TE Vwgh Erkenntnis 2020/11/20 Ra 2020/20/0265

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Veröffentlicht am 20.11.2020
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Index

E3L E19103010
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
AVG §62
B-VG Art130 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §29
VwRallg
32011L0095 Status-RL Art24 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, über die Revision des A R H, vertreten durch Mag.a Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116/17-19, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juni 2020, W198 2211214-1/2E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt A) II., wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 22. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2        Mit Bescheid vom 5. November 2015 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung mit Gültigkeit bis zum 5. November 2016. In der Folge verlängerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Gültigkeit der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 mit Bescheid vom 31. Oktober 2016 bis zum 5. November 2018.

3        Am 29. August 2018 beantragte der Revisionswerber die weitere Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung.

4        Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erkannte dem Revisionswerber mit Bescheid vom 9. November 2018 den Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen ab (Spruchpunkt I.) und wies seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung ab (Spruchpunkt II.). Zudem erteilte es dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest (Spruchpunkt VI.).

5        Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht statt, behob die Spruchpunkte I. sowie III. bis VI. ersatzlos [Spruchpunkt A) I.] und änderte Spruchpunkt II. dahingehend ab, dass die befristete Aufenthaltsberechtigung des Revisionswerbers bis zum 5. November 2020 verlängert werde [Spruchpunkt A) II.]. Unter einem sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei [Spruchpunkt B)].

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Berechnung der Gültigkeitsdauer bei der Verlängerung einer Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte abgewichen, weil es der Berechnung der Gültigkeit nicht die zum Entscheidungszeitpunkt aktuelle Sach- und Rechtslage zugrunde gelegt habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Aufenthaltsberechtigung entgegen der Rechtsprechung - ausgehend vom Ende der Gültigkeit der dem Revisionswerber zuletzt erteilten Aufenthaltsberechtigung am 5. November 2018 - nur bis zum 5. November 2020 und somit lediglich um rund fünf Monate ab Erlassung des Erkenntnisses verlängert.

7        Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung des Vorverfahrens, in dem eine Revisionsbeantwortung nicht erstattet wurde, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

8        Die Revision ist zulässig und berechtigt.

9        Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 17. Dezember 2019, Ra 2019/18/0281, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, mit der Festlegung der Gültigkeitsdauer einer für zwei Jahre zu verlängernden Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005 näher befasst und festgehalten, dass sowohl die Behörde als auch das Bundesverwaltungsgericht ihrer Entscheidung über die Erteilung oder die Verlängerung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 die zum Entscheidungszeitpunkt aktuelle Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen haben. Es liegt aus Anlass der Entscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bereits eine aktualisierte „Überprüfung“ des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für den subsidiären Schutz vor.

10       Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist daher nicht nur aus Anlass der erstmaligen Erteilung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter, sondern in einer Konstellation, in der die Entscheidung nach Ablauf der in der zuvor erteilten Aufenthaltsberechtigung bestimmten Gültigkeitsdauer erging, auch bei der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung die Gültigkeitsdauer der zu erteilenden Berechtigung ausgehend vom Entscheidungszeitpunkt festzulegen.

11       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts jedenfalls (spätestens) dann als erlassen anzusehen und hat sohin rechtliche Existenz erlangt, wenn (wenigstens) einer Partei des Verfahrens eine schriftliche Ausfertigung dieser Entscheidung zugestellt wurde (vgl. VwGH 12.11.2014, Fr 2014/20/0028).

12       Das angefochtene Erkenntnis wurde durch Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung im Juni 2020 erlassen. Ausgehend davon erweist sich das Erkenntnis, soweit mit dessen Spruchpunkt A) II. die Gültigkeit der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Revisionswerbers lediglich bis zum 5. November 2020 verlängert wurde, als rechtswidrig.

13       Das angefochtene Erkenntnis war daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

14       Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 20. November 2020

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020200265.L00

Im RIS seit

04.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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