TE Vwgh Beschluss 2020/11/18 Ra 2020/14/0410

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Veröffentlicht am 18.11.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

BFA-VG 2014 §9 Abs1
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §41

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des X Y in Z, vertreten durch Dr. Monika Gillhofer, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Herrengasse 6-8/3/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juli 2020, W225 2175498-1/11E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 28. Mai 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2        Mit Bescheid vom 18. August 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die belangte Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

7        Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 14.9.2020, Ra 2020/14/0314, mwN).

8        In der vorliegenden Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe die Abschiebung für zulässig und rechtmäßig erklärt, obwohl der Revisionswerber in Österreich bestens integriert sei, eine Lebensgemeinschaft mit einer Österreicherin führe sowie die sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels erfülle. Es fehle außerdem Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes oder sei eine solche „zumindest uneinheitlich“ hinsichtlich der Frage, ob das Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach §§ 3, 8 Asylgesetz 2005 und § 46 Fremdenpolizeigesetz anzunehmen sei, wenn im Herkunftsstaat Verfolgung, Folter oder gar der Tod drohe und in Österreich ein soziales Netz, eine familiäre Bindung und gerichtliche Unbescholtenheit vorliege.

9        Soweit vom Revisionswerber offenbar die im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung erfolgte Interessenabwägung im Hinblick auf den Schutz des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK gemäß § 9 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz angesprochen wird, ist seinem Vorbringen nichts Konkretes zu entnehmen, was die Verfahrensführung als fehlerhaft oder die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts als unvertretbar darstellen könnte (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung, wann eine Interessenabwägung [nicht] revisibel ist, etwa VwGH 7.10.2020, Ra 2020/14/0059, Rn. 15, mwN).

10       Insbesondere hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner Interessenabwägung alle entscheidungswesentlichen - im Besonderen auch die in der Revision angesprochenen, zugunsten des Revisionswerbers zu berücksichtigenden - Umstände einbezogen.

11       Die lediglich abstrakt formulierte Rechtsfrage zum Nichtvorliegen gesetzlicher Voraussetzungen bezieht sich entgegen § 41 VwGG nicht auf den vom Verwaltungsgericht angenommenen Sachverhalt und kann schon deshalb die Zulässigkeit einer Revision nicht begründen (vgl. etwa VwGH 25.3.2020, Ra 2020/14/0130, Rn. 24, mwN).

12       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 18. November 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020140410.L00

Im RIS seit

04.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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