Entscheidungsdatum
02.07.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W183 2230553-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts XXXX vom 10.03.2020, Zl. XXXX , betreffend Gerichtsgebühren zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch des Bescheides zu lauten hat: „Die Vorstellung wird gemäß § 7 Abs. 1 und 2 GEG als verspätet zurückgewiesen.“
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Im Grundverfahren brachte die nunmehrige Beschwerdeführerin mit am 18.07.2016 beim Bezirksgericht XXXX eingelangtem Schriftsatz eine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 30.05.2016, Zl. XXXX , ein und bewertete das Berufungsinteresse mit EUR 3.985,00.
2. Mit Lastschriftanzeige vom 27.01.2020, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführerin die Zahlung der Gebühr gemäß TP 2 Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984 (in Folge: GGG), in Höhe von EUR 544,00 vorgeschrieben.
3. Am 12.02.2020 langte beim Landesgericht XXXX das als „Widerspruch – Einspruch“ bezeichnete Schreiben vom 07.02.2020 (zur Post gegeben am 11.02.2020) der Beschwerdeführerin ein, das sich gegen „ XXXX “ richtete. An das Schreiben angeheftet war eine Kopie der Lastschriftanzeige.
4. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 12.02.2020, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführerin die Zahlung von Gebühren nach TP 2 GGG und einer Einhebungsgebühr in Höhe von insgesamt EUR 552,00 vorgeschrieben. Nach einem erfolglosen Zustellversuch am 17.02.2020 wurde der Mandatsbescheid am zuständigen Postamt ab dem 18.02.2020 bereitgehalten und am 03.03.2020 von der Beschwerdeführerin übernommen.
5. Am 09.03.2020 langte beim Landesgericht XXXX das als „Widerspruch – fristgerecht“ bezeichnete Schreiben vom 05.03.2020 (zur Post gegeben am 06.03.2020) der Beschwerdeführerin ein, wonach in diesem Verfahren alle Kosten bezahlt worden seien und um Kenntnisnahme gebeten werde.
6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid (zugestellt am 17.03.2020) wurde die Beschwerdeführerin zur Zahlung eines Gesamtbetrages von EUR 552,00 (Pauschalgebühr gemäß TP 2 GGG (Bemessungsgrundlage: EUR 3.985,00) und Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz, BGBl. Nr. 288/1962 (in Folge: GEG)) verpflichtet.
7. Mit undatiertem, auf einer Kopie des angefochtenen Bescheids verfasstem und als „Einspruch Widerspruch“ bezeichnetem Schreiben (am 03.04.2020 zur Post gegeben) erhob die Beschwerdeführerin binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass alle Forderungen aus dem Grundverfahren bereits beglichen worden seien.
8. Mit undatiertem Schriftsatz (eingelangt am 27.04.2020) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
9. Mit Schreiben vom 27.05.2020 (zugestellt am 29.05.2020) richtete das Bundesverwaltungsgericht einen Verspätungsvorhalt an die Beschwerdeführerin. Darin wurde festgehalten, dass die Frist zur Erhebung einer Vorstellung gegen einen Mandatsbescheid zwei Wochen betrage. Der Mandatsbescheid sei am 18.02.2020 nach einem erfolglosen Zustellversuch am 17.02.2020 hinterlegt worden, das Rechtsmittel am 06.03.2020 zur Post gegeben. Diese stelle sich daher als verspätet dar. Innerhalb der gewährten zweiwöchigen Frist zur Abgabe einer Stellungnahme äußerte sich die Beschwerdeführerin nicht zum Verspätungsvorhalt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Am 18.07.2016 brachte die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Berufung (Berufungsinteresse: EUR 3.985,00) beim Bezirksgericht XXXX ein.
1.2. Gegenüber der Beschwerdeführerin wurde ein Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) über EUR 552,00 (Pauschalgebühr zuzüglich EUR 8,00 Einhebungsgebühr) erlassen und ihr dieser – nach einem erfolglosen Zustellversuch am 17.02.2020 – durch Hinterlegung und Bereithaltung zur Abholung am zuständigen Postamt am 18.02.2020 zugestellt.
1.3. Die von der Beschwerdeführerin erhobene Vorstellung wurde am 06.03.2020 zur Post gegeben. Mit Verspätungsvorhalt des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.05.2020 (am 29.05.2020 zugestellt) wurde der Beschwerdeführerin hinsichtlich der gegenständlichen Verspätung Parteiengehör gewährt; Es langte bis zum Entscheidungszeitpunkt keine Stellungnahme ein.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen, den Aktenbestandteilen des gerichtlichen Grundverfahrens – diesen ist die Beschwerdeführerin trotz Vorhalt nicht entgegengetreten – sowie dem Verspätungsvorhalt des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.05.2020, Zl. W183 2230553-1/13Z.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (in Folge: B-VG), erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 7 Abs. 1 GEG kann, wer sich durch den Inhalt eines Mandatsbescheids, der von einem Kostenbeamten namens der Behörde erlassen wurde, beschwert erachtet, binnen zwei Wochen Vorstellung bei der Behörde erheben.
Gemäß § 7 Abs. 2 GEG sind verspätete und unzulässige Vorstellungen von der Behörde zurückzuweisen.
Gemäß § 13 Abs. 1 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 (in Folge: ZustG), ist das Dokument dem Empfänger an der Abgabestelle - das ist gemäß §2 Z 4 ZustG auch die Wohnung - zuzustellen. Gemäß § 17 Abs. 1 1. Fall ZustG ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst, kann dieses an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, bei seiner zuständigen Geschäftsstelle zu hinterlegen. Gemäß § 17 Abs. 2 ZustG ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen, die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustG wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
3.2.2. Wie festgestellt wurde, wurde am 17.02.2020 versucht, der Beschwerdeführerin den Mandatsbescheid zuzustellen; da dies erfolglos war, wurde eine entsprechende Benachrichtigung in die Abgabeeinrichtung eingelegt und der Bescheid ab 18.02.2020 am zuständigen Postamt zur Abholung bereitgehalten. Da die Beschwerdeführerin an der Zustelladresse seit 06.02.2018 gemeldet war, konnte das Zustellorgan davon ausgehen, dass sich diese regelmäßig an der Abgabestelle aufhält; dass dies nicht der Fall war, hat die Beschwerdeführerin trotz Vorhalt der Verspätung nicht behauptet.
Daher wurde der Mandatsbescheid am 18.02.2020 rechtswirksam zugestellt und gilt ab diesem Zeitpunkt als erlassen.
Da der Mandatsbescheid der Beschwerdeführerin somit am 18.02.2020 zugestellt wurde, die Rechtsmittelfrist von zwei Wochen am 03.03.2020 - dieser war kein gesetzlicher Feiertag - ablief und die am 06.03.2020 zur Post gegebene Vorstellung sich somit als verspätet erweist, war diese als verspätet zurückzuweisen. Trotz Vorhalt der Verspätung erstattete die Beschwerdeführerin keine Stellungnahme, es ist daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde mit der Maßgabe abzuweisen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend angepasst wird, dass die Vorstellung als verspätet zurückgewiesen wird.
Festgehalten wird, dass jedenfalls auch das am 12.02.2020 beim Landesgericht XXXX eingelangte, als „Widerspruch – Einspruch“ bezeichnete Schreiben der Beschwerdeführerin nicht als Vorstellung gegen den Mandatsbescheid zu werten ist. Zunächst ergibt sich daraus, dass dieses Schreiben an die Lastschriftanzeige geheftet war und auf dem Schreiben deren Geschäftszahl angeführt war, dass dieses Schreiben gegen die Lastschriftanzeige gerichtet war. Weiters war das Schreiben mit 07.02.2020 datiert und wurde am 11.02.2020 zur Post gegeben, zu diesem Zeitpunkt war der Mandatsbescheid noch gar nicht erlassen (sondern erst am 18.02.2020). Es ist denkunmöglich, dass sich ein Schreiben der Beschwerdeführerin gegen einen Bescheid richtet, den sie noch gar nicht erhalten hat bzw. der noch nicht einmal erlassen wurde.
3.2.3. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von „civil rights“ unter dem Blickwinkel des Art. 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305 mwN). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art. 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Unter Verweis auf § 39 Abs. 2 Z 6 Verwaltungsgerichtshofgesetz, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), welcher im Wesentlichen § 24 Abs. 4 VwGVG entspricht, hat der Verwaltungsgerichtshof von der Durchführung einer beantragten mündlichen Verhandlung in einer Frage der Gebührenpflicht nach dem GGG Abstand genommen (VwGH 28.03.2014, 2013/16/0218).
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Übrigen ist die Rechtslage als eindeutig zu bezeichnen (vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053), weshalb auch aus diesem Grund keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Gerichtsgebühren Mandatsbescheid Rechtsmittelfrist Verspätung Vorstellung Zustellung durch HinterlegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W183.2230553.1.00Im RIS seit
11.12.2020Zuletzt aktualisiert am
11.12.2020