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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AVG §8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der A GmbH in F, vertreten durch die Burgstaller & Partner Rechtsanwälte in 4020 Linz, Landstraße 12/Arkade, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 22. Oktober 2019, LVwG-152129/15/WP, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeisterin der Stadtgemeinde F; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. G P und 2. MMag. Dr. S P, beide in F, beide vertreten durch die SHMP Schwartz Huber-Medek Pallitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Hohenstaufengasse 7), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Am 8. August 2017 stellten die mitbeteiligten Parteien einen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung für den Neubau eines Wohnhauses. Im Zuge der mündlichen Bauverhandlung am 30. August 2017 erhob die revisionswerbende Partei die Einwendung der heranrückenden Bebauung im Sinne des § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung (Oö. BauO).
2 Mit Bescheid vom 15. Februar 2019 erteilte die belangte Behörde die Bewilligung für den Neubau des Wohngebäudes auf dem näher bezeichneten Grundstück der mitbeteiligten Parteien. Der von der revisionswerbenden Partei erhobenen Einwendung der heranrückenden Wohnbebauung folgte die belangte Behörde unter Hinweis auf die nicht gegebene Gesundheitsgefährdung nicht.
3 Mit dem angefochten Beschluss vom 22. Oktober 2019 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) die dagegen u.a. von der revisionswerbenden Partei erhobene Beschwerde - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unzulässig zurück. Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, es sei beabsichtigt, auf einem näher bezeichneten, bislang unbebauten Grundstück ein Wohnhaus zu errichten. Auf dem benachbarten Grundstück der revisionswerbenden Partei seien im Sommer 1976 mehrere Mineralöltanks errichtet worden. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 26. April 1977 sei die „Errichtung eines Mineralöltanklagers [....]“ gewerbebehördlich bewilligt worden. Eine baubehördliche Bewilligung bestehe nicht. Der Abstand zwischen den beiden Grundstücken betrage mehr als 10 m und weniger als 50 m.
5 Rechtlich schlussfolgerte das Verwaltungsgericht, die Errichtung des Mineralöltanklagers sei (noch) im zeitlichen Geltungsbereich der Bauordnung für Oberösterreich 1875 erfolgt. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Gebäudebegriff handle es sich bei diesen Mineralöltanks um bewilligungspflichtige Gebäude. Es sei davon auszugehen, dass sich die Errichtung der Betriebsanlage in ihrer Gesamtheit als eine bewilligungspflichtige Baulichkeit iSd § 1 Bauordnung für Oberösterreich 1875 darstelle. Auch im Lichte der Oö. Bauordnung 1976 läge ein bewilligungspflichtiges Gebäude vor. Da die Betriebsanlage baubehördlich nicht bewilligt sei, gemäß § 31 Abs. 5 Oö. BauO aber nur solche Immissionen zulässigerweise eingewendet werden könnten, die aufgrund rechtskräftiger Bescheide zulässig seien, erweise sich die Einwendung der heranrückenden Wohnbebauung insgesamt als unzulässig. Die revisionswerbende Partei habe daher im baubehördlichen Bewilligungsverfahren keinerlei zulässige Einwendungen erhoben, weshalb sie ihre Parteistellung verloren habe (Präklusion). Die Beschwerde sei daher mangels Parteistellung zurückzuweisen.
6 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung und beantragten Aufwandersatz; die belangte Behörde verzichtete auf die Einbringung einer Revisionsbeantwortung.
7 Die revisionswerbende Partei erachtet sich unter der Überschrift „Beschwerdepunkte und Anträge“ in ihrem subjektiven Recht verletzt, „Einwendungen im Bauverfahren gemäß § 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994 erheben zu können“.
8 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (u.a.) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.
9 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich behauptet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. VwGH 22.6.2020, Ra 2020/05/0074).
10 Der angefochtene Beschluss, mit dem die Beschwerde des Revisionswerbers mangels Parteistellung zurückgewiesen wurde, stellt eine ausschließlich verfahrensrechtliche Erledigung dar; in Hinblick auf den normativen Gehalt dieser Erledigung käme vorliegend allein die Verletzung der revisionswerbenden Partei in ihrem Recht auf Sachentscheidung, d.h. auf meritorische Erledigung ihrer Beschwerde, in Betracht (vgl. VwGH 26.7.2019, Ra 2019/07/0071; 29.1.2020; Ro 2020/07/0001). Dieses Recht ist allerdings von dem von der revisionswerbenden Partei ausdrücklich bezeichneten Revisionspunkt nicht erfasst.
11 Die von der revisionswerbenden Partei geltend gemachte Rechtsverletzung erweist sich auch insofern als nicht tauglich, als es der revisionswerbenden Partei nicht verwehrt war, Einwendungen im baubehördlichen Verfahren zu erheben. Sie hat von der ihr eingeräumten Möglichkeit, Einwendungen zu erheben, tatsächlich Gebrauch gemacht und die Einwendung der heranrückenden Bebauung erhoben. Dass diese Einwendung von der belangten Behörde als zulässig, aber unbegründet, qualifiziert wurde, vom Verwaltungsgericht hingegen als unzulässig, ändert nichts daran, dass die Einwendung erhoben werden konnte. Die geltend gemachte Rechtsverletzung kann daher von vornherein nicht vorliegen.
12 Die Revision erweist sich somit als unzulässig. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 20. November 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019050332.L00Im RIS seit
04.01.2021Zuletzt aktualisiert am
04.01.2021