Entscheidungsdatum
08.06.2020Norm
AVG §53bSpruch
W195 2229542-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 07.05.2019 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Dolmetschers XXXX beschlossen:
A)
I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm
§ 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz mit
€ 99,90
bestimmt.
II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit den Schriftsätzen vom 29.03.2019, XXXX und XXXX beraumte das Bundesverwaltungsgericht die mündlichen Verhandlungen, zu den GZen.
XXXX und XXXX für den 23.04.2019 an, zu welchen XXXX als Dolmetscher geladen wurde.
2. In der Folge fanden am 23.04.2019 zwei öffentliche mündliche Verhandlungen statt, im Rahmen derer der Antragsteller als Dolmetscher teilnahm. Die Verhandlung,
XXXX fand von 09:00 Uhr bis 09:25 Uhr statt während die zweite Verhandlung, GZ. XXXX von 09:30 Uhr bis 09:52 Uhr dauerte. Zu einer tatsächlichen Übersetzungstätigkeit konnte der Antragsteller in seiner Funktion als Dolmetscher jedoch nicht herangezogen werden, da die Beschwerdeführer zu den mündlichen Verhandlungen nicht erschienen.
3. Mit 07.05.2019 brachte der Antragsteller persönlich beim Bundesverwaltungsgericht die gegenständliche Honorarnote betreffend seine Teilnahme als Dolmetscher an den mündlichen Verhandlungen, GZ. XXXX und GZ. XXXX vom 23.04.2019 ein.
4. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom 16.04.2020 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen kurz zusammengefasst vor, dass die verzeichneten zwei Stunden an Mühewaltungsgebühren mangels Erscheinen der beschwerdeführenden Parteien in den Verfahren zu den GZen. XXXX und
XXXX nicht zu vergüten seien, da es zu keiner Übersetzungstätigkeit gekommen sei. Allerdings stehe dem Antragsteller bei Zusammenrechnung aller Weg- und Wartezeiten am 23.04.2019 eine weitere Stunde Zeitversäumnis, sohin drei Stunden gemäß § 32 GebAG, zu.
5. In der Folge langte keine weitere Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller am 23.04.2019 in den öffentlichen mündlichen Verhandlungen zu den GZen. XXXX und XXXX als Dolmetscher teilnahm, eine Übersetzungstätigkeit jedoch in beiden Verhandlungen nicht stattgefunden hat, da die beschwerdeführenden Parteien zu den mündlichen Verhandlungen nicht erschienen sind.
2. Beweiswürdigung:
Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Verfahren
GZen. XXXX und XXXX den Niederschriften der mündlichen Verhandlungen vom 23.04.2019 zu den GZen. XXXX und XXXX dem Akteninhalt und der vom Antragsteller persönlich eingebrachten Honorarnote vom 07.05.2019.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscher) herangezogen hat.
Zu A)
Zur beantragten Mühewaltung (§ 54 Abs. 1 Z 3 GebAG):
Gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher für die Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung für die erste, wenn auch nur begonnene halbe Stunde € 24,50; für jede weitere, wenn auch nur begonnene halbe Stunde € 12,40.
Nach § 54 Abs. 1 Z 3 steht dem Dolmetscher die Gebühr für Mühewaltung nur dann zu, wenn es tatsächlich zu einer Übersetzungstätigkeit gekommen ist. Wenn der Kläger zur mündlichen Streitverhandlung nicht erschienen ist, kann der Dolmetscher für die Teilnahme an dieser Verhandlung lediglich eine Entschädigung für Zeitversäumnis beanspruchen (vgl. OLG Wien 34 Rs 113/89 SVSlg 36.810, Krammer/Schmidt/Guggenbichler Sachverständigen- und DolmetscherG, GebührenanspruchsG4 E 25 zu § 54).
Mit der Honorarnote vom 07.05.2019 verzeichnete sich der Antragsteller unter anderem zwei erste halbe Stunden an Mühewaltungsgebühren gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG. Laut den Niederschriften der mündlichen Verhandlungen vom 23.04.2019 zu den GZen. XXXX und XXXX hat der Antragsteller in der Zeit von 09:00 Uhr bis 09:25 Uhr sowie von 09:30 bis 09:52 Uhr an den Verhandlungen als Dolmetscher teilgenommen. Da die beschwerdeführenden Parteien den jeweiligen Verhandlungen fernblieben, wurde vom Antragsteller jedoch keine Übersetzungstätigkeit vorgenommen.
Da der Zeitraum für die Teilnahme an den Verhandlungen vom 23.04.2019, GZen. XXXX und XXXX nicht als Mühewaltung im Sinne des GebAG zu qualifizieren ist, steht dem Antragsteller eine Mühewaltungsgebühr nach § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG nicht zu, vielmehr sind diese Zeitspannen als Zeitversäumnis gemäß § 32 GebAG zu vergüten.
Zu der beantragten Gebühr für Zeitversäumnis gemäß §§ 32 und 33 GebAG
Gemäß § 32 Abs. 1 und 2 Z 1 GebAG hat der Sachverständige für die Zeit, die er wegen seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit besonders aufwenden muss, Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von € 22,70, handelt es sich aber um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3 Z 1 GebAG, von € 15,20 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde. Der Anspruch auf Entschädigung durch Zeitversäumnis besteht so weit nicht, als der Sachverständige Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung hat.
Alle Zeitversäumnisse sind stets zusammenzurechnen und erst dann ist zu prüfen, wie viele Stunden sie zusammen ergeben, wobei eine bloß begonnene Stunde genauso wie eine volle honoriert wird (vgl. OGH 06.02.1969, EvBI 1969/388; OLG Wien 24.07.1986, 11 R 108/86; LGZ Wien 48R 68/08t EFSLg 121.620; OGH Wien 28.09.2010, 14 Os 109/10a; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, § 32, E 72).
a) Zeitversäumnis statt Mühewaltungsgebühren
Am 23.04.2019 nahm der Antragsteller an zwei mündlichen Verhandlungen (GZen. XXXX und XXXX ) teil. Die mündliche Verhandlung zur GZ. W195 2203310-1 begann um 09:00 Uhr, mangels Anwesenheit des Beschwerdeführers wurde der Antragsteller jedoch bereits um 09:25 Uhr wieder aus der Verhandlung entlassen. Am selben Tag nahm dieser an einer weiteren mündlichen Verhandlung, GZ. XXXX teil, welche um 09:30 Uhr begann und mangels Anwesenheit des Beschwerdeführers um 09:52 Uhr endete.
In der gegenständlichen Honorarnote vom 07.05.2019 verzeichnete sich der Antragsteller für beide Verhandlungen unter anderem zwei Stunden an Mühewaltungsgebühren welche jedoch gemäß der obigen Ausführungen nicht zu vergüten sind. Insgesamt nahm der Antragsteller für einen Zeitraum von 47 Minuten an den Verhandlungen zu den GZen. XXXX (25 Minuten) und XXXX (22 Minuten) teil. Unter Einbeziehung der fünf-minütigen Wartezeit zwischen der ersten und der zweiten Verhandlung ergibt sich daher ein Zeitraum von 52 Minuten, welcher als Zeitversäumnis zu vergüten ist.
b) Zeitversäumnis für die Hin-und Rückreise
Ein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis steht [..] für die Anreise zur Verhandlung und die Rückfahrt zum Wohn- oder Arbeitsplatz zu (vgl. OLG Wien 31 Rs 145/87 SVSlg 34.220, Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 9, § 32).
Routenplaner berechnen eine mögliche, als Richtwert anzusehende Fahrzeit. Tatsächliche Verkehrssituationen sind naturgemäß aber nicht einbeziehbar, sodass insbesondere für die Anreise zu einem Gericht unter Berücksichtigung des erwünschten pünktlichen Erscheinens ein nicht unerheblicher „Zeitpolster hinzuzufügen“ ist (vgl. OGH 15 Os 74/08h; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, § 32, E 63).
Für die Wegstrecke von der Wohnstätte des Antragstellers, Edi-Finger Straße 10/1/4 in 1210 Wien zum Bundesverwaltungsgericht, Erdbergstraße 192-196 in 1030 Wien werden laut Routenplaner www.google.at/maps maximal 24 Minuten benötigt.
Bei Zusammenrechnung aller Weg- und Wartezeiten an diesem Verhandlungstag (insgesamt 48 Minuten Reisezeit für die Hin- und Rückfahrt zum und vom Bundesverwaltungsgericht, sowie die Einberechnung eines nicht unerheblichen Zeitpolsters von 40 Minuten für Verkehr bzw. auch die Suche eines Parkplatzes, die Wartezeit zwischen den Verhandlungen von 5 Minuten sowie die Zeit für die Teilnahme an den Verhandlungen von insgesamt
47 Minuten) ergibt sich eine Zeitspanne von 140 Minuten, welche somit drei begonnene Stunden Zeitversäumnis umfasst.
Vor dem Hintergrund, dieser Ausführungen sind dem Antragsteller im gegenständlichen Fall gemäß § 32 Abs. 1 GebAG drei Stunden Zeitversäumnis in Höhe von € 68,10 zu vergüten.
Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:
Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG
€
3 begonnene Stunden á € 22,70
68,10
Reisekosten §§ 27, 28 GebAG
36 km à € 0,42 PKW
15,12
Zwischensumme
83,22
20 % Umsatzsteuer
16,64
Gesamtsumme
99,86
Gesamtsumme aufgerundet auf 10 Cent
99,90
Es war daher die Gebühr des Dolmetschers mit € 99,90 zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.
Schlagworte
Dolmetscher Dolmetschergebühren - Neuberechnung Dolmetschgebühren Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Mehrbegehren Mühewaltung Reisekosten Teilstattgebung ZeitversäumnisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W195.2229542.1.00Im RIS seit
11.12.2020Zuletzt aktualisiert am
11.12.2020