TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/1 L527 2232319-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.07.2020
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Entscheidungsdatum

01.07.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

L527 2232319-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian Aufreiter, LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: Nordmazedonien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.06.2020, Zahl XXXX , und gegen die andauernde Anhaltung in Schubhaft, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.06.2020, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG in Verbindung mit § 22a Abs 1 BFA-VG stattgegeben, der Bescheid wird aufgehoben und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ab 22.06.2020 für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs 3 BFA-VG in Verbindung mit § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

III. Der Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auf Ersatz der Aufwendungen wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer hielt sich bereits im Jahr 2019 im österreichischen Bundesgebiet auf und ging in dieser Zeit einer illegalen Beschäftigung nach („Schwarzarbeit“). Ferner trat er unter Verwendung eines gefälschten bulgarischen Personalausweises in Erscheinung; er hatte auch einen echten mazedonischen Reisepass, ausgestellt auf den damals vom Beschwerdeführer geführten Namen, bei sich.

Am 28.02.2019 wurde er von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in XXXX kontrolliert; in der Folge wurde er festgenommen und einen Tag lang angehalten. Mit Schreiben vom 01.03.2019 verständigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: [belangte] Behörde) den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme im Zusammenhang mit der beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung eventuell in Verbindung mit einem Einreiseverbot. Der Beschwerdeführer machte von der Möglichkeit zur Stellungnahme nicht Gebrauch und beantwortete auch die gestellten Fragen nicht. Ferner forderte die Behörde den Beschwerdeführer zur unverzüglichen, jedoch spätestens bis 05.03.2019, freiwilligen Ausreise auf. Nach Entlassung aus der Haft verließ der Beschwerdeführer das Bundesgebiet; er erbrachte gegenüber der Behörde keinen Nachweis seiner Ausreise.

Mit Bescheid vom 27.05.2019 erteilte die Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot. Sie stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Mazedonien fest, sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab. Die Behörde stellte dem Beschwerdeführer den Bescheid durch Hinterlegung im Akt zu.

Anfang des Jahres 2020 änderte der Beschwerdeführer seinen Nachnamen, ließ sich auf diesen Namen einen Reisepass der Republik Nordmazedonien ausstellen und reiste Anfang März 2020 wieder in das Bundesgebiet ein. Am 21.06.2020 betraten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle. Nach Rücksprache mit der belangten Behörde nahmen sie ihn fest.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 22.06.2020, Zahl XXXX , verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer gestützt auf § 76 Abs 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft, in der sich der Beschwerdeführer seither befindet. Mit Schriftsatz vom 24.06.2020 erhob der Beschwerdeführer dagegen die gegenständliche Beschwerde.

Das Bundesverwaltungsgericht hielt am 29.06.2020 im Beisein zweier Vertreterinnen der belangten Behörde und einer Vertreterin der vom Beschwerdeführer bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation eine mündliche Verhandlung ab, in der es neben dem Beschwerdeführer einen Zeugen einvernahm.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); VA-SCH: Verwaltungsverfahrensakt zur Schubhaft; VA-EAM: Verwaltungsverfahrensakt zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme; f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten]. Der VA-EAM ist nicht nummeriert, sodass die jeweiligen Bestandteile dieses Akts nicht unter Angabe von Aktenseiten genannt werden können.

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und dem bisherigen Verfahren:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren. Seine Identität steht fest; er besitzt einen Reisepass der Republik Nordmazedonien, dessen urkundentechnische Prüfung keine Hinweise auf Fälschung ergab (AS 37 ff, 109 VA-SCH). Bis zu einer Namensänderung Anfang des Jahres 2020 führte er den Namen XXXX (VA-EAM [Kopien von Dokumenten], AS 63 VA-SCH). Er ist volljährig, gesund, namentlich auch haftfähig (AS 33 VA-SCH; OZ 17, S 3, 19). Er ist Angehöriger der Republik Nordmazedonien (AS 37 ff, 109 VA-SCH). Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter (OZ 5). Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf den Beschwerdeführer keine Verurteilung auf (OZ 5).

Der Beschwerdeführer hielt sich bereits im Jahr 2019 im österreichischen Bundesgebiet auf und ging in dieser Zeit einer illegalen Beschäftigung nach („Schwarzarbeit“). Ferner trat er unter Verwendung eines gefälschten bulgarischen Personalausweises in Erscheinung. Am 28.02.2019 wurde er von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in XXXX kontrolliert; in der Folge wurde er festgenommen und einen Tag lang angehalten. (VA-EAM [Übergabebericht, GZ: XXXX ; OZ 1, OZ 17, S 11)

Mit in deutscher Sprache verfasstem Schreiben vom 01.03.2019, XXXX , verständigte die Behörde den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme im Zusammenhang mit der beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung eventuell in Verbindung mit einem Einreiseverbot. Mit diesem Schreiben wies die Behörde den Beschwerdeführer ferner auf die Bestimmungen des Meldegesetzes hin und teilte ihm mit, dass er seinen Aufenthaltsort der Behörde innerhalb von längstens 14 Tagen ab Zustellung des Schreibens bekanntzugeben habe. Für den Fall, dass er keine inländische Abgabestelle besitze, trug die Behörde dem Beschwerdeführer auf, einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen; sie wies ihn auf § 8 Zustellgesetz und die Möglichkeit einer Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch hin, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden könne. Der Beschwerdeführer machte von der Möglichkeit zur Stellungnahme nicht Gebrauch und beantwortete auch die gestellten Fragen nicht. Ferner forderte die Behörde den Beschwerdeführer mit einem in deutscher und albanischer Sprache verfassten Schreiben zur unverzüglichen, jedoch spätestens bis 05.03.2019 (in der albanischen Übersetzung unzutreffend: 20.09.2018), freiwilligen Ausreise auf. Das betreffende Schreiben habe der Beschwerdeführer einer Grenzkontrollstelle oder der österreichischen Botschaft in seinem Heimatland als Nachweis der erfolgten Ausreise zu übergeben. Der Beschwerdeführer bestätigte den Erhalt beider Schriftstücke am 01.03.2019 mit seiner Unterschrift. (VA-EAM)

Nach Entlassung aus der Haft reiste der Beschwerdeführer – innerhalb der gesetzten Frist – aus dem Bundegebiet aus und zurück nach Nordmazedonien, wovon er Österreich bzw. die belangte Behörde entgegen der von ihr ausgesprochenen Aufforderung nicht verständigte (OZ 1, OZ 17, S 10, 23).

Mit rechtskräftigem Bescheid vom 27.05.2019, XXXX , erteilte die Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot. Sie stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Mazedonien fest, sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe, und erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab. Die Behörde stellte dem Beschwerdeführer den Bescheid durch Hinterlegung im Akt zu. (VA-EAM)

Anfang 2020 änderte der Beschwerdeführer seinen Namen in XXXX und ließ sich auf diesen Namen einen Reisepass der Republik Nordmazedonien ausstellen, unter dessen Verwendung er Anfang März 2020 über Griechenland per Flugzeug nach Österreich einreiste. (AS 37 ff, 63 VA-SCH; OZ 17, S 11). Während seines Aufenthalts in Österreich hielt sich der Beschwerdeführer an unterschiedlichen Orten bzw. bei unterschiedlichen Personen auf und war zu keinem Zeitpunkt in Österreich gemeldet (OZ 5, OZ 17, S 12). Er ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und war nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Er war auf die Unterstützung von Freunden und Angehörigen angewiesen (OZ 17, S 12 f, Beilage Z, S 3).

Am 21.06.2020 betraten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Beschwerdeführer im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle. Nach Rücksprache mit der belangten Behörde nahmen sie ihn fest. (AS 2 VA-SCH; OZ 17, S 13)

1.2. Zur über den Beschwerdeführer verhängten Schubhaft:

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 22.06.2020, Zahl XXXX , verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer gestützt auf § 76 Abs 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft (AS 67 ff, VA-SCH), in der sich der Beschwerdeführer seither befindet.

1.3. Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen zur Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgefahr, der Verhältnismäßigkeit von Schubhaft und für eine Anordnung eines gelinderen Mittels:

Der Beschwerdeführer verfügt über ein Busticket für die Rückreise nach Nordmazedonien. Er beabsichtigte bereits vor der Verhängung der Schubhaft durch die belangte Behörde und beabsichtigt auch jetzt, ehestmöglich per Bus eigenständig nach Nordmazedonien zurückzureisen. Der Beschwerdeführer ist ausreisewillig. (AS 35 VA-SCH; OZ 1, 4, OZ 17, S 15 und Beilage Z, S 3) Im Zuge einer Amtshandlung im Jahr 2019 verhielt sich der Beschwerdeführer gegenüber Organen der Republik Österreich kooperativ, höflich und ruhig (VA-EAM [Übergabebericht XXXX; OZ 5). Der Beschwerdeführer ist jedoch nicht gewillt, im Rahmen einer behördlich angeordneten Abschiebung per Flugzeug, auszureisen. Der Beschwerdeführer würde sich nicht ohne Weiteres einer behördlichen Abschiebung zur Verfügung halten, sondern er würde eigenständig ausreisen. (OZ 17, S 16)

Der Beschwerdeführer ist seit ca. zwei bis zweieinhalb Monaten mit dem österreichischen Staatsangehörigen XXXX , befreundet. Der Beschwerdeführer nächtigte in der Vergangenheit gelegentlich in der Wohnung dieses Freundes, in der auch dessen Gattin und vier Kinder wohnen. Der Beschwerdeführer könnte bis ca. 06.07.2020 bei diesem Freund/in dessen Wohnung nächtigen. Über eine längerfristige, gesicherte Übernachtungs- oder Wohnmöglichkeit verfügt der Beschwerdeführer in Österreich nicht.

Zum Zeitpunkt der Festnahme verfügte der Beschwerdeführer über Bargeld in Höhe von EUR 426,10, wovon EUR 200 als Sicherheitsleistung einbehalten wurden; darüber hinaus hat der Beschwerdeführer keine eigenen finanziellen Mittel. Er hat ferner kein geregeltes legales Einkommen. (OZ 5, OZ 17, S 12 f)

Der Beschwerdeführer lebt in Österreich nicht in einer Lebensgemeinschaft. Er hat abgesehen von seinem Onkel und dessen Familie, die in XXXX leben und zu denen weder ein intensiver Kontakt noch ein inniges Verhältnis besteht, entfernte Verwandte und Freunde, zu denen der Beschwerdeführer keine besonders enge Bindung hat. (AS 35 VA-SCH; OZ 17, S 13)

Die belangte Behörde veranlasste am 22.06.2020 Schritte zur Durchsetzung/Effektuierung der Ausreiseentscheidung (Abschiebung), etwa zur Buchung eines Flugs (OZ 11, OZ 17, S 19 f).

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen waren auf Grundlage der von der belangten Behörde – nach Aktenanforderung durch das Bundesverwaltungsgericht (OZ 2) – vorgelegten Verwaltungsverfahrensakte bzw. Aktenbestandteile sowie des zur Zahl 2232319-1 geführten Akts des Bundesverwaltungsgerichts zu treffen. Im Sinne der einfacheren Zuordnung sind die jeweiligen Aktenbestandteile bei den Feststellungen, soweit möglich, unter Nennung der Schriftstücke, Geschäftszahlen, Aktenseiten, Seiten oder Ordnungszahlen angegeben.

Auf einzelne Aspekte geht das Bundesverwaltungsgericht noch näher ein:

Dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts im Jahr 2019 einer illegalen Beschäftigung nachging („Schwarzarbeit“), ist unstrittig (vgl. VA-EAM; OZ 1). Ebenso steht außer Frage, dass der Beschwerdeführer damals unter Verwendung eines gefälschten bulgarischen Personalausweises in Erscheinung trat (OZ 17, S 11).

Den Erhalt der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme und der Aufforderung zur Ausreise bestätigte der Beschwerdeführer am 01.03.2019 mit seiner Unterschrift (VA-EAM). Dass er von der Möglichkeit zur Stellungnahme Gebrauch gemacht hätte und/oder die von der Behörde an ihn gerichteten Fragen beantwortet hätte, lässt sich dem jedenfalls insofern unbedenklichen Akt der Behörde nicht entnehmen und wurde auch nicht behauptet (vgl. OZ 17, S 6 f).

Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung an, dass er im Jahr 2019 das österreichische Bundesgebiet innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist verlassen habe (OZ 17, S 10, vgl. auch S 23). Diese Aussage ist plausibel und glaubhaft, zumal er in der Folge für die belangte Behörde nicht mehr zu erreichen war. Somit besteht kein Zweifel, dass der Beschwerdeführer der Aufforderung zur freiwilligen Ausreise fristgerecht nachkam. Angesichts der Aussage des Beschwerdeführers und des Inhalts der von der Behörde vorgelegten Akten ist ebenso unzweifelhaft, dass der Beschwerdeführer Österreich bzw. die belangte Behörde entgegen der von ihr ausgesprochenen Aufforderung nicht von der Ausreise verständigte (OZ 1, OZ 17, S 10, 23). Es spricht nicht für die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, dass er – tatsachenwidrig – behauptet, er habe ausschließlich in deutscher Sprache verfasste Unterlagen erhalten und diese daher nicht verstanden (OZ 17, S 10 f).

Die Zustellung des Bescheids vom 27.05.2019 durch Hinterlegung ist durch einen mit Unterschrift genehmigten Aktenvermerk vom 27.05.2019, XXXX , nachgewiesen. Hinweise darauf, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zustellung gemäß § 8 Abs 2 in Verbindung mit § 23 Abs 1 Zustellgesetz nicht vorgelegen haben könnten, gibt es nicht. Der Beschwerdeführer hatte aufgrund der Verständigung vom Ergebnis von der Beweisaufnahme Kenntnis vom Verfahren und die Behörde hatte Ermittlungen zur Feststellung einer Abgabestelle vorgenommen. (VA-EAM) Dass der Beschwerdeführer gegen den Bescheid Beschwerde erhoben hätte, brachte er nicht vor und ist auch nicht ersichtlich.

Dass der Beschwerdeführer Anfang 2020 seinen Namen in XXXX änderte, ist in Anbetracht seiner Aussagen und seines auf diesen Namen ausgestellten Reisepasses glaubhaft (AS 37 ff, 63 VA-SCH; OZ 17, S 6, 9 f, 11). Einerseits konnte der Beschwerdeführer nicht schlüssig erklären, weshalb er die Namensänderung ausgerechnet Anfang 2020 vornehmen ließ, zumal er zur damit nach seiner Aussage in Zusammenhang stehenden standesamtlichen Eheschließung seiner Eltern innerhalb weniger Tage divergierende Zeitangaben machte (AS 63 VA-SCH versus OZ 17, S 10). Ferner ist kein einleuchtender Grund ersichtlich, weshalb er die Namensänderung – bei Zutreffen des von ihm genannten Motivs – nicht schon früher hätte vornehmen sollen. Andererseits konnte der Standpunkt der Behörde, der Beschwerdeführer habe seinen Familiennamen, in dem Wissen, dass er damit für die Behörde nicht „greifbar“ sei, und als Vorbereitungshandlung für eine etwaige Einreise in den Schengen-Raum geändert, nicht hinreichend erhärtet werden (AS 77 VA-SCH; OZ 17, S 20). Das Bundesverwaltungsgericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Behörde in der mündlichen Verhandlung selbst einräumte, dass sie nur anhand des alten Reisepasses des Beschwerdeführers konkret sagen könnte, ob der Beschwerdeführer mit seinem alten Reisepass und seinen alten Personendaten an der Schengen-Außengrenze jemals zurückgewiesen worden sei (OZ 17, S 20). Zudem ist anzumerken, dass dem Beschwerdeführer der Bescheid vom 27.05.2019, XXXX , zwar durch Hinterlegung wirksam zugestellt wurde. Subjektiv konnte der Beschwerdeführer von der tatsächlichen Verhängung eines Einreiseverbots jedoch zum Zeitpunkt seiner Einreise im Jahr 2020 keine Kenntnis gehabt haben. Ob dies dem Beschwerdeführer womöglich zum Vorwurf gemacht werden könnte, ist insofern ohne Belang, wäre doch selbst damit nicht zu begründen, dass der Beschwerdeführer im Wissen, er sei für die Behörde nicht „greifbar“, bzw. mit dem Ziel, das Einreiseverbot zu umgehen, gehandelt hätte. Im Übrigen ist zu bedenken, dass dem Beschwerdeführer bereits im Jahr 2019 Fingerabdrücke genommen wurden (VA-EAM [Ergebnisbericht zum nationalen AFIS Abgleich und Eurodac-Abgleich], sodass er jedenfalls anhand dieser grundsätzlich „greifbar“ gewesen sein musste, mag beim Überschreiten der Schengen-Außengrenze aus dem Herkunftsstaat des Beschwerdeführers bei Vorlage eines (echten) Reisepasses eine Kontrolle der Fingerabdrücke womöglich auch nicht (prinzipiell) erfolgen. Aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 01.03.2020 vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt wurde, ist überdies nicht abzuleiten, dass der Beschwerdeführer von der tatsächlichen Verhängung eines Einreiseverbots Kenntnis haben musste. Denn darin heißt es dezidiert, dass die „Erlassung einer Rückkehrentscheidung eventuell iVm [in Verbindung mit] einem Einreiseverbot“ (Hervorhebung durch das Bundesverwaltungsgericht) beabsichtigt sei.

Die Ausreisewilligkeit, konkret auch die Absicht, eigenständig per Bus auszureisen, gab der Beschwerdeführer durchgehend und gleichbleibend an (AS 35 VA-SCH; OZ 1, OZ 17, S 16). Die Angaben sind glaubhaft, nicht zuletzt in Zusammenschau mit der freiwilligen fristgerechten Ausreise des Beschwerdeführers im Jahr 2019 und den Aussagen des vom Bundesverwaltungsgericht einvernommenen Zeugen sowie dem von diesem vorgelegten Bescheinigungsmittel (Busticket; OZ 17, Beilage Z). Dass der Beschwerdeführer die Republik Österreich von seiner Ausreise im Jahr 2019 nicht verständigte, kann die Annahme (generell) fehlender Kooperationsbereitschaft und/oder Ausreiswilligkeit nicht rechtfertigen. Zu beachten ist ferner, dass nicht einmal die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 25.06.2020 in Abrede stellt, dass der Beschwerdeführer ein Busticket für die Rückreise in die Heimat habe. Die Behörde zweifelt lediglich an, dass damit dem Beschwerdeführer die legale Ausreise möglich wäre, was für die getroffenen Feststellungen jedoch ohne Relevanz ist. (OZ 4; vgl. auch OZ 17, S 22)

Ebenso wenig stellt die Behörde in der Stellungnahme vom 25.06.2020 in Abrede, dass der Beschwerdeführer mit dem österreichischen Staatsangehörigen XXXX , befreundet ist. Dass der Beschwerdeführer, wenn er dort bislang gelegentlich nächtigte, dies ohne Meldung nach dem Meldegesetz tat, ändert am Bestehen der Wohnmöglichkeit nichts; vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0176. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Behörde die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Freund, die der Beschwerdeführer schon am 22.06.2020 gemacht hatte (AS 35 VA-SCH), im angefochtenen Bescheid (noch) als Schutzbehauptungen wertete (AS 78 VA-SCH). Somit ist die Argumentation der Behörde hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Schubhaft nicht schlüssig und stringent.

In dieses Bild passt es auch, dass die Behörde im Bescheid ferner ausführte, dass der Beschwerdeführer in Österreich weder familiäre noch berufliche Bindungen habe; es bestehe keine soziale Integration (AS 74 VA-SCH). Was die Behörde vor dem Hintergrund der bisherigen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts und der Angaben des Beschwerdeführers am 22.06.2020 (AS 35 VA-SCH) zu dieser Feststellung veranlasste, bleibt im Dunkeln. Der im Bescheid von der Behörde vertretene Standpunkt ist auch mit den in der mündlichen Verhandlung erzielten Ermittlungsergebnissen nicht vereinbar (OZ 17, S 12 f). Vgl. dazu die Aussage einer der Vertreterinnen der belangten Behörde in der Verhandlung: „[…] Wir glauben, dass er [der Beschwerdeführer] sehr wohl Freunde in Österreich hat und dort auch unterkommt. Ich glaube, dass die Freunde allenfalls bestätigen würden, dass die P in einen Bus einsteigt. Nur das Einsteigen in einem Bus ist kein Nachweis für das Verlassen des Schengenraumes.“ (OZ 17, S 21 f).

Allerdings ist auch den Angaben des Beschwerdeführers keineswegs in jeglicher Hinsicht zu folgen. Die Aussagen des Beschwerdeführers, wie lange er den Freund kenne, sind mit den Angaben, die dieser Freund selbst als Zeuge vor dem Bundesverwaltungsgericht machte, nicht vereinbar (OZ 17, S 15, Beilage Z, S 2). Dass der Zeuge, der den Beschwerdeführer vielfältig unterstützt, Gründe haben könnte, zum Nachteil des Beschwerdeführers wahrheitswidrige Angaben zu machen, ist nicht ersichtlich. Angesichts dessen konnte das Bundesverwaltungsgericht seiner Feststellung zur Nächtigungsmöglichkeit des Beschwerdeführers auch die Aussage des Zeugen zugrunde legen (OZ 17, Beilage Z, S 4).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Rechtsgrundlagen:

3.1.1. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art 2 Abs 1 Z 7 PersFrG und des Art5 Abs 1 lit f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig; vgl. VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647, VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043.

3.1.2. Einfachgesetzlich sind die §§ 76 ff FPG einschlägig. Die relevanten Bestimmungen lauten:

Schubhaft und gelinderes Mittel

Schubhaft

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Gelinderes Mittel

§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Dauer der Schubhaft

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

3.1.3. Zur Auslegung dieser Bestimmungen ist auf folgende Judikatur und Literatur hinzuweisen:

Schubhaft erfordert keine Gewissheit darüber, dass es letztlich zu einer Abschiebung kommen könne. Sie muss sich nach Lage des Falles „bloß“ mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als möglich darstellen; vgl. VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021, VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047. Steht allerdings von Vornherein fest, dass die Abschiebung nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) „nutzlos“. Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG 2005 idF FrÄG 2011 ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Diesen Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann; vgl. mwN VwGH 11.06.2013, 2013/21/0024. Ergibt sich, dass Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später ergibt - umgehend zu beenden; vgl. mwN VwGH 20.12.2013, 2013/21/0014, VwGH 12.09.2013, 2013/21/0110. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die tatsächliche Erlangbarkeit eines Heimreisezertifikates schon feststeht; dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl muss vielmehr grundsätzlich zugestanden werden, Versuche in diese Richtung zu starten, soweit diese nicht von vornherein aussichtslos erscheinen, etwa weil für die betreffende Person bereits mehrfach erfolglos ein Heimreisezertifikat beantragt wurde und die Vertretungsbehörde auch auf aktuelle Urgenzen nicht reagiert oder die Vertretungsbehörde in vergleichbaren Fällen standardgemäß die Ausstellung eines Heimreisezertifikates verweigert; vgl. VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0144. Die Behauptung einer mangelnden Reisefähigkeit des Fremden aus gesundheitlichen Gründen ist aus rechtlicher Sicht so zu qualifizieren, dass ein tauglicher Sicherungszweck sowie die Verhältnismäßigkeit von Schubhaft in Abrede gestellt werden; vgl. VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021.

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist; vgl. VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138. Vgl. Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 76 FPG 2005 Rz 12 (Stand 1.3.2016, rdb.at), woraus abzuleiten ist, dass die Notwendigkeit der Sicherung des Verfahrens (mit anderen Worten: der Sicherungsbedarf) als Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft nicht anders als mit Fluchtgefahr begründet werden kann.

Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, vermag die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, das heißt das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann; vgl. VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; weiters VwGH 23.09.2010, 2009/21/0280. Im Detail führte der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 08.09.2005, 2005/21/0301, in Bezug auf die Rechtslage nach dem Fremdengesetz 1997 aus, dass fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht rechtfertigen kann. Ist ein Fremder auf Grund mangelnder Ausreisewilligkeit nicht ausgereist, so erfüllt er - Existenz eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes oder einer durchsetzbaren Ausweisung unterstellt - die Voraussetzungen für eine Abschiebung im Grunde des § 56 Abs 1 Z 2 FrG. Damit ist aber noch nicht - in jedem Fall ohne Weiteres - gesagt, dass es auch der Verhängung der Schubhaft bedarf, um diese Abschiebung zu sichern. Das Gesetz lässt vielmehr klar erkennen, dass dann, wenn die behördliche Prüfung die Erfüllung des Tatbestandes des § 56 Abs 1 Z 2 FrG (also etwa wegen fehlender Ausreisewilligkeit) ergeben hat, in einem zweiten Schritt die Frage zu beantworten ist, ob ein Sicherungsbedarf besteht. Diese Frage kann naturgemäß aber nicht immer schon dann als bejaht gelten, wenn infolge bestehender Ausreiseunwilligkeit überhaupt erst die vorweg zu behandelnde Zulässigkei einer Abschiebung als solche feststeht. Das Sicherungserfordernis des § 61 Abs 1 FrG muss daher in weiteren Umständen begründet sein, wofür etwa mangelnde berufliche oder soziale Verankerung im Inland in Betracht kommen. Nur bei einer derartigen - oder vergleichbaren - Konstellation, kann die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig angesehen werden.

Nach VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, ist die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel im Sinne des § 77 Abs 1 FPG eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt allerdings das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss. Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen. Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde. Vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008, VwGH 17.10.2013, 2013/21/0041, VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0022.

Ob die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Schubhaftverhängung ausreichend begründet wurde, hängt nach VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008, von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab. Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das ist insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, der Fall und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die Reihenfolge der Anführung der einzelnen Begründungselemente an, weil die Fragen der Notwendigkeit von Schubhaft und des Genügens von gelinderen Mitteln in einem wechselseitigen Verhältnis stehen und ihre Beantwortung letztlich immer das Ergebnis der einzelfallbezogenen Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen ist. Es muss sich nur aus der Begründung des Schubhaftbescheides nachvollziehbar ergeben, dass nach Herstellung einer Relation zwischen der Größe des Sicherungsbedarfs und den entgegenstehenden privaten Interessen die Verhängung von Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist.

Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen; vgl. VwGH 05.07.2011, 2008/21/0080 mwN. Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen; vgl. VwGH 23.09.2010, 2007/21/0432 mwN.

3.1.4. Der Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft ist in § 22a BFA-VG geregelt:

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.2. Aufgrund des Beschwerdeschriftsatzes (vgl. insbesondere die gestellten Anträge), weil sich der Beschwerdeführer nach wie vor in Schubhaft befindet und gemäß § 22a BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht gegenständlich über die Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheids, der bisherigen Anhaltung und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft abzusprechen.

3.3. Stattgabe der Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die bisherige Anhaltung in Schubhaft; Fehlen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

3.3.1. Der Beschwerdeführer ist, da er nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, Fremder im Sinne des § 2 Abs 4 Z 1 FPG. Es ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Somit kann – bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen – grundsätzlich die Schubhaft über ihn verhängt werden.

3.3.2. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 24.06.2020, Zahl XXXX , verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer gestützt auf § 76 Abs 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft. Zutreffend ging die Behörde davon aus, dass mit dem rechtskräftigen Bescheid vom 27.05.2019, mit dem sie gegen den Beschwerdeführer unter anderem eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Mazedonien festgestellt hatte, ein durchsetzbarer Titel für die Außerlandesbringung besteht. Dieser Bescheid ist formell noch aufrecht und hat auch seine Wirksamkeit nicht verloren. Weder sind seit der Ausreise des Beschwerdeführers 18 Monate vergangen (§ 12a Abs 6 AsylG 2005) noch ist das auf drei Jahre befristete Einreiseverbot abgelaufen (§ 53 Abs 4 FPG). Aus den Feststellungen folgt ferner, dass die nach Art 8 EMRK wesentlichen Beurteilungsgrundlagen keine maßgebliche Veränderung erfahren haben, sodass auch die Wirksamkeit der Rückkehrentscheidung weiterhin besteht. Vgl. mwN VwGH 20.10.2016, Ra 2015/21/0091; vgl. auch VwGH 25.04.2014, 2013/21/0077; zudem war der Beschwerdeführer, wie bereits ausgeführt, zwischenzeitlich ausgereist.

Wie das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hat, ist der Beschwerdeführer ausreisewillig. Er ist gewillt und bereit, der Verpflichtung, das österreichische Bundesgebiet zu verlassen und nach Nordmazedonien zurückzukehren, womit er auch die Verpflichtung, sich nicht im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten im Sinne des § 53 Abs 1 FPG aufzuhalten, erfüllen würde, Folge zu leisten.

Dass zwischen dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde Auffassungsunterschiede bestehen, ob bzw. inwieweit die vom Beschwerdeführer angestrebte Form der Ausreise und Rückkehr nach Nordmazedonien rechtlich möglich wäre (vgl. etwa OZ 4, OZ 17, S 18 f), ist im Hinblick auf die Beurteilung der Ausreisewilligkeit des Beschwerdeführers nicht entscheidend. Der Vollständigkeit halber merkt das Bundesverwaltungsgericht an, dass die von der belangten Behörde auf Art 6 der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex) gestützte Argumentation, dass dem Beschwerdeführer eine legale Ausreise innerhalb des Schengen-Raumes aufgrund des bestehenden Aufenthalts- und Einreiseverbots nicht möglich sei (OZ 4, OZ 11), nicht schlüssig erscheint. Besagter Art 6 befindet sich im „TITEL II AUSSENGRENZEN“, „KAPITEL I Überschreiten der Außengrenzen und Einreisevoraussetzungen“ der Verordnung (EU) 2016/399. Im Hinblick darauf bestehen – in Anwendung einer die Systematik der Verordnung berücksichtigenden Interpretation – daher Bedenken, aufgrund von Art 6 der Verordnung (EU) 2016/399 die Unzulässigkeit der Überschreitung von Staatsgrenzen innerhalb des Schengen-Raumes und des Aufenthalts in Gebieten des Schengen-Raumes im Zuge der Ausreise von Österreich nach Nordmazedonien begründen zu wollen. Im Übrigen erlaubt Art 6 der Verordnung (EU) 2016/399 nach Abs 5 ein Abweichen von den in Abs 1 genannten Einreisevoraussetzungen; vgl. zudem auch § 27a FPG, der unter bestimmten Voraussetzungen eine Wiedereinreise während der Gültigkeitsdauer eines Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbots gestattet.

Ausgehend von der unter 3.1.3. zitierten Judikatur (vgl. insbesondere VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301, VwGH 23.09.2010, 2009/21/0280, VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498) scheint die bestehende Ausreisewilligkeit des Beschwerdeführers schon einer Abschiebung entgegenzustehen. Wenn der Beschwerdeführer freiwillig und eigenständig auszureisen gewillt ist, es somit keiner Abschiebung, das heißt keiner zwangsweisen Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung, bedarf, kann es auch keiner Sicherung der Abschiebung und folglich auch keiner Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung bedürfen.

Dagegen ließe sich allerdings einwenden, dass nach § 46 Abs 1 Z 4 FPG Fremde, gegen die – wie gegen den Beschwerdeführer – eine Rückkehrentscheidung durchsetzbar ist und die einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur Ausreise zu verhalten sind (Abschiebung). Der Wortlaut der Bestimmung legt nahe, dass zwingend eine Abschiebung zu erfolgen habe; Hinweise auf ein Ermessen der Behörde enthält er nicht; vgl. Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 46 FPG 2005 Rz 2 (Stand 1.3.2016, rdb.at). Vgl. im Unterschied dazu etwa § 46 FPG idF vor BGBl I 38/2011 und § 56 FrG 1997 sowie VwGH 20.10.2011, 2010/21/0056. Von einer unbedingten Abschiebeverpflichtung ausgehend wäre die Annahme von Sicherungsbedarf hinsichtlich der Abschiebung des Beschwerdeführers zumindest nicht von Vornherein ausgeschlossen, da sich der Beschwerdeführer, wie oben festgestellt, einer behördlichen Abschiebung nicht ohne Weiteres zur Verfügung halten, sondern eigenständig ausreisen würde.

Die Annahme einer unbedingten Abschiebeverpflichtung wäre allerdings nicht sachgerecht. Dem Gesetzgeber kann wiederum nicht unterstellt werden, er habe eine unsachliche bzw. dem Verfassungs- und/oder Unionsrecht widersprechende Rechtslage geschaffen. Zutreffend weist Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 46 FPG 2005 Rz 12 (Stand 1.3.2016, rdb.at), darauf hin, dass Fremde, die einem Rückkehrverbot oder Aufenthaltsverbot (nichts anderes gilt nach geltendem Recht bei einem Einreiseverbot) zuwider in das Bundesgebiet einreisen, keinen Anspruch auf selbständige Ausreise/Durchsetzungsaufschub haben. Daraus ergebe sich – prima vista – die Notwendigkeit des Einsatzes einer Zwangsmaßnahme für die Außerlandesbringung. Allerdings sei auch in solchen Fällen – in Anwendung des Sachlichkeitsgebots – eine (gegebenenfalls sogar neuerliche) freiwillige Ausreise denkbar. Ähnlich führen Gachowetz/Schmidt/Simma/Urban, Asyl- und Fremdenrecht im Rahmen der Zuständigkeit des BFA (2017), 290 aus, dass der freiwilligen Ausreise vor der (zwangsweisen) Abschiebung immer der Vorrang zu geben sei. Diese Auffassung spiegelt sich auch in der Rechtsordnung wider: So normiert der Gesetzgeber in § 52a Abs 1 BFA-VG, dass einem Fremden in jedem Stadium seines Verfahrens, womit aus systematischen Erwägungen jedenfalls die Verfahren, auf die das BFA-VG Anwendung findet, gemeint sein müssen (vgl. §§ 1 ff BFA-VG), Rückkehrberatung gewährt werden kann. Die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit der Rückkehrberatung, etwa im Stadium eines Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht zu einer Beschwerde über einen Schubhaftbescheid (§ 22a BFA-VG), ergibt gewiss nur dann Sinn, wenn eine entsprechende (freiwillige) Rückkehr auch in diesem Verfahrensstadium möglich ist. Ausdrücklich heißt es in den Materialien: „Da der freiwilligen Ausreise jedenfalls Vorrang vor der zwangsweisen Abschiebung gegeben werden soll, ist sowohl Fremden als auch Asylwerbern in jedem Verfahrensstadium Rückkehrberatung zu gewähren.“ (ErlRV 582 BlgNR XXV. GP, 10). Schließlich ist auch auf den bei Grundrechtseingriffen, die mit einer Abschiebung regelmäßig verbunden sind, zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinzuweisen, mit dem eine unbedingte Abschiebeverpflichtung nicht in Einklang zu bringen wäre; vgl. etwa bereits oben unter 3.1.1. und z. B. die Erwägungsgründe 13, 16 sowie Art 8 Abs 4 der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie).

Aufgrund der bisherigen Erwägungen geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die – unzweifelhaft – gegebene Ausreisewilligkeit des Beschwerdeführers der Annahme der Notwendigkeit von Maßnahmen zur Sicherung einer Abschiebung (Sicherungsbedarf) entgegensteht. Dies galt bereits zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft durch die belangte Behörde und gilt auch zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht. Folglich war der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG in Verbindung mit § 22a Abs 1 BFA-VG stattzugegeben, der Bescheid war aufzuheben und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ab 22.06.2020 war für rechtswidrig zu erklären. Darüber hinaus war gemäß § 22a Abs 3 BFA-VG in Verbindung mit § 76 FPG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

3.3.3. Selbst wenn man die vom Bundesverwaltungsgericht unter 3.3.2. vertretene Argumentation (im Ergebnis) nicht teilen sollte, erweisen sich der Schubhaftbescheid sowie die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 22.06.2020 als rechtswidrig und die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft sind nicht erfüllt.

Unter der Prämisse, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung zwingend im Wege der Abschiebung nachzukommen hätte, begründete die von ihm geäußerte Absicht, unverzüglich eigenständig das Bundesgebiet zu verlassen und nach Nordmazedonien zurückzukehren (vgl. nochmals AS 35 VA-SCH; OZ 17, S 15 f), grundsätzlich ein Indiz dafür, dass er sich der Abschiebung entziehen könnte, zumal ein Termin für eine Abschiebung bislang nicht feststeht. Im Übrigen vermochte die Behörde und vermag der Sachverhalt jedoch nicht zu begründen, dass Fluchtgefahr in einem derartigen Ausmaß vorläge, sodass ihr nur mittels Schubhaft zu begegnen wäre. Damit widerspricht die gegenständliche Schubhaft dem Grundsatz, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss, sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Zur Argumentation der Behörde, § 76 Abs 3 Z 1 FPG sei erfüllt und aufgrund des entsprechenden Verhaltens des Beschwerdeführers sei mit einem gelinderen Mittel nicht das Auslangen zu finden (AS 77 f VA-SCH) ist anzumerken: Fraglos leistete der Beschwerdeführer der Aufforderung, seine Ausreise nachzuweisen, nicht Folge. In jenem zentralen Punkt, innerhalb der gesetzten Frist auszureisen, erfüllte er den behördlichen Auftrag jedoch sehr wohl, was bei der Beurteilung der Mitwirkung des Beschwerdeführers zu berücksichtigen ist. Es mag sein, dass die (zeitlichen) Umstände, unter denen der Beschwerdeführer seinen Namen änderte, Zweifel hervorrufen können, ob die von ihm angegebenen Gründe für die Namensänderung zutreffen. Der Standpunkt der Behörde, der Beschwerdeführer habe seinen Familiennamen, in dem Wissen, dass er damit für die Behörde nicht „greifbar“ sei, und als Vorbereitungshandlung für eine etwaige Einreise in den Schengen-Raum geändert, konnte jedoch, wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, nicht hinreichend erhärtet werden.

Dass der Beschwerdeführer objektiv trotz Bestehens eines Einreiseverbots wieder in das Bundesgebiet einreiste, trifft zu (§ 76 Abs 3 Z 2; AS 77 f VA-SCH). Dem Beschwerdeführer ist dabei auch vorzuhalten, dass er deshalb subjektiv von der Verhängung des Einreiseverbots keine Kenntnis erlangen konnte, weil er entgegen der Aufforderung durch die Behörde seinen Aufenthaltsort nicht bekanntgegeben und keinen Zustellungsbevollmächtigten namhaft gemacht hatte. Zugunsten des Beschwerdeführers ist dennoch zu berücksichtigen, dass er zwar von der Anhängigkeit eines Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung Kenntnis hatte. Ob die Behörde auch die Erlassung eines Einreiseverbots beabsichtigte, ließ sie jedoch in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme offen; arg: „[…] eventuell iVm [in Verbindung mit] einem Einreiseverbot“ (Hervorhebung durch das Bundesverwaltungsgericht). Im Übrigen sei, ohne die Mitwirkungspflicht nach § 13 BFA-VG zu verkennen, bemerkt, dass zumindest diskussionswürdig erschiene, das Fehlen von Vertrauenswürdigkeit oder Zuverlässigkeit damit zu begründen, dass ein Frem

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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