TE Vwgh Beschluss 2020/11/19 Ra 2020/21/0432

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Veröffentlicht am 19.11.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §55
B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §52 Abs3
FrPolG 2005 §52 Abs9
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant und den Hofrat Dr. Sulzbacher als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des P S in G, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juli 2020, W280 2222346-1/9E, betreffend Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 und Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein kosovarischer Staatsangehöriger, ist seit dem 19. November 2014 durchgehend in Österreich gemeldet. Er verfügte von 20. Oktober 2014 bis 30. November 2016 über einen Aufenthaltstitel „Studierender“ und nach einem am 18. November 2016 eingebrachten Zweckänderungsantrag von 20. Februar 2017 bis 19. Februar 2019 über einen Aufenthaltstitel „Schüler“. Am 20. Februar 2019 stellte er einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005.

2        Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 16. Juli 2019 abgewiesen. Unter einem wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in den Kosovo zulässig sei, und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise gewährt.

3        Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab.

4        Das Bundesverwaltungsgericht führte aus, dass der Revisionswerber - nachdem er im Kosovo das Studium des Bank- und Investitionswesens abgebrochen habe - in Österreich das Studium der Betriebswirtschaft begonnen, den für den Aufenthaltstitel „Studierender“ erforderlichen Studienerfolg aber nicht erbracht habe. Er habe sodann zunächst erfolglos versucht, an einer Ausbildungseinrichtung für Krankenpflege aufgenommen zu werden, und daraufhin eine Ausbildung an einer HTL begonnen, Ende Juni 2018 aber wegen mangelnden Studienerfolgs wieder beendet. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte er davon ausgehen müssen, dass ein weiterer Verbleib im Bundesgebiet mit dem Aufenthaltstitel „Schüler“ nicht mehr möglich sein werde.

5        Er sei aber im Bundesgebiet geblieben und habe eine Beschäftigung als Küchenhilfe und Abwäscher angenommen. Das korreliere mit Aussagen des Revisionswerbers, wonach mit seinem Aufenthalt von Anfang an wirtschaftliche Motive verbunden gewesen seien.

6        Der mehrmalige Wechsel der Ausbildungseinrichtung und die von ihm selbst dargelegten wirtschaftlichen Motive stärkten die Vermutung, dass es ihm von Vornherein an der Ernsthaftigkeit seines Studiums gemangelt habe und eine von Anfang an beabsichtigte Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung vorliege.

7        Der Revisionswerber habe fast 21 Jahre lang seinen Lebensmittelpunkt im Kosovo gehabt. Bei einer Rückkehr dorthin hätte er hinreichende Anknüpfungspunkte für den Aufbau einer Lebensgrundlage.

8        In der vorzunehmenden Gesamtschau überwiege in Summe das öffentliche Interesse an einem geordneten Vollzug fremdenrechtlicher Vorschriften die persönlichen Interessen des Revisionswerbers an der Aufrechterhaltung seines Privatlebens in Österreich.

9        Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

10       Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG „nicht zur Behandlung eignen“, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11       An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

12       Unter diesem Gesichtspunkt macht der Revisionswerber in der - nach Ablehnung und Abtretung seiner Verfassungsgerichtshofbeschwerde (VfGH 22.9.2020, E 2925/2020) ausgeführten - Revision geltend, dass das angefochtene Erkenntnis aus nicht nachvollziehbaren Feststellungen bestehe. Die im Verfahren vorgelegten Urkunden und seine glaubhaften Angaben seien nicht zu seinen Gunsten gewertet worden, sodass der „belangten Behörde“ eine antizipierende Beweiswürdigung anzulasten sei. Bei richtiger Würdigung der vorgelegten Urkunden hätte die „belangte Behörde“ jedenfalls zum Schluss kommen müssen, dass „sämtliche Gründe im gegenständlichen Fall evident“ seien, um dem Revisionswerber einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen.

13       Der Revisionswerber bestreitet aber nicht, dass er bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses nicht einmal sechs Jahre in Österreich aufhältig war, wobei der Aufenthalt lediglich während etwas mehr als vier Jahren - aufgrund von Aufenthaltsberechtigungen zum Zweck eines letztlich jeweils gescheiterten Studiums bzw. Schulbesuchs - rechtmäßig war. Ausgehend davon und angesichts des Fehlens einer maßgeblichen familiären Verankerung in Österreich (nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts leben hier nur zwei Cousins des Revisionswerbers) erweist sich die nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorgenommene Interessenabwägung jedenfalls als vertretbar (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab - in einem ähnlichen Fall - etwa VwGH 14.9.2020, Ra 2020/21/0335, Rn. 13, mwN).

14       Soweit die Revisionswerberin noch vorbringt, dass das angefochtene Erkenntnis „der belangten Behörde“ der Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts in ähnlich gelagerten Fällen widerspreche, genügt es, darauf zu verweisen, dass eine uneinheitliche Rechtsprechung eines oder mehrerer Verwaltungsgerichte für sich genommen nicht den Tatbestand des Art. 133 Abs. 4 B-VG erfüllt (vgl. abermals VwGH 14.9.2020, Ra 2020/21/0335, Rn. 14, mwN)

15       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 19. November 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020210432.L00

Im RIS seit

11.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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