TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/1 W257 2229193-1

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Veröffentlicht am 01.07.2020
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Entscheidungsdatum

01.07.2020

Norm

BDG 1979 §38
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W257 2229193-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert Gerhard MANTLER, MBA als Vorsitzender und die fachkundigen Laienrichter XXXX und XXXX als Beisitzerinnen über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Matthias PRÜCKLER, 1080 Wien, Florianigasse 16/8, gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors für Niederösterreich vom 25.10.2019, Zl. PAD19/01868144/002/AA, zu Recht:

A)

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1.    Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist dem Bundesministerium für Inneres zugewiesen. Er ist eingeteilter Beamter (E2b), trägt den Amtstitel des Gruppeninspektors, sein örtlicher Arbeitsplatz war bis zur Versetzung die XXXX (FGP; idF: „alte FGP-Dienststelle“) und derzeit die XXXX , Bezirk XXXX , (idF: „neue PI-Dienststelle“).

1.2.    Mit Wirksamkeit vom XXXX .2019 wurde er an die zuletzt genannte Dienststelle von Amts wegen versetzt. Er hatte die für die Versetzung maßgeblichen Gründe nicht zu vertreten.

1.3.    Am XXXX 2019 beantragte das Bezirkspolizeikommando bei der belangten Behörde, dem Landespolizeidirektor für Niederösterreich, die Versetzung. In dem Antrag wird ausgeführt, dass Bewältigung der laufenden dienstlichen Aufgaben im Bezirk die Versetzung unbedingt erforderlich ist.

1.4.    Die Personalmaßnahme leitete sich laut der Dienstbehörde noch von der sogenannten „Schengenreform“ ab, welche erlassmäßig am 13.01.2011 verfügt wurde und am 01.07.2011 in Kraft trat. Mit diesem Erlass wurde dem Beschwerdeführer ausdrücklich Bezirksschutz zugesichert, jedoch keine Dienststellengarantie. Aus dem Erlass des BMI vom 11.04.2011 geht die neue Dienststellenstruktur hervor. Diese besage, dass zum damaligen Zeitpunkt die Planstelle im AGM (Ausgleichsmaßnahmen)-Bereich, nunmehr „FGP“ von 75 auf 20 Beamte reduziert wurden.

 

1.5.    Die Versetzungsverständigung wurde dem Beschwerdeführer am XXXX .2019 zugestellt, worin ihm mitgeteilt wurde, dass seine jetzige Planstelle mit 5 Beamten über den systemisierten Personalstand geführt werde, es eine zu geringe Arbeitsauslastung gebe und die neue PI-Dienststelle einen Personalbedarf hätte. Überdies wäre es kein wesentlicher wirtschaftlicher Nachteil, weil er zur neuen PI-Dienststelle lediglich 8,2 km und 6 Fahrtminuten länger fahren müsse als bisher.

1.6.    Dagegen brachte er am XXXX .2019 Einwendungen vor, indem er anführte, dass es bei der neuen PI-Dienststelle keinen Personalbedarf gäbe. Die neue PI-Dienststelle hätte zwei zusätzliche Beamte über den systemisierten Personalstand. An seiner alten FGP-Dienststelle würde es zwar acht dienstführende Beamten geben, effektiv können aber nur drei Beamten Dienst versehen. Zudem würden bei den eingeteilten Beamten effektiv nur 10 Beamte Dienst versehen. Letztlich hätte er auch keine fachlichen Fähigkeiten an einer „normalen Polizeiinspektion“ Dienst zu versehen, da er trotz mehrfacher Zuteilungen keinerlei Erfahrungen mit der Arbeit an einer normalen Polizeiinspektion hätte.

1.7.    Mit dem im erwähnten Bescheid wurde die Versetzung mit Wirkung XXXX 2019 verfügt. Die Behörde führte nochmals ihre Darstellungen aus.

1.8.    Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Auch hier wurden die bisherigen Stellungnahmen wiederholt, welche sich im Grunde so darstellen, dass aus seiner Sicht an der neuen PI-Dienststelle kein Personalbedarf bestehe, so wie die belangte Behörde begründete. Wenn nun schon die Behörde den Personalstand an der alten FGP-Dienststelle reduzieren müsse, dass sollen nach seiner Ansicht jene versetzt werden, welche bereits dienstzugeteilt werden und nicht jene, welche an der alten FGP-Dienststelle ohnehin Dienst versehen. Er stellt die Anträge, (i) den Bescheid zu beheben, in eventu (ii) den Bescheid beheben und an die Behörde zur neuerlichen Entscheidung zurückzuweisen, in eventu (iii) eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und selbst in der Sache zu entscheiden.

1.9.    Der Verwaltungsakt langte am XXXX .2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde entsprechen der Geschäftsverteilung der Gerichtskammer W257 zugewiesen.

1.10.   Am 26.06.2020 wurde eine mündliche Verhandlung anberaumt um das gerichtliche Ermittlungsverfahren zu führen. Darin wurden nochmals die Stadtpunkte – wie bisher – dargelegt. Der Beschwerdeführer brachte zudem vor, dass - seitdem er zur neuen PI-Dienststelle versetzt worden sei – Beamte sogar zur alten FGP-Dienststelle zugeteilt worden wären. Die belangte Behörde rechtfertigte dies mit der aktuellen Corona-Kriese, bei der es aus gesundheitsstrategischer Sicht notwendig gewesen wäre Beamte dorthin zuzuteilen. Dies sei allerdings beendet worden. Die Behörde brachte vor, dass es abgesehen von der dienstlichen Notwendigkeit an der neuen PI-Dienststelle, auch die Notwendigkeit bestand den Erl des BMI zu vollziehen und den Personalstand von 75 auf 20 zu reduzieren. Der Arbeitsplatz des Beschwerdeführers sei aufgelassen worden. Der Beschwerdeführer sei einer jener Beamten gewesen, welcher innerhalb des Bereiches 75 zu 20 gelegen sei.

Es erfolgte eine einstimmige Entscheidung des Senates.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht fest.

1.       Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Seine Stammdienststelle befindet sich innerhalb des Planstellenbereichs des Bundesministeriums für Inneres.

Mit Wirksamkeit vom XXXX .2019 wurde er von der „ XXXX Bezirk XXXX “ an die XXXX , Bezirk XXXX , von Amts wegen versetzt. Er hatte die für die Versetzung maßgeblichen Gründe nicht zu vertreten.

An der Versetzung bestand ein wichtiges dienstliches Interesse.

2.       Beweiswürdigung:

Das wichtige dienstliche Interesse ergibt sich unzweifelhaft aufgrund der „Schengenreform“ (sh dazu Punkt 0), dem der Beschwerdeführer weder in der Beschwerdevorlage, noch in der Verhandlung auf sachlicher Ebene entgegen treten konnte. Die Personalmaßnahme wurde seitens des Bezirkspolizeikommandaten initiiert und betraf nicht nur den Beschwerdeführer selbst, sondern weitere Beamte der „alten FGP-Dienststelle“ an der es durch den Erlass galt, Personal in der Anzahl von 75 auf 20 abzubauen. Es war für den erkennenden Senat keine Willkür erkennbar die sich alleine gegen den Beschwerdeführer richtete. Der Beschwerdeführer brachte in der mündlichen Verhandlung im Kern vor, dass es aus seiner Sicht nicht erklärbar sei, weswegen er von einer Dienststelle welche mit weniger Personal als am Dienststellenplan systemisiert ausgestattet sei, er zu einer anderen Dienststelle, welche ebenso mit weniger Personal als am Plan systemisiert ausgestattet sei, und sohin vergleichbar seien, versetzt werde. Dabei verkennt er allerdings, dass die „alte FGP-Dienststelle“ aufgrund des Schengenerlasses Planstellen reduzieren muss.

Auch eine von ihm in der Verhandlung vorgelegte Liste mit Personen, welche in das Waldviertel versetzt werden wollen und insofern seine Planstelle an der „neuen PI-Dienststelle“ an seiner Statt einnehmen könnten, ist nicht geeignet das Argument der zwingenden Planstellenreduzierung an der „alten FGP-Dienststelle“ zu erschüttern. Denn die Liste hebt die Notwendigkeit der Durchführung des Schengenerlasses nicht auf. Persönliche, familiäre oder sozialen Verhältnisse bei dem Beschwerdeführer, welche allenfalls eine Abwägung nach § 38 Abs. 4 BDG bedurfte, wurden nicht vorgebracht. Der Beschwerdeführer muss keine im gemeinsamen Haus lebende Person pflegen, sein ältestes Kind ist 18 Jahre alt, und der Mehraufwand an Fahrtzeit (+ 6 Minuten Fahrtzeit gegenüber seiner alten Dienststelle) und Fahrtstrecke (+8,2 km gegenüber seiner alten Dienststelle) ist ihm jedenfalls zumutbar.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zu A) I. des Spruchpunktes (Abweisung der Beschwerde):

§ 38 BDG 1979 lauten auszugsweise:

BDG 1979:

„Versetzung

§ 38. (1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.

(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.

(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor
1.         bei Änderungen der Verwaltungsorganisation,
2.         bei der Auflassung von Arbeitsplätzen,
3.         bei Besetzung eines freien Arbeitsplatzes einer anderen Dienststelle, für den keine geeigneten Bewerberinnen oder Bewerber vorhanden sind,
4.         wenn die Beamtin oder der Beamte nach § 81 Abs. 1 Z 3 den zu erwartenden Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat oder
5.         wenn über die Beamtin oder den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihr oder ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung der Beamtin oder des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.

(4) Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine solche Versetzung ist – ausgenommen in den Fällen des Abs. 3 Z 4 und 5 sowie in jenen Fällen, in denen abweichend vom Abs. 3 Z 5 noch keine rechtskräftige Disziplinarstrafe verhängt worden ist – unzulässig, wenn sie
1.         für die Beamtin oder den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und
2.         eine andere geeignete Beamtin oder ein anderer geeigneter Beamter derselben Dienststelle und derselben Verwendungsgruppe zur Verfügung steht, bei der oder dem dies nicht der Fall ist.

(5) ...

(6) Ist die Versetzung des Beamten von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist er hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und seiner neuen Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.

(7) Die Versetzung ist mit Bescheid zu verfügen; in diesem ist festzustellen, ob der Beamte die für die Versetzung maßgebenden Gründe gemäß §§ 141a, 145b oder 152c BDG 1979 zu vertreten hat oder nicht. Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Der vom Beamten zuletzt innegehabte Arbeitsplatz darf bis zur Rechtskraft des Bescheides nicht auf Dauer besetzt werden.“

§ 38 Abs. 3 BDG 1979 enthält keine taxative Aufzählung, sondern führt demonstrativ Gründe an, die ein wichtiges dienstliches Interesse darstellen können. Dies macht eine Auslegung der jeweils infrage kommenden Gründe notwendig. Aus der Zusammenschau aller aufgezählten Gründe ergibt sich jedoch klar, dass das wichtige dienstliche Interesse jedenfalls in direktem Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz des Beamten oder seiner Person stehen muss, um ein Abzugsinteresse zu begründen.

Das wichtige dienstliche Interesse ist ausschließlich nach objektiven Merkmalen und nicht danach zu beurteilen, inwieweit der Beamte diese Momente schuldhaft herbeigeführt hat. Auch ein disziplinär nicht zu ahndendes Verhalten kann ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung begründen. Ein solches liegt jedenfalls dann vor, wenn objektiv festgestellte Tatsachen (hier: vorwiegend durch den Gesundheitszustand beeinflusste dienstliche Spannungen) den Schluss rechtfertigen, dass der Wille oder die Fähigkeit zur Erfüllung der dem Beamten obliegenden Aufgaben nicht oder nicht mehr gegeben ist. VwGH 13. 12. 1982 VwSlg 10.922 A = ZfV 1983/2220.

Der Begriff „wichtiges dienstliches Interesse“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Auslegung sich an normativen Inhalten zu orientieren hat. Ein solches Interesse besteht für den Bundesminister im Hinblick auf die Einrichtung des Misstrauensvotums darin, dass die Beamten seines Ressorts, die selbständige Entscheidungen treffen und approbationsbefugt sind, ihre Funktion im Sinne der durch die Rechtsordnung vorgezeichneten Aufgabenstellung erfüllen. Ein wichtiges dienstliches Interesse wird berührt, wenn ordnungsgemäß festgestellte Tatsachen den Schluss rechtfertigen, dass ein Beamter in seiner Verwendung diese Aufgaben nicht erfüllen will oder aus inneren oder äußeren Gründen nicht oder nicht mehr erfüllen kann. Ein solcher Schluss kann aus der Feststellung, dass der Beamte „mit der Art der Führung des Ressorts offensichtlich nicht einverstanden ist“ nicht gezogen werden.

Im gegenständlichen stützte die Behörde ihren Bescheid ganz allgemein auf § 38 BDG. Das Verfahren vor dem Gericht ergab, dass der Arbeitsplatz des Beamten aufgrund des Schengenerlasses aufgelassen wurde. Es liegt somit genau jener Sachverhalt vor, den § 38 Abs. 3 Ziffer 2 beschreibt. Das Gesetzt sagt damit eindeutig, dass die Auflassung eines Arbeitsplatzes ein „wichtiges dienstliches Interesse“ darstellt. Die Rechtsfolge dieser Auflassung ist somit die Versetzung, dass die Behörde mit dem Bescheid vornahm.

Der Schutzzweck des § 38 ist darin gelegen, den Beamten vor sachlich nicht gerechtfertigten Personalmaßnahmen (Versetzungen bzw. qualifizierten Verwendungsänderungen) zu bewahren. Eine (sachliche) Organisationsänderung kann ein wichtiges dienstliches Interesse für eine Versetzung nach § 38 Abs 3 begründen. VwGH 20. 11. 2018, Ra 2017/12/0125.

Nachdem bei Abzug des Beamten ein wichtiges dienstliches Interesse bestand, ist es nicht mehr erforderlich zu prüfen, ob an der neuen Dienststelle ein wichtiges dienstliches Interesse bestand (VwGH 13. 12. 1982 VwSlg 10.919 A = ÖJZ 1983, 554).

Insoweit der Beschwerdeführer vermeinte, dass ihm kein Parteiengehör geschenkt worden sei, kann das Gericht dieser Argumentation nicht folgen, denn ihm wurde entsprechend § 38 Abs. 6 BDG 1979 nachweislich das Vorhaben der Dienstbehörde zum Parteiengehör übermittelt worden. Das Parteiengehör schließt nicht mit ein, bekanntzugeben wie sich die Behörde entscheidet, sondern es ist ihm lediglich das Ermittlungsverfahren mitzuteilen (zuletzt VwGH am 13.02.202; Ra 2020/19/0009). Zudem nahm der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer (laut Aktenlage) weder vor der Behörde, noch vor dem Verwaltungsgericht von sich aus eine Akteneinsicht vor.

Aus diesem Grund wurde spruchgemäß die Beschwerde gegen den Bescheid abgewiesen.

Schlagworte

Organisationsänderung Parteiengehör Revision zulässig Versetzung wichtiges dienstliches Interesse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W257.2229193.1.00

Im RIS seit

11.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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