TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/4 95/18/1140

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Veröffentlicht am 04.09.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §6 Abs1;
AsylG 1991 §6 Abs2;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §9 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs4;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §37;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Gabriel Liedermann, Rechtsanwalt in Wien X, Gudrunstraße 143, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. April 1995, Zl. SD 1338/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. April 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 15. Oktober 1993 aus Tschechien kommend ohne Reisedokument unter Umgehung der Grenzkontrolle (über die "grüne Grenze") nach Österreich eingereist und habe um Asyl angesucht. Der Asylantrag sei mit dem am 25. Jänner 1994 erlassenen Berufungsbescheid rechtskräftig abgewiesen worden. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren über eine dagegen eingebrachte Beschwerde sei noch anhängig. Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an diese Beschwerde habe der Beschwerdeführer nur jene Stellung erlangt, die er während des Asylverfahrens gehabt habe. Dem Beschwerdeführer sei jedoch auch während des Asylverfahrens keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Aylgesetz 1991 zugekommen. Er sei nämlich nicht gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. direkt aus dem Staat eingereist, in dem er behaupte, Verfolgung befürchten zu müssen. Im übrigen werde ein Fremder auch dann, "wenn er bei seiner Einreise gemäß § 37 FrG nicht zurückgewiesen werden darf (§ 6 Abs. 2 Asylgesetz) dadurch nicht zu einem Asylwerber im Sinne des § 6 Abs. 1 leg. cit. und erlangt auch dadurch keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinne des Asylgesetzes".

Auch der vom Beschwerdeführer im Inland gestellte Antrag auf Aufenthaltsbewilligung habe ihm keine Aufenthaltsberechtigung verschaffen können. Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 6 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz bzw. das Ausweisungsverbot gemäß § 17 Abs. 4 FrG gelte nämlich nur für rechtzeitig gestellte Anträge auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz.

Da ein Eingriff im Sinne des § 19 FrG nicht vorliege und auch nicht behauptet werde, sei die Ausweisung zu verfügen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer meint, daß er zum Aufenthalt berechtigt sei, weil ihm während des Asylverfahrens eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zugekommen sei und diese Berechtigung aufgrund der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an seine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den abweisenden Asylbescheid weiter bestehe.

1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat der gegen den Berufungsbescheid im Asylverfahren gerichteten Beschwerde mit Beschluß vom 28. März 1994, Zl. AW 94/19/0213, die aufschiebende Wirkung in der Weise zuerkannt, "daß dem Antragsteller die Rechtsstellung zukommt, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte". Dem Beschwerdeführer käme somit nur dann eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zu, wenn er ein solches Recht im administrativen Asylverfahren gehabt hätte. Dies ist jedoch nicht Fall. Der Beschwerdeführer ist über Tschechien und somit nicht direkt aus dem Staat, in dem er behauptet, Verfolgung befürchten zu müssen, eingereist, weshalb ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991 iVm § 7 Abs. 1 leg. cit. nicht zukam (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1996, Zl. 95/18/0449).

Soweit der Beschwerdeführer meint, er sei in Tschechien nicht vor Rückschiebung nach Pakistan sicher gewesen und hätte daher gemäß § 37 FrG nicht nach Tschechien zurückgewiesen werden dürfen, weshalb ihm gemäß § 6 Abs. 2 Asylgesetz 1991 iVm § 7 leg. cit. ein vorläufiges Aufenthaltsrecht zukomme, ist ihm - abgesehen davon, daß er nicht vorbringt, die Einreise sei ihm "formlos gestattet" worden (§ 6 Abs. 2 leg. cit.) - zu entgegnen, daß die belangte Behörde mit rechtskräftigem Bescheid vom 27. April 1995 festgestellt hat, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, daß der Beschwerdeführer in Pakistan gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 22. Mai 1997, Zl. 95/18/1183, als unbegründet abgewiesen. Damit ist aber klargestellt, daß auch der Zurückweisung nach Tschechien, gegen die der Beschwerdeführer einzig einwendet, er befürchte, von dort nach Pakistan zurückgeschoben zu werden, jedenfalls schon mangels Bedrohung in Pakistan § 37 FrG nicht entgegensteht. Es ist daher auch der Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte feststellen müssen, ob dem Beschwerdeführer in Tschechien die Abschiebung nach Pakistan gedroht hätte, der Boden entzogen.

Da somit dem Beschwerdeführer keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zukommt, steht auch § 9 Abs. 1 leg. cit. idF Art. II Z. 2 BGBl. Nr. 838/1992 der Ausweisung nicht entgegen.

1.3. Die Ausführung des Beschwerdeführers, sein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz sei aufgrund der bestehenden vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 als Verlängerungsantrag zu werten, weshalb er gemäß § 17 Abs. 4 FrG nicht ausgewiesen werden dürfe, geht schon deshalb ins Leere, weil dem Beschwerdeführer - wie oben Punkt 1.2. dargestellt - ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz 1991 nie zukam.

2. Die Ansicht der belangten Behörde, daß die Ausweisung des Beschwerdeführers auch im Grunde des § 19 FrG nicht unzulässig sei, wird in der Beschwerde nicht bekämpft. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren weder familiäre Bindungen noch private Interessen am Verbleib im Inland vorgebracht. Das Fehlen derartiger Interessen sowie der erst etwa eineinhalbjährig und, wie dargetan, nicht einmal vorläufig berechtigte Aufenthalt des Beschwerdeführers ließen die belangte Behörde zutreffend zu dem Ergebnis gelangen, daß mit der Ausweisung kein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben im Sinne des § 19 FrG verbunden ist. Aufgrund dessen war sie einer Prüfung der Frage, ob die Ausweisung nach dieser Bestimmung dringend geboten sei, enthoben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1997, Zl. 97/18/0052).

3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995181140.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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