TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/17 VGW-041/046/3830/2020

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Veröffentlicht am 17.08.2020
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Entscheidungsdatum

17.08.2020

Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ASVG §33 Abs1
ASVG §111 Abs1 Z1
ASVG §111 Abs2
VStG 1991 §27 Abs1
VStG 1991 §28

Text

                                                                                                              

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Schmied über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 18.02.2020, Zl. MBA/..., betreffend eine Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), nach Durchführung einer Verhandlung durch mündliche Verkündung am 17.7.2020

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Der Haftungsausspruch gemäß § 9 Abs. 7 VStG entfällt.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Gang des Verfahrens:

Im Zuge einer Datenbankabfrage durch die Finanzpolizei C. ergab sich, dass die ukrainische Staatsangehörige D. E. vom 6.1.2018 bis 15.2.2018 von der F. GmbH zur Sozialversicherung angemeldet, die Anmeldung aber erst am 9.1.2018, also nicht schon vor Arbeitsantritt erstattet worden war. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der F. GmbH konnte aufgrund des Firmenbuchauszuges der Beschwerdeführer ermittelt werden. Als Firmensitz ist im Firmenbuch die Anschrift Wien, G.-straße ausgewiesen. Die Finanzpolizei erstattete in der Folge Anzeige an den Magistrat der Stadt Wien wegen des Verdachts einer Übertretung des ASVG und beantragte die Verhängung einer Geldstrafe von 1.000,-- Euro.

In Reaktion auf die ihm in der Folge zugestellte Aufforderung zur Rechtfertigung gestand der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 24.10.2018 zu, Frau E. ohne Einholung einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung beschäftigt zu haben, allerdings habe Frau E. ihren Dienst erst am 13.1.2018 angetreten. Die Anmeldung zur Sozialversicherung zu einem früheren Termin (6.1.2018) sei aufgrund eines Systemfehlers irrtümlich erfolgt.

Frau E. wurde in der Folge von der Bezirkshauptmannschaft C. zeugenschaftlich befragt und gab an, ca. 4 Wochen für die F. GmbH gearbeitet und schon am 6.1.2018 mit der Arbeit begonnen zu haben.

In der Folge ließ der Magistrat der Stadt Wien trotz mehrfacher Urgenzen durch die Finanzpolizei das Verfahren bis Februar 2020 unbearbeitet liegen.

Am 5.2.2020 übermittelte der Magistrat der Stadt C. dem Magistrat der Stadt Wien einen am 6.12.2018 erstellten Aktenvermerk über ein zur Frage des Tatsächlichen Firmensitzes der F. GmbH geführtes Telefongespräch der Sachbearbeiterin Mag. H. mit dem Beschwerdeführer. Im Zuge dieses Telefongesprächs war der Beschwerdeführer damit konfrontiert worden, dass die TGKK davon ausgehe, dass sich entgegen des Eintrags im Firmenbuch der tatsächliche Sitz der F. GmbH in C., I.-weg, befinde. Dies wurde jedoch vom Beschwerdeführer nicht bestätigt, sondern gab dieser an, dass die F. GmbH an verschiedenen Standorten betrieben werde. Im Winter sei er (als Geschäftsführer) hauptsächlich an der Zweigniederlassung in Tirol, allerdings befinde er sich auch häufig am Unternehmenssitz in Wien, vor allem im Sommer. Dies bedeute, dass es sehr wohl einen Firmenstandort in Wien gäbe, von wo aus das Unternehmen betrieben werde und der im Firmenbuch eingetragene Unternehmenssitz richtig sei.

Daraufhin erließ der Magistrat der Stadt Wien das gegenständliche Straferkenntnis, gegen welches form- und firstgerecht Beschwerde erhoben wurde.

In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, der Magistrat der Stadt Wien sei zur Erlassung des Straferkenntnisses nicht zuständig gewesen, weil die tatsächliche Firmenleitung nie von dem im Firmenbuch eingetragenen Firmensitz in Wien, sondern ausschließlich von C. aus erfolgt sei. Dies habe er dem Magistrat der Stadt Wien mit Schreiben vom 18.10.2018 mitgeteilt. Der Vorwurf einer Übertretung des ASVG wurde vom Beschwerdeführer auch dem Grunde nach betstritten. Es stimme zwar, dass Frau E. am 9.1.2018 angemeldet worden sei und die Anmeldung den 6.1.2018 als Beginn des Dienstverhältnisses ausweise, doch sei der erste Arbeitseinsatz von Frau E. tatsächlich erst am 13.1.2018 erfolgt. Ursprünglich sei zwar geplant gewesen, sie schon am 6.1.2018 einzusetzen, dazu sei es aber nicht gekommen. Da dieses (frühere) Datum im System hinterlegt gewesen sei, sei die sozialversicherungs-rechtliche Anmeldung irrtümlich mit einem zu frühen Datum betreffend den Dienstantritt erfolgt. Der Vorwurf, Frau E. verspätet und nicht schon vor Arbeitsantritt angemeldet zu haben, werde daher bestritten. Den Vorwurf der Beschäftigung von Frau E. ohne Vorliegen einer Bewilligung nach dem AuslBG gestand der Beschwerdeführer dagegen ausdrücklich zu.

 

Aufgrund dieser Beschwerde fand am 17.7.2020 eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt. In der Verhandlung gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, er habe sich ursprünglich viel vom Standort Wien erwartet und daher gleich den Firmensitz dorthin verlegt. Zugleich sei der Sitz in J. gelöscht worden, weil dieser nichts gebracht habe.

Konfrontiert mit der Tatsache, dass das im Beschwerdeschriftsatz wiedergegebene Schreiben des Beschwerdeführers vom 18.10.2018, in welchem dargelegt wird, dass die Leitung des Unternehmens tatsächlich von C. aus erfolgt sei, nicht im Behördenakt aufliegt, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, er sei sicher, dass er das in der Beschwerde erwähnte Schreiben vom 18.10.2018, im gegenständlich anhängigen Verfahren an den Magistrat der Stadt Wien geschickt habe. Ob er das betreffenden Schreiben per E-Mail, Telefax oder per Post versendet habe, wisse er nicht mehr. Er habe das Schreiben vom 18.10.2018 nicht dabei, sei aber sicher, dass er es in seiner Firma aufbewahrt habe und noch finden könne. Er ersuche um eine Vertagung der Verhandlung, um beweisen zu können dass er am 18.10.2018 das betreffende Schreiben abgesendet habe.

Auf die Frage des Verhandlungsleiters, ob er sich versichert habe, dass sein Schreiben vom 18.10.2018 bei der belangten Behörde auch eingelangt sei, antwortete der Beschwerdeführer, er habe nicht gezielt nachgefragt, ob sein Schreiben vom 18.10.2018 tatsächlich beim Magistrat eingelangt sei, er könnte aber noch Bestätigungen über eine eingeschriebene Briefsendung oder eine E-Mail-Sendebestätigung haben. Sollte er einen solchen Beleg finden, könnte er ihn zu einem fortgesetzten Verhandlungstermin vorlegen.

Konfrontiert mit dem Aktenvermerk vom 06.12.2018 gab der Beschwerdeführer an, dass die im Aktenvermerk festgehaltenen Sätze aus dem Zusammenhang gerissen seien. Er habe damals sicher gemeint, dass der Unternehmenssitz in Wien noch geplant sei. Tatsächlich habe er aber das Unternehmen nicht von Wien aus betrieben. Dies sei ein Faktum.

Zum Tatvorwurf brachte der Beschwerdeführer vor, er habe anhand der Arbeitszeitaufzeichnungen überprüft, wann Frau E. im Jahr 2018 ihren Dienst angetreten habe. Dies sei erstmals am 13.01.2018 der Fall gewesen. Dass sie, wie von ihr selbst niederschriftlich angegeben, schon am 06.01.2018 begonnen habe zu arbeiten, bestreite er. Das Fehlen einer Beschäftigungsbewilligung gebe er dagegen - wie schon in der Stellungnahme im behördlichen Verfahren - zu und wolle noch ergänzen, dass die F. GmbH im Jahr 2018 in mehreren Fällen Probleme mit der Beschäftigungsbewilligung gehabt habe, weil er (der Beschwerdeführer vergessen hatte, das Vorhandensein von Bewilligungen zu überprüfen. Dies sei sein Fehler gewesen.

Auf die Frage des Vertreters der Finanzpolizei, warum er Frau E. schon mit 06.01.2018 angemeldet, diese Anmeldung aber erst am 09.01.2018 abgeschickt habe, führte der Beschwerdeführer aus, er lege die Anmeldung zur Sozialversicherung immer schon zu dem Zeitpunkt an, zu dem er sicher sei, dass die Mitarbeiterin auch tatsächlich beschäftigt werde und schicke die Anmeldung ein paar Tage später, jedenfalls aber vor Beschäftigungsantritt, ab.

Im Anschluss an die Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.

Mit Schriftsatz vom 21.7.2020 beantragte der Beschwerdeführer die Erstellung einer schriftlichen Urteilsausfertigung.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Maßgebliche Rechtsvorschriften:

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

Gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht, falsch oder nicht rechtzeitig erstattet

Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von Euro 730,-- bis zu Euro 2.180,--, im Wiederholungsfall von Euro 2.180,-- bis zu Euro 5.000,--, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf Euro 365,-- herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Aufgrund der in der Verhandlung verlesenen Akten und der in der Verhandlung unmittelbar aufgenommenen Beweise, insbesondere aufgrund der Aussagen des Beschwerdeführers wird folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Der im Firmenbuch eingetragene Sitz der F. GmbH war während des gesamten behördlichen Verfahrens die Anschrift Wien, G.-straße. Dies ergibt sich unstrittig aus dem Akteninhalt.

Das vom Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz wiedergegebene Schreiben vom 18.10.2018, worin vom Beschwerdeführer ausgeführt wird, dass entgegen dem Firmenbuchstand die tatsächliche Leitung des Unternehmens von C. aus erfolge, ist weder dem gegenständlichen Behördenakt noch den Parallelakten zu den GZ MBA/... und MBA/... zu entnehmen. Der Beschwerdeführer mag zwar ein solches Schreiben abgesendet haben, es findet sich jedoch im Behördenakt kein Hinweis auf das Einlangen eines solchen Schreibens. Für das Einlangen des Schreibens bei der Behörde hat der Beschwerdeführer auch keinen Beweis vorgelegt und keine Beweisangebote gemacht. Er hat sogar ausdrücklich eingestanden, sich nicht gezielt nach dem Einlangen des Schreibens vom 18.10.2018 erkundigt zu haben, sodass vor dem Hintergrund der Aktenlage als erwiesen festgestellt wird, dass dieses Schreiben – aus welchen Gründen auch immer - bei der belangten Behörde nicht eingelangt ist.

Dem Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung, den der Beschwerdeführer gestellt hatte, „um beweisen zu können, dass er am 18.10.2018 das betreffende Schreiben abgesendet habe“, wurde nicht stattgegeben, da es gegenständlich nicht darauf ankommt, dass der Beschwerdeführer das von ihm in der Beschwerde angeführte Schreiben vom 18.10.2018 abgesandt hat, sondern darauf, ob dieses Schreiben bei der belangten Behörde eingelangt ist. Bei dem betreffenden Schreiben des Beschwerdeführers vom 18.10.2008 handelt es sich nämlich um ein Anbringen im Sinne des § 13 AVG. Ein solches Anbringen gilt nur dann als eingebracht, wenn es bei der Behörde tatsächlich eingelangt ist. Diesbezüglich ist die Partei, die vorgibt, das Anbringen eingebracht zu haben, beweispflichtig (siehe dazu etwa VwGH vom 26.1.1996, 95/02/0292). Für das Einlangen des nicht im Behördenakt aufliegenden Schreibens vom 18.10.2018 hat der Beschwerdeführer gegenständlich weder Beweise vorgelegt, noch solche angeboten. Vielmehr hat er in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zugestanden, keine Erkundigungen hinsichtlich des Einlangens des Schreibens bei der belangten Behörde angestellt zu haben.

Der belangten Behörde gelangte noch vor Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses ein von Frau Mag. H., einer Mitarbeiterin des Magistrats der Stadt C., angefertigter Aktenvermerk über ein Telefongespräch zwischen Mag. H. und dem Beschwerdeführer vom 6.12.2018 zur Kenntnis, aus welchem sich eindeutig ergibt, dass der Beschwerdeführer im Verlauf dieses im Dezember 2018 geführten Telefonats die inhaltliche Richtigkeit des Firmensitzes in Wien im Dezember 2018 bestätigt hat. Diese Feststellungen gründen sich auf den betreffenden Aktenvermerk, dem die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde zukommt und den zu entkräften dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist.

Dass die Dienstnehmerin D. E. bereits am 6.1.2018, somit drei Tage vor ihrer Anmeldung zur Sozialversicherung durch die F. GmbH beschäftigt wurde, kann trotz der einen Dienstantritt mit diesem Datum bestätigenden niederschriftlichen Aussage von Frau E. im behördlichen Verfahren nicht mit der für die Verhängung einer Verwaltungsstrafe erforderlichen Sicherheit erwiesen werden. Der Dienstantritt von Frau E. am 6.1.2018 wird zwar durch die am 9.1.2018 erstattete Anmeldung indiziert, zumal selbige den 6.1.2018 als Datum des Dienstantritts ausweist, doch hat der Beschwerdeführer nachvollziehbar und glaubhaft dargelegt, dass dieses Datum irrtümlich angegeben wurde, nachdem man im Unternehmen zunächst tatsächlich von einem Dienstantritt am 6.1.2018 ausgegangen war, dieser sich dann allerdings bis 13.1.2018 verzögert hatte. Bei der Anmeldung, die am 9.1.2018, also noch vor tatsächlichem Dienstantritt erstattet worden sei, habe man vergessen, das bereits in das EDV-System eingegeben Datum „6.1.2018“ auf „13.1.2018“ auszubessern. Die Glaubwürdigkeit dieses Vorbringens wird noch dadurch erhöht, dass der Beschwerdeführer andere rechtliche Versäumnisse im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Frau E., insbesondere die versäumte Einholung einer Bewilligung nach dem AuslBG, von Beginn an freimütig zugestanden hat.

Rechtliche Beurteilung:

a) zur örtlichen Zuständigkeit

Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist im Verwaltungsstrafverfahren jene Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Ist danach die Zuständigkeit mehrerer Behörden begründet oder ist es ungewiß, in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, so ist gemäß § 27 Abs. 2 VStG die Behörde zuständig, die zuerst eine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen hat.

Gemäß § 28 VStG ist die Behörde, die zuerst von einer Verwaltungsübertretung Kenntnis erlangt, zur Verfolgung zuständig, solange nicht ein Umstand hervorgekommen ist, der nach § 27 Abs. 1 die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall von Übertretungen gegen § 28 AuslBG im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach dem AuslBG verpönte Beschäftigung eingegangen, bzw. wären von dort aus die allenfalls erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen zu beantragen (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 27. April 1994, 94/09/0064).

Wird die tatsächliche Leitung eines Unternehmens jedoch an einem anderen Ort als an dem im Firmenbuch eingetragenen Sitz des Unternehmens ausgeübt, so hat dies zur Folge, dass als Ort der Beschäftigung dieser tatsächliche Sitz der Unternehmensleitung und auch dieser Ort als jener Ort, von welchem aus die allenfalls erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen hätten beantragt werden müssen, anzunehmen ist. Im vorliegenden Fall war im gesamten Verfahren vor der belangten Behörde sowie auch im Beschwerdeverfahren bis zur öffentlichen mündlichen Verhandlung für die belangte Behörde nicht erkennbar, dass der Tatort der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Verwaltungsübertretung, also jener Ort, von welchem aus der Beschwerdeführer die erforderliche Beschäftigungsbewilligung hätte beantragen müssen, nicht der im Firmenbuch eingetragene Firmensitz, sondern die Zweigniederlassung in C. gewesen ist.

Die belangte Behörde konnte somit aufgrund des im Firmenbuch eingetragenen Firmensitzes der F. GmbH in Wien von ihrer örtlichen Zuständigkeit ausgehen. Umstände daran zu zweifeln, sind der belangten Behörde nicht bekannt geworden. Ganz im Gegenteil musste die belangte Behörde aufgrund des ihr übermittelten Aktenvermerks vom 6.12.2018 jedenfalls von ihrer Zuständigkeit ausgehen, wird doch in diesem Aktenvermerk dokumentiert, dass der Beschwerdeführer bestätigt hat, dass es in Wien einen Firmenstandort gäbe, von wo aus das Unternehmen betrieben werde und dass somit der im Firmenbuch eingetragene Sitz richtig sei. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer in seiner schriftlichen Rechtfertigung vom 24.10.2018 zwar zu den Tatvorwürfen Stellung genommen, sich aber zur Frage der Zuständigkeit nicht geäußert und mit keinem Wort erwähnt hat, dass die tatsächliche Leitung der F. GmbH von C. aus erfolge. Das im Beschwerdeschriftsatz wiedergegebene Schreiben vom 18.10.2018 in welchem die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde bestritten wird, ist wiederum bei der belangten Behörde niemals eingelangt, sodass die belangte Behörde von der Existenz und vom Inhalt dieses Schreiben keine Kenntnis erlangen konnte.

 

An der Vorgangsweise der belangten Behörde ist somit keine Rechtswidrigkeit zu erblicken, weil die Behörde jedenfalls nach § 28 VStG zur Verfolgung zuständig blieb, solange nicht ein Umstand hervorkam, der nach § 27 Abs. 1 die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründete. Die belangte Behörde war nicht verhalten, von Amts wegen Ermittlungen darüber anzustellen, ob nicht etwa die tatsächliche Unternehmensleitung der F. GmbH von einem anderen Ort aus erfolgt wäre (siehe VwGH vom 22.1.2002, 2000/09/0147). Ein Umstand, der gemäß § 27 Abs. 1 VStG die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet, kann nämlich erst dann als hervorgekommen angesehen werden, wenn er der Behörde zur Kenntnis gelangt ist, allenfalls in dem Zeitpunkt, in dem ihn die Behörde bei Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt hätte kennen müssen. Kommt ein solcher Umstand nicht bis zur Fällung des Straferkenntnisses hervor, dann ist die nach § 28 VStG vorläufig zuständige Behörde auch zur bescheidmäßigen Bestrafung zuständig. Erst im Beschwerdeverfahren hervorgekommene Umstände, welche die Zuständigkeit einer anderen erstinstanzlichen Behörde begründet hätten, vermögen nachträglich die auf § 28 VStG gegründete Zuständigkeit der eingeschrittenen Behörde nicht in Frage zu stellen (siehe abermals VwGH vom 22.1.2002, 2000/09/0147).

Die belangte Behörde war somit sachlich und örtlich zur Erlassung des gegenständlichen Straferkenntnisses zuständig.

b) Zum Vorwurf einer Übertretung des ASVG:

Vor dem Hintergrund der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen konnte dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Anmeldung von Frau D. E. zur Sozialversicherung ein Gesetzesverstoß nicht mit der für die Verhängung einer Strafe erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden. Insbesondere ist im Verfahren nicht zweifelsfrei hervorgekommen, dass Frau E. ihren Dienst für die F. GmbH bereits am 6.1.2018 und nicht erst am 13.1.2018 angetreten hat. Daher konnte die am 9.1.2018 erstattete Anmeldung zur Sozialversicherung nicht zweifelsfrei als verspätet qualifiziert werden. Es war somit im Zweifel zu Gunsten des Beschuldigten zu entscheiden, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren spruchgemäß einzustellen.

c) zum Ausschuss der ordentlichen Revision:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die (ordentliche) Revision zulässig, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich das Verwaltungsgericht bei der Lösung der sich stellenden Rechtsfragen an der dazu ergangenen, einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs orientiert und selbige in den Entscheidungsgründen zitiert hat, liegt im gegenständlichen Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor und war somit die (ordentliche) Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Pflichtversicherung; Anmeldeverpflichtung; Meldepflicht; Zuständigkeit; örtliche; Tatort

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.041.046.3830.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.12.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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