TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/23 LVwG-2020/22/2269-2

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Veröffentlicht am 23.11.2020
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Entscheidungsdatum

23.11.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §18
GewO 1994 §19

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde des Herrn AA, geb. xx.xx.xxxx, Adresse 1, ****Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters von Z vom 2.10.2020, Zl. *** wegen Nichtzurkenntnisnahme der Gewerbeanmeldung für das Gewerbe „Metalltechnik für Metall- und Maschinenbau, eingeschränkt auf den Aufsperrdienst“ und Untersagung der Gewerbeausübung

zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Eingabe vom 18.9.2020 meldete der Beschwerdeführer das Gewerbe „Metalltechnik für Metall- und Maschinenbau, eingeschränkt auf den Aufsperrdienst“ an. Unter Bezugnahme auf ein bei der Wirtschaftskammer Tirol eingeholtes negatives Gutachten vom 22.9.2020 wurde dem Beschwerdeführer in der Folge die Ausübung des angemeldeten Gewerbes untersagt. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass es dem Antragsteller mit den vorgelegten Unterlagen nicht gelungen sei, adäquate Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachzuweisen. Dagegen erhob der Antragsteller mit Eingabe vom 7.10.2020 rechtzeitig Beschwerde.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol richtete daraufhin folgendes, mit 29.10.2020 datiertes Schreiben an den Beschwerdeführer:

„Sehr geehrter Herr AA,

Sie haben gegen den Bescheid des Bürgermeisters von Z vom 2.10.2020, Zl. *** Beschwerde erhoben. Über diese Beschwerde hat das Landesverwaltungsgericht Tirol zu entscheiden.

In dieser Beschwerde bringen Sie lediglich vor, dass „laut Gewerbeordnung Punkt 7a (Zeugnisse) und Punkt 8a und b8 (Versicherungsauszug) für eine Bescheinigung erbracht sind“.

Tatsächlich wurde bereits im Gutachten der WKO vom 22.9.2020 ausgeführt, dass bei Ihnen einerseits die fachliche Qualifikation als nicht ausreichend angesehen wird und andererseits eine fachspezifische Tätigkeit in leitender Stellung (siehe dazu § 18 Abs 3 GewO 1994) fehlt.

Sie können weder einen Lehrabschluss noch die Absolvierung einer einschlägigen Höheren Technischen Lehranstalt nachweisen. Sie begannen Ihre Lehre bei der Firma Maschinenbau Felder am 1.11.1987. Bereits am 1.9.1989 endete dieses Lehrverhältnis. Danach waren Sie, stets wechselnd, bei diversen Firmen als Arbeiter beschäftigt (siehe Versicherungsdatenauszug). Vor diesem Hintergrund schließt sich das Landesverwaltungsgericht Tirol den Aussagen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid, wonach bei Ihnen keine adäquate fachliche Qualifikation vorliegt, vollinhaltlich an.

Aus dem vorgelegten Versicherungsdatenauszug lässt sich aber auch zu einer allfälligen fachspezifischen Tätigkeit in leitender Stellung nichts entnehmen. Daher ist auch diese Voraussetzung für die Gewerbeausübung bei Ihnen nicht gegeben.

Es wird Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen einer Frist von zwei Wochen ab Erhalt dieser Zuschrift eine schriftliche Stellungahme abzugeben. Das Landesverwaltungsgericht Tirol beabsichtigt nicht, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, zumal es hier lediglich um die Beantwortung einer Rechtsfrage geht. Sollten Sie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wünschen, wäre diese innerhalb der oben angeführten Frist zu beantragen.

Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am 30.10.2020 zugestellt, blieb jedoch bislang unbeantwortet.

Beweis wurde weiters aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

II.      Rechtsgrundlagen:

Die hier maßgeblichen Vorschriften der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194 idF BGBl I 2018/112 lauten wie folgt:

„Befähigungsnachweis für reglementierte Gewerbe

§ 18.

(1) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat für jedes reglementierte Gewerbe, hinsichtlich der im § 94 Z 14, 32, 33, 41 und 46 genannten Gewerbe und hinsichtlich des im § 94 Z 42 genannten Gewerbes, soweit es sich um die Tätigkeiten des Piercens und Tätowierens handelt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen, durch Verordnung festzulegen, durch welche Belege für sich allein oder in entsprechender Verbindung untereinander die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe, gegebenenfalls für dessen eingeschränkte Ausübung, im Hinblick auf die hiefür erforderliche fachliche Befähigung jedenfalls als erfüllt anzusehen sind. Dabei hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu berücksichtigen, dass bei reglementierten Gewerben, bei denen der Qualifikation auf Grund der Richtlinie 92/51/EWG über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung der Richtlinie 89/48/EWG oder der Richtlinie 89/48/EWG über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome Diplomniveau zukommt, dieses Diplomniveau gewahrt bleibt.

(2) Als Belege im Sinne des Abs. 1 kommen in Betracht

(…)

(3) Unter fachlicher Tätigkeit (Abs. 2 Z 8) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die geeignet ist, die Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln, die zur selbstständigen Ausübung des betreffenden Gewerbes erforderlich sind. Unter Tätigkeit in leitender Stellung (Abs. 2 Z 9) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die überwiegend mit fachspezifischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens verbunden ist. Unter Tätigkeit als Betriebsleiter (Abs. 2 Z 10) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die in einer der folgenden Funktionen ausgeübt wurde

         1.       als Leiter des Unternehmens oder einer Zweigniederlassung oder

         2.       als Stellvertreter des Unternehmers oder des Leiters des Unternehmens, wenn mit dieser Stellung eine Verantwortung verbunden ist, die der des vertretenen Unternehmers oder Leiters entspricht oder

         3.       in leitender Stellung je nach der Eigenart des betreffenden Gewerbes mit kaufmännischen oder mit kaufmännischen und technischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens.

(…)

§ 19.

Kann der nach § 18 Abs. 1 vorgeschriebene Befähigungsnachweis nicht erbracht werden, so hat die Behörde unter Bedachtnahme auf Vorschriften gemäß § 18 Abs. 4 das Vorliegen der individuellen Befähigung festzustellen, wenn durch die beigebrachten Beweismittel die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen werden. Die Behörde hat das Vorliegen der individuellen Befähigung mit der Beschränkung auf Teiltätigkeiten des betreffenden Gewerbes auszusprechen, wenn die Befähigung nur in diesem Umfang vorliegt. § 373d Abs. 5 ist sinngemäß anzuwenden.“

Ebenfalls von Belang ist die Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Zugangsvoraussetzungen für das verbundene Handwerk der Metalltechnik für Metall- und Maschinenbau, der Metalltechnik für Schmiede und Fahrzeugbau und der Metalltechnik für Land- und Baumaschinen, BGBl II 2003/79 idF BGBl II 2008/399:

„§ 1.

Durch die im Folgenden angeführten Belege ist die fachliche Qualifikation zum Antritt des Handwerks der Metalltechnik für Metall- und Maschinenbau (§ 94 Z 59 GewO 1994) als erfüllt anzusehen:

         1. Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Meisterprüfung oder

         2. Zeugnisse über

         a) den erfolgreichen Abschluss einer Studienrichtung oder eines Fachhochschul-Studienganges, deren/dessen schwerpunktmäßige Ausbildung im Bereich Maschinenbau liegt, und

         b) eine mindestens einjährige fachliche Tätigkeit (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) oder

         3. Zeugnisse über

         a) den erfolgreichen Besuch einer berufsbildenden höheren Schule oder deren Sonderformen, deren Ausbildung im Bereich Maschineningenieurwesen oder Maschinenbau oder Wirtschaftsingenieurwesen mit einem für das Handwerk spezifischen Schwerpunkt liegt, und

         b) eine mindestens eineinhalbjährige fachliche Tätigkeit (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) oder

         4. Zeugnisse über

         a) den erfolgreichen Besuch einer Werkmeisterschule für Berufstätige oder einer Fachakademie, deren Ausbildung im Bereich Maschinenbau mit einem für das Handwerk spezifischen Schwerpunkt liegt, und

         b) die erfolgreich abgelegte Unternehmerprüfung, sofern diese nicht auf Grund einer Verordnung gemäß § 23 Abs. 3 GewO 1994 entfällt, und

         c) eine mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit oder

         5. Zeugnis über eine ununterbrochene mindestens sechsjährige einschlägige Tätigkeit als Selbständiger oder Betriebsleiter (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) oder

         6. Zeugnisse über

         a) die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung in einem Lehrberuf, dessen Ausbildung im Bereich Metalltechnik liegt oder den erfolgreichen Besuch einer mindestens dreijährigen berufsbildenden Schule, deren Ausbildung im Bereich Maschineningenieurwesen oder Maschinenbau oder Wirtschaftsingenieurwesen mit einem für das Handwerk spezifischen Schwerpunkt liegt, und

         b) eine nachfolgende ununterbrochene mindestens dreijährige einschlägige Tätigkeit als Selbständiger oder Betriebsleiter (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) oder

         7. Zeugnisse über

         a) den erfolgreichen Abschluss einer mindestens zweijährigen staatlich oder von einer zuständigen Berufs- oder Handelsinstitution als vollwertig anerkannten Ausbildung, durch die schwerpunktmäßig die für das Handwerk spezifischen Qualifikationen vermittelt werden, und

         b) eine nachfolgende ununterbrochene mindestens vierjährige einschlägige Tätigkeit als Selbständiger oder Betriebsleiter (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) oder

         8. Zeugnisse über

         a) eine ununterbrochene mindestens dreijährige einschlägige Tätigkeit als Selbständiger und

         b) eine mindestens fünfjährige einschlägige Tätigkeit als Unselbständiger oder

         9. Zeugnisse über

         a) die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung in einem Lehrberuf, dessen Ausbildung im Bereich Metalltechnik liegt, oder den erfolgreichen Besuch einer mindestens dreijährigen berufsbildenden Schule, deren Ausbildung im Bereich Maschineningenieurwesen oder Maschinenbau oder Wirtschaftsingenieurwesen mit einem für das Handwerk spezifischen Schwerpunkt liegt, und

         b) eine nachfolgende ununterbrochene mindestens fünfjährige fachspezifische Tätigkeit in leitender Stellung (§ 18 Abs. 3 GewO 1994).

(…)“

III.     Erwägungen:

Beim „individuellen Befähigungsnachweis“ im Sinne des § 19 GewO 1994 wird der gemäß § 18 Abs 1 leg cit vorgeschriebene Befähigungsnachweis durch sonstige Nachweise ersetzt, die jene Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen belegen, die für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes erforderlich sind. Die Beurteilung, ob durch diese (sonstigen) Nachweise die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen belegt werden, hat daher am Maßstab der den Befähigungsnachweis im Sinne des § 18 Abs 1 GewO 1994 festlegenden Vorschriften (Zugangsvoraussetzungen) zu erfolgen. Aufgrund sonstiger Nachweise kann die erforderliche Befähigung somit nur insofern belegt werden, als die vom Antragsteller absolvierte Ausbildung (Bildungsgang, bisherige Tätigkeit) das Ausbildungsziel in gleicher Weise verwirklichen, wie jene in den erwähnten Vorschriften (vgl VwGH 18.05.2005, 2004/04/0188, VwGH 06.04.2005, 2004/04/0047).

Das Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 29.10.2020 blieb bis heute unbeantwortet. An der darin geäußerten Rechtsansicht hat sich nichts geändert. Weder konnte der Beschwerdeführer auch nur ansatzweise eine adäquate fachliche Befähigung noch eine entsprechende fachspezifische Tätigkeit in leitender Stellung nachweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Triendl

(Richter)

Schlagworte

Befähigungsnachweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.22.2269.2

Zuletzt aktualisiert am

14.12.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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