Entscheidungsdatum
28.07.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W282 2224313-1/5E
Im Namen der Republik!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2019, Zl. XXXX zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 02.05.2019 setzte der Magistrat XXXX (in Folge auch kurz „Magistrat“) das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge auch kurz „Bundesamt“) gemäß § 55 Abs. 3 NAG davon in Kenntnis, dass der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, im Besitz einer Aufenthaltskarte für Familienangehörige von EWR-Bürgern sei und die im Mai 2017 geschlossene Ehe im März 2019 geschieden worden sei.
2. Dem Beschwerdeführer wurde anschließend mit Schreiben des Bundesamtes vom 23.05.2019 mitgeteilt, dass er aufgrund der erfolgten Ehescheidung die Voraussetzungen für seine Aufenthaltsberechtigung nicht mehr erfülle. Er wurde um Beantwortung näher genannter Fragen zu seinen Privat- bzw. Familienverhältnissen sowie um Vorlage der entsprechenden Belege ersucht. Für die Abgabe einer Stellungnahme räumte das Bundesamt dem Beschwerdeführer eine Frist von zwei Wochen ein.
3. In der daraufhin eingelangten Stellungnahme brachte der Beschwerdeführer unter Vorlage diverser Urkunden zusammengefasst vor, er sei im Juni 2017 ins Bundesgebiet eingereist, weil er geheiratet habe. Seither halte er sich durchgehend im Bundesgebiet auf; alle drei bis vier Monate besuche er allerdings seine Mutter in Serbien. Der Beschwerdeführer sei in Österreich beschäftigt und versichert.
4. Am 23.08.2019 wurde die Ex-Ehefrau des Beschwerdeführers durch das Bundesamt als Zeugin niederschriftlich einvernommen. Dabei führte sie im Wesentlichen aus, sie stehe nicht in Kontakt mit dem Beschwerdeführer. Sie hätten sich 2013 im Urlaub kennengelernt und im Mai 2017 geheiratet. Durch die Hilfe von gemeinsamen Freunden hätten sie es schließlich geschafft, ein gemeinsames Leben in Österreich, wo die Zeugin auch geboren worden sei, zu führen. Der Beschwerdeführer habe ab September als Schweißer gearbeitet. Im Jahr 2018 habe sich die Zeugin einer Operation unterziehen müssen, woraufhin der Beschwerdeführer und sie angefangen hätten, aneinander vorbei zu leben. Der Beschwerdeführer sei immer öfter nach Serbien gereist und habe eine andere Frau kennengelernt. Die Zeugin und der Beschwerdeführer hätten sich anschließend gemeinsam zu einer Trennung entschieden. Als Gründe, die gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme sprechen würden, gab die Zeugin an, der Beschwerdeführer habe eine gute Arbeit, arbeite viel und habe immer darauf geachtet, alle Rechnungen ordentlich zu bezahlen.
5. Mit Bescheid vom XXXX wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihm ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit der Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.).
Begründend führte das Bundesamt zusammengefasst aus, der Beschwerdeführer erfülle zwar die Eigenschaft als Arbeitnehmer gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG, jedoch sei seine Ehe mit einer freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgerin nicht für die erforderlichen drei Jahre gemäß § 54 Abs. 5 Z 1 leg. cit. aufrecht gewesen. Die Ehe habe nur 22 Monate bestanden, weshalb eine Ausweisung zu erlassen sei. Die Ausweisung stelle auch keinen unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 EMRK dar. Im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung sei daher festzustellen, dass die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich überwiegen würden.
6. Dagegen erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde und führte dabei nach einer kurzen Sachverhaltsdarstellung im Wesentlichen aus, eine Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG sei unzulässig, wenn der begünstigte Drittstaatsangehörige – wie beim Beschwerdeführer zutreffend – zur Arbeitssuche eingereist sei und nachweisen könne, dass er weiterhin Arbeit suche und begründete Aussicht habe, eingestellt zu werden. Der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung jedenfalls erwerbstätig gewesen. Auch wenn diese Ausführungen nicht zutreffen würden, sei vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer über zwei Jahre in Österreich aufhältig sowie strafrechtlich unbescholten sei, regelmäßig in einem Mangelberuf (Schweißer) erwerbstätig gewesen sei und keine Sozialleistungen in Anspruch genommen habe, nicht ersichtlich, worin das Interesse der Republik an einer Aufenthaltsbeendigung liege. Die Ermessensausübung scheine unverhältnismäßig und sohin rechtswidrig vorgenommen worden zu sein.
7. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 11.10.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
8. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung G307 abgenommen und der Gerichtsabteilung W282 neu zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer führt die im Spruch genannte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist serbischer Staatsangehöriger. Er ist gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer hat in Serbien die Volks- und Hauptschule sowie die Ausbildung zum EDV-Techniker absolviert. Am XXXX .2017 hat der Beschwerdeführer eine kroatische Staatsangehörige, die in Österreich geboren wurde, geheiratet, und ist im Juni 2017 ins Bundesgebiet eingereist. Der Ehe entstammen keine Kinder. Am XXXX .2017 wurde dem Beschwerdeführer vom Magistrat eine Aufenthaltskarte als Angehöriger einer EWR-Bürgerin mit Gültigkeit bis zum XXXX 2022 ausgestellt. Die Ehe des Beschwerdeführers wurde in weiterer Folge mit Urteil eines serbischen Gerichts vom XXXX .2019 rechtskräftig im Einvernehmen geschieden. Es liegt keine Abhängigkeit zwischen dem Beschwerdeführer und seiner in Österreich erwerbstätigen Ex-Ehefrau vor.
Der Beschwerdeführer ist seit September 2017 bis dato – mit einer kurzen Unterbrechung von fünf Tagen – im Bundesgebiet als Schweißer beschäftigt und aufrecht sozialversichert. Er hat die Prüfung für das ÖSD-Zertifikat auf dem Sprachniveau A1 bestanden. Der Beschwerdeführer ist weder ein Mitglied in einem Verein noch ehrenamtlich tätig. Er verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen. Substanzielle Anknüpfungspunkte im Bereich seines Privatlebens (wie z.B. intensive Freundschaften oder Beziehungen) konnten nicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer reist alle drei bis vier Monate nach Serbien, um seine Mutter zu besuchen. Abgesehen von der Mutter des Beschwerdeführers leben auch noch seine Großmutter, sein Onkel, seine Cousins sowie Cousinen und Freunde in Serbien.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt des Bundesamtes und den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts sowie in die zum Akt genommenen Urkunden (Auszug aus dem Zentralen Melderegister, Strafregister, Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister und der Sozialversicherung).
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers und seiner Staatsangehörigkeit ergeben sich aus seinen Angaben in der Stellungnahme (AS 45) und der Beschwerde (AS 183-186). Die Feststellungen zu seinem Leben, seinem Gesundheitszustand, seiner Schul- und Berufsbildung und seinem Aufenthalt in Österreich beruhen ebenfalls auf den Angaben des Beschwerdeführers in der Stellungnahme (AS 45) sowie den schlüssigen und stringenten Aussagen der Zeugin in der verwaltungsbehördlichen Einvernahme (AS 122 f). Die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers beruht auf seinem guten Gesundheitszustand sowie seiner aufrechten Erwerbstätigkeit. Die Feststellung zum Aufenthaltstitel des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister. Die Feststellungen zur Eheschließung und der Scheidung beruhen auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers sowie der Zeugin (AS 43, 121 f) und dem vorgelegten Scheidungsurteil (AS 129-133). Dass keine Abhängigkeit zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ex-Ehefrau vorliegt, stützt sich darauf, dass beide einer Erwerbstätigkeit nachgehen (zur Erwerbstätigkeit seiner Ex-Ehefrau siehe insbesondere die vorgelegte Gehaltsbestätigung, AS 127), sowie auf die dahingehend glaubhafte Angabe der Zeugin (AS 123).
Die Feststellungen zu seiner Erwerbstätigkeit und der Sozialversicherung ergeben sich aus den vorgelegten Nachweisen des Beschwerdeführers (zu den Gehaltszetteln siehe AS 49-55; zum Kontoauszug siehe AS 57), an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel bestehen, sowie dem Sozialversicherungsauszug.
Dass der Beschwerdeführer das ÖSD-Zertifikat auf dem Sprachniveau A1 bestanden hat, ist der vorgelegten unbedenklichen Urkunde zu entnehmen (AS 75). Dass er weder ein Mitglied in einem Verein noch ehrenamtlich tätig ist, stützt sich darauf, dass er in der Stellungnahme keine dahingehenden Angaben tätigte (vgl. AS 47). Auch die Zeugin schilderte in der verwaltungsbehördlichen Einvernahme glaubhaft, dass der Beschwerdeführer kein Mitglied in einem Verein und nicht ehrenamtlich tätig sei (AS 123).
Dass der Beschwerdeführer über keine Familienangehörigen in Österreich verfügt, beruht auf seiner Angabe in der Stellungnahme (AS 45). Dass keine substanziellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens des Beschwerdeführers festgestellt werden können, ergibt sich daraus, dass sich weder der Stellungnahme noch der Beschwerde dahingehende Hinweise entnehmen lassen.
Die Feststellungen zu den Besuchen des Beschwerdeführers in Serbien sowie dem Aufenthalt seiner Verwandten bzw. Freunde resultieren aus seinen Ausführungen in der Stellungnahme (AS 45) sowie den glaubhaften Angaben der Zeugin, wonach der Beschwerdeführer über eine große Familie in Serbien verfüge (AS 122).
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers beruht auf der Einsichtnahme in das Strafregister.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Rechtsgrundlagen:
3.1.1. Der mit „Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern“ betitelte § 52 NAG lautet wie folgt:
„(1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1. Ehegatte oder eingetragener Partner sind;
2. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
3. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
4. Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder
5. sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,
a) die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,
b) die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder
c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.
(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1.“
3.1.2. Der mit „Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers“ betitelte § 54 NAG lautet wie folgt:
„(1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.
(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:
1. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;
2. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.
(3) Das Aufenthaltsrecht der Angehörigen gemäß Abs. 1 bleibt trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.
(4) Das Aufenthaltsrecht von minderjährigen Kindern eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt auch nach dem Tod oder nicht bloß vorübergehenden Wegzug des EWR-Bürgers bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule erhalten. Dies gilt auch für den Elternteil, der Drittstaatsangehöriger ist, sofern dieser die Obsorge für die minderjährigen Kinder tatsächlich wahrnimmt.
(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 erfüllen und
1. die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;
2. die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;
3. ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;
4. es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder
5. ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang – solange er für nötig erachtet wird – ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.
(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.
(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.“
3.1.3. Der mit „Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate“ betitelte § 55 NAG lautet wie folgt:
„(1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.
(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.
(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.
(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ quotenfrei zu erteilen.
(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.“
3.1.4. Der mit „Ausweisung“ betitelte § 66 FPG lautet wie folgt:
„(1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“
3.1.5. Der mit „Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub“ betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:
„(1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn
1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;
2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder
3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.“
3.1.6. Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:
„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die gegenständliche Beschwerde als unbegründet; dies aus nachstehenden Gründen:
3.2.1. Zum Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
3.2.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG gilt als begünstigter Drittstaatsangehöriger, der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.
Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).
Ein Fremder, für den eine Dokumentation eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ausgestellt wurde, bleibt selbst bei Wegfall des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts bis zum Abschluss des nach § 55 NAG vorgesehenen Verfahrens gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG rechtmäßig aufhältig. War der Fremde auf Grund einer für ihn nach dem NAG ausgestellten Dokumentation rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig, so stellt sich die Erlassung einer auf § 52 Abs. 1 FPG gestützten Rückkehrentscheidung und eines damit nach § 53 FPG verbundenen Einreiseverbotes als nicht zulässig dar. Auf diese Bestimmung des § 55 Abs. 3 NAG nimmt auch der – die Ausweisung regelnde – § 66 FPG Bezug, der somit insoweit auch jenen Fall erfassen soll, in dem geprüft werden soll, ob für den Drittstaatsangehörigen, der über eine (Dauer)Aufenthaltskarte verfügt, die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht, also auch begünstigter Drittstaatsangehöriger zu sein, nicht mehr vorliegen. Aus § 55 Abs. 4 NAG geht klar hervor, dass in den davon erfassten Konstellationen die Frage der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung anhand des § 66 FPG 2005 zu prüfen ist. Diesfalls kommt es auf das Vorliegen einer Eigenschaft des Fremden als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG 2005 nicht an (vgl. VwGH 18.06.2013, 2012/18/0005, mwN).
Dem Beschwerdeführer wurde hinsichtlich seiner Eheschließung mit einer freizügigkeitsberechtigten kroatischen Staatsangehörigen am XXXX .2017 eine Aufenthaltskarte (Angehöriger einer EWR-Bürgerin) mit Gültigkeit bis zum XXXX .2022 ausgestellt.
Kommt die Niederlassungsbehörde bei der Prüfung des Fortbestands der Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen dafür nicht mehr vorliegen, hat sie die in § 55 Abs. 3 NAG vorgesehenen Verfahrensschritte (Befassung des Bundesamtes und Information des Betroffenen) zu setzen. Die Frage des Bestehens des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts und der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung hat dann das Bundesamt zu beurteilen (vgl. VwGH 17.11.2011, 2009/21/0378).
Die belangte Behörde kam gegenständlich zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers nicht mehr vorliegen. Darin ist ihr zuzustimmen:
Gemäß § 54 Abs. 5 Z 1 NAG bleibt das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 leg. cit. erfüllen und die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet. Aufgrund der Scheidung des Beschwerdeführers von seiner freizügigkeitsberechtigten kroatischen Ehegattin am XXXX .2019 weist der Beschwerdeführer unter Beachtung des Datums der Eheschließung ( XXXX .2017) insgesamt eine Ehedauer von 22 Monaten auf. In Ermangelung einer mindestens drei Jahre andauernden Ehe sowie des Nicht-Bestehens eines Härtefalls liegen keine Ausnahmetatbestände im Sinne des § 54 Abs. 5 NAG vor, weshalb dem Beschwerdeführer gemäß § 55 NAG kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht mehr zukommt. Das Vorhandensein von Ausnahmetatbeständen im Sinne des § 54 Abs. 5 NAG wurde vom Beschwerdeführer im Übrigen auch nicht behauptet.
3.2.1.2. Gemäß § 66 Abs. 1 FPG können begünstigte Drittstaatsangehörige ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. Wenn sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben, ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
Soweit die Beschwerde ausführt, dass aufgrund der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorlägen, wird verkannt, dass § 66 FPG zwar die Einschränkung „es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden“ enthält; diese Einschränkung bezieht sich jedoch nur auf EWR-Bürger (und Schweizer Bürger), die ihr Aufenthaltsrecht im Sinne des § 51 Abs. 1 Z 1 NAG auf ihre Erwerbstätigeneigenschaft stützen können (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0130, Rz 12), nicht aber auch auf Personen wie den Beschwerdeführer, die – als Drittstaatsangehörige – ihr Aufenthaltsrecht nur gemäß § 54 NAG von einem EWR-Bürger ableiten und vor diesem rechtlichen Hintergrund auch nicht die Voraussetzung erfüllen können, mit Blick auf den angestrebten Aufenthaltsstatus „zur Arbeitssuche eingereist“ zu sein (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0147).
Gemäß § 66 Abs. 2 FPG sind bei einer Ausweisung insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, das Alter des Betroffenen, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist gemäß § 66 Abs. 3 FPG zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde.
Gemäß § 9 BFA-VG ist u.a. eine Ausweisung gemäß § 66 FPG, die in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingreift, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.
Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).
Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (vgl. EKMR 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (vgl. EKMR 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.
Unter „Privatleben“ im Sinne von Art. 8 EMRK sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Nr. 60654/00, Sisojeva ua gg. Lettland).
3.2.1.3. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:
Der Beschwerdeführer befindet sich seit Juni 2017 rechtmäßig im Bundesgebiet. Zu Gunsten des Beschwerdeführers ist zu berücksichtigen, dass er seit September 2017 bis dato – mit einer kurzen Unterbrechung von fünf Tagen – im Bundesgebiet als Schweißer beschäftigt ist, über eine aufrechte Sozialversicherung verfügt, die Prüfung für das ÖSD-Zertifikat auf dem Sprachniveau A1 bestanden hat und strafgerichtlich unbescholten ist.
Demgegenüber hat der Beschwerdeführer nach wie vor starke Bindungen zu seinem Herkunftsstaat: So hat er in Serbien seine Schul- und Berufsbildung absolviert und verfügt über starke familiäre Anknüpfungspunkte, wohingegen er in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte aufweist. Auch während seines Aufenthaltes in Österreich ist der Beschwerdeführer immer wieder zu Besuchszwecken nach Serbien gereist. Ferner konnten keine substanziellen Anknüpfungspunkte im Bereich seines Privatlebens in Österreich festgestellt werden.
Zudem ist die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich von etwas mehr als drei Jahren nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als kurz zu werten (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN, wonach einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt). Der Beschwerdeführer zeigt insbesondere vor dem Hintergrund seiner seit 2017 aufrechten Erwerbstätigkeit gute Integrationsschritte auf, für die Dauer seines Aufenthaltes hat der Beschwerdeführer aber nicht solch außergewöhnliche Integrationsleistungen erbracht, die für seinen Verbleib in Österreich ausschlagen würden.
Soweit in der Beschwerde die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers in einem Mangelberuf sowie dessen Nichtbezug von Sozialleistungen aufgezeigt wird, ist festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Interessenabwägung nach § 66 FPG – bei welcher ebenso Art. 8 EMRK maßgeblich ist – zu Gunsten des Fremden nur die den privaten und familiären Bereich betreffenden Umstände, nicht jedoch öffentliche Interessen zu berücksichtigen sind (vgl. VwGH 28.02.2019, Ro 2019/01/0003; VwGH 29.06.2010, 2010/18/0242, zum Vorbringen, der Fremde „zahle auch Steuern, sei regulär gemeldet und stelle keine finanzielle oder sonstige Belastung für eine Gebietskörperschaft dar“; VwGH 23.03.2010, 2008/18/0305, zum Vorbringen, dass der Fremde „auch Steuern und Krankenversicherungsbeiträge zahle und mit seiner Arbeitsleistung zum wirtschaftlichen Erfolg Österreichs beitrage“; VwGH 25.11.2010, 2007/18/0736, zum Hinweis auf die Bezahlung von Steuern und Sozialversicherungsabgaben durch den Fremden, jeweils mwN).
Die belangte Behörde ist daher im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und die Ausweisung daher Art. 8 EMRK nicht verletzt, zumal dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.
3.2.2. Zum Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist u.a. begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Der Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ist vor diesem gesetzlichen Hintergrund nicht zu beanstanden.
3.2.3. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Ausweisung und die Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes vorliegen, war die gegenständliche Beschwerde gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 NAG sowie § 70 Abs. 3 FPG als unbegründet abzuweisen.
3.2.4. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Zur Frage der Verhandlungspflicht führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen tatsachenwidrig sei, stehe im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt worden sei (vgl. VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das oben zitierte Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012 festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gegenständlich abgesehen werden, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt im Sinne der obigen Judikatur aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Das Gericht konnte so aufgrund der Akten und des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte; eine Rechtsfrage, die für sich genommen einer Erörterung im Rahmen der mündlichen Verhandlung bedurft hätte, wurde nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146). Im Übrigen wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht beantragt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Ausweisung Ehe EWR-Bürger Interessenabwägung mangelnder Anknüpfungspunkt Scheidung Unionsrecht Voraussetzungen Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W282.2224313.1.00Im RIS seit
11.12.2020Zuletzt aktualisiert am
11.12.2020