Index
L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbs wegen Widerspruchs zum Vlbg GVG infolge Umgehung; rechtmäßige Qualifizierung des Grundstückes als land- oder forstwirtschaftliches iSd Vlbg GVG angesichts der durch Umbau einer ehemaligen Maisäßhütte zu einem Ferienwohnhaus vorliegenden UmgehungshandlungSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der (Vorarlberger) Grundverkehrssenat wies mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 31. Mai 1994 den mit 16. Dezember 1993 datierten Antrag des Beschwerdeführers auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Erwerb des Grundstückes Nr. 1282/2, Grundbuch Fontanella, im Ausmaß von 238 m2 gemäß §5 Abs1 (iVm §6) des (Vorarlberger) Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 18/1977 idF LGBl. 63/1987, (Vlbg. GVG 1977), ab.
Den vorgelegten Aktenunterlagen zufolge kaufte der Beschwerdeführer zum größten Teil bereits im Jahre 1979 das Grundstück samt einer darauf bestehenden "Maisäßhütte" (s. dazu unter II.2). Diese setzte er in der Folge instand; er benützt das Gebäude seither als Feriendomizil und zu Wohnzwecken. Um grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum erwähnten Rechtserwerb war seinerzeit nicht angesucht worden.
Der Grundverkehrssenat begründet seine ablehnende Entscheidung - nach einer Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens - wie folgt:
"Gemäß §1 des Grundverkehrsgesetzes (1977) unterliegt den Bestimmungen dieses Gesetzes der Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken.
Gemäß §5 Abs1 Grundverkehrsgesetz ist ein Rechtserwerb an einem landwirtschaftlichen Grundstück nur zu genehmigen, wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes und, soweit ein solches nicht in Frage kommt, der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht.
Gemäß §6 Grundverkehrsgesetz ist die Genehmigung daher insbesondere zu versagen, wenn das Grundstück ohne wichtigen Grund der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen würde, oder anzunehmen ist, daß zur Umgehung dieses Gesetzes Rechtsgeschäfte nur abgeschlossen und Veränderungen am Grundstück nur vorgenommen wurden, um eine Genehmigung zu erwirken.
Das Gemeindeamt Fontanella hat bestätigt, daß die gegenständliche Hütte vom Berufungswerber von Grund auf saniert und als Ferienwohnhaus verwendet wurde. Dies wird als erwiesen aufgenommen und ein diesbezüglicher Lokalaugenschein erübrigt sich daher. Nach den Angaben des Berufungswerbers hat er die Hütte im Jahre 1979 von J M, dem damaligen Bürgermeister der Gemeinde Fontanella, käuflich erworben. Über dieses Rechtsgeschäft wurde ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen, ohne die damals schon erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu beantragen. Es ist nicht glaubhaft, daß einem Bürgermeister die grundverkehrsbehördliche Genehmigungspflicht eines solchen Rechtsgeschäftes bzw. eines solchen Erwerbsvorganges nicht bekannt war. Vielmehr ist davon auszugehen, daß zur Umgehung des Grundverkehrsgesetzes der Vertrag im Jahre 1979 abgeschlossen und die Sanierung der Hütte vorgenommen wurde, um eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu erwirken. Aus der Tatsache, daß dem Berufungswerber bereits im Jahre 1979 eine eigentümergleiche Rechtsposition verschafft wurde und er den Stallteil der Hütte abgebrochen und den Wohnteil von Grund auf saniert hat, ohne die dazu erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigung einzuholen, kann der Schluß gezogen werden, daß eine Umgehung des Grundverkehrsgesetzes beabsichtigt war. Mit diesen Maßnahmen gelang es den Vertragsparteien nämlich, jegliche Hinweise auf eine vorherige landwirtschaftliche Nutzung der Hütte zu beseitigen, obwohl die Hütte ursprünglich zur Bewirtschaftung des Maisäßes Zafern errichtet worden war und diesem Zweck gedient hatte.
Die von den Vertragspartnern getroffenen Maßnahmen widersprechen als Umgehung des Grundverkehrsgesetzes dem Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes bzw. der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes, sodaß die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu versagen war."
2. Gegen den zitierten Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet (Näheres s.u. II.2 und 3) und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Der Grundverkehrssenat als jene Behörde, die den bekämpften Bescheid erlassen hat, erstattete eine Gegenschrift. Darin begehrt er, die Beschwerde abzuweisen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides galt zwar bereits ein neues (Vorarlberger) Grundverkehrsgesetz, LGBl. 61/1993, (Vlbg. GVG 1993). Dieses war (mit Ausnahme seines §3 Abs1 und 2) am 1. Jänner 1994 in Kraft getreten (s. §32 Abs1 leg.cit. iVm der Kundmachung der Landesregierung im LGBl. 80/1993). Der Übergangsbestimmung des §31 Abs2 lita Vlbg. GVG 1993 zufolge sind aber im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängige Verfahren nach den bisher geltenden grundverkehrsrechtlichen Bestimmungen zu beenden. Gegen diese Übergangsvorschrift bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (s. VfGH 25.9.1995, B 1376, 1377/94).
Der angefochtene Bescheid stützt sich daher zu Recht noch auf das Vlbg. GVG 1977.
2. Der Beschwerdeführer behauptet zunächst, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein: Die in Rede stehende Liegenschaft sei kein land- und forstwirtschaftliches Grundstück iS des §1 Abs1 lita GVG 1977. Die Behörde habe daher eine ihr nicht zukommende Kompetenz in Anspruch genommen.
Zwar trifft die Meinung des Beschwerdeführers zu, daß das erwähnte Grundrecht verletzt wird, wenn die Behörde eine Sachentscheidung in einer Angelegenheit trifft, für die sie unzuständig ist; etwa wenn sie eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt, obgleich das Grundstück gar nicht dem Grundverkehrsgesetz unterliegt.
Im vorliegenden Fall wird aber ein solcher Vorwurf zu Unrecht erhoben. Unstrittig ist, daß im Zeitpunkt, zu dem der Beschwerdeführer das kleine Grundstück kaufte (nämlich im Jahre 1979), darauf eine sogenannte "Maisäßhütte" errichtet war. Die Maisäße dienten und dienen den Landwirten im Frühjahr oder (auch) im Herbst zur Beschickung vor und nach der Alpperiode, oder zur Bestoßung während des Sommers anstelle einer Alpung auf einer Genossenschaftsalpe; traditionell besteht ein Maisäß aus einem Wohnobjekt und einem Stallgebäude (vgl. VfGH 1.10.1994 V63/94, S 9). Damit steht fest, daß das Grundstück seinerzeit ein land- und forstwirtschaftliches iS des Vlbg. GVG 1977 war. Ein diesem Gesetz unterliegendes Grundstück ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 13514/1993, S 45, und die dort zitierte weitere Vorjudikatur) nämlich ein solches, auf dem gegenwärtig Land- und Forstwirtschaft betrieben wird. Um Umgehungshandlungen hintanzuhalten, dürfen aber auch Grundstücke, die gegenwärtig diese Voraussetzung nicht erfüllen, in die Grundverkehrsregelung einbezogen werden; der Entfall der Widmung als land- und forstwirtschaftliches Grundstück darf nur so lange zurückliegen, als dies aus dem Zweck der Umgehungshandlung erklärbar ist.
Der Grundverkehrssenat hat im angefochtenen Bescheid überzeugend dargelegt (s.o. I.1), daß durch den Umbau der damaligen Maisäßhütte zu einem Ferienwohnhaus das Grundstück seiner seinerzeitigen Widmung entzogen worden und dieses Vorgehen als Umgehungshandlung anzusehen sei. Die Zweckänderung liegt etwas mehr als zehn Jahre zurück; es kann nach wie vor von einer Umgehungshandlung gesprochen werden. Es kommt nicht darauf an, ob die Umgehung vorsätzlich erfolgt ist oder nicht, sondern darauf, ob bei objektiver Betrachtung eine solche Umgehung vorliegt.
Das Grundstück unterliegt sohin dem Vlbg. GVG 1977; die Behörde hat ihre Zuständigkeit zu Recht bejaht und deshalb das erwähnte Grundrecht nicht verletzt.
3. Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, er sei durch den bekämpften Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden. Er habe keine Umgehungsabsicht gehabt.
Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften könnte die Verletzung dieser Rechte nur bei willkürlicher oder denkunmöglicher Handhabung des Gesetzes vorliegen. Davon kann aber im Hinblick auf das oben zu II.2 Gesagte keine Rede sein.
4. Die Behörde hat also die geltend gemachten Grundrechte nicht verletzt.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre.
Die Beschwerde war mithin abzuweisen.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
Schlagworte
Übergangsbestimmung, Grundverkehrsrecht, Umgehungsgeschäft, Grundstück land- oder forstwirtschaftlichesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:B1633.1994Dokumentnummer
JFT_10048996_94B01633_00