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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Bachler, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des Leka Domgjoni (auch: Domdjoni) in Wien, geboren am 17. Juli 1972, vertreten durch Dr. Josef Unterweger, Rechtsanwalt in Wien VIII, Buchfeldgasse 19a, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. November 1995, Zl. 4.345.127/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. November 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der "Jugosl. Föderation", der im Juli 1994 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 25. Juli 1994 den Asylantrag gestellt hat, gegen den den Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 26. September 1994 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer brachte im Verfahren erster Instanz vor, seine Heimat wegen drohendem Militärdienst, den er nicht leisten wolle, und den sich daraus ergebenden Folgen verlassen zu haben. Im schriftlichen Asylantrag stellte er die Situation wie folgt dar:
"Ich bin in Prizren, Kosovo, geboren und aufgewachsen. In meinem letzten Schuljahr an einer weiterführenden technischen Schule wurde mir im Juni 1992 eine Stellungsmitteilung zugestellt. Am Tag darauf kam bereits eine Spezialeinheit der serbischen Polizei, um mich zur Ableistung meines Wehrdiensts mitzunehmen. Ich befand mich aber nicht zu Hause, sodaß die Polizei versuchte, von meiner Mutter unter Androhung von Waffengewalt meinen Aufenthaltsort zu erfahren. Nach diesem ersten Mobilisierungsversuch verließ ich Prizren sofort."
Anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 1. September 1994, vor allem zum Fluchtweg, welche in Anwesenheit seiner bevollmächtigten Vertreterin und einer Dolmetscherin erfolgte, gab er hingegen an:
"Ich habe mich nicht um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht, da ich sonst die Militärbehörden auf mich aufmerksam gemacht hätte.
Im Juni 1991 erhielt ich meinen Einberufungsbefehl, daß ich am darauffolgenden Montag abgeholt werde. Am Sonntag vor der Abholung bin ich mit einem öffentlichen Bus von Prizren nach Crikvenica in Kroatien gefahren."
In der niederschriftlichen Einvernahme vom 8. September 1994, welche ebenfalls unter Beiziehung einer Dolmetscherin und der bevollmächtigten Vertreterin des Beschwerdeführers stattfand, findet sich folgende Schilderung:
"Als meine Freunde, mit denen ich bei der Musterung war, den Einberufungsbefehl erhielten, ich glaube, daß es möglicherweise im Juni 1991 war, erfuhr ich, daß auch ich den Befehl erhalten soll. Das war in meiner Heimatstadt Prizren.
Da ich nicht zum Armeedienst wollte, da jeder wußte, daß die neuen Rekruten albanischer Abstammung sofort an die Front geschickt werden, entschloß ich mich zur Flucht. Außerdem kann ich nicht auf Unschuldige schießen und will nicht für die Serben kämpfen, die die Feinde der Kosovo-Albaner sind.
Zu meinem Aufenthalt in Kroatien möchte ich ergänzen, daß zu dieser Zeit in Prizren meine Mutter von Polizisten in Zivil zu Hause aufgesucht wurde und sie nach meinem Aufenthaltsort unter Drohung der Polizisten befragt wurde. Sie sagte, daß sie das nicht wisse, sie wolle selbst wissen, wo ihr Sohn ist. ...
Ergänzend möchte ich angeben, daß der Zeitpunkt über den Erhalt des Einberufungsbefehls bzw. auch die folgenden Zeitangaben irrtümlich erfolgten, es war nicht der Juni 1992, sondern wie in meinen beiden Niederschriften angegeben, der Juni 1991."
Die belangte Behörde versagte dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seiner Einberufung zum Militärdienst die Glaubwürdigkeit und ging davon aus, daß der Beschwerdeführer keinen Einberufungsbefehl zur Militärdienstleistung erhalten habe, weil er die seiner Meinung nach einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder gar widersprüchlich dargestellt habe.
Dieser Beweiswürdigung der belangten Behörde tritt der Beschwerdeführer mit der Behauptung entgegen, ihm sei zwar nicht persönlich der Einberufungsbefehl zugestellt worden, es sei jedoch mehrmals versucht worden zuzustellen, der Beschwerdeführer habe sich niemals zu Hause befunden. Ab diesem Zeitpunkt im Juni 1991 habe er sich nicht mehr in seinem Elternhaus aufgehalten, um der üblichen zwangsweisen Rekrutierung zu entgehen. Tags darauf sei bereits eine Spezialeinheit der serbischen Polizei gekommen, um den Beschwerdeführer zur Ableistung seines Wehrdienstes sogleich mitzunehmen. Da er jedoch nicht angetroffen worden sei, habe die Polizei von seiner Mutter unter Androhung von Waffengewalt seinen Aufenthaltsort in Erfahrung zu bringen versucht. Als er davon erfahren habe, habe er Prizren verlassen.
Damit behauptet der Beschwerdeführer nunmehr eine mit keiner der im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Versionen komplett übereinstimmende Sachverhaltsschilderung. Abgesehen davon, daß das Vorbringen, er habe den Einberufungsbefehl nicht erhalten, sondern dieser sei nur zuzustellen versucht worden, nicht die in der Niederschrift vom 1. September 1994 enthaltenen Kenntnisse über den Inhalt des Einberufungsbefehles zu erklären vermag, läßt der Beschwerdeführer die von der belangten Behörde aufgezeigten Widersprüche in seinen erstinstanzlichen Angaben zum vorgeblichen Erhalt bzw. zur versuchten Zustellung eines Einberufungsbefehles unbekämpft.
Die Beweiswürdigung ist ein Denkprozeß, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges als solchen handelt bzw. darum, ob der Sachverhalt, der in diesem Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 549 ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde detailliert dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen. Da es sich bei dem Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich des Einberufungsbefehles um den furchtauslösenden Sachverhalt, somit um das die Furcht vor Verfolgung begründende wesentliche Ereignis handelt, hat die belangte Behörde den dem Beschwerdeführer unterlaufenen Widersprüchen zu Recht ein derartiges Gewicht beigemessen, um daraus die Unglaubwürdigkeit der ihn individuell konkret betreffenden fluchtauslösenden Ereignisse schlüssig anzunehmen.
Die Rüge des Beschwerdeführers, es sei ihm zur Frage, ob ihm ein Einberufungsbefehl zur Militärdienstleistung zugestellt worden sei oder nicht, von der belangten Behörde keine Gelegenheit zur Stellungnahme ermöglicht worden, ist angesichts der mehrfachen Angaben des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren, welche Grundlage der Beweiswürdigung der belangten Behörde waren, nicht verständlich.
Da es sohin an einem den Beschwerdeführer individuell betreffenden asylrechtlich relevanten Sachverhaltsvorbringen mangelt, erübrigt sich eine Befassung mit der über die Frage der Glaubwürdigkeit hinausgehenden Begründung des angefochtenen Bescheides sowie mit dem hiegegen erstatteten Beschwerdevorbringen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996010434.X00Im RIS seit
20.11.2000