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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §36 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/02/0311 96/02/0312Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerden des A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, J-Platz 16/II, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg 1. vom 30. Jänner 1996, Zl. UVS-8/235/1-1996 (protokolliert zur hg. Zl. 96/02/0310), 2. vom 4. März 1996, Zl. UVS-8/244/3-1996 (protokolliert zur hg. Zl. 96/02/0312) und 3. vom 19. März 1996, Zl. UVS-8/254/3-1996 (protokolliert zur hg. Zl. 96/02/0311), betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde gemäß den §§ 51 und 52 in Verbindung mit § 48 Fremdengesetz (FrG) die an sie gerichteten Schubhaftbeschwerden des Beschwerdeführers ab und stellte jeweils die Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung fest.
Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluß vom 11. Juni 1996, B 962/96, B 1266/96 und B 1447/96, die Behandlung dieser Beschwerden ablehnte und sie in der Folge dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden und hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt u.a. vor, er habe nach Inschubhaftnahme in Erfahrung bringen können, daß eine Abschiebung aufgrund eines faktischen Hindernisses, nämlich des Umstandes, daß keine Flugverbindung nach Afghanistan bestünde, gar nicht möglich gewesen wäre. Er vertrete die Rechtsauffassung, daß sich aus der direkt anwendbaren Bestimmung der MRK eine "umfassende Schubhaftprüfung" ergebe. Die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes würde bedeuten, daß die Unmöglichkeit der Abschiebung, welche faktisch dann feststehe, wenn es überhaupt keine Flugverbindung gäbe und somit unzweifelhaft eine Abschiebung nicht möglich sei, die Schubhaft nach Vollstreckbarkeit eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung dennoch berechtigt sei, auch wenn absehbar sei, daß "in naher und ferner Zukunft eine Abschiebung stattfinden" könne (offenbar gemeint: nicht stattfinden könne). Diese Überprüfungskompetenz müsse aber dem unabhängigen Verwaltungssenat zustehen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1994, Zl. 94/02/0227) ist dem Einwand einer faktischen Unmöglichkeit einer Abschiebung - etwa aufgrund behaupteter fehlender Flugverbindung - entgegenzuhalten, daß nach § 36 Abs. 2 erster Satz FrG die Abschiebung eines Fremden auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben (Abschiebungsaufschub) ist, wenn sie u.a. aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint. Für einen solchen Antrag ist daher ein eigenes Verfahren vorgesehen, welches vor den Fremdenbehörden (§ 65 Abs. 1 FrG) zu führen ist. Die Überprüfung, ob eine Abschiebung eines Fremden aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist (scheint), hat daher nicht im Rahmen der Prüfung einer Schubhaftbeschwerde durch den unabhängigen Verwaltungssenat zu erfolgen (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis).
Ferner wendet der Beschwerdeführer ein, er habe vorgebracht, haftunfähig zu sein, und zu diesem Verhandlungsthema eine mündliche Verhandlung beantragt. Die belangte Behörde habe sich aber darauf beschränkt, lediglich eine Auskunft der Bundespolizeidirektion Leoben einzuholen, ohne dem Beschwerdeführer die Möglichkeit für den Nachweis zu geben, daß die erteilte Auskunft unrichtig sei. Der Beschwerdeführer sei in jedem Fall auch zum Zeitpunkt der (jeweiligen) Entscheidung durch die belangte Behörde nicht haftfähig gewesen. Das Parteiengehör sei daher insbesondere durch unterlassene Abhaltung einer (mündlichen) Verhandlung verletzt worden. Dieser Verfahrensfehler sei relevant, weil in der mündlichen Verhandlung die Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers "völlig offensichtlich gewesen wäre".
Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinen Erkenntnissen vom 17. November 1995, Zl. 95/02/0467, und vom 2. August 1996, Zl. 96/02/0143, bereits ausgeführt hat, ist vom unabhängigen Verwaltungssenat in einem Beschwerdeverfahren nach §§ 51 ff FrG einzig die Frage der Rechtmäßigkeit der Schubhaft zu entscheiden, und daher können Fragen des konkreten Vollzugs (der Durchführung) der Schubhaft - wie etwa der Haftfähigkeit eines Fremden - nicht Gegenstand einer solchen Beschwerde sein. Sohin kommt auch der in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrüge keine Relevanz zu.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerden erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996020310.X00Im RIS seit
03.04.2001