dem im Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2011 (Kapitel 7.15.) enthaltenen Stand der Technik für die Verwertung von Bodenaushubmaterial erforderlich gewesen wäre (vgl ASV Abfallwirtschaft OZ 34 S 6, 7).

Das zur Herstellung der Aufschüttung auf der Aufschüttungsfläche 2 verwendete Material stammt von der GG (539 m³). Die Menge, die auf die Aufschüttungsfläche 2 aufgebracht wurde, übersteigt die Kleinmenge von 2.000 t (dies entspricht in etwa 1.300 m³ Bodenaushubmaterial) nicht (unstrittig vgl OZ 34 S 4). Bezüglich des auf der Aufschüttungsfläche 2 aufgeschütteten Aushubmaterials liegt eine grundlegende Charakterisierung (das ist eine vollständige Charakterisierung der Abfälle durch Ermittlung aller für die Zulässigkeit der Ablagerung erforderlichen Informationen) vor (vgl OZ 19). Demnach entspricht das auf der Aufschüttungsfläche 2 verwendete Material gemäß den Bestimmungen des Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2011, Kapitel 7.15, der Schlüsselnummer ***(Klasse A2G) und kann einer Wiederverwendung zur Untergrundverfüllung (auch im und unmittelbar über dem Grundwasser) zugeführt werden (vgl OZ 19 und 26). Die Qualitätsklasse A2G entspricht nicht den Vorgaben des Bundes-Abfallwirtschaftsplanes 2011 für die Herstellung einer Rekultivierungsschicht mit landwirtschaftlicher Nachnutzung (vgl ASV Abfallwirtschaft OZ 15). Für die oberste Schicht einer Rekultivierungsmaßnahme ist grundsätzlich Bodenaushubmaterial mit der Qualitätsklasse A1 erforderlich (vgl ASV Abfallwirtschaft OZ 26).

Der Stand der Technik bezüglich der Zulässigkeit der Verwertung des Aushubmaterials ergibt sich aus dem Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2011 (Kapitel 7.15.) (vgl ASV Abfallwirtschaft OZ 15, 34 S 6).

Mangels Vorliegen der Voraussetzungen für die Verwertung von Kleinmengen, gelangen für das auf der Aufschüttungsfläche 1 aufgebrachte Material folgende Regelungen zur Anwendung (vgl ASV Abfallwirtschaft OZ 15, 34 S 6): Für eine Aufschüttung mit landwirtschaftlicher Nachnutzung ist für die oberste Schicht (Mächtigkeit darf maximal 2 Meter betragen) Bodenaushubmaterial mit der Qualitätsklasse A1 (entspricht gemäß Abfallverzeichnis der Schlüsselnummer ***) erforderlich. Darunter hat das Bodenaushubmaterial der Qualitätsklasse A2 (entspricht gemäß Abfallverzeichnis der Schlüsselnummer ***) oder A2G (entspricht gemäß Abfallverzeichnis der Schlüsselnummer ***) zu entsprechen. Ohne chemische Analysen kann keine Beurteilung von Bodenaushubmaterial in eine der drei Qualitätsklassen bzw Schlüsselnummern erfolgen. Bezüglich der Einstufung von Bodenaushubmaterial in die Qualitätsklasse A1 wird auf die besonderen Anforderungen im Bundesabfallwirtschaftsplan 2011 verwiesen: „Nicht verunreinigtes Bodenaushubmaterial, das der Qualitätsklasse A1 zugeordnet wurde, kann als Rekultivierungsschicht (durchwurzelbare Schicht mit maximal 2 m Tiefe) für eine landwirtschaftliche Nutzung verwendet werden. Die Grenzwerte dieser Qualitätsklasse sind in erster Linie auf das Schutzgut Pflanze abgestimmt, daher ist auch eine Überprüfung der Schadstoffgesamtgehalte im Feinanteil < 2 mm notwendig. Für Rekultivierungsschichten (durchwurzelbare Schichten bis maximal 2 m Tiefe) ist der schichtenweise Aufbau, der sich am Aufbau eines natürlichen Bodens orientiert, unter besonderer Berücksichtigung des abgestuften Gehalts an organischer Substanz und an Nährstoffen sicherzustellen. Der Aufbau einer Rekultivierungsschicht muss daher nach konkreten Plänen erfolgen. Ein getrennt erfasster humoser Oberboden ist hierbei als Oberbodenmaterial in einer Rekultivierungsschicht zu verwenden. Die „Richtlinien für die sachgerechte Bodenrekultivierung land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen“ des Fachbeirates für Bodenfruchtbarkeit und Bodenschutz, Arbeitsgruppe Bodenrekultivierung, sind für eine landwirtschaftliche, nicht landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Rekultivierung anzuwenden.“

Für die Aufschüttungen gibt es keine Bewilligung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (unstrittig vgl OZ 34 S 2).

Das Gst-Nr **1 GB **3 X war vor der Aufschüttung nicht Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975 (unstrittig vgl OZ 34 S 2).

Das Gst-Nr **4 GB **3 X war vor der Aufschüttung Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975. Auwald lag jedoch nicht vor (vgl Aktenvermerk der belangten Behörde vom 20.4.2011). Der sonstigen Partei wurde eine Bewilligung nach dem Forstgesetz 1975 erteilt. Die Bewilligung wurde an den Zweck der Anlage einer Heidelbeerkultur gebunden (vgl Bescheid der belangten Behörde vom 30.7.2013). Gemäß dem Überprüfungsbericht des forstfachlichen Amtssachverständigen vom 4.4.2016 wurde das bewilligte Projekt in abgeänderter Form ausgeführt (vgl auch die Ausführungen des Vertreters des Forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung vom 11.4.2016) (unstrittig vgl OZ 34 S 3).

Aufgrund der von den Schüttungen betroffenen Flächen und der Menge des geschütteten Aushubmaterials sowie der Tatsache, dass auf den Flächen kein Auwald vorlag, waren die Aufschüttungen naturschutzrechtlich nicht bewilligungspflichtig (unstrittig vgl OZ 34 S 3).

Die beiden Aufschüttungen erfüllen den oben näher beschriebenen Zweck (vgl die Abbildungen 2 und 3) seit deren Herstellung im Jahr 2014. Auf den Aufschüttungsflächen 1 und 2 wurden nie Heidelbeerkulturen angelegt (unstrittig vgl OZ 34 S 5).

Im Rodungsbescheid vom 30.7.2013 wurde die Gültigkeit der Bewilligung an die ausschließliche Verwendung der Fläche zum beantragten Zweck, nämlich der Anlage einer Heidelbeerkultur, gebunden. Dieser Rodungszweck wurde bis zum 30.6.2014 nicht erfüllt (unstrittig vgl OZ 34 S 5).

Die beschwerdeführende Partei beantragte am 30.8.2017 bezüglich der auf die Aufschüttungsflächen 1 und 2 aufgebrachten Materialien eine Feststellung gemäß § 10 Abs 1 Z 1 bis 4 Altlastensanierungsgesetz.

Die belangte Behörde (vgl E-Mail belangte Behörde 13.10.2017, Schreiben belangte Behörde 22.11.2018) und das LVwG (vgl OZ 3, 13) forderten die sonstige Partei auf, Analyseergebnisse bzw die entsprechenden Beurteilungsnachweise betreffend die Qualität des verwendeten Bodenaushubs vorzulegen. Vorgelegt wurde nur die Mitteilung von FF vom 16.1.2019 und die grundlegende Charakterisierung betreffend das auf Aufschüttungsfläche 2 aufgebrachte Aushubmaterial (vgl OZ 19). Die Mitteilung des FF vom 16.1.2019 genügt den Anforderungen an eine grundlegende Charakterisierung bzw Qualitätsangabe nicht (vgl ASV Abfallwirtschaft OZ 26, 34 S 7).

III.     Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen stützen sich im Wesentlichen auf die in der Verhandlung am 27.5.2020 erfolgte Erörterung der Angelegenheit und sind unstrittig (vgl OZ 34 S 2 bis 5).

Die Feststellung zur Herkunft des auf der Aufschüttungsfläche 1 aufgebrachten Aushubmaterials stützt sind zum einen auf die Erörterung der Angelegenheit im Rahmen der Verhandlung am 27.5.2020. Die sonstige Partei hat bestätigt, dass das gesamte Aushubmaterial von diversen Baustellen und von diversen Bauherren stammt und auf Aufschüttungsfläche 1 3.945 m³ von FF eingebaut wurden (vgl OZ 34 S 3). Die Vermutung der sonstigen Partei in der Verhandlung, dass die restlichen 605 m³ auf der Aufschüttungsfläche 1 von der GG stammten (vgl OZ 34 S 3), ist durch die nach der Verhandlung von der sonstigen Partei vorgelegte Bestätigung der GG (vgl OZ 37) widerlegt. Demnach hat die GG ihr Material zur Gänze auf der Aufschüttungsfläche 2 (zum überwiegenden Teil auf Gst-Nr **4) aufgebracht.

Die sonstige Partei legte nur die grundlegende Charakterisierung bezüglich des von der GG stammenden Aushubmaterials vor. FF hat ausgeführt, das Bodenaushubmaterial stamme von kleinen Baustellen, sodass er keinen Beurteilungsnachweis habe. Das Material sei nicht verunreinigt gewesen, normaler Geruch, keine Fremdstoffe (vgl Mitteilung FF16.1.2019). Eine solche Bestätigung genügt den Anforderungen an eine grundlegende Charakterisierung nach den Ausführungen des Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Abfallwirtschaft nicht (vgl ASV Abfallwirtschaft OZ 26, 34 S 7). Eine Einsichtnahme in den Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2011 (Kapitel 7.15.) ergibt zweifelsfrei, dass eine solche Bestätigung den Anforderungen an eine grundlegende Charakterisierung nicht entspricht.

IV.      Rechtslage:

1. § 2 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG), BGBl Nr 299/1989, in der Fassung BGBl I Nr 40/2008 lautete (auszugsweise):

„§ 2. (1) […]

[…]

(4) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Abfälle gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002), BGBl. I Nr. 102.

[…]

(16) Erdaushub im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Material mit bodenfremden Bestandteilen, das durch Ausheben oder Abräumen anfällt, sofern der überwiegende Massenanteil Boden oder Erde ist.

(17) Bodenaushubmaterial im Sinne dieses Bundesgesetzes ist Material, das durch Ausheben oder Abräumen von im Wesentlichen natürlich gewachsenem Boden oder Untergrund – auch nach Umlagerung – anfällt. Der Anteil an bodenfremden Bestandteilen, zB mineralischen Baurestmassen, darf nicht mehr als fünf Volumsprozent betragen und es dürfen auch keine mehr als geringfügigen Verunreinigungen, insbesondere mit organischen Abfällen (Kunststoffe, Holz, Papier usw.), vorliegen; diese bodenfremden Bestandteile müssen bereits vor der Aushub- oder Abräumtätigkeit im Boden oder Untergrund vorhanden sein. Das Bodenaushubmaterial kann von einem oder mehreren Standorten stammen, wenn das Vermischungsverbot eingehalten wird.“

2. § 3 ALSAG, BGBl Nr 299/1989, in der Fassung BGBl I Nr 103/2013 lautete (auszugsweise):

„Gegenstand des Beitrags

§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen

1.   das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erde; als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch

a)   […]

[…]

c)   das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen

[…]

(1a) Von der Beitragspflicht ausgenommen sind

1.   […]

[…]

4.   Bodenaushubmaterial, sofern dieses zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs. 1 Z 1 lit. c verwendet wird,

5.   Erdaushub, der im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs. 1 Z 1 lit. c verwendet wird; weiters Erdaushub, sofern dieser die Grenzwerte für die Annahme von Abfällen auf einer Inertabfalldeponie gemäß Deponieverordnung 2008 (Anhang 1, Tabelle 3 und 4), BGBl. II Nr. 39/2008, oder die Grenzwerte für die Annahme von Abfällen auf einer Baurestmassendeponie gemäß Deponieverordnung 2008 (Anhang 1, Tabelle 5 und 6), BGBl. II Nr. 39/2008, einhält und auf einer dafür genehmigten Deponie abgelagert wird,

[…]

Wer eine Ausnahme von der Beitragspflicht gemäß diesem Absatz in Anspruch nimmt, hat auf Verlangen dem Zollamt oder im Rahmen eines Feststellungsverfahrens der Behörde (§ 21) nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Ausnahme vorliegen.

[…]“

3. § 6 ALSAG, BGBl. Nr 299/1989, in der Fassung BGBl I Nr 111/2010 lautete (auszugsweise):

„Höhe des Beitrags

§ 6. (1) Sofern die folgenden Absätze nicht anderes bestimmen, beträgt der Altlastenbeitrag für beitragspflichtige Tätigkeiten gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 4 je angefangene Tonne für

1.   a) Erdaushub oder

[…]

ab 1. Jänner 2012…………………………………………………9,20 Euro,

[…]“

4. § 10 ALSAG, BGBl Nr 299/1989, in der Fassung BGBl I Nr 97/2013, lautet (auszugsweise):

„Feststellungsbescheid

§ 10. (1) Die Behörde (§ 21) hat in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid festzustellen,

1.   ob eine Sache Abfall ist,

2.   ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt,

3.   ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt,

4.   welche Abfallkategorie gemäß § 6 Abs. 1 vorliegt,

5.   ob die Voraussetzungen vorliegen, die Zuschläge gemäß § 6 Abs. 2 oder 3 nicht anzuwenden,

6.   welche Deponie(unter)klasse gemäß § 6 Abs. 4 vorliegt.

7.   

[…]

(3) Verfahrensparteien gemäß § 8 AVG sind der Beitragsschuldner und der durch das Zollamt vertretene Bund als Abgabengläubiger.“

5. § 21 ALSAG, BGBl Nr 299/1989, lautet:

„Behörde

§ 21. Sofern nicht anderes bestimmt ist, ist Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes die Bezirksverwaltungsbehörde.“

6. Die §§ 2 und 15 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl I Nr 102/2002, in der Fassung BGBl I Nr 103/2013, lauteten (auszugsweise):

„Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,

1.   deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2.   deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange

1.   eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2.   sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.

[…]

[…]

Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer

§ 15. (1)

[…]

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.   hiefür genehmigten Anlagen oder

2.   für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

[…]

(4a) Eine Verwertung ist nur zulässig, wenn der betreffende Abfall unbedenklich für den beabsichtigten sinnvollen Zweck einsetzbar ist und keine Schutzgüter (im Sinne von § 1 Abs. 3) durch diesen Einsatz beeinträchtigt werden können, sowie durch diese Maßnahme nicht gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird.

[…]“

7. § 18 Forstgesetz 1975 (ForstG 1975), BGBl Nr 440/1975, in der Fassung BGBl I Nr 55/2007, lautet (auszugsweise):

„Rodungsbewilligung; Vorschreibungen

§ 18. (1) Die Rodungsbewilligung ist erforderlichenfalls an Bedingungen, Fristen oder Auflagen zu binden, durch welche gewährleistet ist, dass die Walderhaltung über das bewilligte Ausmaß hinaus nicht beeinträchtigt wird. Insbesondere sind danach

1.   ein Zeitpunkt festzusetzen, zu dem die Rodungsbewilligung erlischt, wenn der Rodungszweck nicht erfüllt wurde,

2.   die Gültigkeit der Bewilligung an die ausschließliche Verwendung der Fläche zum beantragten Zweck zu binden oder

3.   […]

[…]“

V.       Erwägungen:

Bei der Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen nach § 10 Abs 1 ALSAG ist jene Rechtslage anzuwenden, die zu dem Zeitpunkt galt, zu dem der die Beitragspflicht auslösende Sachverhalt verwirklicht wurde (vgl etwa VwGH 20.2.2014, 2013/07/0117, mwN).

Verfahrensgegenständlich sind die im Zeitraum vom März 2014 bis zum 9.12.2014 mit Aushubmaterialien gesetzten Maßnahmen. Die maßgeblichen Bestimmungen des ALSAG in der in diesem Zeitraum geltenden Fassung ergeben sich aus der in Kapitel IV. des Erkenntnisses dargestellten Rechtslage.

Das zur Herstellung der Aufschüttungen auf den Aufschüttungsflächen 1 und 2 verwendete Aushubmaterial stammt von diversen Bauvorhaben und Bauherren. Das Aushubmaterial fiel nicht auf Grundstücken an, die im grundbücherlichen Eigentum der sonstigen Partei stehen.

Ausgangspunkt für die Bejahung der Frage, ob die vorgenommene Tätigkeit dem Altlastenbeitrag unterliegt, ist das Vorliegen von Abfall.

Abfall liegt vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (vgl etwa VwGH 18.12.2014, 2012/07/0212, mwN).

Eine Sache ist als Abfall zu beurteilen, wenn bei irgendeinem Voreigentümer oder Vorinhaber die Entledigungsabsicht bestanden hat (vgl etwa VwGH 28.5.2014, 2012/07/0017, mwN).

Nach der Lebenserfahrung geht es einem Bauherrn oder Bauführer, wenn bei der Realisierung von Bauvorhaben das angefallene Aushubmaterial von der Baustelle weggeführt wird, im Regelfall hauptsächlich darum, das Bauvorhaben, ohne durch das Material behindert zu werden, zu vollenden, und ist somit üblicherweise mit dessen Fortschaffung von der Baustelle eine Entledigungsabsicht verbunden (vgl VwGH 25.2.2009, 2008/07/0182).

Folglich ist hinsichtlich des gesamten auf den Aufschüttungsflächen 1 und 2 aufgebrachten Aushubmaterials vom Vorliegen des subjektiven Abfallbegriffs auszugehen.

Nach § 3 Abs 1 Z 1 lit c ALSAG unterliegt das Vornehmen von Geländeanpassungen dem Altlastenbeitrag.

Bodenaushubmaterial, sofern dieses zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß § 3 Abs 1 Z 1 lit c ALSAG verwendet wird, und Erdaushub, der im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß § 3 Abs 1 Z 1 lit c ALSAG verwendet wird, sind von der Beitragspflicht ausgenommen (vgl § 3 Abs 1a Z 4 und 5 ALSAG).

Für die Frage der zulässigen Verwendung von Bodenaushubmaterial im Sinne des § 3 Abs 1a Z 4 ALSAG kommt der Definition von Bodenaushubmaterial in § 2 Abs 17 ALSAG entscheidende Bedeutung zu.

Der zitierte § 2 Abs 17 ALSAG enthält eine Definition des Bodenaushubmaterials, die (auch) besagt, welche Beschaffenheit Bodenaushubmaterial aufweisen muss. Eine zulässige Verwendung im Sinne des § 3 Abs 1a Z 4 ALSAG setzt bei dessen Bezugnahme auf Bodenaushubmaterial voraus, dass das verwendete Material der Definition des § 2 Abs 17 ALSAG genügt (vgl VwGH 23.4.2015, 2012/07/0047).

Wer eine Ausnahme von der Beitragspflicht gemäß diesem Absatz in Anspruch nimmt, hat nach § 3 Abs 1a letzter Satz ALSAG im Rahmen eines Feststellungsverfahrens der Behörde nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Ausnahme vorliegen (vgl dazu etwa VwGH 25.6.2009, 2006/07/0105).

Zum Nachweis der Ausnahme von der Beitragspflicht gehört auch der Nachweis über die Qualität des Materials als Bodenaushubmaterial im Sinne des § 2 Abs 17 ALSAG (vgl VwGH 25.6.2009, 2006/07/0105).

Wie sich aus den getroffenen Feststellungen (insbesondere auch Abbildung 1) ergibt, können die beiden Aufschüttungen sowohl örtlich als auch sachlich getrennt voneinander betrachtet werden:

Auf die Aufschüttungsfläche 1 wurden insgesamt 4.500 m³ Bodenaushubmaterial aufgebracht. 3.945 m³ stammen von Manfred Thaler. Bezüglich des restlichen Aushubmaterials im Ausmaß von 605 m³ ist nur bekannt, dass es von diversen Baustellen und diversen Bauherren stammt. Aus Abbildung 2 erhellt, dass sich heute nicht mehr feststellen lässt, wo sich innerhalb des Schüttkörpers welches Aushubmaterial befindet. Bezüglich des auf der Aufschüttungsfläche 1 aufgeschütteten Materials liegt keine grundlegende Charakterisierung (das ist eine vollständige Charakterisierung der Abfälle durch Ermittlung aller für die Zulässigkeit der Ablagerung erforderlichen Informationen) vor, obwohl eine solche gemäß dem im Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2011 enthaltenen Stand der Technik für die Zulässigkeit der Verwertung erforderlich gewesen wäre.

Die sonstige Partei ist hinsichtlich des auf Aufschüttungsfläche 1 aufgebrachten Aushubmaterials im Ausmaß von insgesamt 4.500 m³ ihrer Nachweispflicht nicht nachgekommen. Der Nachweis über die Qualität des Materials als Bodenaushubmaterial bzw Erdaushubmaterial wurde - trotz entsprechender Aufforderung seitens der belangten Behörde und des LVwG - nicht erbracht. Eine Beurteilung dahingehend, dass die Materialen unbedenklich verwendet werden können ist und keine umweltrelevanten Schutzgüter durch die Maßnahme beeinträchtigt werden, ist - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Herkunft von 605 m³ Aushubmaterial völlig unbekannt ist und von 4.500 m³ keine grundlegende Charakterisierung bzw konkrete Qualitätsangabe vorliegt - nicht möglich (vgl etwa VwGH 12.12.2002, 2001/07/0125). Eine Ausnahme von der Beitragspflicht gemäß § 3 Abs 1a Z 4 und 5 ALSAG kommt nicht in Betracht.

Das Gst-Nr **4 war vor der Aufschüttung Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975. Auf die zumindest zum (überwiegenden) Teil auf Gst-Nr **4 befindlichen Aufschüttungsfläche 2 wurden im März 2014 insgesamt 539 m³ Aushubmaterial aufgebracht. Wie sich aus Abbildung 1 ergibt, bildet die sich auf den Gst-Nr **4 und **1 befindliche Aufschüttungsfläche 2 eine Einheit. Die sonstige Partei legte auf der Aufschüttungsfläche 2 zu keinem Zeitpunkt eine Heidelbeerkultur an. Die Aufschüttungsfläche 2 diente stets dem festgestellten Zweck. Im Rodungsbescheid vom 30.7.2013 wurde die Gültigkeit der gegenüber der sonstigen Partei erteilten Bewilligung an die ausschließliche Verwendung der Fläche zum beantragten Zweck, nämlich der Anlage einer Heidelbeerkultur, gebunden. Dieser Rodungszweck wurde bis zum 30.6.2014 nicht erfüllt. Die Rodungsbewilligung ist daher erloschen (vgl dazu § 18 Abs 1 Z 1 ForstG 1975; VwGH 22.10.2008, 2007/06/0066).

§ 3 Abs 1a Z 4 und 5 ALSAG ordnen ausdrücklich an, dass die darin genannten Materialien nur dann von der Beitragspflicht ausgenommen sind, wenn sie „zulässigerweise" für eine Tätigkeit gemäß § 3 Abs 1 Z 1 lit c ALSAG verwendet werden. Daher müssen für die Erfüllung der Voraussetzungen dieser Bestimmung alle erforderlichen Bewilligungen für die Verwendung oder Behandlung des Abfalls vorliegen (vgl VwGH 10.09.2018, Ra 2018/16/0104)

Die Aufschüttung auf Aufschüttungsfläche 2 diente nie dem Zweck der Anlage einer Heidelbeerkultur. Eine Heidelbeerkultur wurde dort nie angelegt. Die Aufschüttung wurde daher ohne Rodungsbewilligung vorgenommen, obwohl auch für die Aufschüttung zum festgestellten Zweck auf Gst-Nr **4 (einem Waldgrundstück) eine Rodungsbewilligung erforderlich gewesen wäre.

Mangels Vorliegens einer für die Aufschüttung von Aushubmaterial auf Aufschüttungsfläche 2 erforderlichen Rodungsbewilligung kommen die Ausnahmen von der Beitragspflicht gemäß § 3 Abs 1a Z 4 und 5 ALSAG nicht in Betracht.

Im Ergebnis ist hier nicht von zulässigen Verwertungsmaßnahmen im Sinne des § 15 Abs 4a AWG 2002, sondern Beseitigungsmaßnahmen, die ohne Bewilligung nach dem AWG 2002 durchgeführt wurden, auszugehen.

Der Abfall unterliegt gemäß § 3 Abs 1 Z 1 lit c Altlastensanierungsgesetz dem Altlastenbeitrag. Mangels Vorliegens einer Ausnahme von der Beitragspflicht liegt eine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinne dieser Bestimmung vor.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Im vorliegenden Fall war im Wesentlichen der Sachverhalt zu klären. Zudem stützt sich die vorliegende Entscheidung auf die angeführten, klaren gesetzlichen Bestimmungen und orientiert sich an der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Insofern liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG nicht vor und war auszusprechen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

MMag.a Dr.in Besler

(Richterin)

Schlagworte

Abfall;
Altlastenbeitrag;
Beitragspflichtige Tätigkeit;
Abfallkategorie;
Feststellung;
Beschwerde des Bundes;
Vertreten durch das Zollamt Innsbruck;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2019.34.1820.40

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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