Entscheidungsdatum
14.10.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W174 2217742-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Viktoria MUGLI-MASCHEK, als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Indien, vertreten durch RA Mag. Wolfgang Auner, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2019, Zl. IFA 1171857601 – 190233678 (DEF) bzw. 190246613 (HRZ), zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 24.2.2017 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalem Schutz.
Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) vom 5.9.2018, Zahl 1171857601 – 171208413/BMI-BFA_WIEN_RD, sowohl hinsichtlich des Status des Asylberichtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.12.2018, GZ W163 2209637-1/2E als unbegründet abgewiesen.
1.2. Mit dem gegenständlich bekämpften Bescheid des Bundesamtes wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG in Verbindung mit § 19 AVG aufgetragen, zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes als Beteiligter persönlich am 11.4.2019 um 10:30 Uhr in das Bundesamt, Regionaldirektion Wien, zu kommen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken. Im Konkreten habe er wahrheitsgemäße Angaben zur Identität und Staatsangehörigkeit zu machen sowie Formblätter vollständig auszufüllen und Personaldokumente vorzulegen. Mitzubringen seien dieser Bescheid und seine im Besitz befindlichen relevanten Dokumente: Reisepass, Ausweise, Urkunden und sonstigen die Identität oder Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers bescheinigenden Unterlagen. Wenn der Beschwerdeführer diesem Auftrag ohne wichtigen Grund (Krankheit, Behinderung, andere wichtige Gründe) nicht Folge leiste, müsse er damit rechnen, dass eine Haftstrafe von 14 Tagen verhängt werde (Spruchpunkt I.). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gem. § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt II.).
Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer sich unrechtmäßig in Österreich aufhalte, weil gegen ihn eine rechtskräftige und durchsetzbare Ausreiseentscheidung (Rückkehrentscheidung) bestehe. Sein Asylverfahren sei seit 11.12.2018 in zweiter Instanz in Rechtskraft erwachsen und der Beschwerdeführer bisher seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und illegal im Bundesgebiet verblieben. Die Frist zur selbstständigen Ausreise habe er ungenutzt verstreichen lassen.
Der gegenständliche Bescheid sei nun notwendig, um den Beschwerdeführer zur erforderlichen Mitwirkung zu verpflichten und er werde aufgefordert, die notwendigen korrekten und vollständigen Daten bekanntzugeben und zum festgesetzten Termin im Bundesamt zu erscheinen, um die Amtshandlung vorzunehmen.
Dieser Bescheid wurde am 14.3.2019 dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers rechtswirksam zugestellt.
1.3. Gegen diesen Bescheid wurde am 10.4.2019 Beschwerde erhoben. Begründet wurde sie damit, dass der Beschwerdeführer über einen Gewerbeschein verfüge, als Marktfahrer arbeite und am 11.4.2019 keine Zeit habe, nach Wien zu kommen, weil er Textilien an einem Marktstand außerhalb Wiens veräußern müsse. Er beschäftige einen namentlich genannten Mitarbeiter indischer Herkunft, der bereits seit langem die österreichische Staatsbürgerschaft benutze. Würde der Beschwerdeführer nach Indien abgeschoben, würde sein Unternehmen zusammenbrechen und auch sein Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz verlieren.
Beantragt wurde, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sowie eine Beschwerdeverhandlung anzuberaumen und den betroffenen Mitarbeiter einzuvernehmen.
1.4. Mit dem „Bescheid über Zwangsstrafe“ des Bundesamtes von 11.4.2019 wurde über den Beschwerdeführer auf Grundlage des in diesem Verfahren bekämpften Bescheides gemäß § 5 Verwaltungsvollstreckungsgesetz die für den Fall der Nichterfüllung angedrohte Haftstrafe von 14 Tagen verhängt.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 6.5.2019 persönlich ausgefolgt und der Beschwerdeführer in weiterer Folge in Haft genommen.
Nachdem der Beschwerdeführer am 16.5.2019 im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme die erforderlichen Formblätter ausgefüllt und unterfertigt hatte, wurde er über seine Verpflichtung zur Ausreise informiert, widrigenfalls er abgeschoben werde.
Da der Grund für die Beugehaft nach der Einvernahme nicht mehr vorlag, wurde der Beschwerdeführer noch am 16.5.2019 aus der Beugehaft entlassen.
2. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
2.1. Getroffene Feststellungen:
Der oben angeführte Verfahrensgang wird der Entscheidung als entscheidungsrelevanter Verfahrenssachverhalt zugrunde gelegt und ergibt sich aus dem vorgelegten erstinstanzlichen Akt, aus dem angefochtenen Ladungsbescheid und dem Beschwerdeschriftsatz sowie den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zum Asylantrag.
Unbestritten hielt sich der Beschwerdeführer im Bundesgebiet illegal auf. Unbestritten lag eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor und war der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen.
2.2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes ergeben sich zweifelsfrei aus dem unbestrittenen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes, in den bekämpften Bescheid sowie in den Beschwerdeschriftsatz und die Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes und des Verwaltungsgerichtes.
Weiterer Beweise war wegen der bereits im Zuge des gerichtlichen Ermittlungsverfahrens erlangten Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen.
2.3. Rechtliche Beurteilung:
2.3.1. Verfahrensrechtliche Voraussetzungen, insbesondere Zuständigkeit:
2.3.1.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrens-gesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungs-gerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.
2.3.1.2. Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden 1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; 2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit; 3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde und 4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.
Gemäß Artikel 132 Abs. 2 B-VG kann gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über 1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes, 2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,
3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG, 4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und 5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungs-gerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.
Gemäß §22a Abs. 2 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn 1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist, 2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder 3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
Das Bundesverwaltungsgericht ist sohin für die Entscheidung in der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
2.3.2. Zu Spruchpunkt A)
Gemäß § 19 AVG, dessen Überschrift „Ladungen“ lautet, ist die Behörde berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.
Gemäß Abs. 2 leg.cit ist in der Ladung außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat wer nicht durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.
Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn 1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint, 2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind, 3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder 4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann – vorbehaltlich des Abs. 2a – bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.
Gemäß Abs. 2a ist das Bundesamt jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.
Gemäß Abs. 2b kann die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat das Bundesamt alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es allfällige Gebühren und Aufwandersatzleistungen an ausländische Behörden im Zusammenhang mit der Abschiebung zu entrichten und sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.
Nach der Rechtsprechung des VwGH obliegt die Beurteilung, ob zur Erreichung des mit einer Ladung verfolgten Zwecks ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auch auf andere Weise erreicht werden kann, grundsätzlich der Behörde (VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0149). In Fällen, in denen für den Fremden im Zeitpunkt der Ladung aufgrund einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme eine Ausreiseverpflichtung besteht, kann der Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie – offenbar unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit – die Ladung des Fremden und dessen persönliches Erscheinen zur Erörterung der Frage, wie der auferlegten Ausreiseverpflichtung entsprochen wird und welche Maßnahmen allenfalls zu ihrer Sicherung erforderlich sind, für "nötig" iSd § 19 Abs. 1 AVG erachtet. In einer solchen Konstellation besteht keine Verpflichtung, diese Fragen im Korrespondenzweg abzuklären (vgl. VwGH 14.04.2011, 2010/21/0037).
Angesichts des rechtskräftig beendeten Asylverfahrens, der ausgesprochenen Rückkehrentscheidung, der abgelaufenen Frist für die freiwillige Ausreise sowie mangels Vorliegens identitätsbezeugender Dokumente, erachtete die belangte Behörde das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt, um wahrheitsgemäße Angaben zur Identität und Staatsangehörigkeit zu machen und die notwendigen Formblätter zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments vollständig auszufüllen, in diesem Fall zu Recht für erforderlich. Dabei liegt es in der Natur der Sache, konkret der Identitätsfeststellung zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments, dass der Beschwerdeführer persönlich zu erscheinen hat.
Der VwGH hat ausgeführt, "dass bloße Vorbereitungen für eine allfällige Abschiebung - etwa die Erwirkung eines Heimreisezertifikates - unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig sind, solange nicht feststeht, dass eine Ausreiseverpflichtung nicht besteht" (20.12.2016, Ra 2016/21/0354 mwN).
Das Bundesamt hatte die Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers genau beschrieben:
Dem Beschwerdeführer wurde aufgetragen, zu einem vorgesehenen Termin zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes als Beteiligter persönlich in das Bundesamt, Regionaldirektion Wien, zu kommen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken. Im Konkreten habe er wahrheitsgemäße Angaben zur Identität und Staatsangehörigkeit zu machen sowie die Formblätter vollständig auszufüllen und Personaldokumente (Reisepass, Ausweise, Urkunden und sonstige seine Identität oder Staatsangehörigkeit bescheinigende Unterlagen) vorzulegen.
Die Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers wurde demnach im Sinne der Judikatur durch einen konkreten Auftrag mittels Bescheides des Bundesamtes umschrieben (VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0102).
Mangels Nachweises eines Einkommens oder Vermögens erfolgte die Androhung einer entsprechenden Haftstrafe bei Nichtbefolgung der Ladung ebenfalls zu Recht.
Nach der Rechtsprechung hat eine rechtswirksam geladene Partei die zwingenden Gründe für ihr Nichterscheinen darzutun. Sie muss etwa im Fall einer Erkrankung nicht nur deren Vorliegen behaupten und dartun, sondern auch die Hinderung am Erscheinen bei der Verhandlung aus diesem Grund. Die Triftigkeit des Nichterscheinens muss überprüfbar sein (VwGH 26.5.2020, Ra 2020/21/0144).
In der – am Tag vor dem Ladungstermin eingebrachten – Beschwerde brachte der Beschwerdeführer lediglich unsubstantiiert vor, dass er über einen Gewerbeschein verfüge, als Marktfahrer arbeite und am 11.4.2019 keine Zeit habe, nach Wien zu kommen, weil er Textilien an einem Marktstand außerhalb Wiens veräußern müsse. Er beschäftige einen namentlich genannten Mitarbeiter indischer Herkunft, der bereits seit langem die österreichische Staatsbürgerschaft benutze. Würde der Beschwerdeführer nach Indien abgeschoben, würde sein Unternehmen zusammenbrechen und auch sein Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz verlieren.
Demgegenüber ist festzustellen, dass sich der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt schon seit längerer Zeit nicht mehr zulässigerweise in Österreich aufhielt (vgl. § 88 Abs. 1 GewO). Die vage Behauptung, er habe keine Zeit nach Wien zu kommen, weil er Textilien an einem Marktstand außerhalb Wiens veräußern müsse, ist jedenfalls nicht geeignet, die Triftigkeit seines Nichterscheinens überprüfbar im Sinne der Judikatur zu machen, weshalb der angefochtene Bescheid als rechtskonform zu qualifizieren und spruchgemäß zu entscheiden war.
2.3.3. Mit der gegenständlichen Entscheidung über die Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
2.3.4. Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
2.3.5. Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG im vorliegenden Fall nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Zudem ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen oder es steht in vielen Punkten die Tatfrage im Vordergrund.
Schlagworte
Ausreiseverpflichtung Identitätsfeststellung Ladungen Mitwirkungspflicht Reisedokument RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W174.2217742.1.00Im RIS seit
14.12.2020Zuletzt aktualisiert am
14.12.2020