TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/3 96/01/0445

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Veröffentlicht am 03.09.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Bachler, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des Arthur Egbuniwe, geboren am 16. September 1976, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in Graz, Jakominiplatz 16, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. März 1996, Zl. 4.348.159/3-III/13/96, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, eine Staatsangehöriger Nigerias, der am 9. Dezember 1995 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat den Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. Februar 1996, mit dem sein Asylantrag abgewiesen worden war, mit Berufung bekämpft.

Mit Bescheid vom 27. März 1996 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat bei seiner Einvernahme durch das Bundesasylamt am 12. Dezember 1995 geltend gemacht, er sei am 2. Juli 1994 festgenommen worden, weil er für den Ogoni-Stamm Flugblätter verteilt habe. Nach zwei Monaten sei er vom Vorwurf, eine Demonstration organisiert zu haben, gerichtlich freigesprochen worden. In der Folge habe er - ins Ogoni-Land zurückgekehrt - erfahren, daß noch weitere Mitglieder des Ogoni-Stammes inhaftiert seien. Sein Vater sei im Februar 1994, weil er aktives Mitglied der "Mosop"-Bewegung gewesen sei und auf die Mißstände im Ogoni-Land hingewiesen habe, von der Polizei festgenommen und in der Folge während der Haft getötet worden. Der Beschwerdeführer sei von der "Mosop"-Bewegung aufgefordert worden, weiterhin für sie zu arbeiten. Eine innerhalb dieser Bewegung geplante Wahl sei von den Behörden verboten worden und habe daher nicht stattgefunden. Der Beschwerdeführer habe nach seiner Freilassung im September 1994 an einer Protestkundgebung teilgenommen, die von der Polizei gewaltsam aufgelöst worden sei, wobei 14 Demonstranten durch Schüsse schwer verletzt worden seien. Nach dieser Demonstration sei dem Beschwerdeführer der Schulbesuch verwehrt worden, weil er für die Sache der Ogoni eingetreten sei. Er sei jedoch weiterhin mit seinen Mitschülern in Verbindung geblieben und habe im Bereich der Schule Flugblätter der Ogoni verteilt. am 21. Dezember 1994 habe er an einer Demonstration teilgenommen, bei der Autonomie für das Ogoni-Land und die Freilassung von Ken Saro Wiwa gefordert worden seien. In der Folge habe am 25. Jänner 1995 ein Aufmarsch stattgefunden, bei dem von der Polizei das Feuer auf die Demonstranten eröffnet worden sei und fünf Studenten durch die Schüsse getötet worden seien. Der Beschwerdeführer sei nach seiner Haftentlassung keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen, doch habe er von einem "Onkel" erfahren, daß ihn die nigerianische Geheimpolizei suche und daß er so schnell wie möglich das Land verlassen solle. Er könne keine Unterlagen über seine Haft oder über seine Zugehörigkeit zum Ogoni-Stamm beibringen. Im Zuge einer ergänzenden Befragung am 22. Jänner 1996 machte der Beschwerdeführer insbesondere nähere Angaben über seine Inhaftierung, seine Tätigkeit und die seines Vaters für die "Mosop"-Bewegung, die Funktion seines "Onkels" sowie über geographische Details.

Die Behörde erster Instanz hat in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides die Angaben des Beschwerdeführers insbesondere deshalb für unglaubwürdig erachtet, weil eine Anfrage des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, mit dem die Behörde erster Instanz Rücksprache gehalten habe, bei der Ogoni Community Association in Großbritannien ergeben habe, daß der Beschwerdeführer nicht dem Ogoni-Stamm, sondern dem Stamm der Ibo angehöre. Die angeführte Organisation habe weiters mitgeteilt, daß der Beschwerdeführer als Angehöriger des Ibo-Stammes nicht den von ihm dargestellten Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen sein könne. Weiters habe der Beschwerdeführer trotz Aufforderung, binnen vier Wochen Dokumente zum Nachweis seiner Identität vorzulegen, solche Nachweise nicht erbracht und auch keine allfälligen, einer Auftragserfüllung entgegenstehenden Hindernisse bekanntgegeben, sodaß seine Identität nicht glaubhaft habe festgestellt werden können. Weiters stehe der Asylgewährung an den Beschwerdeführer, da er sich vor seiner Einreise nach Österreich in der "Jugoslawischen Föderation", wo er vor Verfolgung sicher gewesen sei, aufgehalten habe, der Ausschlußgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 entgegen.

In seiner Berufung bekräftigte der Beschwerdeführer seinen Standpunkt, er erfülle wegen der ihm drohenden Verfolgung die Voraussetzungen für die Asylgewährung, und hielt seine im erstinstanzlichen Verfahren gemachten Angaben aufrecht.

Die belangte Behörde hat den die Angaben des Beschwerdeführers wiedergebenden Teil des erstinstanzlichen Bescheides zum Inhalt des angefochtenen Bescheides erhoben und sich den Ausführungen in der Begründung dieses Bescheides, soweit diese die Frage der Flüchtlingseigenschaft betreffen, vollinhaltlich angeschlossen.

Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde zu den Bescheidausführungen betreffend seine Stammeszugehörigkeit unter auszugsweiser Wiedergabe der mit ihm aufgenommenen Niederschrift geltend gemacht, es sei aus der gesamten Niederschrift nicht ein einziger Satz ersichtlich, in welchem er behauptet habe, Mitglied des Ogoni-Stammes zu sein. Es handle sich bei der Argumentation der belangten Behörde um fiktive Feststellungen und um ein aktenwidriges Vorgehen. Dem ist entgegenzuhalten, daß den vorgelegten Verwaltungsakten zufolge der Beschwerdeführer bereits in seinem niederschriftlich vor der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf eingebrachten Asylantrag angegeben hat, der Volksgruppe der Ogoni anzugehören. Auch in einem offenbar vom Beschwerdeführer ausgefüllten und unterfertigten Fragebogen des Bundesasylamtes hat er in der Rubrik "ev. Volksgruppe" eigenhändig "Ogoni" eingetragen. Auch muß aus der in der Niederschrift vom 12. Dezember 1995 enthaltenen Wendung, der Beschwerdeführer habe nach seiner Enthaftung erfahren, "daß sich noch weitere Angehörige des "Ogoni"-Stammes in Haft befunden hätten", darauf geschlossen werden, daß sich der Beschwerdeführer als Angehöriger dieses Stammes deklarieren wollte. Damit kann aber von einer Aktenwidrigkeit der behördlichen Feststellung, der Beschwerdeführer habe sich als Mitglied des Ogoni-Stammes bezeichnet, nicht die Rede sein. Ausgehend von dieser Sachlage kann der belangten Behörde aber nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie aus dem Widerspruch der - in der Beschwerde auch gar nicht bestrittenen - tatsächlichen Zugehörigkeit des Beschwerdeführer zum Stamm der Ibo zu der von ihm im Verwaltungsverfahren behaupteten Zugehörigkeit zum Ogoni-Stamm - gestützt auf die seitens des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge eingeholten und bereits im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Ermittlungsergebnisse - auf die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Behauptung, wegen seines Eintretens für den Ogoni-Stamm und dessen "Mosop"-Bewegung Verfolgung zu fürchten, geschlossen und daher das Vorliegen begründeter Furcht vor Verfolgung aus diesen Gründen verneint hat.

Im Hinblick darauf, daß die belangte Behörde den Asylausschlußgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 nicht mehr herangezogen hat, konnte eine Auseinandersetzung mit den zur Frage des Vorliegens von Verfolgungssicherheit erstatteten Beschwerdeausführungen unterbleiben.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996010445.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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