TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/11 L514 2233825-1

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Veröffentlicht am 11.08.2020
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Entscheidungsdatum

11.08.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
Dublin III-VO Art28
FPG §76 Abs2 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z1
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs1

Spruch

L514 2233825-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. KLOIBMÜLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2020, Zl. XXXX , und die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I.       Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG stattgegeben und der angefochtene Bescheid des BFA 03.08.2020, Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft von 03.08.2020 bis 07.08.2020 für rechtswidrig erklärt.

II.      Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG iVm § 1 Z 1 VwG-AufwErsV dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von € 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III.    Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang

1.       Der Beschwerdeführer, ein marokkanischer Staatsbürger, reiste bereits Ende 2015/Anfang 2016 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am XXXX 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Hiezu wurde er am 05.01.2016 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.

Im Rahmen der Erstbefragung führte der Beschwerdeführer aus, dass er etwa vor einem Monat per Flugzeug legal in die Türkei ausgereist und in der Folge über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich weitergereist sei. Als Grund für seine Ausreise führte der Beschwerdeführer an, dass es in Marokko keine Menschenrechte, jedoch Korruption geben würde und wolle er weiter in die Schule gehen. Dies seien all seine Ausreisegründe. Vor einer Rückkehr in seinen Heimatstaat würde er sich jedoch nicht fürchten.

Zu seinen persönlichen Umständen führte er weiter aus, dass er die Grundschule von 2002 bis 2008 ohne Abschluss besucht und seinen Lebensunterhalt als Einzelverkäufer verdient habe. Darüber hinaus würden die Eltern des Beschwerdeführers sowie zwei Brüder und eine Schwester nach wie vor in Marokko leben. In Österreich habe der Beschwerdeführer weder Familienangehörige noch Verwandte.

2.       Mit Bescheid des BFA vom 23.06.2016, Zl. 1101050904/160011525-RD Oberösterreich, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten „gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF“ (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko gemäß „§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG“ (Spruchpunkt II.) als unbegründet abgewiesen. Zugleich wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen „gemäß §§ 57 und 55 AsylG“ nicht erteilt. „Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF“ wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung „gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF“ erlassen und „gemäß § 52 Absatz 9 FPG“ festgestellt, dass seine Abschiebung „gemäß § 46 FPG“ nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt III.) und „gemäß § 18 Abs. 1 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF“ die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz aberkannt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung iSd GFK vorgebracht habe.

Dieser Bescheid wurde mangels einer Zustelladresse dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung im Akt zugestellt und erwuchs er mangels Beschwerde in der Folge in Rechtskraft.

3.       Der Beschwerdeführer wurde am 02.08.2020 den österreichischen Behörden seitens der deutschen Behörden zur Rückübernahme angeboten. Da der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt, wurde er in der Folge gemäß § 39 FPG festgenommen.

Am 03.08.2020 wurde der Beschwerdeführer von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes befragt. Im Zuge der niederschriftlichen Befragung führte der Beschwerdeführer aus, dass er etwa vor vier Tagen von Italien aus in Österreich mit dem Zug eingereist sei. Auf dem Weg zurück nach Italien, wo er bei seiner Schwester wohnen würde, sei er im Zug eingeschlafen. In Österreich habe er hingegen keinerlei Familienangehörige oder Verwandte. Weiters sei er gesund und habe er neben Österreich auch in der Schweiz und in den Niederlanden einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Des Weiteren sei er im Jahr 2018 von Italien nach Marokko abgeschoben worden, wo er sich zwei Monate lang aufgehalten habe, ehe er neuerlich ausgereist sei. Im Falle seiner Haftentlassung wolle der Beschwerdeführer zurück nach Italien zu seiner Schwester fahren.

4.       Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom 03.08.2020, Zl. XXXX , wurde gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet.

Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 03.08.2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

Der Mandatsbescheid und die Verfahrensanordnung sowie die Verständigung vom Ergebnis des Beweisverfahrens wurden dem Beschwerdeführer persönlich in der Schubhaft am 03.08.2020 ausgefolgt.

5.       Am 06.08.2020 wurde der Beschwerdeführer neuerlich von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes befragt. Auf Vorhalt, dass er laut Auskunft der Schweizer Behörden bereits am XXXX .2019 das Land verlassen habe, wurde vom Beschwerdeführers dargelegt, dass er sich, nachdem er eine negative Entscheidung erhalten habe, in Italien, Frankreich, Belgien, Frankreich und Italien aufgehalten habe.

6.       Mit Schreiben vom 07.08.2020 wurde gegen den Schubhaftbescheid vom 03.08.2020, Zl. XXXX , Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde moniert, dass dem Bescheid des BFA jegliche persönliche Daten, ein Sachverhalt bzw eine Begründung fehlen würde. Hinsichtlich der Kosten wurde im Falle des Obsiegens beantragt, dass der Schriftsatzaufwandes iHv 737,60 Euro ersetzt werde.

7.       Am 07.08.2020 wurde dem Beschwerdeführer seitens des BFA neuerlich der Mandatsbescheid datiert mit 03.08.2020, Zl. XXXX , jedoch dieses Mal mit einem Verfahrensgang, Feststellungen, einer Beweiswürdigung und einer rechtlichen Beurteilung zugestellt.

8.       Mit Stellungnahme des BFA vom 10.08.2020 wurde des Weiteren, nach Wiedergabe der Verfahrenserzählung Folgendes ausgeführt:

„Der BF stellte in Italien noch nie einen Asylantrag und reist ohne Dokumente und finanzielle Mittel illegal quer durch Europa. Der BF gab zwar an, dass er auf dem Weg nach Italien sei, wurde jedoch von den deutschen Behörden in einer S-Bahn angetroffen. Dese S-Bahn fährt jedenfalls nicht nach Italien. Es gibt keine Beweismittel, wie z.B. ein Zugticket, welches einen Rückweg nach Italien dokumentieren würde. Aufgrund des oben geschilderten Sachverhaltes erweist sich der BF für das Bundesamt als nicht glaubwürdig in seinen Angaben.

Dem Vorwurf, dass der am 03.08.2020 zugestellte Bescheid nur eine Vorlage, ohne jegliche individuellen Daten, ist, kann nur bedingt zugestimmt werden. Es wurde vom bescheiderlassenden Referenten die Vorlage aus IFA generiert. Diese enthält die IFA- und Verfahrenszahl, den Namen, das Geburtsdatum und die Staatsbürgerschaft des BF, die Bezeichnung, den korrekten Spruch samt Übersetzung, die Rechtsmittelbelehrung und die Zeichnungsklausel.

Der bescheiderlassende Referent hat vergessen, den Inhalt des von ihm verfassten kompletten Bescheides in die Vorlage zu übernehmen. Der vollständige Bescheid wurde ausgedruckt, unterschrieben und in den Papierakt aufgenommen.

Über den Umstand, dass der am 03.08.2020 zugestellte Bescheid nicht vollständig ist, wurde das Bundesamt mit Zustellung der Beschwerde am 07.08.2020 aufmerksam. Deshalb wurde am 07.08.2020 der im Papierakt befindliche korrekte, vom Referenten unterschriebene, Bescheid eingescannt und dem BF am 07.08.2020 um 14:30 Uhr nachweislich zugestellt.

Da ein inhaltlich korrekter Bescheid vorliegt, jedoch vergessen wurde diesen in die generierte Vorlage zu übernehmen, liegen aus Sicht des Bundesamtes weder eine Rechtswidrigkeit noch grobe Begründungsmängel vor.

Die Fluchtgefahr ergibt sich aus dem Umstand, dass der der BF angibt, wieder unrechtmäßig nach Italien zurückreisen zu wollen. Derzeit wird jedoch ein Konsultationsverfahren mit der Schweiz geführt. Ein geordnetes Überstellungsverfahren in die Schweiz muss durch Österreich gewährleistet sein. Der BF reist, wie selbst angegeben, illegal quer durch Europa und entzieht sich dadurch den laufenden Verfahren.

Aufgrund der durch das bisherige gezeigte Verhalten des BF muss das Bundesamt davon ausgehen, dass der BF weder glaub- noch vertrauenswürdig ist. Es gibt in Österreich keinerlei Anknüpfungspunkte. Der BF kennt niemanden wo er wohnen könnte bzw. sich Geld leihen könnte. Die Fluchtgefahr bzw. Gefahr der Entziehung aus dem laufenden Konsultationsverfahren ist als sehr hoch zu bewerten.“

9.       Am 11.08.2020 wurde dem Bundesverwaltungsgericht per Email die Zustimmung der Schweizer Behörden hinsichtlich der Übernahme des Beschwerdeführers bekanntgegeben.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Sachverhalt:

Mit Mandatsbescheid des BFA vom 03.08.2020, Zl. XXXX , wurde gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens angeordnet.

Der Bescheid weist keinerlei Verfahrensgang, Feststellungen oder rechtliche Beurteilung auf.

Am 07.08.2020 wurde dem Beschwerdeführer in der Schubhaft neuerlich der Bescheid des BFA datiert mit 03.08.2020, Zl. XXXX , dieses Mal mit einer vollständigen Begründung, ausgehändigt.

2.       Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Entgegen der Ausführungen in der Stellungnahme des BFA vom 10.08.2020, dass der bescheiderlassende Referent vergessen habe, den Inhalt des von ihm verfassten kompletten Bescheides in die Vorlage zu übernehmen, der vollständige Bescheid ausgedruckt, unterschrieben und in den Papierakt aufgenommen worden sei, ist entgegenzuhalten, dass sich nach Durchsicht des in Vorlage gebrachten Aktes diese Behauptung als nicht zur Gänze korrekt erweist. Ab Seite 99 bis Seite 109 des in Vorlage gebrachten Papieraktes findet sich der Mandatsbescheid des BFA vom 03.09.2020, welcher auch dem Beschwerdeführer zugestellt wurde. Dieser weist, ebenso wie der dem Beschwerdeführer übermittelte Bescheid, keinen Sachverhalt, keine Feststellungen, keine Beweiswürdigung und keine rechtliche Beurteilung auf. Erst ab Seite 179ff liegt der vollständige Mandatsbescheid des BFA, welcher dem Beschwerdeführer in weiterer Folge am 07.08.2020 zugestellt wurde, auf.

Aufgrund der Chronologie (Sortierung und Nummerierung) im Akt ergibt sich zweifelsfrei, dass der Mandatsbescheid, der am 03.08.2020 dem Beschwerdeführer ausgehändigt wurde, jener Mandatsbescheid ist, der sich auf Seite 99ff im Akt des BFA findet und welcher keinerlei Begründung aufweist.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

I.       Zu Spruchpunkt I. (Rechtswidrigkeit wegen Begründungsmangel):

1.       Vorausgeschickt werden muss, dass sich der Beurteilungszeitraum hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltedauer von 03.08.2020 bis 07.08.2020 erstreckt, zumal am 07.08.2020 dem Beschwerdeführer ein neuer Schubhaftbescheid und somit ein neuer Titel für die Anhaltung, zugestellt wurde.

2.       Weiters ist vorab die Frage zu klären, ob es sich bei dem vorliegenden „Bescheid“ des BFA tatsächlich um einen Bescheid im Sinne des AVG handelt.

Maßgeblich für das Vorliegen eines Bescheides ist die Zuordenbarkeit zu einer Behörde, das Vorhandensein eines Adressaten, der Spruch und das Organ, von welchem er erlassen wurde. Das Fehlen sonstiger Formerfordernissen, wie etwa eine fehlende Begründung, machen den Bescheid zwar nicht absolut nichtig, jedoch im Rahmen des Fehlerkalküls anfechtbar.

Im vorliegenden Fall weist der Schubhaftbescheid des BFA alle dafür notwendigen Merkmale dahingehend auf, dass von einem rechtsgültigen Bescheid ausgegangen werden kann.

3.       Der Verwaltungsgerichtshof hat schon mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass unzureichend begründete Schubhaftbescheide rechtswidrig und demzufolge nach Maßgabe der erhobenen Schubhaftbeschwerde für rechtswidrig zu erklären sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. August 2007, 2006/21/0107, vom 7. Februar 2008, 2007/21/0446, und vom 17. Juli 2008, 2008/21/0407; vgl. auch den, eine Amtsbeschwerde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich betreffenden Ablehnungsbeschluss vom 28. Mai 2008, 2007/21/0340). Diese, zu den §§ 82f. FPG ergangene Rechtsprechung ist auf die aktuelle Rechtslage ohne weiteres übertragbar.

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner Entscheidung vom 05.10.2017, Ro 2017/21/0007, weiter aus, dass allfällige Begründungsmängel oder Verfahrensmängel im behördlichen Bescheid durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes nicht saniert werden können. Er hat in diesem Zusammenhang mehrfach ausgesprochen, dass ein einmal rechtswidriger Schubhaftbescheid nicht nachträglich konvalidieren werden könne (E vom 28. August 2012, 2010/21/0388, vom 19. März 2013, 2011/21/0250, und vom 11. Juni 2013, 2012/21/0114). Eine Sanierung eines rechtswidrigen Schubhaftbescheides käme einer derartigen Konvalidierung im Ergebnis aber gleich und steht somit auch insoweit zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Widerspruch.

Nicht jeder Begründungsmangel bewirkt eine Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, sondern nur ein wesentlicher Mangel. Das ist ein solcher, der zur Folge hat, dass die behördliche Entscheidung in ihrer konkreten Gestalt die konkret verhängte Schubhaft nicht zu tragen vermag. Dass nur derartige Fehler von Relevanz sind, trägt auch der Umstand Rechnung, dass Schubhaftbescheide nach § 76 Abs. 4 FPG häufig in Form eines Mandatsbescheides zu erlassen sind (auch derartige Bescheide bedürfen allerdings nach herrschender Ansicht einer Begründung; vgl. nur Hengstschläger/Leeb, AVG § 57 Rz 11). In diesem Sinn sind auch Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zu verstehen, wonach Begründungsmängeln des Schubhaftbescheides die Relevanz fehle (so etwa das Erkenntnis vom 24. Februar 1995, 95/02/0119).

Ob ein im Sinn des Gesagten wesentlicher Begründungsmangel vorliegt, ist stets eine Frage des Einzelfalls, daher nicht generell zu klären und als einzelfallbezogene Beurteilung grundsätzlich nicht revisibel, wenn diese Beurteilung auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage in vertretbarer Weise vorgenommen wurde.

4.       Im Vorliegenden Fall enthält der Mandatsbescheid des BFA vom 03.08.2020, Zl. XXXX , gar keine Begründung. Aus diesem Grund und vor dem Hintergrund obiger Ausführungen ist jedenfalls davon auszugehen, dass ein wesentlicher Begründungsmangel vorliegt, der die Inschubhaftnahme nicht zu Tragen vermag.

II.      Zu Spruchpunkt II. und III. (Kostenanträge):

1.       Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

2.       Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Der belangten Behörde gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz, der Beschwerdeführer ist auf Grund Rechtswidrigerklärung obsiegende Partei und hat Anspruch auf Kostenersatz.

3.       Nach § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer daher Kosten iHv € 737,60 zu ersetzen.

IV.      Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes-oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist hinsichtlich Spruchpunkt A.I. nicht zulässig, weil es an keiner Rechtsprechung mangelt. Die Rechtslage zu A.II. und A.III. ist nach der Erlassung des § 22a Abs. 1a BFA-VG klar.

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Begründungsmangel Begründungspflicht Dublin III-VO Kostenersatz Mandatsbescheid Rechtswidrigkeit Rückkehrentscheidung Schubhaft Überstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L514.2233825.1.00

Im RIS seit

16.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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