TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/5 96/02/0555

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Veröffentlicht am 05.09.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §7;
AsylG 1991 §8;
AsylG 1991 §9 Abs1 idF 1992/838;
FrG 1993 §18;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, S-Gasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 22. Februar 1996, Zl. E 13/06/96.024/2, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. Februar 1996 wurde der an diese gerichteten Schubhaftbeschwerde gemäß § 52 Abs. 2 und 4 Fremdengesetz (FrG) in Verbindung mit § 67c Abs. 4 AVG insofern Folge gegeben, als die Festnahme und Anhaltung im Zeitraum vom 29. Jänner 1996, 18.00 Uhr, bis 30. Jänner 1996,

10.45 Uhr, für rechtswidrig erklärt wurde. Im übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen im Zeitpunkt dieser Entscheidung vorlägen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 23. September 1996, B 1133/96, ablehnte und sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid u.a. von folgendem festgestellten Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer habe behauptet, Staatsangehöriger von Sri Lanka zu sein, und sei von Singapur über Peking nach Wien in der Absicht geflogen, nach London weiterzufliegen. Während der Wartezeit auf die Anschlußmaschine nach London sei er am 26. Jänner 1996 am Flughafen Wien-Schwechat von der Polizei kontrolliert worden, wobei festgestellt worden sei, daß sein vorgewiesener malaysischer Reisepaß gefälscht sei. Daraufhin sei er festgenommen worden. Im Zuge einer Erstbefragung am 26. Jänner 1996 habe der Beschwerdeführer auch einen Asylantrag gestellt. In der Folge sei der Beschwerdeführer am 29. Jänner 1996 dem Bundesasylamt, Außenstelle Eisenstadt, vorgeführt worden, welches nach Einvernahme des Beschwerdeführers den Asylantrag mit Bescheid abgewiesen habe.

Am 29. Jänner 1996 sei um 16.15 Uhr von der Bundespolizeidirektion Eisenstadt angeordnet worden, den Beschwerdeführer in "Schubhaft" zu nehmen. Um 18.00 Uhr desselben Tages sei der Beschwerdeführer in das Polizeigefangenenhaus Eisenstadt eingeliefert worden. Aus der am 30. Jänner 1996 von der Bundespolizeidirektion Eisenstadt mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschrift sei zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer in Österreich weder familiäre noch berufliche Bindungen habe, über keine Aufenthaltsberechtigung verfüge, lediglich im Besitz von US-Dollar 112,-- gewesen und über den Grund der Anhaltung verständlich informiert worden sei. Die diesbezüglichen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde blieben in der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde unbestritten.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Eisenstadt vom 30. Jänner 1996 wurde gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Insoweit der Beschwerdeführer in weitwendigen Ausführungen vermeint, ihm stehe ein Aufenthaltsrecht aufgrund der asylrechtlichen Vorschriften zu und es sei insbesondere § 18 FrG auf ihn nicht anwendbar, ist ihm entgegenzuhalten, daß aufgrund § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 selbst auf Flüchtlinge, die Asyl haben sowie auf Asylwerber, die eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung (§ 7 Asylgesetz 1991) haben und auf Fremde mit befristeter Aufenthaltsberechtigung (§ 8 Asylgesetz 1991) die Bestimmungen der §§ 18 bis 22 FrG Anwendung finden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 94/18/0655). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auch gegen Fremde mit einer Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 die Schubhaft verhängt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. September 1995, Zl. 95/02/0048).

Aufgrund des dargestellten Sachverhaltes bestand für die belangte Behörde durchaus Grund zur Annahme, daß ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu sichern sein werde, weil die Gefahr bestehe, daß sich der Fremde diesem Verfahren entziehen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1995, Zl. 95/02/0146).

Insoweit der Beschwerdeführer sich in weitwendigen Ausführungen gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bezüglich des Aufenthaltsverbotes insbesondere unter Hinweis auf § 27 Abs. 4 FrG wendet, sind diese wegen der zeitlichen Abfolge (Erlassung eines auf 5 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Eisenstadt vom 28. März 1996, somit erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides, schon vom Ansatz her verfehlt.

Der Beschwerdeführer wendet ferner ein, daß die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) hinsichtlich des erfaßten Personenkreises, die den materiellen Flüchtlingsbegriff des Art. 1 Abschnitt A erfüllen würden, "Sonderrecht" darstellen würde, weil das Asylgesetz lediglich Asylwerber und Flüchtlinge, die Asyl erhalten (mit Ausnahme des "§ 8-Flüchtlings") erfasse. In den Genuß der materiellen Rechte der GFK, darunter der Art. 31 bis 33 leg. cit., würden jene Personen kommen, die diesen "materiellen Flüchtlingsbegriff erfüllen. Es sei daher im Beschwerdefall Art. 33 GFK "unmittelbar anzuwenden". Die Bestimmung des Art. 33 GFK, der hinsichtlich des Ausweisungsrechtes eine mit § 17 FrG konkurrierende Norm darstelle, verwirkliche sowohl hinsichtlich des betroffenenen Personenkreises wie auch darüber hinausgehend hinsichtlich des konkreten Begriffsinhaltes "Sonderrecht" gegenüber dem FrG und dem "auch im Schubhaftverfahren maßgeblichen Recht".

Da nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides über den Beschwerdeführer die Schubhaft nur zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und der Abschiebung, nicht jedoch zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 17 FrG) verhängt wurde, erübrigt es sich, näher auf dieses Vorbringen einzugehen.

Da die allfällige Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers - wie bereits ausgeführt - keinen Einfluß auf die Zulässigkeit der Schubhaft haben konnte, kommt auch den in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen - insbesondere der unterlassenen Ermittlung der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers - keine Relevanz zu.

Insoweit der Beschwerdeführer schließlich unter Bezugnahme auf Art. 5 Abs. 4 MRK die "Verfassungswidrigkeit des Haftprüfungsverfahrens vor den unabhängigen Verwaltungssenaten", ferner unter Bezugnahme auf Art. 6 MRK die "Konventionswidrigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate als Tribunale in Haftprüfungsverfahren" und schließlich "die Verletzung des Grundrechts gemäß Art. 13 MRK", betreffend die Schaffung einer wirksamen Beschwerde an eine nationale Instanz bei Verletzung von Konventionsrechten, rügt, ist er auf die hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten fehlende Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nach Art. 133 Z. 1 B-VG zu verweisen.

Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996020555.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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