Entscheidungsdatum
12.10.2020Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W161 2196582-1/8E
W161 2196584-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft XXXX vom 12.02.2018, Zl. XXXX , aufgrund des Vorlageantrags von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , beide StA. Syrien, sämtlich vertreten durch Österreichisches Rotes Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft XXXX vom 08.11.2017, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin. Beide sind syrische Staatsangehörige und stellten am 30.01.2017 persönlich bei der Österreichischen Botschaft XXXX (im Folgenden: „ÖB XXXX “) unter gleichzeitiger Vorlage diverser Urkunden einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG.
Begründend führten sie aus, sie möchten zu ihrem Ehemann/Vater XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien der in Österreich Asylberechtigter sei.
1.2. Mit Verbesserungsauftrag der ÖB XXXX vom 14.07.2017, zugestellt am 17.07.2017 wurde den Beschwerdeführerinnen mitgeteilt, dass ihre Anträge nicht innerhalb von drei Monaten nach rechtskräftiger Zuerkennung des Asylstatus der Bezugsperson eingebracht worden wären und daher die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 20 Z 1 bis 3 AsylG zu erfüllen seien. Es wurde ersucht folgende Nachweise der in Österreich lebenden Bezugsperson vorzulegen:
- Meldezettel
- Versicherungsnachweis
- Einkommensnachweis.
1.3. Laut telefonischer Rücksprache mit der Erstbeschwerdeführerin am 01.09.2017 wäre dem Verbesserungsauftrag in Österreich nachgekommen worden. Aus dem Akteninhalt ergibt sich jedoch, dass weder an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch an die Österreichische Botschaft in XXXX die entsprechenden Unterlagen vorgelegt wurden.
1.4. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 18.10.2017 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) aus, dass betreffend die antragstellenden Parteien die Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die Antragssteller(innen) hätten die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht nachweisen können und erscheine die Einreise der Antragssteller(innen) zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Artikel 8 EMRK nicht geboten.
In der Stellungnahme gleichen Datums führt das BFA aus, gemäß den Voraussetzungen in § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG habe der Familienangehörige bei der Antragsstellung auf Erteilung eines Einreisetitels der Vertretungsbehörde folgende Nachweise vorzulegen:
- über einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen werde (adäquate Unterkunft, Z 1);
- dass er über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfüge und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist (Z 2) und
- dass sein Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (vgl. dazu § 11 Abs. 5 NAG) führen könnte (Z3).
Trotz Aufforderung zur Vorlage zum Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 AsylG seien bis dato keine derartigen Nachweise vorgelegt worden, so dass auch nicht davon ausgegangen werden könne, dass diese erfüllt seien.
Auch wenn im gegenständlichen Fall das Vorliegen eines Familienlebens des Art. 8 EMRK zu bejahen sei, könne der Antrag im Lichte des § 60 AsylG nicht positiv entschieden werden.
Für die Antragssteller(innen) könnte sich die Möglichkeit nach dem NAG eröffnen und bestehe daher auch über das NAG die grundsätzliche Möglichkeit eines Familienlebens gemäß Artikel 8 EMRK.
1.5. Mit Schreiben vom 19.10.2017, zugestellt am 23.10.2017, wurde den Antragstellerinnen die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihnen wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei.
Die Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG sowie die Stellungnahme des BFA wurden gleichzeitig übermittelt.
Den Antragstellerinnen wurde die Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Schreibens die angeführten Ablehnungsgründe durch ein unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen, widrigenfalls aufgrund der Aktenlage entschieden werde.
1.6. Die Antragstellerinnen brachten am 30.10.2017 eine Stellungnahme ein. Darin wird insbesondere vorgebracht, die Antragstellerinnen seien die Ehefrau und die minderjährige ledige Tochter von XXXX . Diesem sei mit Bescheid vom 06.09.2016 die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 5 AsylG zuerkannt worden. Umgehend nach Status- Zuerkennung ihres Ehemannes habe die Erstantragstellerin, die für die Familienzusammenführung notwendigen Dokumente, deren Bearbeitung und Erstellung einige Monate gedauert habe, beantragt. Am 06.12.2016 – und somit innerhalb der dreimonatigen Frist – habe die Erstantragstellerin über das Online-Terminreservierungssystem der ÖB- XXXX einen Termin zur persönlichen Vorsprache im Rahmen des Einreiseverfahrens gemäß § 35 AsylG gebucht. Der nächstmögliche freie Termin sei der 30.01.2017 gewesen, welchen die Antragstellerinnen zu persönlichen Antragstellung gemäß § 35 AsylG auch wahrgenommen hätten. Dass die persönliche Vorsprache der Antragstellerinnen an der Österreichischen Botschaft nicht innerhalb der drei monatigen Frist gelegen wäre, liege somit nicht im Verschulden der Bezugsperson oder der Antragstellerinnen. Vielmehr habe sich die Familie noch innerhalb der Frist um einen Termin zur Antragstellung bemüht; die am 06.12.2016 durchgeführte Terminreservierung müsse somit als fristwahrende schriftliche Antragstellung gewertet werden. Eine rechtzeitige persönliche Antragstellung wäre durch die späte Terminvergrabe der Österreichischen Botschaft verhindert worden und könne daher nicht der Bezugsperson zu Lasten gelegt werden. Alleine aus diesen Gründen wäre die Bezugsperson von der Erfüllung der Erteilungsvoraussetzung ausgenommen, andernfalls würde es sich um ein willkürliches Verhalten der Behörde handeln, die durch späte Terminvergabe eine rechtzeitige Antragstellung verhindern könnte.
Im vorliegenden Fall würden die Kriterien des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nicht zur Gänze erfüllt werden. Die Bezugsperson sei krankenversichert und absolviere derzeit einen Schweißkurs beim Berufsförderungsinstitut XXXX . Am 17.11.2017 werde er die Schweißprüfung antreten, das entsprechende Zertifikat werde somit nachgereicht werden. Nach Abschluss seiner Ausbildung werde die Bezugsperson selbstverständlich einer Tätigkeit in diesem Bereich nachgehen. Die Bezugsperson besuche auch einen Deutschkurs B1 und sei sehr darum bemüht, sich schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Bis zum Abschluss seiner Ausbildung und Beginn einer Tätigkeit beziehe die Bezugsperson Mindestsicherung. Im vorliegenden Fall komme der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG zur Anwendung. Österreich sei im vorliegenden Fall der einzige Staat, in dem das gemeinsame Familienleben fortgesetzt werden könne.
Da es sich bei der Zweitantragstellerin um die minderjährige ledige Tochter der Bezugsperson handle, sei zudem zwingend eine Kindeswohlprüfung durchzuführen und seien die Interessen des Kindes zu berücksichtigen. Zusammenfassend könne daher festgestellt werden, dass die Bezugsperson von der Erfüllung der genannten Erteilungsvoraussetzung ausgenommen sei, da der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG hier zur Anwendung komme und abgesehen davon das Versäumen der Frist zur Antragstellung nicht im Verschulden der Antragsteller oder der Bezugsperson gelegen sei. Weiters erscheine die Einreise der Ehefrau und Tochter nach Österreich im Lichte des Art. 8 EMRK sowie im Sinne des Kindeswohls als dringend geboten. Ihnen kommen daher sowohl das Recht auf Einreise, als auch auf Zuerkennung desselben Status in Österreich zu.
1.7. Das BFA hielt mit Mitteilung vom 07.11.2017 an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose fest.
1.8. Mit Bescheid vom 08.11.2017 verweigerte die ÖB XXXX – nach negativer Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl – die Erteilung des Einreisetitels gem. §26 FPG idgF iVm §35 AsylG 2005 idgF.
Begründend wird ausgeführt:
„Sie haben für sich und für Ihre Tochter XXXX , geb. XXXX am 30.01.2017 bei der österreichischen Botschaft XXXX Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Asylgesetz (AsylG, BGBI. I Nr. 100/2005) i.d.g.F. eingebracht. Diese Anträge wurden unverzüglich dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zugeleitet, das nach Prüfung mitgeteilt hat, dass in dem Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels zugrunde liegenden Fall die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten aus folgenden Gründen nicht wahrscheinlich ist
Die Entscheidung bleibt aufrecht und wird zu den Ausführungen in der Stellungnahme ausgeführt wie folgt:
Wenn in der Stellungnahme angeführt wird, dass die rechtzeitige Antragstellung innerhalb der Dreimonatsfrist nach Statuszuerkennung nicht im Verschulden der Bezugsperson oder der Antragstellerin gelegen sei, die Familie sich innerhalb der Frist um einen Termin zur Antragstellung bemühte und sohin auch die am 06.12.2016 durchgeführt Terminreservierung als fristwahrende schriftliche Antragstellung gewertet werden müsse, so ist dem entgegenzuhalten, dass im § 35 AsylG Ab. 1 normiert ist:
„Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.“
Fakt ist, dass der Antrag am 30.01.2017 eingebracht wurde. Zudem ist aber auch anzuführen, dass es den Antragstellerinnen offen gestanden wäre, schriftlich innerhalb der Frist den Antrag zu stellen, um eben die Dreimonatsfrist zu wahren.
Sohin steht zweifelsfrei fest, dass die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten erfolgte und daher auch die Voraussetzung gem. § 60 AsylG zu erfüllen sind.
Ebenso ergibt sich aufgrund der Vorlage des Mindestsicherungsbescheides, dass die Voraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 3 nicht erfüllt sind, zumal, wie in § 11 Abs. 5 NAG ausdrücklich festgehalten, der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führt, wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen.
Die ist hier nicht der Fall, zumal die Bezugsperson in Österreich die Bedarfsorientierte Mindestsicherung erhält.
Auch in der Informationsbroschüre über die Unterhaltsberechnung im NAG wird ausgeführt:
Die Sozialhilfe hat die Aufgabe, hilfsbedürftigen Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen. Hilfsbedürftigkeit liegt vor, wenn der notwendige Lebensbedarf bzw. Lebensunterhalt weder durch den Einsatz der eigenen Kräfte und Mittel (Einsatz der Arbeitskraft, Einsatz von Einkommen und Vermögen) oder durch familiäre Unterhaltsleistungen noch auf Grund eines sozialversicherungsrechtlichen oder sonstigen vorrangigen Leistungsanspruchs gesichert werden kann (Prinzip der Subsidiarität) Die Sozialhilfe ist keine Versicherungsleistung und daher auch kein Einkommensbestandteil.
Durch die Erfüllung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung werden für alle Anspruchsberechtigten grundsätzlich dieseleben Mindeststandards sichergestellt, diese stellt eine Reform der ehemaligen Sozialhilfe dar.
Der Bezug von Bedarfsorientierter Mindestsicherung ist so wie bisher der Bezug von Sozialhilfe kein Einkommensbestandteil.
Ein Mietvertrag wurde zudem ebenfalls nicht vorgelegt, sodass insbesondere vor dem Hintergrund, dass in der Wohnung, in der die Bezugsperson gemeldet ist, insgesamt 10 (!) Männer leben, ein Rechtsanspruch auf eine Unterkunft, die für eine vergleichbar große Familie als ortüblich angesehen wird, nicht als gegeben angenommen werden kann.
Nach der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte handelt es sich bei dem Begriff der „ortsüblichen Unterkunft“ gem. § 11 Abs. 2 Z 2 NAG um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dem die maßgeblichen Erwägungen der Behörde, die zur Entscheidungsfindung wesentlich waren, im Bescheid schlüssig erkennbar und nachvollziehbar sein müssen.
In folgenden Fällen ist nicht von einer ortsüblichen Unterkunft auszugehen (Basierend auf dem Bericht des European Minitoring Centre on Racism an Xenophobia, Ausgrenzung und Diskriminierung von Migranten und Minderheiten im Wohnungswesen in den 15 „alten“ Mitgliedstaaten der EU):
? nicht genehmigter Wohnbau, verlassene Industriewarenhäuser, alte Apartmentblocks, welche zum Abriss bestimmt sind, leere Warenhäuser
? Fehlender Zugang zu WC, Sanitäreinrichtungen, Müllbeseitigung, Kanalisation, Elektrizität oder fließendem (heißem) Wasser
? Überfüllung der Wohnung
Es musste hierbei kein entsprechendes Erhebungsersuchen an die örtlich zuständige Polizeiinspektion gestellt werden, da die vorliegenden Fakten aussagekräftig genug erscheinen.
Eine Unterkunft in welcher derzeit insgesamt 10 Personen darin wohnen, kann in keinster Weise als „ortsüblich“ gewertet werden, selbst wenn es sich dabei um eine 100 m2-Wohnung handeln wird. Diese verhältnismäßige hohe Zahl an Bewohnern entspricht in keinster Weise den örtlichen Gepflogenheiten inländischer Wohnungsnutzer, welches als Vergleichsmaß herangezogen wird. Darüber hinaus ist noch anzuführen, dass es sich bei den Wohnungsinsassen um keinen (Kern) Familienverband handelt, was gegebenenfalls noch als entsprechender Milderungsumstand zu werten gewesen sei.
Unter diesen Voraussetzungen ist ein gemeinsames Familienleben, nach erfolgter Einreise der Antragstellerinnen nicht möglich. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Interessen des gemeinsamen Familienverbandes gewahrt sind. Um ein gemeinsames Familienleben zu führen, müssten weitere 2 Personen an besagtem Ort Unterkunft nehmen, was schlichtweg unzumutbar erscheint. Es müsste deshalb eine getrennte Örtlichkeit in Anspruch genommen werden, was wiederum nicht die Bedingung eines gemeinsamen Familienlebens erfüllt.
Wenngleich im vorliegenden Fall ein Familienleben nach Artikel 8 EMRK zu bejahen wäre und die fehlenden Einkommensvoraussetzungen aufgrund der Ausbildung der Bezugsperson ein gewisses Maß an Berücksichtigung findet, so kann jedoch unter Zusammenschau aller vorhandenen Umstände, insbesondere der fehlenden adäquaten Unterkunft, ein Familienleben um Sinne des Artikels 8 EMRK nicht als gegenwärtig betrachtet werden. Sohin steht für das BFA zweifelsfrei fest, dass ein Familienleben der Antragstellerinnen mit ihrem in Österreich aufenthaltsberechtigten Bezugsperson derzeit tatsächlich nicht entfaltet sein kann.
Richtig ist, dass seit nunmehr 01.11.2017 die Bestimmung des § 34 Abs. 2 Z. 2 weggefallen ist.
Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Abweisung des Antrags auf ein Einreisevisum in Österreich nicht dazu führt, dass ein Familienleben nicht möglich ist. So wird einerseits auf die Ausführungen in der Stellungnahme verwiesen, wonach ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommt.
Die Regelung des Art. 8 EMRK schreib keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre.
Zudem wird auf das EuGH-Urteil vom 21.04.2016 verwiesen (siehe Stellungnahme).
Aus obgenannten Ausführungen ergibt sich daher, dass die Voraussetzungen gem. § 60 AsylG nicht erfüllt sind und ein Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK nicht als gegenwärtig betrachtet werden.
Schlussendlich ist aber auch anzuführen, dass die Bezugsperson auch die Familienangehörigen im Libanon besuchen kann und könnte sich für die Antragstellerinnen die Möglichkeit nach dem NAG eröffnen und wäre daher auch über das NAG die Möglichkeit eines Familienlebens gem. Art 8 EMRK möglich.
Die Entscheidung bleibt daher aufrecht.
Daraus ergab sich, dass Ihr Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG in Verbindung mit § 35 Abs. 4 Asylgesetz abzulehnen war.
Mit Schreiben der Österreichischen Botschaft XXXX vom 19.10.2017 erhielten Sie Gelegenheit innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens (23.10.2017) in schriftlicher Form (per E-Mail, im Post- oder Faxweg) die oben angeführten Ablehnungsgründe durch ein unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
Sie haben zu dieser besichtigten Entscheidung mit Schreiben vom 30.10.2017 fristgerecht Stellung genommen. Ihre Stellungnahme wurde dem BFA am 31.10.2017 zugeleitet. Das BFA hat nach deren Prüfung mitgeteilt, dass durch Ihr Vorbringen nicht unter Beweis gestellt werden konnte, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten entgegen der seinerzeit erfolgten Mitteilung wahrscheinlich ist.
Gemäß § 26 FPG in der Verbindung mit § 35 Abs. 4 Asylgesetz war daher spruchgemäß zu entscheiden und Ihr Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels abzuweisen.
Es wird darauf hingewiesen, dass jederzeit eine Neuantragstellung gem. § 35 AsylG möglich ist.“
Dieser Bescheid wurde den Beschwerdeführerinnen am 09.11.2017 zugestellt.
1.9. Dagegen wurde fristgerecht eine Beschwerde eingebracht.
Darin wird zunächst der Verfahrensgang wiedergegeben und auf das Vorbringen in der Stellungnahme vom 30.10.2017 verwiesen. In der Folge wird ausgeführt, im vorliegenden Fall würden die Kriterien des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG beinahe zur Gänze erfüllt. Die Bezugsperson sei krankenversichert und gehe seit dem 01.12.2017 einer Teilzeitbeschäftigung nach, wobei ihm die Möglichkeit einer Stundenaufstockung auf eine Vollzeitstelle in naher Zukunft offenstehe. Zu seiner Wohnsituation sei zu erwähnen, dass die Bezugsperson zur Zeit in einer Wohngemeinschaft mit fünf Personen zusammenlebe, die Wohnungsgröße betrage 100m2. Weshalb das Bundesamt davon ausgehe, dass zehn Personen in der Wohnung wohnhaft seien, sei unklar und entspreche nicht den aktuellen Wohnverhältnissen. Der Vollständigkeit halber sei dennoch zu betonen, dass die Bezugsperson auf der Suche nach einer eigenen Wohnung sei. Ein entsprechender Mietvertrag werde somit ehestmöglich nachgereicht. Das Bundesamt und die Botschaft hätten es unterlassen, sich mit der eingereichten Stellungnahme ausführlich auseinanderzusetzen. Die unterlassene vollständige Auseinandersetzung mit den in der Stellungnahme vorgebrachten Argumenten und Anträgen stelle eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör bzw. einen Begründungsmangel dar, der nicht nur eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, sondern sogar ein willkürliches Verhalten der Behörde darstelle und den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belaste. Es werde daher beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben und den Beschwerdeführerinnen die Einreise gemäß § 35 AsylG zu gewähren; in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zu neuerlichen Entscheidung an die erstinstanzliche Behörde zurückzuverweisen.
1.10. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.02.2018 wies die ÖB XXXX die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.
Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführerinnen einen Antrag nach §35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt haben und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ergangen sei.
Auch sei erst nach Verstreichen der Stellungsnahmefrist mit Bescheid abgesprochen worden.
Als alleintragender Grund für die Abweisung des von den Beschwerdeführerinnen gestellten Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels gem. §35 Abs. 1 AsylG 2005 komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführerinnen auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.
Unabhängig von der Bindungswirkung teile die belangte Behörde die Ansicht des BFA, dass die formellen Voraussetzungen für die Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson nicht vorliegen.
So könne – wie vom BFA zutreffend ausgeführt – der Antrag im Lichte des § 60 AsylG 2005 nicht positiv entschieden werden.
Wie dem Akt zu entnehmen sei, sei eine (persönliche) Antragstellung erst am 30.01.2017 (Rechtskraft der Status Gewährung 11.10.2016) erfolgt. Daran vermöge eine zuvor erfolgte Terminreservierung im Online-Reservierungssystem nichts zu ändern, weil es nach dem Gesetz auf die Antragstellung ankomme. Soweit aber in der Beschwerde auf § 60 AsylG 2005 inhaltlich Bezug genommen werde, werde gar nicht behauptet, dass alle Voraussetzungen der Z 1 bis 3 des Abs. 2 vorliegen würden, sondern werde auf die Ausnahmeregel des § 60 Abs. 4 Z 3 AsylG abgestellt. Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR werde durch die EMRK kein Recht eines Fremden, in ein bestimmtes Land einzureisen oder sich dort niederzulassen, als solches garantiert. Wo es um die Einwanderung gehe, könne nicht angenommen werden, dass Art. 8 EMRK einem Staat eine allgemeine Verpflichtung auferlege, die Wahl anzuerkennen, welche Ehepaare hinsichtlich eines Landes für ihre eheliche Niederlassung getroffen haben und die Zusammenführung einer Familie auf seinem Gebiet zu erlauben. Auszuführen sei auch, dass Art. 8 EMRK keineswegs vorschreibe, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr werde im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen.Hierzu werde auf das Urteil des EuGH vom 21.04.2016 in der Rechtssache C-558/14 verwiesen.
1.11. Am 21.02.2018 wurde bei der ÖB XXXX ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.
1.12. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 24.05.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
1.13. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 17.07.2020 wurden die verfahrensgegenständlichen Akten der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die beschwerdeführenden Parteien stellten am 30.01.2017 bei der Österreichischen Botschaft XXXX persönlich einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005. Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien genannt, welcher der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und der Vater der Zweitbeschwerdeführerin sei.
Dem angegebenen Ehemann/Vater der nunmehrigen Beschwerdeführer wurde nach seiner Asylantragstellung vom 19.06.2015 mit Bescheid des BFA vom 06.09.2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Die Bezugsperson hat kein eigenes Einkommen, dass ihr im Bundesgebiet zur Verfügung stehen würde, sie lebt von der bedarfsorientierten Mindestsicherung. Weiters wird festgestellt, dass die Bezugsperson in Österreich am 19.06.2015 ihren Asylantrag eingebracht hat, sodass seit mehr als 5 Jahren zwischen der Bezugsperson und den Antragsstellerinnen kein persönlicher Kontakt besteht. Ein eigenes Einkommen der Antragstellerinnen wurde nicht angegeben und kann ein solches auch aus dem Akteninhalt nicht festgestellt werden.
Die Bezugsperson ist an der Adresse XXXX , XXXX aufrecht gemeldet. An derselben Adresse waren und sind laut Melderegisterauszug neun weitere Personen gemeldet.
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 und Z 3 AsylG sind nicht erfüllt, die Beschwerdeführerinnen konnten weder nachweisen, dass ihr Aufenthalt nicht zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen würde, noch legten sie einen aktuellen Nachweis über eine ausreichende Unterkunft vor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Akt der ÖB XXXX .
Daraus ist etwa ersichtlich, dass der Bezugsperson mit Bescheid des BFA vom 06.09.2016 der Status eines Asylberechtigten in Österreich zuerkannt wurde.
Die Feststellungen zum Einkommen der BF sowie der Bezugsperson ergeben sich aus deren Angaben. Insbesondere ist unstrittig, dass die Bezugsperson im Bundesgebiet von der Mindestsicherung lebt. Ein eigenes Einkommen haben die BF niemals in Treffen geführt.
Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerinnen und die Bezugsperson seit mehr als 5 Jahren keinen persönlichen Kontakt zu einander hatten, ergibt sich aus dem Zeitpunkt der Einreise der Bezugsperson ins Bundesgebiet.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:
§ 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:
„(1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).“
§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018:
„(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.“
§ 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:
„Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen
§ 60. (1) …
(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn
1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,
2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,
3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und
4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
(3) …“
§ 11 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 56/2018, § 11a FPG idF BGBl. I Nr. 68/2013 und § 26 FPG idF BGBl. I Nr. 145/2017 lauten:
„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§ 2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 4 Z 13a) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.“
„Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.“
„Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes im Ergebnis zutreffend ist:
2. Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des BFA vom 06.09.2016, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
Im gegenständlichen Fall sind die Erteilungsvoraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 und Z 3 AsylG nicht erfüllt worden. Die Beschwerdeführerinnen konnten (mit Hilfe der Bezugsperson) den Nachweis eigener und fester Einkünfte nicht erbringen und verfügen sie somit nicht über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes in Österreich. Die Bezugsperson müsste für sich und seine Ehefrau den „Ehegattenrichtsatz“ in Höhe von EUR 1.524,99 monatlich aufbringen. Für seine minderjährigen Kinder müsste er über weitere EUR 149,15 pro Kind verfügen. Die Bezugsperson hat jedoch tatsächlich gar kein Einkommen, sondern bezieht die bedarfsorientierte Mindestsicherung, die als Sozialleistung kein Einkommen in diesem Sinne darstellt. Damit steht jedenfalls unzweifelhaft fest, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerinnen zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft im Sinne des § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG und § 11 Abs. 5 NAG führen könnte.
Auch das Erfordernis einer für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehenen Unterkunft konnte nicht erbracht werden, da über die aktuell von der Bezugsperson bewohnte Wohnung kein Mietvertrag oder eine andere Nutzungsvereinbarung, aus der die Größe der Wohnung und die Anzahl der dort wohnenden Personen hervorgeht, vorgelegt wurde.
Zum Zeitpunkt der Stellungnahme des BFA sowie aktuell ergibt sich aus der Zentralmeldeauskunft, dass an der von der Bezugsperson genannten Wohnadresse zehn Personen gemeldet sind. Selbst wenn die Wohnung – wie erst in der Beschwerde vorgebracht – tatsächlich 100 m2 aufweisen würde, kann bei Hinzukommen zweier weiterer Personen nicht von einer ortsüblich angesehenen Unterkunft ausgegangen werden.
Sohin liegen die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 2005 nicht vor.
Die Beschwerdeführerinnen vermeinen, dass gegenständlich der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG zur Anwendung zu gelangen und somit die Erteilungsvoraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 außer Betracht zu bleiben hätten, da die Stattgebung des Antrages zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK geboten wäre.
Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass das BFA diese Frage im Rahmen der Erstellung der Wahrscheinlichkeitsprognose implizit mit zu berücksichtigen hatte und fallgegenständlich offensichtlich zu der Ansicht gelangt ist, dass dies nicht geboten ist.
Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 EMRK steht unter Gesetzesvorbehalt. Wenn die Verweigerung eines Einreiseantrags in den Schutzbereich des Privatlebens oder des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreift, ist zu prüfen, ob sich diese auf eine gesetzliche Bestimmung stützt, was im vorliegenden Fall offensichtlich zutrifft, und ob sie Ziele verfolgt, die mit der EMRK in Einklang stehen, wofür hier insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes in Betracht kommen.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet wurden, im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Bei Erteilung eines Einreisetitels ist zu berücksichtigen, dass Art. 8 EMRK im Allgemeinen kein Recht auf Einreise in ein bestimmtes Land gewährt (EGMR 02.08.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00, Newsletter 2001, 159 uva). Art. 8 EMRK gewährt auch kein unmittelbares Zuwanderungsrecht und lässt den Mitgliedstaaten der EMRK bei der Regelung der Einwanderungspolitik einen breiten Ermessensspielraum (vgl. VfSlg 17.013/2003 und 18.613/2008).
Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. Die Verweigerung eines Visums, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, kann nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247; 22.01.2013, 2011/18/0012).
Im gegenständlichen Fall ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerinnen zwei von drei Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG nicht erfüllen konnten und die Einreise und der Aufenthalt der Beschwerdeführerinnen daher zu einer erheblichen finanziellen Belastung der Gebietskörperschaft führen würde. Es ist auch nicht abzusehen, dass diese Belastung nur von kurzer Dauer wäre, da die Bezugsperson schon bisher weder ein ausreichendes Einkommen noch eine ortsübliche Unterkunft nachweisen konnte und von der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin eine eigenständige Bestreitung des Lebensunterhaltes in naher Zukunft nicht erwartet werden kann. Eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie der Vermeidung finanzieller Belastungen der Gebietskörperschaft einerseits und des persönlichen Interesses der Beschwerdeführerinnen an einer Fortsetzung des Familienlebens in Österreich fällt daher zu Lasten der Beschwerdeführerinnen aus. Besondere Umstände, weshalb das Recht auf Familienleben im gegenständlichen Fall schwerer wiegen sollte als das öffentliche Interesse, wurden nicht dargetan.
Die Regelung des § 35 Abs. 1 und Abs. 4 Z 3 AsylG bedeutet nämlich auch unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK nicht, dass in jedem Fall durch die Nichterteilung eines Einreisetitels in das Recht auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK in unzulässiger Weise eingegriffen würde. Mit der hier gegenständlichen Regelung sollen Gesichtspunkte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Familienleben nach Art. 8 EMRK — und zwar im Rahmen des Familienverfahrens nach den §§ 34 und 35 AsylG 2005 - Berücksichtigung finden, ist doch davon auszugehen, dass damit eine Verletzung dieses verfassungsgesetzlich geschützten Rechts durch die Nichterteilung des asylrechtlichen Schutzstatus hintangehalten werden soll, weil § 34 darauf abstellt, dass dem Familienangehörigen entweder der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist. Hingegen lässt sich aus dieser Bestimmung nicht ableiten, dass - was offenbar die Beschwerde vor Augen hat - die Voraussetzung des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 20054 immer schon allein dann erfüllt wäre, wenn überhaupt der Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK eröffnet ist (vgl. im Grundsatz VwGH 22.11.2017, Ra 2017119/0218), zumal das Bestehen eines Familienlebens iSd Art. 8 EMRK im Regelfall Voraussetzung für die Familienangehörigeneigenschaft nach § 35 Abs. 5 AsylG ist. Nur in seltenen Ausnahmefällen wäre eine Visumerteilung nach § 35 AsylG auch dann geboten, wenn zwar eine Familienangehörigeneigenschaft nach § 35 Abs. 5 AsylG, aber kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht. Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er die Erfüllung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG nur in den seltenen Fällen als Voraussetzung für die Erteilung eines Einreisetitels vorsehen wollte, in denen trotz Familienangehörigeneigenschaft nach § 35 Abs. 5 kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK vorliegt.
Auch aus anderen Bestimmungen ergibt sich (wie der VwGH im zitierten Erkenntnis vom 22.11.2017 ausführt), dass der Gesetzgeber - und zwar selbst dann, wenn die Familienzusammenführung unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK geboten sein sollte, nicht jedem Angehörigen eines Asylberechtigten ebenfalls diesen Status eines Asylberechtigten einräumen wollte (vgl. zur aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gegebenen verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der insoweit vergleichbaren früheren Rechtslage des § 10 und § 11 AsylG vor der AsylG-Novelle 2003 VwGH 12.06.2003, 99/20/0426, insbes. Pkt. 41, der Entscheidungsgründe), sondern ist hier insbesondere § 46 NAG zu erwähnen, der im Rahmen der Familienzusammenführung — für den Regelfall die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Familienangehörigen ermöglicht.
Nur in einem solcherart besonders gelagerten Fall ist auf die Regelung des § 35 Abs. 4 Z 3 letzter Halbsatz AsylG 2005 zurückzugreifen, wenn die Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht vorliegen, aber „im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2“ - also zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 oder zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 - die Stattgebung des Antrages gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.
Nur dann also, wenn (ausnahmsweise) eine Familienzusammenführung im Grunde von (insb) § 46 NAG nicht hinreicht, sondern für den Familienangehörigen Art. 8 EMRK einen asylrechtlichen Schutzstatus nach §§ 34 und 35 AsylG 2005 gebietet, kommt die Regelung des § 35 Abs. 4 Z 3 letzter Halbsatz AsylG 2005 („die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten") zum Tragen. Eine solche Ausnahmesituation ist für das erkennende Gericht nicht zu sehen und wird von den Beschwerdeführerinnen nichts Derartiges (auch nur) behauptet, und zwar auch nicht im Hinblick auf das in der Beschwerde herangezogen Prinzip des Kindeswohls, kann doch aus keinem der Artikel dieses BVG über die Rechte der Kinder ein Recht des Kindes auf Erteilung eines Einreisetitels abgeleitet werden. Insbesondere ist auch auf Art. 7 dieses BVG zu verweisen, wonach eine Beschränkung der in den Artikeln 1, 2, 4 und 6 dieses BVG gewährleisteten Rechte und Ansprüche nur zulässig ist, insoweit sie gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Das „Kindeswohlvorrangigkeitsprinzips" (Art. 1) als Orientierungsmaßstab für die Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit und Verwaltung sowie auch für die Leistungen staatlicher und privater Einrichtungen — steht damit jedenfalls unter Gesetzesvorbehalt. Wie schon oben gesagt kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ein hoher Stellenwert zu und wird gerade im Art 7 des BVG über die Rechte der Kinder die öffentliche Ruhe und Ordnung angesprochen.
Die Beschwerdeargumentation über das Kindeswohl vermag daher eine Rechtswidrigkeit nicht aufzuzeigen. Es mag zwar zutreffen, dass bei der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Interessenabwägung eine besondere Berücksichtigung des Kindeswohls eingefordert wird. Aus dem Gebot, bei dieser Interessenabwägung dem Wohl des Kindes ausreichend Rechnung zu tragen, ist aber noch nicht der Schluss zulässig, der Grundsatz, wonach die EMRK Ausländern kein Recht auf Einreise verbürgt, sei im Hinblick auf das Kindeswohl durchbrochen, verbürge das Kindeswohl im Zusammenhalt mit Art. 8 EMRK per se ein Recht auf Einreise. Wenn daher in der Beschwerde auf ein solches (behauptetes) Recht des Kindes auf Einreise per se abgestellt wird, ist dies verfehlt.
Auch wenn man vom Bestehen eines aufrechten Familienlebens zwischen den Beschwerdeführerinnen und der Bezugsperson ausgehen sollte, kann die familiäre Situation — zumindest — nicht als so außergewöhnlich angesehen werden, dass (ausnahmsweise) eine Familienzusammenführung im Grunde von (insb.) § 46 NAG nicht hinreichen würde, sondern für die Beschwerdeführerinnen Art. 8 EMRK einen asylrechtlichen Schutzstatus nach §§ 34 und 35 AsylG 2005 gebieten würde.
Gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 lit. c Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ist Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel 'Rot-Weiß-Rot - Karte plus" zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles (des NAG) erfüllen, ein Quotenplatz vorhanden ist, der Zusammenführende Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 22.11.2017, Ra 2017/19/0218 darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber im NAG auch Vorkehrungen getroffen hat, um selbst im Fall des Fehlens von Voraussetzungen, die an sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gegeben sein müssen, eine Verletzung von aus Art. 8 EMRK herrührenden Rechten hintanzuhalten (vgl. insbesondere § 1 1 Abs. 3 und § 46 Abs. 2 NAG).
Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z.B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, „dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen.“. Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.
Der Verwaltungsgerichtshof führte zuletzt in seinem Erkenntnis vom 03.05.2018 zu Ra 2017/19/0609 aus: „Der VwGH hat allerdings in seiner Rechtsprechung zu § 46 NAG 2005 ("Bestimmungen über die Familienzusammenführung") bereits festgehalten, dass es - um ein verfassungswidriges Ergebnis zu vermeiden - geboten sein kann, im Einzelfall den in § 46 NAG 2005 verwendeten Begriff "Familienangehörigen" von der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG 2005 abzukoppeln. Besteht etwa ein aus Art. 8 EMRK ableitbarer Anspruch auf Familiennachzug, so ist als "Familienangehöriger" in § 46 NAG 2005 demnach aus verfassungsrechtlichen Gründen auch jener - nicht im Bundesgebiet aufhältige - Angehörige erfasst, dem ein derartiger Anspruch zukommt. In diesem Zusammenhang hat der VwGH auch betont, dass ein im Rahmen von "Begriffsbestimmungen" festgelegtes Verständnis eines Terminus nicht in jedem Fall dazu zwingt, diesen innerhalb eines Gesetzes stets im Sinn der Legaldefinition auszulegen, was im Übrigen das NAG 2005 selbst belegt. So wird etwa in § 2 Abs. 1 Z 10 NAG 2005 als "Zusammenführender" ein - bestimmte Voraussetzungen erfüllender - Drittstaatsangehöriger definiert, während in § 47 NAG 2005 als "Zusammenführende" Österreicher, EWR-Bürger oder Sc