TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/30 L510 2233443-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.07.2020
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Entscheidungsdatum

30.07.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs3

Spruch

L510 2233443-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Indien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.07.2020, Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs 3 BFA-VG iVm § 76 Abs 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) gemäß § 35 Abs 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z 3 und Z 4 VwG-AufwErsV Aufwendungen in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrenshergang

1. Die beschwerdeführende Partei (bP) wurde im Zuge einer polizeilichen Kontrolle bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung betreten und am 21.07.2020 durch Beamte der PI XXXX festgenommen. Sie wurde in weiterer Folge zur Fremdenpolizei gebracht, die weitere Festnahme gründete sich auf § 34 Abs 3 Z 1 BFA-VG. Es wurde ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung eingeleitet, welches noch nicht durchsetzbar ist.

Die bP wurde erkennungsdienstlich behandelt und unter Beiziehung eines Dolmetschers niederschriftliche einvernommen, wobei sie ausführte, dass sie gesund sei und keine Medikamente einnehme. Sie sei am 27.02.2020 mit dem Flugzeug von Griechenland nach Österreich eingereist. Am 10.03.2020 sei sie nach Deutschland gereist. Am 27. der 28. 04.2020 sei sie mit dem Zug zurück nach Österreich gereist. Sie habe einen Freund in Österreich besuchen wollen. Ihr sei bewusst, dass sie in Österreich nicht arbeiten dürfe und wolle sich dafür entschuldigen. Ihr sei auch bewusst, dass sie sich nur für eine begrenzte Zeit in Österreich aufhalten dürfe. Sie habe schon versucht in letzter Zeit ein Flugticket nach Griechenland zu bekommen, die Tickets seien aber sehr teuer. In den nächsten Tagen wolle sie ein Ticket kaufen und wieder nach Griechenland zurückfliegen. Sie habe einen Wohnsitz in Griechenland. In Österreich habe sie keine Familienangehörigen. Sie kenne in Linz einen Freund, XXXX , bei dem sie wohnen könne, die genaue Adresse sei ihr jedoch nicht bekannt. Dieser könne ihr ein Flugticket besorgen. Sie habe keine Barmittel.

2. Mit im Spruch bezeichneten Bescheid des BFA wurde über die bP gem. § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

3. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Es wurde dargelegt, dass die bP über einen griechischen Aufenthaltstitel verfüge. Hätte die Behörde ein ordentliches Ermittlungsverfahren geführt, hätte sie zum Ergebnis gelangen können, dass die bP unverzüglich und freiwillig nach Griechenland ausgereist wäre. Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung anberaumt.

4. Am 28.07.2020 langte der Verwaltungsverfahrensakt beim BVwG ein.

5. Am 29.07.2020 gab das BFA eine Stellungnahme ab. Es wurde im Wesentlichen folgend dargelegt:

„…
Die Beschwerde wird sinngemäß damit begründet, dass die ho. Behörde bei Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens in Form einer Einvernahme zu dem Ergebnis hätte gelangen können, dass der Beschwerdeführer (BF) unverzüglich und freiwillig nach Griechenland ausgereist wäre und die Schubhaft mangels Sicherungsnotwendigkeit nicht hätte verhängt werden dürfen.

Dazu wird folgendes entgegnet:

Die Schubhaft wurde vom diensthabenden Journalbeamten des BFA in einem Mandatsverfahren verfügt. Als Entscheidungsgrundlage stand diesem, das von der Landespolizeidirektion XXXX übermittelte Ermittlungsergebnis zur Verfügung.

Das Ermittlungsergebnis ergab, dass der BF am 21.07.2020 bei einer Übertretung nach dem AusSBG auf frischer Tat betreten wurde. Weiters konnte festgestellt werden, dass der BF keine finanziellen Mittel inne hat, über einen gültigen indischen Reisepass und einen gültigen griechischen Aufenthaltstäte! verfügt, sich jedoch zum Aufgriffszeitpunkt bereits über 3 Monate im Schengenraum befand, seinen Aufenthalt vor den Behörden im Verborgenen, unter Umgehung des Meldegesetzes gestaltete und sich nicht nur in Österreich, sondern auch im Mitgliedsstaat Deutschland unrechtmäßig aufhielt (Anm.: Der BF reiste wie im Schubhaftbescheid angeführt, entgegen den Bestimmung des Art. 6 SGK in das österreichische Bundesgebiet und ist somit auch der Grenzübertritt und Aufenthalt in Deutschfand als widerrechtlich zu werten).

Der Beschwerdeführer wurde von den Beamten der LPD XXXX niederschriftlich einvernommen. In dieser Einvernahme gab der BF selbst an, dass er wusste, dass er sich nur für einen beschränkten Zeitraum in Österreich aufhalten darf und im Bundesgebiet nicht arbeiten darf (siehe Seite 3). Somit hat der BF bewusst gegen diese Rechtsvorschriften verstoßen hat.

Im Zuge vorangeführter Einvernahme wurden für das BFA Zusatzfragen gestellt. Auch wenn die Einvernahme nicht direkt von einem Beamten der ho. Behörde durchgeführt wurde, so erfolgte, entgegen der Beschwerde, dennoch eine Einvernahme für die ho. Behörde in gegenständlichem Verfahren. Überdies wurde dem BF eine „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" ausgefolgt, mit welchem dem BF eine weitere Möglichkeit der Stellungnahme in den ho. Verfahren geboten wurde, welche der BF jedoch bis dato nicht wahrgenommen hat.

Der BF gab in seiner Einvernahme an, dass er keine Barmittel zur Verfügung hat. Weiters führte er kryptisch aus, „in letzter Zeit" versucht zu haben ein Flugticket nach Griechenland zu bekommen, diese derzeit jedoch sehr teuer sind. Sinngemäß gab er weiters an, dass er „in den nächsten Tagen" jedoch ein Flugticket kaufen möchte, welches ihm ein nicht näher benannter Freund namens „ XXXX " besorgen könnte. Der BF gab somit in vorangeführter Einvernahme, welche für das BFA durchgeführt wurde, eine Rückkehrwilligkeit vor und wurde diese vom BFA-JD bei seiner Entscheidung geprüft.

Der BFA-JD kam zu dem Ergebnis, dass tatsächlich keine Rückkehrwilligkeit beim BF besteht: Der BF reiste entgegen den Bestimmungen des SGK in das österreichische Bundesgebiet ein. Er reiste somit auch widerrechtlich in den MS Deutschland. Der BF reiste laut eigenen Angaben am 27.02.2020 nach Österreich ein und hielt sich seither in Österreich und Deutschland, somit zu seinem Aufgriffszeitpunkt am 21.07.2020, über drei Monate in den Schengenmitgliedsstaaten (außerhalb Griechenlands) auf. Der BF ging in Österreich einer „Schwarzarbeit" nach und wurde bei dieser widerrechtlichen Beschäftigungsausübung auf frischer Tat betreten. Erschwerend muss gewertet werden, dass sich der BF darüber bewusst war, gegen die geltenden rechtlichen Bestimmungen zu verstoßen. Seinen Aufenthalt im Bundesgebiet gestaltete der BF gänzlich vor den Behörden im Verborgenen, unter Umgehung des Meldegesetzes. Im Zuge der Einvernahme gibt der BF als Zweck seines Aufenthalts, den Besuch eines Freundes an und führt zu in Österreich lebenden Personen an, dass er einen in Linz lebenden Freund namens XXXX hat, welcher ihm auch ein Flugticket besorgen könnte. Da er nur diese eine Person angibt lässt dies den Rückschluss zu, dass es sich hierbei um ein und dieselbe Person handelt. Dennoch benennt der BF keine weiteren Personendaten dieses Freundes und kann nicht die genaue Wohnadresse dieser Person anführen. Er gibt auch keine Erklärung ab, warum er in XXXX bei der Schwarzarbeit aufgegriffen wurde, wo er doch einen in Linz lebenden Freund besuchen möchte. Sofern dieser Freund tatsächlich existiert und dem BF Unterkunft gewährt hat, so hat dieser ebenfalls gegen das Meldegesetz verstoßen und ein Leben des BF im Verborgenen unterstützt bzw. zumindest geduldet. Der BF gibt an über keine Barmittel zu verfügen und dass die Flugticktes nach Griechenland zurzeit sehr teuer sind. Dennoch war es dem BF möglich Reisebewegungen von Griechenland nach Österreich, weiter nach Deutschland und retour nach Österreich zu bestreiten. Wie die Ermittlungen des BFA-JD ergab, sind Flugticktes nach Griechenland um € 40,- erhältlich (siehe Seite 187) und handelt es sich bei den Ausführungen des BF um unrichtige Angaben. So kann auch nur die Aussage des BF, dass ihm sein nicht näher benannte Freund XXXX ein Flugticket besorgen würde, als reine Schutzbehauptung gewertet werden.

Vom BFA-JD wurde ein Mandatsbescheid erlassen. Dennoch flössen in die Entscheidung vorangeführte umfangreiche Ermittlungsergebnisse ein. Entgegen der Beschwerde wurde im Verfahren eine Einvernahme im Auftrag der ho. Behörde geführt, auch wenn diese nicht von einem Beamten der ho. Behörde direkt durchgeführt wurde. Wie vorausgeführt brachte der Beschwerdeführer im Zuge dieser eine Rückkehrwilligkeit vor, erkannte der BFA-JD jedoch aufgrund ausgeführter Ermittiungsergebnisse, dass diese tatsächlich nicht besteht und die Gefahr des Untertauchens und Fluchtgefahr besteht.

Bis dato gab der BF, trotz Gelegenheit, keine weitere Stellungnahme ab, in welcher er seine tatsächliche Ausreisewilligkeit hätte belegen können. Weiters brachte er selbst oder über NGOs keinen Antrag auf freiwillige Rückkehr ein. Diese Umstände untermauern, dass der BFA-JD im Zuge seiner Entscheidung korrekte Rückschlüsse gezogen hat, der BF tatsächlich nicht rückkehrwillig ist, vom BF die Gefahr des Untertauchens und Fluchtgefahr ausgeht und die Verhängung und Aufrechterhaltung der Sicherungsmaßnahme zur Sicherung des Verfahrens und der Abschiebung notwendig ist.

Seitens der ho. Behörde wird Fluchtgefahr in der Person des BF erkannt und ist die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft aus Sicht des BFA Verhältnis- und zweckmäßig.

Im EAM-Verfahren erging noch keine Entscheidung, diese ist für KW30/31 geplant. Die Person wird derzeit im PAZ Wels in Schubhaft angehalten.

…“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Die Identität der bP steht fest. Sie führt den im Spruch genannten Namen und das dort angeführte Geburtsdatum. Die bP besitzt einen indischen Reisepass, Nr. XXXX , gültig bis 16.10.2024. Sie besitzt einen Aufenthaltstitel von Griechenland, Klebeetikett im Reisepass, gültig bis 08.07.2024. Die bP ist indischer Staatsbürger. Die bP ist gesund.

Gegen die bP wurde ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet. Diese ist noch nicht durchsetzbar.

Die bP reiste am 27.02.2020 mit dem Flugzeug von Griechenland nach Österreich ein. Am 10.03.2020 reiste sie nach Deutschland. Am 27. oder 28. 04.2020 reiste sie mit dem Zug zurück nach Österreich. Die genaue Adresse des angeblichen Freundes in Österreich konnte die bP nicht nennen. Sie wurde bei einer illegalen Beschäftigung betreten. Ihr war bewusst, dass sie in Österreich nicht arbeiten darf und sie sich nur für eine begrenzte Zeit in Österreich aufhalten darf. Die bP hat einen Wohnsitz in Griechenland. In Österreich hat sie keine Familienangehörigen. Die bP hat keine Barmittel. Sie war in Österreich nicht gemeldet und hat hier keinen ordentlichen Wohnsitz.

2. Beweiswürdigung

2.1. Die o. a. Feststellungen zur Person der bP ergeben sich aus dem Akteninhalt und der Angaben der bP im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme. Diese Feststellungen wurden im Verfahren nicht bestritten.

Berücksichtigt wurden insbesondere:

-        Reisepass

-        Griechischer Aufenthaltstitel

-        Niederschriftliche Einvernahme vom 21.07.2020

-        Anhaltprotokoll

-        Ergebnis ED-Behandlung

-        Bescheid des BFA

-        Beschwerde

-        Aktenvorlage und Stellungnahme durch das BFA

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gem. dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gem. dem 7. und 8. Hauptstück des FPG.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I. Abweisung der Beschwerde

3.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs 2 und Art. 28 Abs 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs 8 und § 12 Abs 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 22a BFA-VG idgF lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

3.2. Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art 2 Abs 1 Z 7 PersFrBVG und des Art 5 Abs 1 lit f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig" (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527).

3.3. Zum gegenständlichen Verfahren:

Der Sicherungsbedarf und die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft sind nach Ansicht des BVwG gegeben.

Die bP hielt sich bereits über 3 Monate außerhalb Griechenlands im Schengenraum auf, reiste mittellos und somit illegal in Österreich ein und ging hier einer illegalen Erwerbstätigkeit nach. Dies war der bP auch bewusst. Die bP hat in Österreich keinen Wohnsitz und ist nicht melderechtlich gemeldet. Die bP hat keine Familienanghörigen in Österreich und liegt auch sonst keine soziale Verankerung vor. Die genaue Adresse eines angeblichen Freundes konnte sie nicht angeben. Die bP zeigte bisher auch keine Rückkehrwilligkeit. So führte sie im Verfahren aus, dass die Tickets nach Griechenland in letzter Zeit sehr teuer waren. Es wurde jedoch unbestrittener Weise ermittelt, dass Flugtickets nach Griechenland um Euro 40, -- erhältlich sind. Vor dem Hintergrund dessen, dass es der bP zuvor möglich war, von Griechenland nach Österreich und in weiterer Folge nach Deutschland und wieder zurück nach Österreich zu reisen, wird dem BFA nicht entgegengetreten, wenn es davon ausgeht, dass eine tatsächliche Rückreisewilligkeit nicht vorlag, ansonsten sich die bP schon ein Flugticket besorgt hätte, hat sie doch gewusst, dass ihr Verhalten in Bezug auf die Einreise und in Bezug auf die Ausübung der Schwarzarbeit illegal war.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist somit erforderlich, da sich die bP aufgrund ihres beschriebenen Verhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat. Es ist davon auszugehen, dass sie auch künftig nicht gewillt sein wird, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus ihrer nicht vorliegenden Wohn- und Familiensituation und aus der fehlenden sonstigen sozialen Verankerung in Österreich sowie aufgrund ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Das BFA ging somit zu Recht vom Vorliegen der Gefahr des Untertauchens und somit von Fluchtgefahr aus. Einschlägig sind somit die Ziffern 1 und 9 des § 76 Abs 2 Z 2 FPG.

Wenn in der Beschwerde dargelegt wird, dass das BFA für den Fall einer Einvernahme unter Beiziehung eines Dolmetschers zum Ergebnis hätte gelangen können, dass die bP unverzüglich und freiwillig nach Griechenland ausgereist wäre, so wird selbst in der Beschwerde nur eine Eventualität in den Raum gestellt. Keinesfalls wird konkret dargetan, was bei einer solchen weiteren Einvernahme zusätzlich hätte ermittelt werden können und wurde somit nicht die Relevanz einer solchen Einvernahme dargetan. Insbesondere ist festzuhalten, dass eine niederschriftliche Einvernahme erfolgte, aus welcher sich ergibt, dass der wesentliche Sachverhalt erhoben wurde. Nicht einmal in der Beschwerde wird behauptet, dass irgendetwas nicht erhoben worden wäre und kann ein derartiger Mangel auch seitens des BVwG nicht festgestellt werden. Zudem hatte die bP die Möglichkeit einer weiteren Stellungnahme, welcher sie ebenfalls nicht nachkam. Der Sachverhalt wurde somit ausreichend ermittelt.

Betrachtet man zudem die Interessen der bP an den Rechten ihrer persönlichen Freiheit in Bezug auf ihre familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland, so zeigt sich wie in der Beweiswürdigung dargelegt, dass die bP über keine nennenswerten Kontakte im Inland verfügt, die hier wesentlich ins Gewicht fallen. Es fällt aber zu Ungunsten der bP ihr strafbares und bisheriges nicht vertrauenswürdiges Verhalten ins Gewicht.

Da an der Verhinderung von Schwarzarbeit ein großes öffentliches Interesse besteht, reicht schon alleine das Betreten eines Fremden bei der Verrichtung von Schwarzarbeit aus um die Notwendigkeit der Schubhaft im Hinblick auf die Sicherung eines voraussichtlich zu verhängenden Aufenthaltsverbotes zu rechtfertigen (VwGH 27.04.2000, 2000/02/0088).

Dem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen, sodass insgesamt das öffentliche Interesse an der Beendigung ihres Aufenthaltes in Österreich das Interesse der Schonung ihrer persönlichen Freiheit überwiegt.

Zudem kann Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Gegenständlich ist die bP im Besitz eines gültigen indischen Reisepasses und eines bis 08.07.2024 gültigen griechischen Aufenthaltstitels. Eine Entscheidung im EAM-Verfahren ist für die KW 31 geplant. Eine zeitnahe Abschiebung nach Griechenland ist somit absehbar.

Das BFA führte in Bezug auf COVID 19 folgend aus:

„…

Die Anordnung Aufrechterhaltung der Schubhaft ist auch in der aktuellen Situation im Zusammenhang mit dem Corona-Virus (COVID-19) als verhältnismäßig einzustufen. Entsprechend der medialen Berichterstattung werden zwar aktuell die Reisebewegungen weltweit und aus Österreich vermehrt eingeschränkt. Jedoch handelt es sich bei den derzeitigen Restriktionen um zeitlich begrenzte Maßnahmen. Dies bedeutet, dass im vorliegenden Fall eine Abschiebung zwar vorübergehend nicht möglich ist, jedoch in den kommenden Wochen möglich sein wird. Mit Blick auf die höchstzulässige Schubhaftdauer iSd § 8O Abs.... FPG zeigt sich, dass die voraussichtliche Anhaltung in Schubhaft (in Hinblick auf einen realistischen Abschiebetermin) damit ohnehin deutlich länger andauert, als die Aufrechterhaltung der aktuellen Pandemie-Restriktionen gegenwärtig zu erwarten ist. Das Bundesamt für Fremdenswesen und Asyl wird, sobald die aktuellen Pandemiemaßnahmen zurückgenommen werden, die Abschiebung ehestmöglich realisieren.

Eine Epidemie im Herkunftsstaat eines Fremden ist zwar grundsätzlich unter dem Aspekt des Art. 3 EMRK beachtlich. Da es sich aber eben nicht nur um eine Epidemie in Ihrem Herkunftsstaat, sondern um eine Pandemie handelt, ist das allgemeine Lebensrisiko am Erreger SARS-CoV-2 zu erkranken, weltweit, d.h. sowohl in Ihrem Mitgliedsstaat, als auch in Österreich, erhöht. Dazu kommt noch, dass Ihr individuelles Risiko an SARS-CoV-2 schwer oder gar tödlich zu erkranken sehr niedrig ist. Das Risiko eines derartig schweren Verlaufs der Erkrankung ist nämlich bei jungen nicht immungeschwächten Menschen viel geringer, als bei Menschen aus Risikogruppen (alte und immungeschwächte Menschen). Auch wenn daher nicht ausgeschlossen werden kann, dass Sie sich mit dem Erreger SARS- CoV-2 in Ihrem Herkunftsstaat infizieren - was aber auch für den Fall Ihres Verbleibs in Österreich gelten würde - ist das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs der Erkrankung äußerst gering. Ein „real risk" einer Verletzung des Art. 3 EMRK droht Ihnen in Ihrem Herkunftsstaat aufgrund der COVID-19-Pandemie daher nicht (vgl. idS BVwG 25.03.2020, W273 2188533-1/24E).“

Das BVwG schließt sich diesen Ausführungen des BFA an.

3.4. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des BVwG nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit der Abschiebung. Es ist nicht gesichert, dass die bP für die Behörde erreichbar wäre und sie nicht untertauchen würde. Die bP verfügt über keinen Wohnsitz und über keine nachgewiesenen sozialen Kontakte in Österreich, welche unter Umständen Halt bieten könnten. Sie machte bisher auch noch keine Anstalten, Österreich verlassen zu wollen. Nicht einmal durch die bP selbst wird im Verfahren konkret vorgebracht, wo sie definitiv unterkommen könnte. Es wird lediglich auf einen Freund verwiesen, dessen konkrete Adresse sie nicht einmal kennt. Zudem verfügt die bP in Österreich über keine finanziellen Mittel. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist das BFA daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.

3.5. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. Die bP ist gesund und haftfähig. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben und es wird die Schubhaft weiterzuführen sein.

Zu Spruchpunkt II. Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

3.6. Die getroffene Feststellung und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihren Zukunftsbezug keine die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernden Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiter vorliegen.

Zu Spruchpunkt III. Kostenbegehren

3.7. Da das BFA vollständig obsiegte, steht ihm nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt konnte gegenständlich aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden.

Es konnte daher davon ausgegangen werden, dass der Sachverhalt als hinreichend geklärt erachtet werden und eine Verhandlung entfallen konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision in Bezug auf das Erkenntnis und den Beschluss:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung Ausreisewilligkeit Fluchtgefahr gelinderes Mittel illegale Beschäftigung illegale Einreise Kostenersatz Meldepflicht Mittellosigkeit öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Schwarzarbeit Sicherungsbedarf Ultima Ratio Untertauchen Verhältnismäßigkeit Vertrauenswürdigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L510.2233443.1.00

Im RIS seit

16.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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