Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des Jones (auch Joens) Ezeala in Wien, geboren am 2. Juni 1971, vertreten durch Dr. Michael Mathes, Rechtsanwalt in Wien I, Falkestraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. September 1996, Zl. 4.349.924/1-III/13/96, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Punkt 1. des im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 11. September 1996 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines - seiner Behauptung nach - Staatsangehörigen von Ruanda, der am 5. August 1996 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 6. August 1996 den Asylantrag gestellt hat, gegen den den Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 16. August 1996 abgewiesen.
Gegen diesen Punkt 1. des Bescheides richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, die im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Angaben anläßlich seiner niederschriftlichen Vernehmungen im fremdenrechtlichen Verfahren und im Asylverfahren gemacht zu haben. Seine Englischkenntnisse seien "jedoch sehr gering, was zu einer Vielzahl von "wortwörtlichen Übersetzungen" geführt hat, die teilweise im Kontext mit der Gesamtaussage keinen Sinn ergeben und nicht den Tatsachen entsprechen." Die belangte Behörde habe aufgrund dieser aufgetretenen Widersprüche sein Vorbringen in den Vernehmungen als unglaubwürdig qualifiziert. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen einzelne von der Behörde herangezogene Gründe, aus denen sie im Rahmen der Beweiswürdigung die Unglaubwürdigkeit der gesamten Angaben des Beschwerdeführers geschlossen hat. Der Beschwerdeführer nimmt in der Beschwerde eine Richtigstellung zum Fluchtweg und dessen Dauer vor und erklärt Widersprüche bzw. Unkenntnisse darüber, daß die Staatssprachen in Ruanda Französisch und Kinyarwanda seien, überdies auch Kisuaheli gesprochen werde, alle Straßen französische und nicht englische Bezeichnungen trügen, des weiteren die Staatsflagge nicht, wie vom Beschwerdeführer ausgeführt, rot-gelb, sondern rot-gelb-grün mit einem schwarzen R im gelben Feld, die Währung nicht der Gulden, sondern der Ruanda-Franc sei, sowie die Unkenntnis betreffend größere Städte in Ruanda abgesehen von Sprachproblemen und der "mangelhaften Vernehmung" insbesondere damit, daß der Beschwerdeführer ab seinem siebenten Lebensjahr nicht in Ruanda, sondern in Liberia gelebt habe und erst 1992 nach Ruanda zurückgekehrt sei.
Die belangte Behörde stützte die Annahme der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers auch darauf, daß er angegeben habe, er habe sein Heimatland Ruanda "vor ca. 4 Monaten verlassen" (das ist ca. April 1996), weil in diesem Land Bürgerkrieg herrsche und ein geordnetes Leben für ihn nicht möglich gewesen wäre. Er sei im Dezember 1995 bei einer Autobusfahrt von unbekannten Tätern angeschossen und anschließend im Krankenhaus behandelt worden. Er sei bis zu seiner Ausreise weder aus politischen, noch aus religiösen, rassischen oder anderen Gründen konkreten Verfolgungen ausgesetzt gewesen, sei niemals in Haft gewesen und auch niemals festgenommen worden. Er habe Angst gehabt, bei den bürgerkriegsähnlichen Zuständen neuerlich verletzt oder sogar getötet zu werden. Des weiteren müsse er im Falle seiner Rückkehr zum Militär, dort würde er sterben. Er gehöre dem Volksstamm der Tutsi an. Zu diesen Angaben erläuterte der Beschwerdeführer in der Berufung, daß er als Angehöriger der Tutsi-Minorität und deren politischer Organisation von Verfolgung bedroht sei, weil er, hätte er sich nicht durch Flucht entzogen, zur Teilnahme am Bürgerkrieg gezwungen worden wäre.
Der Beschwerdeführer behauptet in der Beschwerde nicht, daß er diese Aussage nicht gemacht habe bzw. daß sie nicht richtig sei oder was er im Falle der von ihm geforderten Einvernahme unter Beiziehung eines Dolmetschers "aus dem Fach der Muttersprache des Beschwerdeführers" (Tutsi) diesbezüglich vorgebracht hätte. Damit ermangelt einem diesbezüglich eventuell vorliegenden Verfahrensmangel jedenfalls die Relevanz, weil der Beschwerdeführer die dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegten diesbezüglichen Feststellungen unbekämpft läßt und nicht darlegt, was er bei Einhaltung der von ihm als verletzt behaupteten Verfahrensvorschriften im Verwaltungsverfahren vorgebracht hätte.
Die belangte Behörde verneinte die Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers mit der Begründung, daß sein Vorbringen betreffend seine Fluchtgründe "in keinem Bezug zur Realität" stünde. Denn der Bürgerkrieg in Ruanda sei Mitte Juli 1994, nach der Einnahme der Stadt Gisenyi im Nordwesten Ruandas durch die Tutsi-Rebellen, für beendet erklärt worden. In rechtlicher Sicht führte die belangte Behörde hiezu aus, daß ein Bürgerkrieg - selbst wenn diese Angaben des Beschwerdeführers der Wahrheit entsprächen - grundsätzlich keine asylrelevante Verfolgung darstelle.
Die Beweiswürdigung ist ein Denkprozeß, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges als solchen handelt bzw. darum, ob der Sachverhalt, der in diesem Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seiten 549 ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Der von der belangten Behörde herangezogene letztgenannte Umstand, daß der Bürgerkrieg in Ruanda durch Sieg der Tutsi-Rebellen seit Mitte Juli 1994 beendet ist (und allgemein bekannt ist, daß seither unverändert der Volksstamm der Tutsis die Staatsmacht trägt), hat im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer behaupteten Fluchtgründe derartiges Gewicht, daß die belangte Behörde daraus zu Recht auf die Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers schließen durfte.
Ein Eingehen auf die von der belangten Behörde des weiteren ihrer Beweiswürdigung zugrundegelegten Erwägungen erübrigt sich daher im Detail, jedoch ist der Beschwerdeführer auch darauf hinzuweisen, daß seine Unkenntnisse über Straßenbezeichnungen, Staatssprache, Staatsflagge, Währung und Geographie Ruandas nicht damit zu erklären sind, daß er erst ab 1992 wieder in Ruanda gelebt habe, handelt es sich doch bei seinem Aufenthalt seit 1992 bis zu seiner Flucht (ca. April 1996) um einen mehrjährigen Aufenthalt, innerhalb dessen er die Kenntnis insbesondere von das tägliche Leben betreffenden Umständen (vor allem Straßenbezeichnungen und die verwendete Währung) erlangen mußte.
Damit erübrigt sich eine Befassung mit der darüber hinausgehenden Begründung des angefochtenen Bescheides (rechtliche Bewertung der Angaben des Beschwerdeführers für den Fall, daß die Angaben glaubwürdig seien) sowie mit dem hiegegen erstatteten Beschwerdevorbringen.
Bereits der Inhalt der Beschwerde läßt erkennen, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
Damit erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997010088.X00Im RIS seit
20.11.2000