TE Vwgh Beschluss 2020/11/17 Ra 2020/10/0151

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Veröffentlicht am 17.11.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §59 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Krems gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 1. September 2020, Zl. LVwG-S-1397/001-2020, betreffend Übertretung des Forstgesetzes 1975 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Krems; mitbeteiligte Partei: F F in S), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 1. September 2020 hob das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund einer Beschwerde des Mitbeteiligten - unter Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG - ein Straferkenntnis der belangten Behörde vom 29. Juni 2020 auf, in dem dem Mitbeteiligten eine Übertretung des § 174 Abs. 1 lit. a Z 18 iVm § 44 Abs. 2 Forstgesetz 1975 (ForstG) zur Last gelegt worden war, weil dieser ihm mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. August 2019 vorgeschriebene Maßnahmen zur Bekämpfung von Forstschädlingen auf seinem Waldgrundstück Nr. 297/1 KG S. nicht fristgerecht bzw. unvollständig durchgeführt habe. Die Revision gegen dieses Erkenntnis wurde nicht zugelassen.

2        Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung im Wesentlichen zugrunde, das betroffene Waldgrundstück sei laut Grundbuch etwa 3,7 ha groß.

3        Am 22. August 2019 habe ein Bediensteter der Forstabteilung der belangten Behörde bei etwa 30 bis 40 Fichten auf dem Grundstück (entsprechend etwa 50 fm) einen Befall mit Borkenkäfern festgestellt; dabei sei weder eine Markierung der befallenen Bäume noch eine planliche Darstellung mit deren Position erfolgt.

4        Bereits am Folgetag, mit Bescheid vom 23. August 2019, habe die belangte Behörde dem Mitbeteiligten ohne weiteres Ermittlungsverfahren den Auftrag erteilt, (näher umschriebene) „bekämpfungstechnische Behandlungsmaßnahmen an den befallenen und gefährdeten Holzgewächsen oder dem Holz im Ausmaß von ca. 50 fm (Fichte stehend)“ auf dem Grundstück Nr. 297/1 durchzuführen. Zur Bezeichnung der Holzgewächse habe auch die Begründung dieses Mandatsbescheides nur auf „ca. 50 fm stehendes Schadholz“ auf der Waldfläche des Mitbeteiligten Bezug genommen.

5        In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse - aus, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müsse der Spruch eines Bescheides, mit dem eine Verpflichtung auferlegt werde, so bestimmt gefasst sein, dass einerseits dem Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben werde, dem Leistungsauftrag zu entsprechen, und andererseits ohne weiteres Ermittlungsverfahren und neuerliche Entscheidung eine Vollstreckungsverfügung ergehen könne (Hinweis auf VwGH 21.12.2005, 2004/08/0161). Zu forstpolizeilichen Aufträgen habe der Gerichtshof ausgesprochen, dass den Bestimmtheitsanforderungen (des § 59 Abs. 1 AVG) dann entsprochen werde, wenn weder beim Bescheidadressaten noch bei der Vollstreckungsbehörde Zweifel entstehen könnten, welche Maßnahmen zu setzen seien, damit dem erteilten Auftrag entsprochen werde (Hinweis u.a. auf VwGH 25.4.2001, 99/10/0190 = VwSlg. 15.599 A).

6        Diesen Anforderungen genüge der Bescheid vom 23. August 2019 nicht, insbesondere weil sich weder in dessen Spruch noch in der zur Auslegung heranzuziehenden Begründung eine nähere Beschreibung finde, die eine klare und eindeutige Identifizierung des gemeinten Schadholzes erlaube. Dem Mitbeteiligten könne auch - mangels dessen Beteiligung am Ermittlungsverfahren - nicht die „Kenntnis des Gemeinten unterstellt“ werden.

7        Dem mit Bescheid vom 23. August 2019 erteilten Auftrag mangle daher die nötige Klarheit, sodass der Bescheid keine normative Kraft entfalten habe können und somit keine strafbare Nichtbefolgung einer forstbehördlichen Anordnung im Sinn des § 174 Abs. 1 lit. a Z 18 ForstG vorliege.

8        2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       3.1. Die belangte Behörde wendet sich in den Zulässigkeitsausführungen ihrer außerordentlichen Revision gegen die dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegende Auffassung, der Bescheid vom 23. August 2019 sei nicht im Sinn des § 59 Abs. 1 AVG ausreichend bestimmt.

12       Dazu bringt sie im Wesentlichen vor, nach der hg. Rechtsprechung werde den Bestimmtheitsanforderungen „durch die Bezeichnung des Grundstückes sowie der Angabe des Materials und dessen ziffernmäßigen Benennung“ entsprochen, sodass „bei dieser Sachlage nähere (allenfalls vermessungstechnische) Angaben entbehrlich“ seien (Hinweis u.a. auf VwGH 31.3.2009, 2007/10/0301). Ein behördlicher Auftrag sei dann als ausreichend konkretisiert anzusehen, wenn einem Fachmann erkennbar sei, „welche Maßnahmen durchzuführen“ seien (Hinweis auf VwGH 15.6.2011, 2011/05/0075, betreffend einen Auftrag nach der Wiener Bauordnung).

13       3.2. Dem ist zunächst zu erwidern, dass die damit angesprochene Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall, in dem dem Bescheid vom 23. August 2019 nicht entnommen werden konnte, auf welche 30 bis 40 Fichten auf einem rund 3,7 ha großen Waldstück sich die aufgetragenen Behandlungsmaßnahmen bezogen, nicht übertragen werden kann, zumal dem hg. Erkenntnis 2007/10/0301 ein Auftrag zur Entfernung von Anschüttungen von einem Grundstück, dem hg. Erkenntnis 2011/05/0075 wiederum ein (baupolizeilicher) Auftrag zur Instandsetzung eines „schadhaften Verputzes“ zugrunde lag.

14       Im Übrigen hängen die Anforderungen an das Maß der Bestimmtheit einer Entscheidung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stets von den Umständen des Einzelfalls ab. Es liegt daher nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Ergebnis erzielt wurde (vgl. etwa VwGH 17.12.2019, Ra 2019/04/0118, oder VwGH 28.5.2020, Ra 2019/07/0081 - 0083, 0130, jeweils mwN).

15       Derartiges zeigen die Zulässigkeitsausführungen der belangten Behörde vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen (vgl. deren Wiedergabe oben unter Rz 2 bis 4) mit Blick auf die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung nicht auf.

16       4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

17       Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 17. November 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100151.L00

Im RIS seit

18.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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