TE Vwgh Beschluss 2020/11/19 Ra 2020/22/0236

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Veröffentlicht am 19.11.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

B-VG Art133 Abs4
NAG 2005 §64 Abs2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, in der Revisionssache des A F O, vertreten durch Dr. Karin Zahiragic, Rechtsänwaltin in 1210 Wien, Brünner Straße 130-134/2/1, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 20. Juli 2020, VGW-151/037/1998/2020-10, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Der Revisionswerber, ein ägyptischer Staatsangehöriger, verfügte seit 2015 über jeweils verlängerte Aufenthaltstitel als Student gemäß § 64 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Am 10.9.2019 beantragte er fristgerecht dessen Verlängerung. Dieser Antrag wurde vom Landeshauptmann von Wien (Behörde) mangels Nachweis eines ausreichenden Studienerfolges abgewiesen.

5        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (VwG) die Beschwerde des Revisionswerbers ab und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.

Begründend führte das VwG im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe im relevanten Studienjahr 2018/2019 keine Prüfung positiv abgelegt und somit keinen Studienerfolg nachweisen können. Seine durch das Versagen bei den Prüfungen hervorgerufenen depressiven Angst- und Stresszustände seien nicht als bloß vorübergehendes Hindernis im Sinn des § 64 Abs. 3 [gemeint wohl: Abs. 2] NAG zu beurteilen; Angstzustände, die durch das Betreiben des Studiums hervorgerufen würden und mehr als ein Jahr andauerten, stellten einen dauerhaften Hinderungsgrund dar (Hinweis auf VwGH 31.1.2020, Ra 2017/22/0108). Die vom Revisionswerber geltend gemachten Depressionen und Angstzustände hätten ihn offenbar beinahe zwei Jahre an einem positiven Abschneiden bei Prüfungen gehindert.

6        In der Zulässigkeitsbegründung wird vorgebracht, das VwG sei von der hg. Rechtsprechung insofern abgewichen, als es die vom Revisionswerber vorgebrachten gesundheitlichen Probleme nicht als unabwendbares und unvorhersehbares Ereignis im Sinn des § 64 Abs. 3 [gemeint wohl: Abs. 2] NAG gewertet habe. Darüber hinaus sei die Beweiswürdigung des VwG unschlüssig; das VwG habe jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen und dadurch einen wesentlichen Verfahrensfehler begangen. Um Wiederholungen zu vermeiden, werde auf das zu den Revisionsgründen Ausgeführte verwiesen.

7        Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist nur insoweit einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es um die Schlüssigkeit dieses Denkvorgangs sowie darum geht, ob die in diesem Denkvorgang gewürdigten Beweisergebnisse in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt wurden (vgl. etwa VwGH 4.6.2020, Ra 2017/22/0119, mwN). Zum behaupteten Abweichen von der hg. Rechtsprechung ist konkret- unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - darzulegen, inwiefern das LVwG durch das angefochtene Erkenntnis nach Ansicht des Revisionswerbers von welcher höchstgerichtlichen Judikatur abgewichen sein soll (vgl. etwa VwGH 8.10.2019, Ra 2019/22/0191, Rn. 6, mwN). Hinsichtlich Begründungsmängeln ist in der Zulassungsbegründung selbst die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels für den Verfahrensausgang darzulegen; ein Verweis auf die weitere Revisionsbegründung reicht für die Begründung der Zulässigkeit der Revision nicht aus (vgl. VwGH 8.10.2019, Ra 2019/22/0185, Rn. 8, mwN).

8        Diesen Anforderungen wird die vorliegende Zulässigkeitsbegründung nicht gerecht. Mit der pauschalen Behauptung, das VwG sei bei der Beurteilung der gesundheitlichen Probleme des Revisionswerbers im Hinblick auf § 64 Abs. 2 NAG von der hg. Rechtsprechung abgewichen, ohne sich mit der vom VwG zur Untermauerung seiner Argumentation angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auseinanderzusetzen, werden die oben angeführten Anforderungen an eine ordnungsgemäß ausgeführte Zulässigkeitsbegründung jedenfalls nicht erfüllt. Es bleibt auch völlig unklar, welche entscheidungsrelevanten Ermittlungen das VwG nach Ansicht des Revisionswerbers nicht durchgeführt hätte. Ein Verweis auf die Revisionsgründe ist nach hg. Rechtsprechung nicht ausreichend.

9        In der Zulässigkeitsbegründung wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.

10       Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 19. November 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020220236.L00

Im RIS seit

11.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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