Entscheidungsdatum
27.10.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1 Z3Spruch
W283 2236299-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. SUDAN, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.10.2020, Zl. 732769802-2010619 sowie die Anhaltung in Schubhaft von 16.10.2020 bis 22.10.2020, zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG stattgegeben, der Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.10.2020, Zl. 732769802-2010619 sowie die Anhaltung in Schubhaft von 16.10.2020 bis 22.10.2020 für rechtswidrig erklärt.
II. Gemäß § 35 VwGVG iVm § 1 Z 1 VwG-AufwErsV hat der Bund dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von € 767,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer wurde als Staatsbürger des damaligen Sudan in Juba geboren. Mittlerweile ist Juba die Hauptstadt des Südsudan. Der Beschwerdeführer stellte am 12.09.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieses Verfahren wurde am 11.10.2007 rechtskräftig negativ beendet.
Mit Urteil eines Landesgerichts wurde der Beschwerdeführer am 15.09.2020 zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, wovon sechs Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren nachgesehen wurden, verurteilt. Der Beschwerdeführer befand sich von 16.07.2020 bis 16.10.2020 in Justizhaft.
Am 30.07.2020 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) ein Parteiengehör zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes gewährt. Am 20.08.2020 langt die diesbezügliche Stellungnahme des Beschwerdeführers beim Bundesamt ein.
Am 16.10.2020 wurde der Beschwerdeführer im Anschluss an seine Entlassung aus der Strafhaft vom Bundesamt einvernommen. Dabei gab er zu seinen in Österreich lebenden Familienangehörigen an, dass seine Lebensgefährtin und der gemeinsame Sohn in Österreich leben würden. Er gab auch explizit die Adresse einer Unterkunft an, an welcher er im Falle seiner Haftentlassung, Unterkunft nehmen werde.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 16.10.2020 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer „unionsrechtlich aufenthaltsberechtigt“ sei. Zudem wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Österreich untergetaucht sei, indem er seiner Meldeverpflichtung nicht nachgekommen sei. Er habe keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich und habe sich bislang unangemeldet unter Verletzung des Meldegesetzes in Österreich aufgehalten. Beweiswürdigend wurde pauschal auf den Aktenhinhalt und die Ergebnisse der Einvernahme vom 16.10.2020 verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 22.10.2020 wurde die gegenständliche Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 16.10.2020 erhoben. Die Beschwerde monierte neben Aktenwidrigkeiten und Begründungsmängeln des Schubhaftbescheides auch das Nichtvorliegen von Fluchtgefahr sowie die Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft.
Mit Stellungnahme des Bundesamtes vom 22.10.2020 beantragte das Bundesamt den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und der Behörde die Kosten aufzuerlegen. Der Beschwerdeführer werde noch am selben Tag aufgrund der Beschwerde aus der Schubhaft entlassen und ein gelinderes Mittel erlassen.
Am 22.10.2020 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 16.10.2020 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Beschwerdeführer wurde von 16.10.2020 bis 22.10.2020 in Schubhaft angehalten.
Es war daher die in der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung gemäß § 22a Abs. 1 Z 2 und 3 BFA-VG zu prüfen. Das Bundesamt beantragte die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft.
Es wurde der Ersatz der Kosten zu Gunsten des Beschwerdeführers von beiden Verfahrensparteien beantragt und war über diese Anträge gemäß § 35 VwGVG abzusprechen.
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer wurde als Staatsbürger des damaligen Sudan in Juba geboren. Mittlerweile ist Juba die Hauptstadt des Südsudan. Der Beschwerdeführer stellte am 12.09.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieses Verfahren wurde am 11.10.2007 rechtskräftig negativ beendet (Informationsverbund Zentrales Fremdenregister = IZR). Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter (IZR).
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 16.10.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Von 16.10.2020 bis 22.10.2020 wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten. Am 22.10.2020 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt aus der Schubhaft entlassen (Anhaltedatei; OZ 3; OZ 5).
Der Beschwerdeführer war zuletzt von 16.02.2012 bis 30.07.2020 mit Hauptwohnsitz in Österreich behördlich gemeldet (Zentrales Melderegister).
Mit Urteil eines Landesgerichts wurde der Beschwerdeführer am 15.09.2020 zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, wovon sechs Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren nachgesehen wurden, verurteilt. Der Beschwerdeführer befand sich von 16.07.2020 bis 16.10.2020 in Justizhaft (Strafregister).
Der Sohn des Beschwerdeführers lebt in Österreich (Niederschrift vom 16.10.2020, S. 5).
2. Beweiswürdigung:
Dass der Beschwerdeführer wurde als Staatsbürger des damaligen Sudan in Juba geboren wurde und die Feststellungen zum Asylantrag und dessen negativem Abschluss, waren aufgrund der Einsicht in das IZR zu treffen. Dass Juba mittlerweile die Hauptstadt des Südsudan ist, ist notorisch. Dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt war aufgrund seiner eigenen Angaben beim Bundesamt, wonach er Staatsangehöriger des Südsudan sei, festzustellen. Dass der Beschwerdeführer volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter ist, ergibt sich aufgrund seiner eigenen Angaben zum Geburtsdatum und der Einsichtnahme in das IZR, wonach das Asylverfahren rechtskräftig negativ beendet wurde.
Die Feststellungen zum Schubhaftbescheid, der Anhaltung in Schubhaft, sowie der am 22.10.2020 erfolgten Entlassung waren aufgrund des aufliegenden Schubhaftbescheides und der Einsichtnahme in die Anhaltedatei und des vorgelegten Entlassungsscheins vom 22.10.2020 zu treffen (OZ 3 und OZ 5).
Dass der Beschwerdeführer zuletzt von 16.02.2012 bis 30.07.2020 mit Hauptwohnsitz in Österreich behördlich gemeldet war, fußt auf der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.
Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung und der Dauer der Strafhaft waren aufgrund der Einsicht in das Strafregister zu treffen.
Dass der Sohn des Beschwerdeführers in Österreich lebt, ergibt sich aufgrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers bei seiner Einvernahme am 16.10.2020 (Niederschrift vom 16.10.2020, S. 5).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A) Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft
3.1. Gesetzliche Grundlagen
3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):
Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:
§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist
1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:
§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:
§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 lautet:
§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.
drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.
sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.
(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.
die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.
eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.
der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.
die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.
(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.
(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.
(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.
3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten (auszugsweise):
Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-VG lautet:
§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.
3.2. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angeordnet.
Das Bundesamt ging im Schubhaftbescheid auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG vom Vorliegen einer Fluchtgefahr aus und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet keinen „aufrechten bzw. glaubhaften Wohnsitz“ verfüge. Und könne aus der „Wohn- und Familiensituation“, aus der „fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich“ sowie aufgrund des „bisherigen Verhaltens“ geschlossen werden, dass ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege.
Die Beschwerde zeigt dazu zutreffend auf, dass es dem Bescheid an einer rechtskonformen Begründung fehlt. Insbesondere ist es im Hinblick auf die jedenfalls in den letzten acht Jahren vor der Strafhaft durchgehende behördliche Meldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet aktenwidrig, dass das Bundesamt vom Untertauchen des Beschwerdeführers in der Vergangenheit ausgegangen ist und diese Feststellung seiner Entscheidung zugrunde legte. In Anbetracht des Vorhandenseins von nahen Familienangehörigen – wäre das Bundesamt auch gehalten gewesen weitere Ermittlungen zur Beziehungsintensität anzustellen und nicht nur auf die fehlende Obsorge abzustellen. Da unter Zugrundelegung dieser vom Bundesamt aktenwidrig herangezogenen Sachverhaltselemente bereits eine andere Beurteilung der Fluchtgefahr an Hand der Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG erfolgen musste als auch im Hinblick auf die Möglichkeit, mit der Anordnung eines gelinderen Mittels das Auslangen zu finden, wurde im vorliegenden Fall sowohl bei der Beurteilung der Fluchtgefahr als auch bei der Begründung des Ausschlusses eines gelinderen Mittels keine rechtmäßige Einzelfallbeurteilung vorgenommen. Insofern ist die Begründung insgesamt nicht geeignet die angeordnete Schubhaft zu rechtfertigen. Es liegt daher ein wesentlicher Begründungsmangel vor, weshalb der Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG stattzugeben und der angefochtene Bescheid für rechtswidrig zu erklären war.
War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die auf den Schubhaftbescheid gestützte Anhaltung gelten (VwGH vom 11.06.2013, 2012/21/0114). Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 16.10.2020 bis 22.10.2020 war daher rechtswidrig.
Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, sofern die Anhaltung noch andauert.
Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft wurde seiner Entlassung aus der Schubhaft am 22.10.2020 beendet. Nachdem die Anhaltung daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr andauerte, hatte der Ausspruch, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, zu unterblieben.
Zu Spruchteil A) Spruchpunkt II. – Kostenentscheidung
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Nach Abs. 4 gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Sowohl das Bundesamt als auch der Beschwerdeführer beantragten Kostenersatz zu Gunsten des Beschwerdeführers.
Da der Beschwerde zur Gänze stattgegeben wird, ist der Beschwerdeführer obsiegende Partei und das Bundesamt unterlegene Partei. Dem Bundesamt gebührt daher kein Kostenersatz. Dem Beschwerdeführer gebührt als obsiegender Partei Kostenersatz.
Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 VwG-AufwErsV wie folgt festgesetzt:
1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei € 737,60
2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei € 922,-
3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei € 57,40 4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei € 368,80
5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei € 461,00
6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) € 553,20
7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) € 276,60
Eine mündliche Verhandlung fand nicht statt. Somit gebührt dem Beschwerdeführer der Ersatz von Schriftsatzaufwand iHv € 737,60.
Die Eingabengebühr wird im Katalog der ersatzfähigen Aufwendungen des § 35 Abs. 4 VwGVG 2014 – anders als in dem mit 31. Dezember 2013 außer Kraft getretenen § 79a AVG, der den Aufwandersatz bei Maßnahmenbeschwerden im Verfahren vor den UVS regelte, und anders als in § 48 Abs. 1 Z 1 VwGG die vergleichbare Gebühr nach § 24a VwGG – zwar nicht ausdrücklich angeführt. Einerseits zeigen die angesprochenen Parallelregelungen jedoch, dass der Ersatz einer von der obsiegenden Partei im betreffenden Verfahren entrichteten Gebühr dem Kostenrecht immanent ist, und andererseits bringen die ErläutRV zu § 35 VwGVG 2014 deutlich zum Ausdruck, dass von den bisherigen Anordnungen des § 79a AVG im Ergebnis nicht abgewichen werden sollte ("Die Bestimmung über die Kosten bei Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt entspricht § 79a AVG."). Das gebietet es, die Eingabengebühr nach wie vor als ersatzfähig anzusehen, zumal es sich dabei letztlich iSd § 35 Abs. 4 Z 1 VwGVG 2014 auch nur um besondere "Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat" – und die nicht mehr in Form von Stempelmarken, auf die § 79a Abs. 4 Z 1 AVG erkennbar Bezug genommen hatte, zu entrichten sind – handelt (VwGH Ra 2019/21/0336 vom 28.05.2020).
Somit gebührt dem Beschwerdeführer auch der Ersatz der Eingabengebühr iHv 30,00.
Zu Spruchteil A) Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage, der Stellungnahme der belangten Behörde in Zusammenschau mit dem Beschwerdeschriftsatz geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Bereits auf Grund der Aktenlage war festzustellen, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären waren, was auch das Bundesamt beantragte, weshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben konnte.
Zu Spruchteil B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Das Vorliegen eines wesentlichen Begründungsmangels und das Vorliegen von Aktenwidrigkeiten bezog sich auf den konkreten Einzelfall, sodass keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Aktenwidrigkeit Begründungsmangel Begründungspflicht Ermittlungsmangel Ermittlungspflicht Fluchtgefahr gelinderes Mittel Kostenersatz Rückkehrentscheidung SchubhaftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W283.2236299.1.00Im RIS seit
14.12.2020Zuletzt aktualisiert am
14.12.2020