TE Bvwg Beschluss 2020/8/31 W195 2231808-1

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Veröffentlicht am 31.08.2020
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Entscheidungsdatum

31.08.2020

Norm

AVG §53b
B-VG Art133 Abs4
GebAG §39 Abs1
GebAG §53 Abs1
GebAG §54 Abs1 Z3
GebAG §54 Abs1 Z4
VwGVG §17

Spruch

W195 2231808-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 11.06.2019 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Dolmetschers XXXX beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm
§ 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 GebAG mit

€ 278,90

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Am 28.05.2019 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung, GZ. XXXX , vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, im Rahmen derer der Antragsteller als Dolmetscher fungierte.

2. Mit am 11.06.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangtem Schreiben übermittelte der Antragsteller die gegenständliche Honorarnote betreffend seine Teilnahme als Dolmetscher an der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2019:

Honorarnote-Nr. 85

Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG

2 begonnene Stunde(n) á € 22,70

45,40

Begonnene Stunde(n) über 30 km à € 28,20

 

Reisekosten §§27, 28 GebAG

 

27 km á € 0,42

11,34

Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Preis Fahrkarte)

 

Aufenthaltskosten § 29 iVm §§ 13 bis 15 GebAG

 

Die Reise wurde um Uhr angetreten und um Uhr beendet

8,50

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG

 

für die erste halbe Stunde € 24,50

49,00

für weitere 12 halbe Stunde(n) á € 12,40

148,80

Anmerkung: bei besonders schwierigen Dolmetschtätigkeiten erhöhen sich diese Beträge auf € 30,70 bzw. € 15,40

0,00

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG

 

Übersetzung Schriftstücke pro 1000 Zeichen (ohne Leerzeichen) € 7,60

9.502 Zeichen

72,22

Sonstige Kosten § 31 Z 5, 6 GebAG

 

Stempel-und Postgebühren

 

0% Umsatzsteuer- steuerbefreit laut UStG

0,00

Gesamtsumme

335,26

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

335,30


3. In der Honorarnote verzeichnete sich der Antragsteller unter dem Kostenpunkt „Mühewaltung gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG“ zwei erste halbe Stunden à € 24,50. Des Weiteren beantragte er eine Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstückes (9.502 Zeichen) gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG in Höhe von € 72,22.

4. Die Durchsicht der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, GZ. XXXX , vom 28.05.2019 ergab, dass der Antragsteller im Rahmen dieser Verhandlung die Übersetzung der Aussage eines Zeugen nicht Wort für Wort vorgenommen hat. Vielmehr übersetzte der Antragsteller die Aussage von dem in der Verhandlung angefertigten Verhandlungsprotokoll.

5. Mit E-Mail vom 27.09.2019 wurde der Antragsteller von der Verrechnungsstelle des Bundesverwaltungsgerichtes darauf aufmerksam gemacht, dass die eingebrachte Honorarnote nicht weiterbearbeitet werden könne. Zur Erklärung führte die Verrechnungsstelle des Bundesverwaltungsgerichtes aus, dass bei der Verzeichnung einer Gebühr nach § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG zwischen einem „Schriftstück“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG und einem „Schriftstück“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG zu unterscheiden sei. Als ein „Schriftstück“ im Sinne des § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG sei jenes Dokument zu qualifizieren, welches bereits vor der Einvernahme oder Verhandlung formuliert und verfasst wurde. Unter einem „angefertigten Schriftstück“ iSd § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG sei hingegen lediglich jenes Dokument zu verstehen, welches erstmals während einer Vernehmung oder Verhandlung angefertigt wurde. Die Gebühr für die Übersetzung eines im Rahmen einer Verhandlung „angefertigten Schriftstückes“ unterliege gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG einer Deckelung in Höhe von € 20,00. Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen seien daher Texte („Zeugeneinvernahmen in der Verhandlungsschrift“), welche erstmals während der Vernehmung verfasst und übersetzt wurden, gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG zu vergüten.

6. Mit E-Mail vom 28.10.2019 an die Verrechnungsstelle des Bundesverwaltungsgerichtes gab der Antragsteller an, dass er sich anstatt von 15 halben Stunden nur 14 halbe Stunde an Mühewaltungsgebühren verzeichnet habe. Des Weiteren führte der Antragsteller aus, dass seiner Ansicht nach die beantragte Gebühr in Höhe von € 72,22 für die Übersetzung eines „Schriftstückes“ zu 9.502 Zeichen nicht nach § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG zu berichtigen sei.

7. Mit E-Mail der Verrechnungsstelle des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.12.2019 wurde der Leiter der Gerichtsabteilung XXXX um Auskunft gebeten, ob dem Antragsteller in der Verhandlung vom 28.05.2019, GZ. XXXX , ein in die Verhandlung mitgebrachtes Schriftstück mit einem Zeichenumfang von 9.502 Zeichen zur Übersetzung ausgehändigt oder ob eine Zeugeneinvernahme übersetzt worden sei.

8. Mit E-Mail vom 10.02.2020 verwies der Leiter der Gerichtsabteilung XXXX auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2019, GZ. XXXX , und gab an, dass der in dieser Verhandlung tätig gewordene Dolmetscher eine Zeugeneinvernahme übersetzt habe.

9. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom 09.07.2020 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen kurz zusammengefasst vor, dass laut Auskunft des Leiters der Gerichtsabteilung XXXX in der Verhandlung vom 28.05.2019, GZ. XXXX , kein Schriftstück mit einem Zeichenumfang von 9.502 Zeichen mitgebracht und zur Übersetzung ausgehändigt worden sei, und dem Antragsteller daher eine Gebühr für die Übersetzung eines „Schriftstückes“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG nicht zugesprochen werden könne. Vielmehr sei im gegenständlichen Fall in der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2019 eine Niederschrift zur GZ. XXXX angefertigt worden. Diese Niederschrift sei gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG als ein „in der Verhandlung angefertigtes Schriftstück“ zu qualifizieren. Der Antragsteller habe sodann nach Beendigung von zwei Zeugeneinvernahmen anhand des Protokolls die Übersetzung einer Zeugenaussage vorgenommen, weshalb von der Übersetzung eines „während der mündlichen Verhandlung angefertigten Schriftstückes“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG auszugehen gewesen sei. Die Überprüfung der übersetzten Zeugenaussage habe schließlich ergeben, dass diese 2.039 Zeichen umfasse und daher mit € 15,50 zu vergüten sei. Hinsichtlich der Mühewaltungsgebühren führte das Bundesveraltungsgericht aus, dass sich der Antragsteller insgesamt 14 halbe Stunden Mühewaltungsgebühren zu € 197,80 (2x € 24,50, 12x € 12,40) verzeichnet habe, obwohl die vom Antragsteller tatsächlich geleistete Übersetzungstätigkeit 15 halbe Stunden zu € 198,10 (1x € 24,50, 14x € 12,40) betragen hätte. Da der Betrag mit der ursprünglich eingebrachten Honorarnote begrenzt sei, könne der Differenzbetrag von € 0,30 dem Antragsteller zugesprochen werden.

10. Am 13.07.2020 konnte der Antragsteller an seiner Meldeadresse nicht angetroffen werden, weshalb das Schriftstück vom 09.07.2020 bei einer Filiale der Post zur Abholung hinterlegt wurde.

11. Das Dokument wurde vom Antragsteller nicht behoben und mit 04.08.2020 an das Bundesverwaltungsgericht zurückgesendet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller in der Verhandlung zur GZ. XXXX vom 28.05.2019 in seiner Funktion als Dolmetscher tätig geworden ist.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zum Verfahren GZ. XXXX , der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2019, der vom Antragsteller eingebrachten Honorarnote vom 11.06.2019, der Korrespondenz zwischen dem Antragsteller und der Verrechnungsstelle des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.09.2019 und 28.10.2019, der Auskunft des Leiters der Gerichtsabteilung XXXX vom 10.02.2020, der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 09.07.2020, der Verständigung der Hinterlegung des Dokuments und dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscher) herangezogen hat.

Zu A)

Zur beantragten Mühewaltung gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG

Gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks neben der Gebühr nach Z 3 die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks; wurde das zu übersetzende Schriftstück im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigt, so gebühren für die Übersetzung des gesamten Schriftstücks höchstens € 20,00.

Bei der Verzeichnung einer Gebühr nach § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG ist zwischen einem „Schriftstück“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG und einem „Schriftstück“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG zu unterscheiden. Als ein „Schriftstück“ im Sinne des § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG ist jenes Dokument zu qualifizieren, welches bereits vor der Einvernahme oder Verhandlung formuliert und verfasst wurde. Wird ein solches „Schriftstück“ während der Verhandlung oder Einvernahme übersetzt, so steht dem Dolmetscher gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG zusätzlich neben der Gebühr nach § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG die Hälfte der Gebühr (€ 7,60 pro 1.000 Zeichen) für die Übersetzung dieses „Schriftstücks“ zu.

Unter einem „angefertigten Schriftstück“ iSd § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG ist hingegen jenes Dokument zu verstehen, welches erstmals während einer Vernehmung oder Verhandlung angefertigt wurde. Die Gebühr für die Übersetzung dieses im Rahmen der Verhandlung „angefertigten Schriftstückes“ unterliegt gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG einer Deckelung von höchstens € 20,00.

Mit der Gebührennote vom 11.06.2019 betreffend die mündliche Verhandlung vom 28.05.2019, GZ. XXXX , verzeichnete sich der Antragsteller eine Mühewaltungsgebühr in Höhe von € 72,22 für die während der Verhandlung vorgenommene Übersetzung eines „Schriftstückes“ mit 9.502 Zeichen.

Da laut Auskunft des Leiters der Gerichtsabteilung XXXX in der Verhandlung vom 28.05.2019, GZ. XXXX , kein Schriftstück mit einem Zeichenumfang von 9.502 Zeichen mitgebracht und dem Antragsteller zur Übersetzung ausgehändigt wurde, kann dem Antragsteller eine Gebühr für die Übersetzung eines „Schriftstückes“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG nicht zugesprochen werden.

Im gegenständlichen Fall wurde in der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2019, GZ. XXXX , eine Niederschrift zu GZ. XXXX angefertigt. Diese Niederschrift ist gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG als ein „in der Verhandlung angefertigtes Schriftstück“ zu qualifizieren. Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichtes haben ergeben, dass in der mündlichen Verhandlung zwei Zeugen einvernommen wurden. Aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, GZ. XXXX , geht hervor, dass die Zeugen vom Leiter der Gerichtsabteilung XXXX auf Deutsch einvernommen wurden, ohne dass der Antragsteller – in seiner Funktion als Dolmetscher – die Zeugenaussagen sofort dem Beschwerdeführer übersetzte. Während der Beschwerdeführer nach Beendigung der ersten Zeugenbefragung auf eine Rückübersetzung der Aussagen des Zeugen aus der Niederschrift verzichtete (GZ. XXXX , S. 26), nahm der Antragsteller für den Beschwerdeführer eine Rückübersetzung der zweiten Zeugenaussage anhand der bereits erstellten Niederschrift vor: „RI an BF nach Rückübersetzung: Haben Sie noch Fragen an die Z?“ (GZ. XXXX , S. 27).

Die Durchsicht der Unterlagen ergab, dass der Antragsteller die Übersetzung einer Zeugenaussage nicht Wort für Wort, sondern erst nach Beendigung der Einvernahme, anhand des Protokolls vorgenommen hat. Aus diesem Grund ist von der Übersetzung einer Passage eines „während der mündlichen Verhandlung angefertigten Schriftstückes“ auszugehen (§ 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG).

Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Budgetbegleitgesetzes 2014 ist zur Änderung des § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG Folgendes zu entnehmen: „Für die Rückübersetzung des Protokolls (bzw. die Übersetzung eines sonstigen im Rahmen der Vernehmung oder der gerichtlichen Verhandlung angefertigten Schriftstücks) soll nicht nur die Kürzung auf die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstückes zum Tragen kommen, vielmehr soll der Kostenersatz für solche Übersetzungen insgesamt mit einem Betrag von € 20,00 limitiert werden“ (vgl ErläutRV 53 BlgNR 25. GP 11).

Aufgrund des Wortlautes der relevanten Gesetzesstelle bzw. der zitierten Erläuterungen hat die Berechnungsweise der Gebühr iSd § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG wie folgt vorgenommen zu werden: Für die Übersetzung von einem „in der Verhandlung angefertigten Schriftstück“ ist pro 1.000 Zeichen die Hälfte jener Gebühr, die bei einer schriftlich vorgenommenen Übersetzung zusteht (€ 15,20) zu verzeichnen, somit € 7,60 pro 1.000 Zeichen. Die sich daraus ergebende Formel lautet: , wobei der Gesamtbetrag jedenfalls mit € 20,00 gedeckelt ist.

Die Überprüfung der übersetzten Zeugenaussage hat ergeben, dass die vom Antragsteller aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung übersetzte Zeugenaussage 2.039 Zeichen umfasst. Unter Heranziehung der obigen Formel beträgt die Gebühr für die Übersetzung eines Teiles eines „in der Verhandlung angefertigten Schriftstückes“ deshalb gerundet € 15,50.

Die beantragte Gebühr von € 72,22 für die während der Verhandlung vorgenommene Übersetzung eines „Schriftstückes“ mit 9.502 Zeichen war nicht zuzuerkennen.

Zur beantragten Mühewaltung gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG

Gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher für die Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung für die erste, wenn auch nur begonnene halbe Stunde € 24,50; für jede weitere, wenn auch nur begonnene halbe Stunde € 12,40.

Laut Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2019, GZ. XXXX , war der Antragsteller in der Zeit von 09:50 Uhr bis 17:00 Uhr als Dolmetscher tätig. Die Gesamtdauer der Verhandlung betrug insgesamt 15 halbe Stunden. Mit 11.06.2019 brachte der Antragsteller beim Bundesverwaltungsgericht seine Honorarnote ein und verzeichnete sich gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG zwei erste halbe Stunden à € 24,50 sowie 12 „weitere“ halbe Stunden zu je € 12,40. Insgesamt verzeichnete der Antragsteller sich 14 halbe Stunden an Mühewaltungsgebühren.

§ 54 Abs. 1 Z 3 GebAG gewährt Dolmetschern für die Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung für die erste, wenn auch nur begonnene halbe Stunde eine höhere Gebühr als für jede weitere, wenn auch nur begonnene halbe Stunde. Der klare Gesetzeswortlaut spricht von einer Vernehmung, sodass bei zwei oder mehr Vernehmungen – mögen sie auch zeitlich hintereinander stattfinden, ebenso wie bei mehreren gerichtlichen Verhandlungen – jeweils die höhere Gebühr für die erste halbe Stunde zusteht
(VwGH, 18.01.2018, Ro 2016/16/008).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes steht einem Dolmetscher bei einer oder mehreren Vernehmungen (von unterschiedlichen BeschwerdeführerInnen), wenn sie zeitlich hintereinander stattfinden, jeweils die Gebühr für die erste halbe Stunde á € 24,50 zu. Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichtes haben allerdings ergeben, dass in der Verhandlung vom 28.05.2020, GZ. XXXX , lediglich ein Beschwerdeführer einvernommen wurde. Die beantragte Gebühr für zwei erste halbe Stunden á € 24,50 ist aufgrund der obigen Ausführungen daher nicht nachvollziehbar. In diesem Sinne ist lediglich eine erste halbe Stunde á € 24,50 zu vergüten.

Obwohl sich der Antragsteller insgesamt 14 halbe Stunden Mühewaltungsgebühren zu € 197,80 (2x € 24,50, 12x € 12,40) in seiner Gebührennote verzeichnete, ist festzuhalten, dass die von diesem tatsächlich geleistete Übersetzungstätigkeit 15 halbe Stunden zu € 198,10 (1x € 24,50, 14x € 12,40) betrug.

Die Höhe des ursprünglichen Pauschalbetrages darf bei der Gebührenbestimmung nicht überschritten werden (vgl. OLG Wien SV 2011/2, Dokalik/Weber, Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher 4 (2017) § 38 GebAG, Rz. 6).

Nachträgliche Aufklärungen zu bereits bezeichneten Gebühren fallen nicht unter die Präklusivfrist des § 38 Abs. 1 (Dokalik/Weber, Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher 4 (2017) § 38 GebAG, Rz. 6).

Der Differenzbetrag von € 0,30 ist dem Antragsteller zuzusprechen, da es zu keiner Erhöhung der Gesamtsumme kommt, mit der die ursprünglich eingebrachte Honorarnote begrenzt ist.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG

2 begonnene Stunde(n) á € 22,70

45,40

Begonnene Stunde(n) über 30 km à € 28,20

 

Reisekosten §§27, 28 GebAG

 

27 km á € 0,42

11,34

Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Preis Fahrkarte)

 

Aufenthaltskosten § 29 iVm §§ 13 bis 15 GebAG

 

Die Reise wurde um Uhr angetreten und um Uhr beendet

8,50

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG

 

für die erste halbe Stunde € 24,50

24,50

für weitere 14 halbe Stunde(n) á € 12,40

173,60

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG

 

Übersetzung eines in der Verhandlung angefertigten Schriftstückes
pro 1000 Zeichen (ohne Leerzeichen) € 7,60, Höchstens € 20,00

Übersetzt: 2039 Zeichen

15,50

Sonstige Kosten § 31 Z 5, 6 GebAG

 

0% Umsatzsteuer- steuerbefreit laut UStG

0,00

Gesamtsumme

278,84

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

278,90

Es war daher die Gebühr des Dolmetschers mit € 278,90 zu bestimmen. Das Mehrbegehren in Höhe von € 56,40 (gerundet auf volle 10 Cent) war abzuweisen.

Zu B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.

Schlagworte

Dolmetscher Dolmetschergebühren - Neuberechnung Dolmetschgebühren Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Mehrbegehren Mühewaltung mündliche Verhandlung Niederschrift Schriftstück - Übersetzungstätigkeit Teilstattgebung Übersetzungstätigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W195.2231808.1.00

Im RIS seit

16.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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