TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/14 W124 2202922-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.10.2020
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Entscheidungsdatum

14.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch

W124 2202922-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein indischer Staatsangehöriger aus dem Bundesstaat Punjab, reiste irregulär und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

1.2. Der BF wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am XXXX vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA), jeweils im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Punjabi, niederschriftlich einvernommen.

Bei seinen Befragungen gab er im Wesentlichen an, dass er aus einem genannten Dorf im Bundesstaat Punjab stamme, Angehöriger der Volksgruppe der Jat sei und der Glaubensgemeinschaft der Sikhs angehöre. Der BF habe zwölf Jahre die Schule besucht und sei zuletzt Student gewesen. Seine Eltern seien vor fünf Monaten verstorben und er habe keine Geschwister.

Als Fluchtgrund gab der BF zusammengefasst an, dass es vor fünf Monaten einen politischen Streit zwischen zwei Parteien gegeben habe. Sein Vater habe der Alkali Dal Partei angehört und sei Vorstand des Dorfes gewesen. Nach diesem Streit sei der Vater gemeinsam mit der Mutter des BF auf Auftrag von Mitgliedern der Kongresspartei von einem bekannten Verbrecher getötet worden. Da die Kongresspartei die regierende Partei in der Stadt sei, habe die Polizei nichts unternommen. Der BF habe sich bis zu seiner Ausreise bei Verwandten versteckt und sei dann aus Angst um sein Leben geflüchtet.

1.3. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom XXXX den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.) und erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Indien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Er habe nicht glaubhaft gemacht, dass er in Indien asylrelevant verfolgt werde, und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF nach Indien. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Indien.

1.4. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben seines Vertreters vom 01.08.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) ein. In der Beschwerdebegründung wurde zusammengefasst ausgeführt, dass es die belangte Behörde verabsäumt habe, sich mit der konkreten Situation des BF und der aktuellen Situation in Indien auseinandersetzen. Der BF stellte unter anderem einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

1.5. Mit Beschwerdeergänzung vom 16.08.2018 brachte der BF mit Schreiben seines Vertreters vor, dass sich die Beweiswürdigung des BFA als unbrauchbar erweise und der BF glaubhafte Angaben gemacht habe. Zudem habe sich das BFA nicht mit der persönlichen Situation des BF und dessen Bindungen zu Österreich auseinandergesetzt.

1.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX wurde die Beschwerde gemäß §§ 3. 8. 10 und 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG sowie § 46, 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der BF als fluchtauslösendes Ereignis zusammengefasst vorgebracht habe, dass in Indien seine Eltern auf Grund eines Auftrages von Angehörigen der Kongresspartei ermordet worden seien und auch der BF Verfolgung zu befürchten habe.

Zu den Fluchtgründen des BF wurde ausgeführt, dass sich die Feststellungen zu den Gründen des BF für das Verlassen seines Heimatstaates auf die von ihm vor dem BFA und in der Beschwerde getroffenen Aussagen stützen würden.

Als fluchtauslösendes Ereignis habe der BF zusammengefasst vorgebracht, dass in Indien seine Eltern aufgrund eines Auftrages von Angehörigen der Kongresspartei ermordet worden seien und auch der BF Verfolgung zu befürchten habe.

Festzuhalten sei, dass diese Verfolgungsgründe weder bewiesen noch belegt worden seien. Daher sei zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen seien, auf die persönliche Glaubwürdigkeit des BF und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen.

Die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des BF habe vor allem zu berücksichtigen, ob dieser außerhalb des unmittelbaren Vortrags zu seinen Fluchtgründen die Wahrheit gesagt habe; auch sei die Beachtung der in § 15 AsylG normierten Mitwirkungspflichten gemäß § 18 Abs. 3 AsylG und die sonstige Mitwirkung des BF im Verfahren zu berücksichtigen.

Es obliege dem BF, die in seiner Sphäre gelegenen Umstände seiner Flucht einigermaßen nachvollziehbar und genau zu schildern. Aus den Angaben des BF lasse sich jedoch keine lineare Handlung erkennen, die objektiv geeignet wäre, einen asylrelevanten Verfolgungsgrund zu verwirklichen. Wie sich aus der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA ergeben würde, habe der BF ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt, seine Fluchtgründe umfassend und im Detail darzulegen sowie allfällige Beweismittel vorzulegen, wobei er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe. Der BF sei vom BFA auch mehrmals zur umfassenden und detaillierten Schilderung seiner Fluchtgründe und zur Vorlage entsprechender Unterlagen aufgefordert sowie über die Folgen unrichtiger Angaben belehrt worden.

Dabei sei festzuhalten, dass aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden könne, dass der BF grundsätzlich in der Lage sein müsse, umfassende und inhaltlich übereinstimmende Angaben zu den konkreten Umständen und dem Grund der Ausreise aus dem Herkunftsstaat zu machen, zumal eine Person, die aus Furcht vor Verfolgung ihren Herkunftsstaat verlassen habe, gerade in ihrer ersten Einvernahme auf konkrete Befragung zu ihrer Flucht die ihr gebotene Möglichkeit wohl kaum ungenützt lassen würde, die Umstände und Gründe ihrer Flucht in umfassender und in sich schlüssiger Weise darlegen würde, um den beantragten Schutz vor Verfolgung möglichst rasch erhalten zu können. Es entspreche auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine mit Vernunft begabte Person, die behaupte, aus Furcht vor Verfolgung aus ihrem Herkunftsstaat geflüchtet zu sein, über wesentliche Ereignisse im Zusammenhang mit ihrer Flucht, die sich im Bewusstsein dieser Person einprägen würden, selbst nach einem längeren Zeitraum noch ausreichend konkrete, widerspruchsfreie und nachvollziehbare Angaben machen könne.

Wie das BFA zutreffend ausgeführt habe, habe der BF aufgrund seiner widersprüchlichen Angaben die Gefahr einer Verfolgung im gesamten Staatsgebiet von Indien jedoch nicht glaubhaft machen können. So habe der BF anfangs angegeben, dass er nach dem Tod seiner Eltern bei seinen Großeltern gelebt habe, während er in seiner nachfolgenden Einvernahme ausführte, dass er sich bei seinem Onkel im Geräteschuppen auf dem Feld versteckt habe und seine Großeltern nicht mehr leben würden. Etwaige Beweismittel wurden zu keiner Zeit vorgelegt.

Weiters sei den Ausführungen der Behörde zuzustimmen, dass dem BF selbst bei tatsächlicher Ermordung seiner Eltern immer noch die Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative offenstehen würde. In diesem Zusammenhang würde insbesondere das Verhalten des BF, sein gesamtes bisheriges Leben hinter sich zu lassen und die Flucht ins Ungewisse (auf einen anderen Kontinent mit einer anderen Kultur und fremder Sprache) zu ergreifen, ohne einen nachhaltigen Versuch zu unternehmen, eine alternative und mit einem Verbleib in seinem Heimatland verbundene Lösung – etwa durch Aufenthaltnahme in einer der zahlreichen Millionenstädte Indiens, in denen seine Anonymität gewahrt bleiben würde – zu finden, befremdlich und realitätsfern erscheinen. Diesbezüglich sei anzumerken, dass sich der BF nach eigenen Angaben bei seinen Verwandten versteckt habe und es zu keinerlei Übergriffen gegen seine Person gekommen sei. Auch habe der BF explizit angegeben, dass seine Verwandten keiner Bedrohung ausgesetzt wären.

Der Ermittlungspflicht der Behörden stehe eine Mitwirkungspflicht des BF gegenüber. Der Verwaltungsgerichtshof (in der Folge VwGH) habe in ständiger Judikatur erkannt, dass es für die Glaubhaftmachung der Angaben erforderlich sei, dass der BF die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildern würde, und dass diese Gründe objektivierbar sein müssten, wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des „Glaubhaft-Seins“ der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukomme. Damit sei die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen und für eine Asylgewährung spreche und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefere. Insoweit treffe den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (VwGH 11.11.1991, 91/12/0143, VwGH 13.04.1988, 86/01/0268). Der Antragsteller habe daher das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun sei (u.a. VwGH 26.06.2997, 95/18/1291, VwGH 17.07.1997, 97/18/0336, VwGH 05.04.1995, 93/180289). Die Mitwirkungspflicht beziehe sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen seien und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

Das Verwaltungsverfahren im Asylverfahren sehe neben der allgemeinen Manduktionspflicht des AVG (§ 13a leg. cit.) eine Reihe weiterer verfahrenssichernder Maßnahmen vor, um einerseits der Verpflichtung nach § 37 AVG nachhaltig Rechnung zu tragen, sowie andererseits um die in einem solchen Verfahren oft schwierigen Beweisfragen zu klären. Daher sei die erkennende Behörde auch auf die Verwertung allgemeiner Erfahrungssätze angewiesen. Die Bildung von solchen Erfahrungssätzen sei aber nicht nur zu Gunsten des Asylwerbers möglich, sondern sie könne auch gegen ein Asylvorbringen sprechen.

Es entspreche der ständigen Judikatur des VwGH, wenn Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes bzw. Herkunftsstaates geführt hätten, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden würden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens – niederschriftlichen Einvernahmen – unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstelle, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen würden, oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringe (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650).

Der BF versuche offenbar, das für wirklich verfolgte Menschen so wichtige Institut des Asyls für seine Zwecke zu gebrauchen und – in Umgehung der sonst geltenden aufenthaltsrechtlichen Vorschriften – zu einem Aufenthaltsrecht ins Österreich zu gelangen.

Da weitere Fluchtgründe weder behauptet worden seien, noch von Amts wegen hervorgekommen seien, weiters davon auszugehen sei, dass die konkret vorgebrachte Fluchtgeschichte nicht der Wahrheit entsprechen würden bzw. nicht asylrelevant seien, habe eine Verfolgung nicht glaubhaft gemacht werden können.

Rechtlich wurde dazu ausgeführt, dass es dem BF nicht gelungen sei eine persönliche Verfolgungsgefahr in seiner Heimat Indien glaubhaft darzulegen. Darüber hinaus habe der BF im Verfahren auf keinen taxativ in der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählten Verfolgungsgrund Bezug genommen. Auch Nachteile, die auf die in einem allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen seien, stelle keine Verfolgung i.S.d. GFK dar. Da der BF die behaupteten Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen könne, würden die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründen nicht vorliegen.

Außerdem würde dem BF, selbst bei Wahrunterstellung seines Vorbringens, eine zumutbare Fluchtalternative in Indien zur Verfügung stehen.

Zu Spruchpunkt II. wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des VwGH die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraussetze, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu treffen seien, ob einer Person im Falle der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung drohe. Es würde einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschrechtslage im Zielstaat zu beziehen habe, bedürfen. Für das Vorliegen einer realen Gefahr („rela risk“) reiche es nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich sei, es bedürfe vielmehr einer darüberhinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (vgl. VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, mwN).

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (vgl. VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, mwN insbesondere zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte – EGMR und des Europäischen Gerichtshofes – EuGH).

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).

Selbst wenn einem Antragsteller in seiner Herkunftsregion eine Art. 3 EMRK-widrige Situation drohen sollte, ist seine Rückführung dennoch möglich, wenn ihm in einem anderen Landesteil seines Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) zur Verfügung steht (§ 8 Abs. 3 AsylG). Dies ist gemäß § 11 Abs. 1 AsylG dann der Fall, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann (Prüfung der konkreten Lebensumstände am Zielort). Für die Frage der Zumutbarkeit (im engeren Sinn) muss daher ein geringerer Maßstab als für die Zuerkennung subsidiären Schutzes als maßgeblich angesehen werden (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 11 AsylG, K15).

Um von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, muss es dem Asylwerber möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Ob dies der Fall ist, erfordert eine Beurteilung der allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und der persönlichen Umstände des Asylwerbers. Es handelt sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss (VwGH 05.04.2018, Ra 2018/19/0154 mit Verweis auf VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001, mwN).

Der VwGH hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Asylwerber das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.06.1997, 95/18/1291; VwGH 17.07.1997, 97/18/0336). Diese Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 AsylG in Erledigung des Eventualantrages auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bescheidmäßig festzustellen, ob dem Antragsteller der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist. Dieser ist dann zuzuerkennen, wenn die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nicht zulässig ist.

1.7. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder den relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder drohe ihm im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten Rechte nach der EMRK. Eine solche Gefahr habe der BF weder glaubhaft gemacht, noch sei diese von Amts wegen hervorgekommen oder der Behörde bekannt. Selbiges gelte für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Somit seien keine Umstände hervorgetreten, die zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention führen könnten.

Es hätten sich im gesamten Verfahren keine Anhaltspunkte gefunden, die zu einem anderen Ergebnis als im erstbehördlichen Bescheid führen würden. Daher sei auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des im Spruch bezeichneten Bescheides abzuweisen gewesen.

Zu Spruchpunkt III. wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF keine Verwandten oder sonstigen nahen Angehörigen in Österreich haben würde. Die Rückkehrentscheidung würde daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des BF auf Schutz des Familienlebens darstellen.

Gehe man im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben des BF in Österreich aus, so falle die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des BVwG zu Lasten des BF aus und stelle die Rückkehrentscheidung keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar.

1.8. Die Dauer des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet seit XXXX sei als sehr kurz zu bezeichnen und würde weiter dadurch relativiert, dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig sei. Dies habe dem BF bewusst gewesen sein müssen.

Weitere ausgeprägte private und persönliche Interessen habe der BF im Verfahren nicht dargetan und auch keine Kenntnisse der deutschen Sprache oder einer erlaubten Erwerbstätigkeit belegt. Es sei daher davon auszugehen, dass im Falle des BF ein nur geringer Grad an Integration erreicht worden sei. Die Schutzwürdigkeit seines Privat-, und Familienlebens in Österreich sei aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt nur auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt habe, nur in geringem Maße gegeben. Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene BF den überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht habe und dort sozialisiert worden sei, sei davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen würden, zumal dort weiterhin seine Verwandten leben und der BF auch eine Sprache des Herkunftsstaates als Muttersprache beherrschen würde.

Der Umstand, dass der BF in Österreich nicht straffällig geworden sei, bewirke keine relevante Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen würde (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts komme dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) und der VwGH hätten in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden hätten sollen (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).

Daher sei davon auszugehen, dass die Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukomme, in den Hintergrund treten würden. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung sei daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheine auch nicht unverhältnismäßig.

Gemäß § 46 Abs. 1 FPG würden Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar sei, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1.       die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2.       sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4.       sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat sei gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen würden, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

1.9. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG würde mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt werden. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt würde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht worden seien, sei die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Daher sei die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG sowie §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abzuweisen gewesen.

II. Gegenständliches Verfahren:

2.1. Am XXXX stellte der BF einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz und führte in der mit ihm vor der Landespolizeidirektion Wien am selbigen Tag aufgenommen Niederschrift dazu aus, dass die alten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht bleiben würden. Zusätzlich wolle er hinzufügen, dass seine „Gegner“, welche er bei der letzten Einvernahme angegeben habe, einen Jungen getötet hätten. Er würde diesen zwar nicht kennen, aber er habe Angst, dass sie ihm auch etwas antun könnten oder ihn sogar umbringen würden.

2.2. Am XXXX wurde mit dem BF vor dem BFA eine Niederschrift aufgenommen, welche folgenden Verlauf nahm:

(….)

Dem AW wird eine kurze Darstellung des bisherigen Ablaufs des Verfahrens gegeben und Grund und Ablauf der nunmehrigen Einvernahme mitgeteilt.

L: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?

A: Ja.

L: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Stehen Sie derzeit in ärztlicher Behandlung oder nehmen Medikamente?

A: Mir geht es gut.

L: Haben Sie Beweismittel oder Identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?

A: Nein.

L: Haben Sie in Österreich Verwandte?

A: Nein.

L: Leben Sie in Österreich mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft, wenn ja, beschreiben Sie diese Gemeinschaft?

A: Nein, ich lebe nur in einer Wohngemeinschaft mit anderen drei Personen.

L: Wann sind Sie in Österreich eingereist?

A:. Im XXXX .

L: Sind Sie seither durchgehend in Österreich aufhältig?

A: Ja.

L: Sind Ihre behaupteten Fluchtgründe aus dem Vorverfahren aufrecht?

A: Ja.

L: Wiederholen Sie kurz Ihre Fluchtgründe aus dem Vorverfahren?

A: Wir hatten Streit mit Dorfbewohnern. XXXX . Die drei sind unsere Dorfbewohner und gehören zur Kongresspartei. Mein Vater war Dorfrat und kurz vor der Dorfratswahl im XXXX wurde er von diesen Personen angeschossen. Sie haben das nicht selbst gemacht, sondern jemanden beauftragt, namens XXXX . Mein Vater ist dann gestorben.

L: Wann konkret ist dann ihr Vater gestorben?

A: XXXX war das.

L: Inwieweit waren Sie betroffen?

A: Auch mein Leben war in Gefahr. Sie waren bei mir zu Hause.

L: Was haben diese Leute bei ihnen gemacht?

A: Ich habe Drohanrufe erhalten. Da wurde ich mit dem Umbringen bedroht.

L: Was passierte nach dem Tod Ihres Vaters?

A: Sie waren bei mir zu Hause und haben in der Luft herumgeschossen.

L: Haben Sie alleine gelebt oder wo war Ihre Mutter?

A: Meine Mutter wurde am gleichen Tag wie mein Vater auch ermordet.

L: Wo haben Sie dann1 gelebt?

A: Bei einem entfernten Verwandten, namens XXXX habe ich mich aufgehalten und der hat mich dann auch ins Ausland geschickt.

L: Dieser hat dann also Ihre Flucht organisiert?

A: Ja, er hat den Schlepper organisiert und auch bezahlt.

L: Ihr Vorverfahren zur Zahl XXXX wurde in zweiter Instanz rechtskräftig negativ entschieden. Bezüglich Ihrer Fluchtgründe, hat sich was geändert? Warum stellen Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz?

A: Ich hatte noch meine alte indische SIM-Karte. Im Jahr XXXX wurde ich von XXXX telefonisch bedroht. Nachgefragt gibt AW an, dass es im XXXX war. Diese Person wird gerade von der Polizei gesucht. Niemand weiß, wo er sich aufhält.

L: Wie sah diese Bedrohung aus? Erzählen Sie Details!

A: Ich wurde von einer unbekannten Nummer angerufen. Er sagte zu mir: „Ich bin es, ich habe deine Eltern getötet. Ich werde dasselbe mit dir machen. Du kannst dich nicht ewig verstecken.“ Er hat mich auch beschimpft.

L: Was haben Sie gesagt? Was haben Sie daraufhin unternommen?

A: Ich sagte zu ihm, er soll versuchen, mich zu finden. Ich glaube nicht, dass du mich finden kannst. Als er mich beschimpft hat, habe ich zurückgeschimpft und dann aufgelegt.

L: War das ein einmaliger Vorfall oder hat er sich nochmal gemeldet?

A: Ich habe nur einmal mit ihm telefoniert.

L: Wo ist Ihre SIM-Karte jetzt?

A: Diese SIM-Karte habe ich weggeworfen.

L: Warum?

A: Damit er mich nicht nochmal kontaktiert.

L: Sind das also ihre Gründe für die neue Asylantragstellung?

A: Ja.

L: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr nach Indien?

A: Diese Person hat vor einigen Monaten jemanden in Polizeihaft umgebracht. Das könnte auch mir passieren.

L: In Indien gibt es kein Meldewesen. Ihnen würde daher die Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative offen- stehen. Was sagen Sie dazu?

A: Wenn ich zurückkehre und irgendwann über Facebook etwas poste. Ich muss es ja nicht selbst posten. Eventuell einer meiner Freunde postet ein Foto von mir. Dann wird er erfahren, dass ich wieder in Indien bin.

L: Inwieweit würden aufenthaltsbeendende Maßnahmen in Ihr Familien- und Privatleben eingreifen?

Anmerkung: Die Fragestellung näher erläutert, insbesondere dass im Rahmen einer Ausweisungsprüfung verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Österreich, Aufenthaltsberechtigungen für Österreich, gewichtige private Interessen an einem Verbleib in Österreich, udgl. berücksichtigt werden.

A: Hier passiert mir nichts, dort könnte mit etwas passieren.

L: Welche Unterstützungen bekommen Sie?

A: Ich bekomme nichts, weil ich ja privat lebe.

L: Welchen Glauben haben Sie?

A:. Ich bin Singh. Nachgefragt, ob AW sich sicher ist, bejaht er.

L: Sind Sie in Österreich einer Beschäftigung nachgegangen oder waren Sie in Österreich berufstätig?

A: Ab und zu verteile ich Werbung für Restaurants. DA bin ich nicht angemeldet.

L: Sind Sie oder waren Sie in irgendwelchen Vereinen oder Organisationen in Österreich tätig?

A: Nein.

L: Wie gut sprechen Sie Deutsch? Haben Sie schon Kurse besucht?

A:. Ich verstehe schon ein bisschen. AW antwortet auf Deutsch. Ich habe aber noch keinen Kurs besucht.

L: Welche Sprache sprechen Sie am besten?

A: Punjabi.

L: Welche Angehörigen sind in Indien?

A: Mein Onkel mütterlicherseits ist noch dort. Und mein Onkel hat einen Sohn.

L: Sonst gibt es niemanden?

A: Nein.

L: Geschwister haben sie keine?

A: Nein

L: Besteht Kontakt zu Ihrem Onkel?

A: Nein. Der letzte Kontakt war in Serbien, auf der Reise nach Österreich. Da habe ich mit meiner alten SIM-Karte telefoniert. Jetzt habe ich die Telefonnummer nicht mehr.

LA: Möchten Sie zu den Länderfeststellungen zu Indien etwas sagen?

A: Nein, ich habe es nicht gelesen.

L: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint?

A: Ich möchte, dass Sie mir das Recht geben, hier zu arbeiten. Es ist schwierig, ohne Arbeit

hier zu überleben. Ich brauche ein bisschen.

2.3. In der Folge wurde mit Bescheid vom XXXX der Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX wurde hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG idgF erlassen (Spruchpunkt IV). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Abs. 1 a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den BF eine auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII).

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass sich die Feststellung, dass der BF im gegenständlichen Verfahren keinen nach rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens neu entstandenen, asylrelevanten und glaubhaften Sachverhalt vorgebracht habe, aus seinen Angaben bei der Erstbefragung am XXXX und der Einvernahme am XXXX zum gegenständlichen Verfahren ergebe.

Der BF würde sich im gegenständlichen Verfahrensgang nach wie vor auf Rückkehrhindernisse, welche bereits in seinem Erstverfahren abgehandelt und als nicht glaubhaft bzw. asylrelevant erachtet worden seien, beziehen. Ergänzend habe der BF im Zuge der Erstbefragung vom XXXX ausgeführt, dass der BF durch „Facebook“ erfahren habe, dass die „Gegner“ einen Jungen umgebracht hätten. Bei der weiteren Einvernahme am XXXX habe der BF sein Fluchtvorbringen gesteigert und zu Protokoll gegeben, dass er im XXXX von einem Mörder seiner Eltern, namens XXXX kontaktiert und telefonisch mit dem Umbringen bedroht worden sei. Anschließend habe der BF seine alte SIM-Karte weggeworfen. Das späte gesteigerte Vorbringen sei als unglaubwürdig zu qualifizieren, da kein Asylwerber eine sich bietende Gelegenheit, ein zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen würde (VwGH vom 07.06.2000, 2000/01/0250).

Hervorzuheben sei, dass der BF die Gründe, die er bei der Erstbefragung am XXXX vorgebracht habe zur Gänze unerwähnt gelassen habe, was wiederum ein Indiz für seine Unglaubwürdigkeit darstelle. Eine Gefährdung auf Grund seiner ethnischen, nationalen oder religiösen Zugehörigkeit, seiner politischen Überzeugung oder seiner Zugehörigkeit zu einer besonderen sozialen Gruppe habe er nicht vorgebracht und nicht festgestellt werden können. Es sei daher festzuhalten, dass sich seine persönliche Situation im Vergleich zur Rechtskraft seines ersten Asylverfahrens zum gegenwärtigen Zeitpunkt als unverändert darstelle. Das lediglich behauptete Interesse zum christlichen Glauben habe seinen Angaben nach bereits zum Zeitpunkt der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens bestanden, weswegen auch in diesem Hinblick keine Änderung seit rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens eingetreten sei.

Im nunmehrigen Asylantrag habe der BF offenbar die wiederholte Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt.

Bezugnehmend auf sein Fluchtvorbringen aus dem Erstverfahren sei abschließend anzumerken, dass seine eigentlichen „Ausreisegründe“ weiterhin aufrecht sein würden. Diesbezüglich sei bereits im Vorverfahren eine ausreichende Würdigung vorgenommen worden. Die vorgebrachten Gründe, weshalb es dem BF nicht mehr möglich sei, in sein Herkunftsland zurückzukehren, seien somit nicht geeignet, neue, inhaltliche Entscheidungen der Behörde zu bewirken und könne darin kein neuer, entscheidungsrelevanter asyl-, bzw. refoulmentrelevanter Sachverhalt festgestellt werden können. Die erkennende Behörde habe auf Grund des aufgezeigten Sachverhaltes zum Schluss kommen müssen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert sei. Es würde somit eine entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliegen.

Was die weiteren und gemäß § 8 AsylG 2005 berücksichtigungswürdigen Aspekte betreffe, sei anzumerken, dass sich im gegenständlichen Verfahren ebenso kein Hinweis auf einen seit Rechtskraft seines Erstverfahrens entscheidungsrelevanter geänderter Sachverhalt ergeben habe. Weder im Hinblick aus seine persönliche Situation, noch im Hinblick auf die allgemeine Lage in seinem Heimatland.

Zu seinem Privat-, und Familienleben wurde ausgeführt, dass keine besondere Integrationsverfestigung der Person des BF in Österreich bestehe. Diese würde sich aus dem Umstand ergeben, dass der BF seit seiner illegalen Einreise nach Österreich realistischer Weise zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthaltes in Österreich davon ausgehen habe können, dass ihm ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht in Österreich zukommen würde. Der BF habe nicht dargelegt, dass in seinem Fall besonders gewichtige Interessen an einem Verbleib in Österreich bestehen würden. Unter diesen Gesichtspunkten sei auszuschließen, dass eine Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich erfolgen habe können.

Aus den im Erstverfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu seinem Heimatland, unter Berücksichtigung von aktualisierten Versionen des im Erstverfahren verwendeten Quellenmaterials, würden sich keine Hinweise auf eine sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens maßgeblich geänderte Lage in seinem Heimatland ergeben.

Hinsichtlich des Einreiseverbotes wurde ausgeführt, dass der BF offensichtlich nicht bereit sein würde die österreichische Rechtsordnung und die aus dieser Rechtsordnung in Rechtskraft erwachsenen Entscheidungen der Behörden oder Gerichte zu achten und beachten. Es sei daher zum zwingenden Schluss zu kommen, dass der Aufenthalt des BF jedenfalls in Österreich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Seine Verhaltensweise zeige eindeutig, dass der BF nicht gewillt sei sich den Entscheidungen der österreichischen Gerichte und Behörden gegenüber zu fügen und sich rechtskonform zu verhalten. Wenn der BF schon zum jetzigen Zeitpunkt nicht bereit sei sich den in Österreich festgelegten rechtlichen und gesellschaftlichen Regeln zu unterwerfen, so könne nur eine negative Zukunftsprognose gegenüber seiner Person abgegeben werden.

Der BF würde seit seiner ersten Einreise in das österreichische Bundesgebiet ausschließlich aus Mitteln der öffentlichen Hand leben. Eine auf gesetzliche Bestimmungen basierende Bewilligung zur Aufnahme einer Beschäftigung, wie sie regelmäßig der Sicherung des Lebensunterhaltes (Nahrung und Obdach) diene, sei ihnen nicht möglich. Der BF habe den Besitz von Mitteln zu seinem Unterhalt nicht nachweisen können.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage – und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in seiner Sphäre gelegen sei, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen sei- noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen lassen würde, stehe die Rechtskraft des ergangenen Erkenntnisses vom XXXX einem neuerlichen Antrag sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten isd § 3 AsylG, als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten iSd § 8 AsylG entgegen, weswegen das Bundesamt zu einer Zurückweisung verpflichtet sei.

Weder aus der Aktenlage noch aus den Behauptungen des BF sei hervorgegangen, dass der BF Zeuge oder Opfer von Menschenhandel, grenzüberschreitenden Prostitutionshandel oder Opfer von Gewalt geworden sei. Darüber hinaus sei der Aufenthalt im Bundesgebiet weniger als die in § 46 a Abs. 1 Z 1 oder 1a FPG normierten Dauer geduldet.

Bezüglich der Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 AsylG sowie gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG sei eine Entscheidung nach dem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberichtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen werde und ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 FPG von Amts wegen nicht zu erteilen sei. Diese Bestimmung sei auch bei der Zurückweisung eines Folgeantrages nach § 68 Abs. 1 AVG anzuwenden, da weiterhin eine rechtskräftige abweisende Entscheidung gem. §§ 3 und 8 AsylG vorliege (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082). Dies gelte nur, sofern keine mit einem Einreiseverbot verbundene aufrechte Rückkehrentscheidung vorliege oder neue Tatsachen im Hinblick auf ein Einreiseverbot hervorkomme oder entstehe (vgl. 59 Abs. 5 FPG). Würde durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat-, und Familienleben des Fremden eingegriffen werden, so sei die Erlassung gem. § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei.

Im Verfahren hätten keine Personen festgestellt werden können, mit welchen der BF in einem gemeinsamen Haushalt gelebt habe oder zu denen ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis bestanden habe oder mit welchen ein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Familienleben geführt worden sei. Die Außerlandesbringung stelle daher keinen Eingriff in das in Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens dar.

Daher sei die Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1 -3 BFA-VG zulässig. Eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG habe zu unterbleiben, da die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig sei (§ 58 Abs. 2 AsylG).

Durch die Abschiebung nach Indien würde keine Gefahr der Verletzung des Art. 2 oder 3 EMRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe bestehen. Im konkreten Fall würde sich keine derartige Gefährdung ergeben. Gem. § 50 Abs. 2 FPG würde eine Abschiebung auch dann unzulässig sein, wenn dem Fremden die Flüchtlingseigenschaft zukommen sollte. Auch dies sei bereits verneint worden. Es sei somit auszusprechen, dass im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen eine Abschiebung nach Indien zulässig sei.

Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe im Falle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG keine Frist für die freiwillige Ausreise. Daher sei im Falle des BF von einer Erteilung der Frist abzusehen gewesen. Das bedeute, dass der BF mit dem Zeitpunkt der Durchführbarkeit dieser Rückkehrentscheidung zur unverzüglichen freiwilligen Ausreise verpflichtet sei. Komme er der Verpflichtung nicht zeitgerecht nach, so könne der BF auch unter den in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG sonst genannten Voraussetzungen zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung).

Der erste Antrag des BF auf internationalen Schutz sei mit Bescheid des BFA vom XXXX abgewiesen worden, der Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Indien sei nicht zuerkannt worden. Eine Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet sei verfügt worden. Gegen den Bescheid des Bundesamtes habe der BF eine Beschwerde eingebracht, welche mit Erkenntnis des BVwG abgewiesen worden und das Verfahren in weiterer Folge in Rechtskraft erwachsen sei.

Der zuerkannten Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung sei der BF nicht nachgekommen. Sein diesbezügliches Fehlverhalten, die Nichteinhaltung der behördlichen bzw. gerichtlichen Anweisung in der gewährten Frist das Bundesgebiet bzw. Schengengebiet zu verlassen, sei geeignet die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden und widerlaufe den Interessen des Art 8 EMRK.

Da der BF offensichtlich nicht bereit sei die österreichische Rechtsordnung und die aus dieser in Rechtskraft erwachsenen Entscheidungen der Behörden oder Gerichten zu achten und beachten, könne die Behörde nur zum zwingenden Schluss kommen, dass sein Aufenthalt in Österreich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde. Der BF sei nicht gewillt sich den Entscheidungen der österreichischen Behörden und Gerichten gegenüber zu fügen und sich rechtskonform zu verhalten.

Der BF würde seit seiner ersten Einreise in das österreichische Bundesgebiet ausschließlich aus Mitteln der öffentlichen Hand leben. Eine auf gesetzliche Bestimmungen basierende Bewilligung zur Aufnahme einer Beschäftigung, wie sie regelmäßig der Lebenssicherung (Nahrung, Obdach) diene, sei dem BF nicht möglich. Er hätte keinen Besitz von Mitteln zu seinem Unterhalt nachweisen können.

Soweit der Unterhalt des Fremden ausschließlich aus Mitteln der Grundversorgung herrühren würde, dürfe die Behörde vom Fehlen einer Selbsterhaltungsfähigkeit ausgehen. Daran würde auch eine für den Fremden abgegebene Unterstützungserklärung nichts ändern (vgl. VwGH 21.03.2013, 2011/23/0360).

Zudem falle das Fehlverhalten des BF in den Geltungsbereich des § 53 Absatz. 2 Z 6 FPG. Der BF würde nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Eine auf gesetzliche Bestimmungen basierende Bewilligung zur Aufnahme einer Beschäftigung, wie sie regelmäßig der Lebenssicherung (Nahrung und Obdach) diene, sei dem BF nicht möglich. Er könne daher den Besitz von Mitteln zu seinem Unterhalt nicht nachweisen. Die Mittel aus der Grundversorgung seien nicht geeignet, die in § 53 Abs. 2 Z 6 FPG vorzuhaltende Mittellosigkeit betreffend Begründung eines Einreiseverbotes zu entkräften. Der Umstand, dass der BF auch künftig nicht in der Lage sein würde, die Mittel für seinen Unterhalt aus eigenem und ohne staatliche Zuwendungen zu besorgen, ergebe sich schon aus der Tatsache, dass der BF über kein Aufenthaltsrecht in Österreich verfüge und daher auch keiner legalen Beschäftigung nachgehen könne. Im Falle der Mittellosigkeit eines Fremden bedürfe es nicht der Feststellung weiterer Umstände, um eine negative Prognose für den weiteren Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet zu begründen (VwGH 13. Dezember 2001,2 2001/21/0158; 13. Dezember 2002, 2000/21/0029). Die Mittellosigkeit des Fremden sei im Hinblick auf die daraus resultierende Gefahr der illegalen Beschäftigung der Mittel zum Unterhalt eine ausreichende Grundlage für das Gerechtfertigtsein der Annahme, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährde (vgl. z.B. VwGH 14.04.1994, 94/18/0133).

Zur Dauer des Einreiseverbotes wurde festgehalten werden, dass die belangte Behörde nicht einmal die Hälfte der möglichen Dauer verhängt habe, was angesichts der Häufigkeit und der Hartnäckigkeit des Ablehnens der österreichischen Rechtsordnung nicht zu beanstanden sei.

Die Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe daher im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, die von ihm ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot sei daher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

2.5. In der gegen diese ordnungsgemäß zugestellte Entscheidung im Wege des bevollmächtigten Vertreters fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es die Behörde versäumt habe zu prüfen, ob ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt vorliegen bzw. die Ausweisung gegen Art 2 und 3 EMRK verstoßen würde. Angesichts der eigenen Länderberichte und der Situation in Indien, sowie der persönlichen Situation des BF, hätte man feststellen müssen, dass ein maßgeblich veränderter Sachverhalt vorliegen würde. Eigenen Berichten zufolge nach hätten Personen, wie der BF, die nach Europa gereist seien und den familiären und sozialen Bezug verloren hätten, keine Zukunftsperspektive in Indien. Eine innerstaatliche Fluchtalternative würde dem BF nicht zur Verfügung stehen.

Der bloße Verweis, dass der BF seine Fluchtgründe schon im Vorverfahren angeben hätte müssen, könne nicht ausreichend sein den vorliegenden Asylantrag ohne Prüfung abzulehnen, da der BF erklärt habe, worin die Neuerungen der Verfolgung bestehen würden, die zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Vorverfahrens noch nicht bestanden hätten und erklärt habe, wie es dazu gekommen sei.

Es seien von Seiten des BFA keine Recherchen zum Fluchtvorbringen des BF getätigt worden. Aus welchen Gründen kein glaubhafter Kern angenommen worden sei, sei dem Bescheid nicht zu entnehmen.

Es habe keine erkennbare Beurteilung von Seiten des Bundesamtes stattgefunden. Es könne nicht einfach angenommen werden, dass das Vorbringen keinen glaubhaften Kern, der eine Neubeurteilung erforderlich mache würde, angenommen werden.

Der BF habe in seiner Einvernahme angegeben, worin die neu entstandenen Verfolgungsmomente, die eine Neubeurteilung seiner Gefährdung erforderlich gemacht hätten, bestünden. Es habe kein Interesse bestanden den relevanten Sachverhalt aufzuklären. Ein bloßer Verweis einerseits auf eine innerstaatliche Fluchtalternative, die vom BF in nachvollziehbarer Weise ausgeschlossen worden sei und andererseits auf das rechtskräftig abgeschlossene Vorverfahren, könne eine eigentliche Beschäftigung mit dem Vorbringen des BF nicht ersetzten.

Auch wenn ein Staat nicht jeden Übergriff Dritter verhindern könne, sei die Frage zu beantworten, ob im Falle des BF eine Verfolgung entsprechender Intensität auf Grund von Konventionsgründen durch Dritte mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei.

Es sei verabsäumt worden zu prüfen, inwieweit die in Indien praktisch unkontrollierte Covid-19 Epedemie dazu führen würde, dass der BF im Falle der Abschiebung einer Art 2 oder Art 3 EMRK widersprechenden Situation ausgesetzt sein würde.

Unrichtig sei auch die Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen Österreichs und dem Privat-, und Familienlebens des BF vorgenommen worden.

Hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung sei zu berücksichtigen, dass bei Nichtgewährung ein effektiver Rechtsschutz nicht gegeben sei. Unverständlich sei die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung.

Bezüglich des Einreiseverbotes sei die Begründung, der BF würde eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen, nicht nachvollziehbar. Es seien auch keine Überlegungen hinsichtlich der Länge des erlassenen Einreiseverbotes getroffen worden.

Es stelle eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens dar, dass die Behörde es verabsäumt habe, sich mit der konkreten Situation des BF und der aktuellen Situation in seinem Heimatland auseinanderzusetzen. Die Verpflichtung ein amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen bedeute, dass die konkrete und aktuelle Situation untersucht werde. Dies sei im gegenständlichen Fall verabsäumt worden, insbesondere dadurch, dass dem BFA als Spezialbehörde ausreichend Material vorliegen müsse.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des BF

Der BF ist indischer Staatsangehöriger, führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , bekennt sich zur Glaubensgemeinschaft der Sikhs, ist ledig und hat keine Kinder. Er gehört der Volksgruppe der Jat an und stammt aus einem namentlich genannten Dorf, welches im Bundesstaat Punjab liegt. Der BF beherrscht die Sprache Punjabi, welche in weiten Teilen Indiens gesprochen wird, als Muttersprache. Darüber hinaus ein wenig Hindi und Englisch.

Der BF nimmt immer wieder Leistungen aus Grundversorgung in Anspruch. Er verteilt gelegentlich Werbung für ein Restaurant. Bei dieser Tätigkeit ist der BF nicht sozialversicherungsrechtlich angemeldet.

Der BF hat zwölf Jahre lang in Indien die Grundschule besucht und war Student. In Indien lebt nach wie vor sein Onkel mütterlicherseits und dessen Sohn. Der BF ist gesund und steht in keiner ärztlichen Behandlung.

Außerdem kann nicht festgestellt werden, dass zwischenzeitlich eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation in Indien eingetreten ist.

Der BF geht in Österreich keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach. Gelegentlich teilt der BF für eine Firma Reklame aus. Es ist nicht erkennbar, dass der BF über finanzielle Ressourcen verfügt. Der BF spricht sehr wenig Deutsch und ist weder in einem Verein oder einer Organisation tätig.

Der BF ist keiner Verfolgung auf Grund religiöser Gründe ausgesetzt.

Der BF verfügt im Bundesgebiet über keinerlei Familienangehörige. Er gehört keinem Verein oder einer sonstigen Verbindung an. Der BF leidet an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten und steht im erwerbsfähigen Alter.

1.2 Zum Verfahrensgang

1.2.1 Am XXXX stellte der BF nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Als Fluchtgrund führte der BF im Wesentlichen einen politischen Streit an, im Zuge dessen seine Eltern, im Auftrag von der gegnerischen Partei von einem bekannten Verbrecher getötet worden seien. Er befürchte ebenso von diesem umgebracht zu werden.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BAA vom XXXX , gemäß § § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) abgewiesen und erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Indien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.)

Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom XXXX gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

1.2.2 Am XXXX stellte der BF den nunmehr gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des BFA vom XXXX gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Ebenso wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG idgF wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG idgF erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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