TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/18 VGW-041/083/15043/2019

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Veröffentlicht am 18.08.2020
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Entscheidungsdatum

18.08.2020

Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein
62 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

AuslBG §3 Abs1
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Viti über die Beschwerde des Herrn Ing. A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 14.10.2019, Zl. MBA/..., betreffend Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), nach am 24.06.2020 durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung

zu Recht e r k a n n t:

I.     Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als in Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) die Geldstrafe von EUR 800,-- auf EUR 500,--, bei Uneinbringlichkeit von 20 Stunden auf 15 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt wird.

II.    Gemäß § 64 Abs. 2 VStG wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens bei der belangten Behörde mit insgesamt EUR 50,-- das sind 10 % der verhängten Geldstrafe, festgesetzt.

III.   Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

IV.    Demgemäß haftet die C. AG gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die nunmehr verhängte Geldstrafe in Höhe von insgesamt EUR 500,-- und die Kosten des Verwaltungsverfahrens in Höhe von EUR 50,-- insgesamt sohin EUR 550,-- zur ungeteilten Hand.

V.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:

I.       Sie haben es als bestellter verantwortlicher Beauftragter der C. AG mit Sitz in Wien, D., zu verantworten, dass diese Gesellschaft in der Zeit von 1. August 2018 bis 30. September 2018 den bosnischen Staatangehörigen E. F., geb. 1997, als Paketzusteller beschäftigt hat, ohne, dass ihm die für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder dass dieser eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot-Karte“, „Blaue Karte EU, Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („ICT“), Aufenthaltsbewilligung „Familiengemeinschaft“ mit Zugang zum Arbeitsmarkt (§20f Abs. 4)“ oder „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ oder eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehörige“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besessen hätte.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, AuslBG, BGBl Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl I Nr. 66/2017

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

1.   €800,00

0 Tage(n) 20 Stunde(n)

0 Minute(n)

 

§ 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG iVm § 9 Abs. 2 VStG 1991 iVm § 20 VStG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:

€ 80,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens €10,00 für jedes Delikt.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 880,00

Gegen dieses Straferkenntnis brachte der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer (BF) Beschwerde ein. Diese Lautete:

„Mit dem obgenannten Straferkenntnis vom 15.10.2019 wird festgestellt, dass ich es als bestellter verantwortlicher Beauftragter der C. zu verantworten habe dass die C. für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewiligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder das dieser eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot-Karte“, „Blaue Karte EU, Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („LCT“), Aufenthaltsbewilligung „Familiengemeinschaft“ mit Zugang zum Arbeitsmarkt (§20f Abs 4)“ oder „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot-Karte-plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besessen hätte.

Dagegen erlaube ich mir wie folgt vorzubringen:

1.   Konkreter Sachverhalt

Zum konkreten Sachverhalt erlaube ich mir auf meine Rechtfertigung vom 11.1.2019 zu verweisen.

2.   Funktionierendes Kontrollsystem

2.1.     Die Änderung der Wochenarbeitszeit für zwei Monate ist trotz eines funktionierenden Kontrollsystems aufgrund des Versehens eines Mitarbeiters der C. passiert.

Um die Einhaltung der einschlägigen Vorgaben sicherzustellen, habe ich als bestellter verantwortlicher Beauftragter insbesondere entsprechende Vorgaben (Weisungen) erlassen und in der C. ein funktionierendes Kontrollsystem etabliert.

2.2.     Das entsprechende interne Kontrollsystem der C. (in der Folge IKS System) lässt sich wie folgt beschreiben:

-    Es werden monatliche Prüfungen durchgeführt.

-    Es werden nach einem Zufallsgenerator fünf zu überprüfende Fälle ausgewählt.

-    Überprüft werden der Arbeitsvertrag, die Dauer der Arbeitsgenehmigung, die Stundenanzahl bzw. Die Tätigkeit an sich, ob dies jeweils mit der Arbeitserlaubnis übereinstimmt. Die Überprüfung samt Unterlagen du Ergebnissen wird dokumentiert abgelegt.

-    Die Überprüfung wird im Sinne eines 4-Augen-Prinzips von Mitarbeitern außerhalb der Personaladministration vorgenommen

-    Das IKS System Ausländerbeschäftigung (da gibt es noch zahlreiche andere Überprüfungen) und dessen Eihaltung wird vom Wirtschaftsprüfer bzw. der Innenrevision regelmäßig begutachtet.

Mit dieser Beschwerde übermittle ich beispielhaft die Beilagen zu einem überprüften Fall. Daraus ist auch ersichtlich, dass wir rechtzeitig vor Ablauf der Fristen (4 Monate vorher bzw. 2 Monate vorher noch einmal) sowohl den Mitarbeiter als auch den Fachbereich darauf aufmerksam machen und die Verlängerung der Arbeitserlaubnis auch urgieren. Wird dieses nicht rechtzeitig beigebracht, ist das Arbeitsverhältnis beendet.

2.3 Nach den Vorgaben der höchstgerichtlichen Judikatur ist „alles vorzukehren, wodurch bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit“ (VwGH 25.11.1987, 96/09/174 „unter den vorsehbaren Verhältnissen“ (VwGH 7.3.1984, 84/09/0032) der Rechtsverstoß „hätte vermieden werden können“; dazu gehört „nicht nur ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz von Aufsichtsorganen, sondern auch dessen Überwachung“ (nochmals VwGH 25.11.1987, 86/09/0174).

Diese Voraussetzungen wurden mit dem bestehenden Kontrollsystem erfüllt.

Ein diesbezügliches Organisationsverschulden führt zu Strafbarkeit des verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen (VwGH 26.6.2006, 2006/09/0004, BVwG 10.9.2015, W148 2013580-1). Hat aber das Vertretungsorgan, respektive der verantwortliche Beauftragte ein solches – nach objektiven Maßstäben hinreichendes – taugliches Kontrollsystem eingerichtet (und damit seine diesbezüglichen Sorgfaltsforderungen erfüllt), dann begründet das Versagen dieses Kontrollsystems im Einzelfall keinen – zur Strafbarkeit führenden – Fehler (VwGH 23.4.1996, 95/11/0411).

Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass automatisch jeder Verstoß widerlegt, dass ein funktionierendes Kontrollsystem besteht.

2.4. Ein wirksames Kontrollsystem muss so beschaffen sein, dass es „die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten“ lässt; und zwar – zumal bei Arbeitsschutzvorschriften – „auch dann, wenn die Verstöße ohne Wissen und Willen des verantwortlichen Organs begangen worden sind“ (stRsp, VwGH 30.6.1981, 3489/80 uva). Daraus durfte ich als verantwortlicher Beauftragter aufgrund des etablierten Kontrollsystems (siehe unter Punkt 2.2.) vertrauen.

Nach der Judikatur sind jedenfalls erforderlich:

-    Diesbezügliche Instruktionen (und gegebenenfalls Schulungen),

-    Wirksame Kontrollen, sowie

-    für den Fall von Verstößen gegen die genannten Richtlinien der Einsatz von Sanktionierungsinstrumenten zur Sicherstellung regelkonformen Verhaltens (VwGH 26.3.2015, Ra 2014/11/0049; 19.9.2016, Ra 2016/11/0112.

Die mit der Aufnahme von neuen Mitarbeitern befassten Mitarbeiter der C. werden laufend über die gesetzlichen Vorgaben sowie gesetzliche Neuerungen – insbesondere auch zum AuslBG – geschult und ausgebildet. In den letzten Jahren wurden an die 900 Mitarbeiter der C. zum Personalrecht und damit auch zum AuslBG geschult.

Anlässlich des gegenständlich aufgezeigten Vorfalls habe ich als bestellter verantwortlicher Beauftragter nochmals die bestehenden Regelungen in Erinnerung gerufen und auf die zwingend notwendige Einhaltung der einschlägigen Vorgaben hingewiesen.

Das Kontrollsystem wurde auch bisher von mir sowie in meinem Auftrag regelmäßig evaluiert.

Zudem wird es - auch zur Verbesserung des bestehenden Kontrollsystems – weitere Kontrollen der einzelnen Dienstnehmer zur Einhaltung der einschlägigen Vorgaben geben.

Weiters wurde die Schulungsunterlage der C. zum Themenbereich Ausländerbeschäftigung angepasst und weitere Beispiele der Vorgaben des AuslBG aufgenommen.

2.5. Darüber hinaus sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und mein allfälliges Verschulden gering. Somit liegen die Voraussetzungen für eine Beratung gemäß § 33a VStG vor.

Beweis:      Herr Ing. A. B., p.A. C. AG, D., Wien als bestellter verantwortlicher Beauftragter;

              Aufenthaltstitel für Studierende, gültig bis 03.03.2018, Beilage ./1;

              Bescheid des AMS G. bezüglich der Beschäftigungsbewilligung vom 23.11.2017, Beilage./2;

              Aufenthaltstitel für Studierende, gültig bis 03.03.2019, Beilage ./3;

              Email des Personalmanagements, Frau H. vom 11.10.2018, Beilage ./4;

              Schulungsunterlage der C. zur Ausländerbeschäftigung, Beilage ./5;

              IKS System der C. (Konvolut), Beilage ./6;

              Weitere Beweise ausdrücklich vorbehalten.

3. Da der im Straferkenntnis vom 15.10.2019 angeführte Verwaltungsstrafbestand nicht erfüllt wurde und auch kein (bzw. allenfalls nur ein geringfügiges) Verschulden vorliegt, werden folgende

Anträge:

gestellt:

       3.1. die angebotenen Beweise aufzunehmen und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gegen mich gemäß § 45 abs 1 Z 1 VStG einzustellen, in eventu

       3.2. gemäß § 21 VStG von einer Bestrafung abzusehen, allenfalls mit einer Ermahnung gegen mich vorzugehen, in eventu

       3.3. von einer weiteren Verfolgung gemäß § 33a Abs 2 VStG Abstand zu nehmen.“

Das Verwaltungsgericht Wien gab der Amtspartei (Finanzpolizei Team ... für das Finanzamt Wien ...) jeweils Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme zum Rechtsmittel des Beschwerdeführers. Die Amtspartei führte aus:

„Zur Beschwerde vom 13.11.2019 des Beschuldigten, nun Beschwerdeführers Herrn Ing. A. B. erlaubt sich die Finanzpolizei folgende Stellung abzugeben.

Der Beschwerdeführer verweist auf die Rechtfertigung vom 11.01.2019.

Dieser Rechtfertigung ist bereits ein Schuldeingeständnis, mit den Worten „..im gegenständlichen Fall ist die Meldung bedauerlicherweise aus einem Versehen des bearbeitenden Mitarbeiters übersehen worden..“, zu entnehmen.

Durch den Beschwerdeführer wird versucht ein funktionierendes Kontrollsystem im Beschwerdeschreiben darzustellen. Er führt aus, dass das Interne Kontrollsystem der C. (kurz IKS System benannt) monatliche Prüfungen durchführt, hierbei werden nach einen Zufallsgenerator fünf zu überprüfende Fälle ausgewählt.

Anzumerken ist, dass dem Konvolut tituliert mit „Internes Kontrollsystem Ausländerbeschäftigung“ auf Seite 4 zu entnehmen ist: „Grundsätzlich werden alle aktiven Mitarbeiter zum jeweiligem Stichtag ausgewertet…“

Geht man nun von einer Dienstnehmerzahl von 20 000, lt. Internetseite www.c..at, aus, heißt es dass pro Monat 5 Dienstnehmer kontrolliert werden. Umgerechnet auf die Kopfzahl von 20 000 sind das 0,025 % pro Monat, ergo 0,3 % pro Jahr die hier ein effizientes Kontrollsystem darstellen soll.“

Also nicht mal 1% der Dienstnehmerkopfzahl werden einer Kontrolle pro Jahr zugeführt, sohin kann keineswegs von einem effizienten Kontrollsystem geredet werden.

Dies zeigt auch der gegenständliche Anlassfall.

Auch wird noch angemerkt, dass die Mehrzahl der angeführte VwGH-Rechtsätze sich auf die Verletzung der Arbeitszeitvorschrift bzw. Arbeitsruhegesetz beziehen.

Im Straferkenntnis vom 15.10.2019 wurde bereits der § 20 VStG angewendet und dementsprechend die Strafhöhe unterhalb der gesetzmäßigen Mindeststrafe verhängt.

Die Finanzpolizei beantragt sohin, dass die gegenständliche Beschwerde abgewiesen wird und das Straferkenntnis bestätigt wird.“

Am 26.06.2019 führte das Verwaltungsgericht Wien eine Verhandlung durch, bei der der Beschwerdeführer in Anwesenheit seines Vertreters als Partei sowie der Vertreter der Amtspartei gehört wurden.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens geht das Verwaltungsgericht Wien von der Richtigkeit des von der Behörde an den Beschwerdeführer gerichteten Tatvorwurfes aus, nämlich dass der bosnische Staatsbürger E. F. im Zeitraum von 01.08.2018 bis 31.09.2018 ohne die erforderliche Beschäftigungsbewilligung für 40 Stunden bei der C. AG gearbeitet hat. Diese Beschäftigung wurde auch nicht bestritten. Ebenso wurde nicht bestritten, dass keine entsprechende arbeitsmarktbehördliche Bewilligung für die Beschäftigung von 40 Stunden eingeholt wurde.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Behörde und ergänzende Ermittlungen sowie die Durchführung einer Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht Wien ist aufgrund dieser Überlegungen zur Auffassung gekommen, dass der einleitend umschriebene Sachverhalt aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei festzustellen ist.

Herr E. F., geb. 1997, StA: Bosnien, war von 01.08.2018 bei der C. AG beschäftigt, ohne eine erforderliche Beschäftigungsbewilligung zu haben. Die bewilligungslose Beschäftigung resultiert daraus, dass die im Tatzeitraum (01.08.2018 bis 31.09.2018) erfolgte Erhöhung der Wochenstundenanzahl von 40 Stunden als Paketzusteller nicht vom Bewilligungsbescheid des AMS (Aktenseite 2) gedeckt war. Mit dem im Akt aufliegenden Bewilligungsbescheid des AMS wurde die Beschäftigungsbewilligung für Herrn E. F. für 7 Wochenstunden von 25.11.2017 bis 24.11.2018 als Paketzusteller erteilt.

Der Beschwerdeführer (Bf) ist bei der C. AG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Diese Feststellungen ergeben sich aus den Verwaltungsverfahren bzw. aus dem Akteninhalt. Dem Beweisantrag des Bf, Frau I. J. (C. AG) zum Thema des Kontrollsystems sowie der Schulungen und der Einhaltung des AuslBG im vorliegenden Fall einzuvernehmen, war nicht zu folgen, weil das eingerichtete Kontrollsystem, die Schulungen und die Hinterlegung im SAP mit den Daten von Herrn F. bereits Akteninhalt war und vom Bf in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien dargelegt wurde, dass der Fokus im Bereich des AuslBG auf dem Ende der Bewilligung des AMS gelegen ist und nicht auf der Erhöhung der Stundenanzahl. Insofern war der vorliegende Beweisantrag mangels weiterer Relevanz abzulehnen.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) begeht, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§§ 12 bis 12c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ (§ 41a NAG) oder ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000,-- Euro bis zu 10.000,-- Euro (1. Strafsatz), im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000,--Euro bis zu 20.000,-- Euro (2. Strafsatz), bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000,--Euro bis zu 20.000,-- Euro (3. Strafsatz), im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000,-- Euro bis zu 50.000,-- Euro (4. Strafsatz) zu bestrafen.

Im vorliegenden Fall kommt der erste Strafsatz („einen Ausländer“-kein Wiederholungsfall) deswegen zur Anwendung, weil eine Person ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung beschäftigt wurde. Auch die belangte Behörde ging vom ersten Strafsatz aus.

Nach der langjährigen eindeutigen höchstgerichtlichen Judikatur (siehe z.B. VwGH vom 13.10.1993, Zl. 93/02/0181 oder vom 23.09.1994, Zl. 94/02/0258, 0259 u.v.a.) ist der Arbeitgeber auch im Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern nur dann entschuldigt, wenn er geeignete Maßnahmen ergriffen hat, um die Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften zu gewährleisten. Ob der Unternehmer persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Für die Befreiung der Verantwortlichkeit des Arbeitsgebers wird selbst eine stichprobenartige Überwachung ebenso wenig ausreichend zu beurteilen sein wie die bloße Erteilung von Weisungen. Entscheidend ist deren wirksame Kontrolle, wobei auch das Kontrollsystem darzulegen ist (VwGH vom 27.01.1994, Zl. 94/02/0381); kurzfristige stichprobenartige Kontrollen genügen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem (VwGH vom 21.01.1988, Zl. 87/08/0230). Im Zuge der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass das eingerichtete Kontrollsystem keinen Focus auf die erforderliche Einholung der arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung bei einer Erhöhung der Wochenstundenanzahl von Dienstnehmern hatte. Nach Vorliegen des gegenständlichen Falles seien auch die internen Schulungen auf diese Fallgruppe (Erhöhung der Wochenstundenanzahl) gerichtet worden.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

Im Bereich des AuslBG ist die außerordentliche Milderung der Strafe nach § 20 VStG möglich (VwGH 30.8.1991, 91/09/0095).

Die Begründung, dass als Milderungsgrund nur die Schuldeinsicht gewertet werden könne (bei Nichtvorliegen von Erschwerungsgründen) und dass ohnehin die Mindeststrafe verhängt worden sei, reicht für die Nichtanwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG nicht aus. Für das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen kommt es nicht auf die Zahl der Milderungs- und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkreten Sachverhaltes an (VwGH 15.12.1989 Slg 13088 A, Zl. 89/09/0100; 27.2.1992, Zl. 92/02/0095).

Auf die Anwendung der Bestimmung des § 20 VStG besteht nach der Rechtsprechung des VwGH ein Rechtsanspruch (s. VwGH 31.1.1990, 89/03/0027, VwGH 27.5.1992, 92/02/0158; ebenso VwGH 20.1.1993, 92/02/0280; 28.5.1993, 93/02/0092).

§ 20 VStG räumt der Behörde trotz der Verwendung des Wortes „kann“ kein Ermessen ein (VwGH 31.1.1990, 89/03/0027, ebenso VwGH 30.10.1991, 91/09/0124; 30.10.1991, 91/09/0086; 21.5.1992, 92/09/0015; 2.9.1992, 92/02/0150).

Die nach dem Sozialversicherungsrecht erfolgte Meldung des beschäftigten Ausländers im Strafverfahren nach dem AuslBG (insb. im Hinblick auf die durch die Nov zum AuslBG, BGBl Nr 231/1988, im zweiten Satz des § 27 eingeführte Übermittlungspflicht bestimmter Daten durch die Träger der Sozialversicherung an die Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung; nunmehr seit der Nov BGBl Nr 1990/450 unverändert § 27 Abs 1 zweiter Satz) stellt einen wesentlichen Milderungsgrund iSd § 34 Z 16 zweiter Tatbestand StGB dar (vgl. z.B. VwGH v. 21.04.1994, 93/09/0423 u.a.).

Der Bf hat sich auch tat- und schuldeinsichtig gezeigt und gab an, dass nach Auftreten des gegenständlichen Falles eine Schulung der Mitarbeiter erfolgte und diesbezüglich ein Kontrollsystem eingeführt wurde. Zu beiden Behauptungen wurden umfassende Unterlagen im Beschwerdeverfahren vorgelegt.

Erschwerungsgründe stehen dem nicht entgegen. Im Hinblick auf die ordnungsgemäße Meldung zur Sozialversicherung fällt auch der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tatzeitraum nicht strafbestimmend ins Gewicht.

Die Strafe konnte in Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG auch aus folgenden Gründen herabgesetzt werden:

Mildernd waren die Mitwirkung des Bf an der Feststellung des Sachverhaltes und die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gezeigte Einsicht des Bf und die Tatsache, dass Schulungen zur Vermeidung solcher Fehler durchgeführt werden. Der Bf hat sich, was die Einhaltung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes betrifft, laut Aktenlage bisher wohlverhalten, ebenso wurde der Dienstnehmer ab dem ersten Tag der Beschäftigung zur Sozialversicherung angemeldet.

Erschwerend war kein Umstand. Somit überwiegen die Milderungsgründe beträchtlich und konnte eine außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG vorgenommen werden. Auch im Hinblick auf die Ziele der Spezial- und Generalprävention wurde keine Ermahnung erteilt, gehört doch die Einholung einer Beschäftigungsbewilligung bei einer Erhöhung der Wochenstundenanzahl des Dienstnehmers zu den Zentralbereichen des AuslBG.

Ad II. und III.) Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten bei der belangten Behörde und des Beschwerdeverfahrens stützen sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 1 und 2 VStG sowie auf § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG.

Ad IV.) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Ad V.) Die ordentliche Revision ist unzulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere behandelt die vorliegende Entscheidung im Wesentlichen nur einzelfallbezogene Fragen der Strafzumessung, die sich im Rahmen der Rechtsprechung des VwGH bewegt.

Schlagworte

Ausländerbeschäftigung; Beschäftigungsbewilligung; Kontrollsystem;

Anmerkung

VwGH v. 21.12.2020, Ra 2020/09/0065 bis 0066; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.041.083.15043.2019

Zuletzt aktualisiert am

15.01.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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