TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/24 W282 2226300-1

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Veröffentlicht am 24.07.2020
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Entscheidungsdatum

24.07.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W2828 2226300-1/11E

Schriftliche Ausfertigung des am 09.07.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Kosovo, vertreten durch RAST & MUSLIU Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.07.2020 zu Recht:

a)

I. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise sechs Wochen ab Rechtskraft des Erkenntnisses beträgt und die Dauer des Einreiseverbots auf 3 Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Feststellungen

Zum Beschwerdeführer:

Der Beschwerdeführer (BF) ist kosovarischer Staatsbürger. Er ist verheiratet, gesund und erwerbsfähig.

Der BF ist im September 2012 erstmals ins Bundesgebiet eingereist und ist seitdem durchgehend behördlich gemeldet. Er stellte nach seiner Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz, der letztlich vom Asylgerichtshof Ende September 2012 rechtskräftig. abgewiesen wurde. In Folge heiratete der BF im Oktober 2012 eine österreichische Staatsbürgerin und verblieb im Bundesgebiet. Dem BF wurde aufgrund dieser ersten Ehe bis XXXX 2018 ein (mehrmals verlängerter) Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ erteilt. Der BF wurde zwischenzeitig von seiner österreichischen Ehefrau geschieden. Im September 2015 beantragte er eine Zweckänderung auf eine „Rot-Weiß-Rot Karte (plus“), die ihm gewährt wurde, wobei dieser Aufenthaltstitel bis 09.12.2018 galt. Derzeit behängt bei der Magistratsabteilung 35 der Stadt Wien ein Verfahren über die Verlängerung dieses Aufenthaltstitels.

Der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers ist vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Kosovo gelegen, wo er geboren und sozialisiert wurde und auch seine Schulpflicht absolviert hat. Er hat dort bis zu seinem 21. Lebensjahr gelebt. Seine Kernfamilie hält sich nach wie vor im Kosovo auf, ebenso wie seine (zweite) Ehefrau, die der BF nach der Scheidung von seiner österreichischen Gattin geheiratet hat. Der BF spricht die Sprache seines Heimatlandes fließend. Der BF hat zu seiner Familie im Kosovo wöchentlich Kontakt, seine Gattin hat er im Kosovo mehrmals besucht. Der BF hat daher noch aufrechte Bindungen zu seinem Heimatstaat. Der Bruder des BF hält sich in Deutschland auf, der BF hat diesen aber noch nicht dort besucht.

Der Beschwerdeführer ist verheiratet, wobei sich seine Ehefrau im Kosovo aufhält; er führt im Bundesgebiet kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK. Er verfügt über ein im Hinblick auf seine Aufenthaltsdauer übliches Privatleben und einen Freundeskreis im Bereich seiner Arbeitskollegen, sowie eine intensive Beziehung zu seinen in Österreich aufhältigen Cousins, mit denen er jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt lebt und von denen er finanziell auch nicht abhängig ist. Über darüberhinausgehende vertiefte soziale Kontakte verfügt der BF nicht. Der BF ist in Bezug auf seine Aufenthaltsdauer durchschnittlich gesellschaftlich integriert und mäßig sozial integriert; er ist nicht in Vereinen, einer Kirche oder sonst ehrenamtlich tätig bzw. aktiv. Der BF hat im November 2019 ein Spendenabonnement des Wiener „Tierquatiers“ für Kleintiere im Umfang von 10 € monatlich abgeschlossen.

Der BF spricht Deutsch auf A2 Niveau, wobei die Absolvierung der letzten Deutschprüfung im Jahr 2014 stattfand. Der BF ist weiters seit 2013 bis dato fast durchgängig berufstätig gewesen, wobei er immer bei demselben Arbeitgeber der Baubranche als Baggerfahrer auf Baustellen vollzeitbeschäftigt war. Die kurzen Unterbrechungen seiner Anstellung sind auf saisonbedingte Schwankungen und auf den fünfmonatigen Haftaufenthalt zurückzuführen.

Zur strafrechtlichen Verurteilung:

Der BF wurde vom Landesgericht für Strafsachen Wien am XXXX .2019 zur GZ XXXX ua. wegen der Verbrechen des schweren Diebstahls bzw. des gewerbsmäßigen Diebstahls und Einbruchdiebstahls verurteilt, wobei es bei einem Teil der Tathandlungen beim Versuch blieb. Konkret wurde der BF schuldig befunden, im XXXX 2016, im XXXX 2017 und im XXXX 2018 sowie im XXXX 2018 mit Komplizen auf Baustellen eingebrochen zu haben bzw. dort Container aufgebrochen und Werkzeuge gestohlen zu haben. Teilweise hat sich der BF durch diese Taten ein Zusatzeinkommen verschafft. Vor Gericht verantwortete er sich teilgeständig, was ebenso als mildernd gewertet wurde wie die Tatsache, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und das der Lebenswandel des BF bis zu diesem Zeitpunkt ordentlich war. Erschwerend wurde die wiederholte Tatbegehung über einen längeren Zeitraum und die mehrfache Deliktsqualifikation gewertet. Der BF wurde zu einer Freiheitstrafe von 15 Monaten verurteilt, wobei 10 Monate hiervon bedingt auf drei Jahre Probezeit nachgesehen wurden. Der BF hat seine Freiheitsstrafe verbüßt.

Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet stellt eine in ihrem Ausmaß mäßig schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar.

Zum Herkunftsstaat:

Der Kosovo gilt als sicherer Herkunftsstaat. Dem BF droht bei Rückkehr in den Kosovo keine wie immer geartete Gefährdung in den Rechtsgütern des Art. 2 oder 3 EMRK, des 6. und 13. Zusatzprotokolls der EMRK und droht ihm auch keine wie immer geartete staatliche Verfolgung.

Zum Verfahren:

Mit dem (angefochtenen) Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt oder BFA) vom XXXX 2019 wurde gegen BF eine Rückerentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), seine Abschiebung nach Serbien für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.), eine 14 tägige Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt III.) und ein auf fünf Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

Der BF hat gegen diesen Bescheid fristgerecht am 02.12.2019 Beschwerde erhoben. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung G307 abgenommen und der Gerichtsabteilung W282 neu zugewiesen.

II. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt des Bundesamtes und in den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts sowie durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden, an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel bestehen, und durch Einvernahme des BF am heutigen Tage. Auf dem Verwaltungsakt des Bundesamtes und den Auszügen aus dem Zentralen Fremdenregister basieren weiters die Feststellungen zu der früheren Asylantragstellung und den bisherigen Aufenthaltstiteln des BF.

Die Feststellungen zu den Familienverhältnissen, dem Kontakt zum Heimatstaat der sozialen und gesellschaftlichen Integrationsstufe und den Deutschkenntnissen basiert maßgeblich auf dem im Rahmen der Einvernahme des BF vor dem Bundesverwaltungsgericht gewonnenen Eindruck. Im sprachlicher Hinsicht erweckte der BF dabei den Eindruck, die für das Modul 1 der Integrationsvereinbarung notwendigen Vorleistungen (A2-Niveau) im Jahr 2014 erbracht zu haben, aber im Hinblick auf seine Tätigkeit auf Baustellen, bei der er sich teilweise auch in Albanisch verständigen konnte, danach keine weiteren maßgeblichen sprachlichen Integrationsanstrengungen mehr unternommen zu haben. So konnte er in der mündlichen Verhandlung nur eine der zwei dem ÖIF Test für die deutsche Sprache auf A2-Niveau entnommenen Beispiele für Leseverständnis richtig beantworten. Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit stützten sich auf die Angaben des BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung, die sich insoweit mit den Auszügen des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger decken.

Ebenso wenig vermochte der BF den Eindruck zu erwecken, überdurchschnittliche Anstrengungen zu einer fortgesetzten gesellschaftlichen und sozialen Integration unternommen zu haben. Der Abschluss eines Spendenabonnements für Kleintiere iHv 10 € monatlich zu Gunsten des Tierquartiers, ist auf beweiswürdigender Basis für eine soziale Integration nicht maßgeblich in Ansatz zu bringen, da es sich letztlich um einen „Einziehungsauftrag“ für eine Spende, nicht hingegen um eine authentische soziale oder ehrenamtliche Tätigkeit, in die vor allem persönliche Freizeit investiert wird, handelt. Außerdem wurde diese Spendenverpflichtung erst im November 2019 begonnen, als der BF bereits die Rückehrentscheidung des Bundesamtes zugestellt bekommen hat, was auch darauf hinweist, dass dieser Schritt mehr zum Zweck der möglichen Verbesserung des Integrationsstatus als zur Dokumentation einer erfolgten nachhaltigen sozialen Integration ist.

Die Feststellungen zu der strafrechtlichen Verurteilung basieren auf dem Auszug aus dem Strafregister hinsichtlich des BF und der entsprechenden Urteilsabschrift des LG für Strafsachen Wien (AS 14). Aus dieser Tatsache ergibt sich auch Feststellung, dass der BF derzeit eine mäßig schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Bei letzterem Faktum sind auch die Fakten der teilweisen Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung durch den BF anzuführen sowie die mehrfache Deliktsqualifikation (Urteil AS 18) als erschwerend zu werten. Besonders gravierend wirkt aber, dass der BF davon ausgehen musste, dass bei Bekanntwerden der Umstände der Straftaten (Einbrüche auf Baustellen) er damit seinen Arbeitsplatz als Baggerfahrer auf Baustellen erheblich gefährden wird; trotzdem hat ihn dies nicht von den über drei Jahre verteilten Tathandlungen abgehalten. Soweit der BF hierzu vorbringt, er habe vor anderen Komplizen „Angst gehabt“ und deswegen über mehrere Jahre hinweg bei diesen Einbrüchen mitgewirkt, vermag dies nicht zu überzeugen, da die Abstände zwischen den Tathandlungen mit jeweils ca. einem Jahr zu weit auseinanderliegen, als dass glaubhaft wäre, dass der BF über einen solange fortgesetzten Zeitraum von seinen Komplizen permanent bedroht worden wäre. Auch gab der BF an, mit einem seiner Komplizen verwandt zu sein, es handle sich um einen seiner Cousins. Insgesamt machte der BF dennoch den Eindruck, das Unrecht seiner Taten grds. eingesehen zu haben und diese auch zu bereuen.

Die Einstufung des Kosovo als sicherer Herkunftsstaat beruht auf § 1 Z 2Herkunftsstaaten-Verordnung (in Folge kurz als „HStV“ bezeichnet). Eine Verfolgung oder Bedrohung seines Lebens, seiner Gesundheit oder eine andere vergleichbare Gefahr im Falle seiner Rückkehr in den Kosovo wurde vom BF nicht behauptet. Auch sonst sind im Beweisverfahren keinerlei Anzeichen oder Hinweise dafür hervorgekommen, dass dem BF bei der Rückkehr in den Kosovo eine Verfolgung oder Gefahr drohen würde. Auch ist gerichtsnotorisch, dass der kosovarische Staat im Allgemeinen schutzfähig und schutzwillig ist und keine Zustände willkürlicher Gewalt im Kosovo herrschen.

III. rechtlich war zu erwägen:

Zu A)

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner kosovarischen Staatsangehörigkeit demnach Fremder iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet ist durch seine rechtzeitige Stellung eines Verlängerungsantrages (§ 24 NAG) - bis zur rk. Entscheidung über diesen - rechtmäßig.

Rechtsgrundlagen:

Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

„(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

„(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige  

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Rückkehrentscheidung):

Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien vorzunehmen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die folgenden Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423): Erstens die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, zweitens das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, drittens die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, viertens der Grad der Integration, fünftens die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, sechstens die strafgerichtliche Unbescholtenheit, siebentens Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, achtens die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und schließlich neuntens die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (vgl. EKMR 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (vgl. EKMR 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (vgl. EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01)

Unter „Privatleben“ im Sinne von Art. 8 EMRK sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Nr. 60654/00, Sisojeva ua gg. Lettland).

Im ggst. Fall konnte im Bundesgebiet kein aufrechtes Familienleben des BF iSd Art. 8 EMRK festgestellt werden, da sich seine sonstige Kernfamilie und seine Gattin im Kosovo aufhalten. Die Ehe des BF mit seiner österreichischen früheren Ehegattin wurde geschieden und ist die häusliche Gemeinschaft schon seit Jahren aufgelöst. Der BF verfügt über ein Privatleben in Form von sozialen Kontakten und Freuden, die aber zu einem Gutteil auch aus einem ähnlichen Kultur- bzw. Herkunftskreis wie der BF selbst stammen. Er hat weiters ein intensives Privatleben im Hinblick auf die Beziehung zu seinen Cousins, diese sind nach seinen Abgaben fast wie „Brüder“ für ihn. Beziehungen zwischen Cousins bzw. Cousinen zählen jedoch ohne Hinzutreten weiterer maßgeblicher Umstände (gemeinsamer Haushalt, finanzielle Anhängigkeit uam.) nicht zum Familienleben iSd Art. 8 EMRK (vgl. jüngst VwGH vom 24.10.2019, Ra 2019/21/0284). Gegenständlich stellt die Rückkehrentscheidung bzw. das Einreiseverbot daher einen Eingriff in das Privatleben des BF ein.

Zur Aufenthaltsdauer ist festzuhalten, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187). Dabei geht der Verwaltungsgerichtshof in gefestigter Judikatur davon aus, dass bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist. Nur wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurde eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (bzw. die Nichterteilung eines humanitären Aufenthaltstitels) ausnahmsweise nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Allerdings ist auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend vom einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren (vgl. zum Ganzen grundlegend VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005, Rn. 11 bis 16, und darauf verweisend zuletzt, mwN, VwGH 22.8.2019, Ra 2018/21/0134, 0135, Rn. 20).

Der BF hält sich zum Entscheidungszeitpunkt bereits 7 Jahre und 10 Monate im Bundesgebiet auf, wobei sein Aufenthalt weitestgehend rechtmäßig war. Diese nicht mehr als kurz zu wertende Aufenthaltsdauer fällt daher jedenfalls zu Gunsten des BF bei der Interessensabwägung ins Gewicht. Sein Privatleben entstand somit auch während einer Zeit, in der er grds. auf einen längeren Verbleib im Bundesgebiet vertrauen durfte.

Nennenswerte Verfahrensverzögerungen seitens des Bundesamtes oder im Rahmen des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht sind ggst. nicht erkennbar. Verstöße des BF gegen verwaltungsrechtliche Vorschriften des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts des BF sind nicht aktenkundig.

Hinsichtlich der beruflichen Integration ist festzuhalten, dass der BF überwiegend erwerbstätig war und nur im geringen Umfang Sozialleistungen bezogen hat; dies vor allem aus saisonalen Gründe in der Bauwirtschaft. Die Berufstätigkeit war auch weiters durch seinen fünfmonatigen Haftaufenthalt unterbrochen. Nach der Haft wurde der BF von seinem ehemaligen Arbeitgeber wiedereingestellt. Es ist daher grds. von einer erfolgreichen Integration in wirtschaftlicher Hinsicht auszugehen.

Zur Frage der Bindungen an den Heimatstaat ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer nach wie vor starke Bindungen zum Kosovo hat, wo er bis zu Einreise in das Bundesgebiet 2012 seinen Lebensmittelpunkt hatte, seine Schulpflicht absolviert hat und über kernfamiliäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Schwester, Eltern und seiner Gattin verfügt und die prägenden Jahre seiner Jugend verbracht hat. Der Beschwerdeführer hat im Kosovo eine ausreichende gesellschaftliche Sozialisierung erfahren, er ist mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut und spricht die Sprache seines Herkunftsstaates.

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher und gesellschaftlicher bzw. sozialer Hinsicht konnten nicht erkannt werden. Im Gegenteil ist hierzu festzuhalten, dass der BF nach der für seinen Aufenthaltstitel verpflichtenden Deutschprüfung auf A2-Niveau im Jahr 2014 - welche u.a. für Modul 1 der Integrationsvereinbarung notwendig ist - keine weiteren - vor allem freiwilligen- Schritte zu einer fortgesetzten sprachlichen Integration gesetzt hat. Im Hinblick auf seine nicht mehr als kurz zu wertende Aufenthaltsdauer wären hier deutlich größere Integrationsfortschritte zu erwarten gewesen. Es erscheint vor dem Hintergrund der Tätigkeit im Baugewerbe, dass der BF gerade jene Integrationsschritte gesetzt hat, die für seine Erwerbstätigkeit und die Erlangung der Aufenthaltstitel notwendig waren, aber darüber hinaus keine nennenswerten sprachlichen Integrationsschritte mehr getätigt hat.

Die gesellschaftliche Integration ist als durchschnittlich zu bezeichnen, da der Freundeskreis BF zu einem Gutteil aus Landsleuten bzw. Personen aus anderen Balkan-Staaten besteht, wenngleich sich auch Österreicher unter den Kollegen des BF finden und sich der BF mit seinen Kollegen teilweise auch auf Deutsch verständigt. Die soziale Integration ist eher unterdurchschnittlich ausgeprägt, da der BF keine nennenswerten sozial-integrativen Aktivitäten wie z.B. eine ehrenamtliche Tätigkeit, die Mitgliedschaft in einem Verein o.ä. ausübt. Der Abschluss des Spendenabonnements zugunsten des Wiener Tierquartier ist zwar löblich, aber letztlich kein ernstzunehmender Integrationsschritt. Unter einer solchen sozialen Integration versteht § 9 Abs. 2 Z 4 BFA-VG vor allem Tätigkeiten, die aus einem authentischen sozialen Integrationswillen vor allem in Form persönlichen (zeitlichem) Engagement erfolgen und nicht Form von bloßen Geldspenden. Auch der Zeitpunkt des Abschlusses dieser Spendenverpflichtung, als bereits die Rückkehrentscheidung des Bundesamtes gegen den BF ergangen war, relativiert diesen Schritt zusätzlich.

Mit diesen gewissen integrationsbegründenden Umständen sind nun die öffentlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und dem Vollzug fremdenrechtlicher Bestimmung sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK abzuwägen. Diesen kommt im ggst. Fall aufgrund der Straffälligkeit des BF deutlich erhöhtes Gewicht zu.

„Ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale können gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels (oder an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) sprechende Umstände in Anschlag gebracht werden. Dazu zählen das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 10. November 2015, Ro 2015/19/0001; B 3. September 2015, Ra 2015/21/0121; B 25. April 2014, Ro 2014/21/0054), Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften (zB AuslBG, E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062; B 25. April 2014, Ro 2014/21/0054), eine zweifache Asylantragstellung (vgl. B 20. Juli 2016, Ra 2016/22/0039; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), unrichtige Identitätsangaben, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal waren (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165), sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften (vgl. E 31. Jänner 2013, 2012/23/0006).“ (VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005)

Gegenständlich wurde der BF wegen einer teils gewerbsmäßigen Vorsatztat (schwerer bzw. gewerbsmäßiger Diebstahl bzw. Einbruchsdiebstahl) zu einer 15-monatigen Haftstrafe verurteilt, wobei davon 10 Monate bedingt nachgesehen wurden. Die Tathandlungen setzte der BF dabei erstmals im Alter von 25 Jahren und damit nicht – wie in der Beschwerde behauptet - in „jugendlichem Übermut“. Auch der lange Tatbegehungszeitraum von fast drei Jahren, binnen derer mehrere Baustelleneinbrüche verübt wurden, sprechen dafür, dass hinter diesen Straftaten einiges an Kalkül und nicht bloß „Übermut“ stand. Weiters beging der BF diese Taten gewerbsmäßig, also um sich ein Zusatzeinkommen zu verschaffen. Aufgrund dieser Umstände muss auch davon ausgegangen werden, dass vom BF eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, was einen Versagungsgrund iSd § 11 Abs. 1 u 2 iVm Abs. 4 Z 1 NAG darstellt.

Es kann nicht gesagt werden, dass der BF die im Bundesgebiet verbrachte Zeit gar nicht dafür genutzt hätte, um sich zu integrieren. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass dem BF diese Integration zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht auch gelungen ist. Alle weiteren Integrationsparameter weisen aber abseits der wirtschaftlichen Integration eine sehr durchschnittliche und bei manchen Parametern nur mäßige Integration aus. In Summe reicht der Integrationsstatus und die Aufenthaltsdauer des BF in Zusammenschau mit den Interessen des BF an der Aufrechterhaltung seines Privatlebens im Bundesgebiet nicht aus, um die nach wie vor starken Bindungen an seinen Heimatstaat und vor allem die durch seine Straffälligkeit deutlich erhöhten öffentlichen Interessen an der Durchsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu überwiegen. Bei der Interessensabwägung gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG überwiegen daher - trotz des Vorliegens gewisser integrationsbegründender Umstände beim BF - die öffentlichen Interessen die privaten Interessen des BF, zumal gegenständlich auch „nur“ ein Eingriff in das Privatleben des BF vorliegt.

Es liegt weiters auch ein Versagungsgrund iSd § 11 Abs. 1 u 2 iVm Abs. 4 Z 1 NAG vor, weshalb sich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 4 Z 1 und 4 FPG als zulässig erweist.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Zulässigkeit der Abschiebung):

Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (vgl. VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs. 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs. 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs. 3).

Anzuführen ist hierzu erneut, dass es sich beim Kosovo gemäß § 1 Abs. 2 HStV um einen sicheren Herkunftsstaat handelt.

Weder im Ermittlungsverfahren des Bundesamtes noch das Beweisverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind wie immer geartete Hinweise dahingehend hervorgekommen, dass dem Beschwerdeführer bei Rückkehr in seinen Heimatstaat die realistische Gefahr einer Verletzung der Rechte des Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK drohen würde. Er ist bei seiner Rückkehr auch keiner willkürlichen Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt; auch wird nicht ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht und es existiert gegenständlich auch keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR. Auch gab der BF selbst an, keine wie immer geartete Verfolgung bei seiner Rückkehr zu befürchten.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids war daher ebenfalls als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (Frist für die freiwillige Aureise):

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach
§ 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides.

Gemäß § 55 Abs. 3 FPG kann, wenn in einer Abwägung festgestellt wird, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen, eine längere angemessene Frist festgesetzt werden.

Im gegenständlichen Fall war zu berücksichtigen, dass aufgrund der jüngst verschärften Situation der COVID-19 Pandemie vor allem in Serbien, wobei der BF Serbien bei seiner Reise in seinen Herkunftsstaat durchqueren muss, eine längere Vorbereitungszeit der Ausreise angesetzt werden muss, um eine sichere Durchreise zu gewährleisten, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise mit sechs Wochen festgelegt werden konnte und Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides insoweit gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG anzupassen war.

Zu Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides (Einreiseverbot):

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Der Verhängung eines Einreiseverbotes sowie in weiterer Folge der Bemessung seiner Dauer immanent ist die zum Entscheidungszeitpunkt durchzuführende individuelle Gefährdungsprognose. Der Beurteilung des durch den Fremden potentiell zu erwartenden Gefährdungspotentials kommt sowohl für die Frage, ob ein Einreiseverbot überhaupt zu verhängen ist, als auch hinsichtlich der Bemessung seiner Dauer zentrale Bedeutung zu (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht (2016) § 53 FPG K10).

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230; siehe auch 19.12.2019, Ra 2019/21/0273). Ebenso ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes die Dauer der von der Person ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf private und familiäre Interessen Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109). Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 07.11.2012, 2012/18/0057).

Im gegenständlichen Fall verhängte das Bundesamt über den Beschwerdeführer bei einer Maximalfrist von 10 Jahren ein auf fünf Jahre befristetes Einreiseverbot und stützte sich dabei auf § 53 Abs. 3 Z 1 FPG.

Hierzu ist grundsätzlich auszuführen, dass die belangte Behörde zutreffend davon ausgeht, dass der Aufzählung jener Umstände, die bei der Bewertung einer (schwerwiegenden) Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG zu berücksichtigen sind, nur demonstrativer Charakter zukommt und diese Aufzählungen nicht taxativ zu verstehen sind. Dennoch kommt (arg. „insbesondere“ in § 53 Abs. 2 und 3 FPG) den dort angeführten Umständen bei der Abwägung der Gefährdungsprognose grds. besondere Bedeutung zu.

Bei der Abwägung der für ein Einreiseverbot in Folge zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 bzw. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 20. 12. 2011, 2011/23/0256). Weiters ist diese Prognose auf den Zeitpunkt der Ausreise des Fremden auszurichten, die im gegenständlichen Fall in spätestens sechs Wochen erfolgen sollte. Der gemeinschaftsrechtliche Begriff „Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit“ ist weit gefasst und schließt sämtliche Gefährdungsbereiche, also auch die gesamte Verwaltungspolizei mit ein (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 53 FPG 2005 Rz 2).

Im Rahmen der durchzuführenden Gefährdungsprognose im Hinblick darauf, ob, wie lange und in welcher Schwere vom Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgeht, ist daher wie folgt festzuhalten:

Zu allererst ist - wie von der belangten Behörde zutreffend in ihrer Begründung herangezogen - jedenfalls der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt, da der BF vom LG für Strafsachen Wien zu einer fünfmonatigen unbedingten Freiheitsstrafe und somit zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist, wobei die Gesamtfreiheitsstrafe 15 Monate betrug, wovon 10 Monate bedingt nachgesehen wurden.

Nach der oben genannten Judikatur des VwGH erschöpft sich die Gefährdungsprognose aber nicht bloß in der Aufzählung strafrechtlicher Verurteilungen, sondern ist insbesondere auf die Art der Tatbegehung, deren Folgen bzw. deren Umstände einzugehen. Hierzu ist festzuhalten, dass wie schon in der Beweiswürdigung ausgeführt, vor allem der lange Tatzeitraum, die Tatsache, dass sich der BF damit ein Einkommen verschaffen wollte und der Umstand, dass der BF davon ausgehen musste, dass bei Bekanntwerden der Umstände der Straftat er sofort seinen Arbeitsplatz verlieren wird erschwerend wirken. Trotzdem hat ihn dies nicht von den über drei Jahre verteilten Tathandlungen abgehalten. Seine Rechtfertigung, er habe vor anderen Komplizen Angst gehabt vermochte hierbei nicht zu überzeugen.

Daher ist daher neben der Erfüllung des oben zitierten Tatbestandes des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG, im Hinblick auf die Umstände der der Verurteilung zu Grunde liegen, von einer mäßig schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch den Aufenthalt des BF im Bundesgebiet auszugehen.

Zu Gunsten des BF ist aber auch sein bis zu seiner Straffälligkeit ordentlicher Lebenswandel anzuführen. Auch sein Aufenthalt war in fremdenrechtlicher Hinsicht mit Ausnahme seiner Einreise im Jahr 2012 grds. durchgehend rechtmäßig. Zwar kann der Darstellung in der Beschwerde, dass es sich bei den Straftaten des BF um „jugendlichen Leichtsinn“ gehandelt hat, nicht gefolgt werden, da dafür der Begehungszeitraum zu lange und der BF bei der ersten Tathandlung bereits zu alt für jugendliche Ungestümheit war. Dennoch konnte der erkennende Richter einen persönlichen Eindruck des BF im Rahmen der Verhandlung gewinnen, der darauf hindeutet, dass der BF das Unrecht seiner Taten eingesehen hat und auch tatsächlich Reue zeigt. Auch hat der BF einen Bruder im Schengenraum, der bei der Abwägung mit zu berücksichtigen ist. Es kann davon ausgegangen werden, dass aufgrund der somit vorliegenden insgesamt mäßig schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des BF im Bundesgebiet, mit einem dreijährigen Einreiseverbot das Auslangen gefunden werden kann. Es kann davon ausgegangen werden, dass dieser Zeitraum ausreichend ist, um dem BF das Unrecht seiner Taten so vor Augen zu führen, dass von ihm – prognostisch gesehen – keine nennenswerte Gefahr mehr ausgeht.

Dass tatsächlich ein nachhaltiger Gesinnungswandel eingetreten ist, wie ua. in der Beschwerde behauptet wird, kann erst nach einem längeren Zeitraum nach der Entlassung aus der Haft angenommen werden.

„Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat. Dieser Zeitraum ist nach den Grundsätzen der Judikatur umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden - etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall - manifestiert hat (vgl. zum Ganzen VwGH 26.4.2018, Ra 2018/21/0027, mwN).“ (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118).

Gegenständlich ist die Zeit seit der Haftentlassung des BF mit etwas mehr als einem Jahr noch etwas zu kurz, um mit Sicherheit sagen zu können, dass ein nachhaltiger Gesinnungswandel tatsächlich eingetreten ist. Das nun verhängte dreijährige Einreiseverbot wird jedoch einen ausreichenden Beobachtungszeitraum bieten um ein allfälliges Wohlverhalten des BF außerhalb des Schengenraumes beobachten zu können, zumal kosovarische Staatsbürger (derzeit) bei Einreise in den Schengenraum auch noch der Visumpflicht unterliegen. Soweit der BF wieder im Bundesgebiet leben möchte, ist er auch auf die grds. Möglichkeit der Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbots nach § 60 FPG zu verweisen, wenn er die Hälfte des Einreiseverbots außerhalb des Schengenraums zugebracht hat und sich wohlverhalten hat.

Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG dahingehend abzuändern, dass das Einreiseverbot auf drei Jahre befristet wird.

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Einreiseverbot freiwillige Ausreise Gefährdungsprognose Herabsetzung Interessenabwägung Milderungsgründe öffentliche Interessen Pandemie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W282.2226300.1.00

Im

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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