TE Vwgh Beschluss 2020/11/20 Ra 2020/20/0241

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.11.2020
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
MRK Art2
MRK Art3
VwGG §34 Abs1
VwGG §41

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Revisionssache des Z M in N, vertreten durch Mag. Nadja Lindenthal, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Siebensterngasse 23/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Mai 2020, Zl. I417 2225655-1/3E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo, stellte am 23. Juli 2019 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2        Mit Bescheid vom 16. Oktober 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Demokratische Republik Kongo zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Gericht für unzulässig.

4        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Bundesverwaltungsgericht habe, indem es bezüglich der Covid-19 Pandemie keine aktuellen Feststellungen zur Situation in der Demokratischen Republik Kongo getroffen habe, gegen amtswegige Ermittlungspflichten verstoßen. Darüber hinaus wird eine Verletzung der Verhandlungspflicht geltend gemacht.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein solcher Beschluss in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Werden - wie hier mit den hinsichtlich der Covid-19 Pandemie ins Treffen geführten Ermittlungs- und Feststellungsmängeln - Verfahrensmängel als Zulassungsgründe geltend gemacht, so muss die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 20.8.2020, Ra 2020/19/0239).

9        Eine entsprechende Relevanzdarlegung lässt die Zulässigkeitsbegründung vermissen. Diese verweist zwar auf den beeinträchtigten Gesundheitszustand des Revisionswerbers und behauptet dessen Zugehörigkeit zu einer „Risikogruppe“. Sie beruft sich jedoch im Übrigen lediglich pauschal auf näher genannte, allgemeine Berichte zur Situation in dessen Herkunftsstaat. Damit wird nicht nachvollziehbar aufzeigt, dass infolge der Covid-19 Pandemie bezogen auf die konkrete Situation des Revisionswerbers im Fall der Rückführung in sein Heimatland die Verletzung seiner nach Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen wäre (zur nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK vorzunehmenden Einzelfallprüfung sowie zur Frage, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr [„real risk“] einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht, siehe VwGH 3.7.2020, Ra 2020/14/0255; vgl. im Zusammenhang mit der Covid-19 Pandemie auch VwGH 7.10.2020, Ra 2020/20/0337; 5.10.2020, Ra 2020/19/0330; 7.9.2020, Ra 2020/18/0273).

10       Lediglich ergänzend ist festzuhalten, dass der Berücksichtigung des Vorbringens zu den (nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses weiteren) Entwicklungen der COVID-19 Pandemie im Sommer 2020 das aus § 41 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot entgegensteht (vgl. VwGH 2.10.2020, Ra 2020/20/0346, mwN).

11       Ferner ist anhand der in der Zulässigkeitsbegründung enthaltenen Ausführungen nicht ersichtlich, dass fallbezogen die Voraussetzungen für die Abstandnahme von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz nicht gegeben gewesen wären. Insbesondere legt die Revision nicht dar, dass sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt in Anbetracht der bei einer Rückkehr des Revisionswerbers konkret zu erwartenden Situation zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als ergänzungsbedürftig dargestellt hätte.

12       Da somit die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen, erweist sich die Revision als unzulässig. Diese war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 20. November 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020200241.L00

Im RIS seit

04.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten