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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1993 §45 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in R, A-Straße 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 24. Jänner 1996, Zl. VwSen-400386/5/Le/La, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. Jänner 1996 wurde die an diese gerichtete Beschwerde gemäß § 51 Abs. 1 und § 52 Abs. 1, 2 und 4 Fremdengesetz (FrG) in Verbindung mit § 67c AVG als unbegründet abgewiesen und festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 11. Juni 1996, B 778/96, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
In der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt aus:
Am 24. November 1995 sei der Beschwerdeführer anläßlich einer fremdenpolizeilichen Kontrolle von einem Organ des Gendarmeriepostens Braunau aufgegriffen und festgenommen worden, weil er nicht im Besitz eines gültigen Reisedokumentes gewesen sei. Er habe sich zum Zeitpunkt der Kontrolle im Pkw eines anderen, näher genannten Kosovo-Albaners befunden.
Der Beschwerdeführer habe angegeben, am selben Tag irrtümlich von München kommend mit der Eisenbahn nach Österreich eingereist zu sein. Er wohne in der Bundesrepublik Deutschland in Hannover an einer näher genannten Adresse und sei dort als Bauarbeiter beschäftigt. Zuletzt habe er im Messegelände in Hannover bei einem näher genannten Unternehmen gearbeitet. Er sei am 23. November 1995 mit der Eisenbahn von Hannover nach München gefahren, habe dort jemanden besucht und habe am Morgen des 24. November 1995 wieder mit der Eisenbahn nach Hannover zurückfahren wollen. Er sei aber in den falschen Zug eingestiegen und eingeschlafen. Als er wach geworden sei, habe er sich bereits in Österreich befunden und wäre ca. 20 km nach der Grenze aus dem Zug ausgestiegen. Da er bereits seit zwei Jahren und fünf Monaten in Deutschland gelebt habe, habe er wieder nach Deutschland zurückkehren wollen. Die deutschen Grenzbehörden hätten dem Beschwerdeführer die Rückreise in die Bundesrepublik Deutschland mit der Begründung verweigert, daß seine Daten bei ihnen nicht aufscheinen würden. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau habe am 24. November 1995 über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung einer Ausweisung bzw. zur Sicherung der Zurückschiebung verhängt.
Die Bezirkshauptmannschaft Braunau habe in der Folge eine Rücknahme des Beschwerdeführers durch die deutschen Behörden zu erreichen versucht. In einem Telefax vom 27. November 1995 an die Grenzpolizei Passau habe der Oberstadtdirektor der Landeshauptstadt Hannover mitgeteilt, daß einer Rücknahme des Beschwerdeführers nicht zugestimmt werde; dieser sei im Besitz einer "Duldung" gewesen, die durch den Grenzübertritt erloschen sei. Anläßlich einer Befragung vom 29. November 1995 sei in der Justizanstalt Ried im Innkreis eine Niederschrift mit dem Beschwerdeführer aufgenommen worden. Dabei habe der Beschwerdeführer u.a. angegeben, er habe nach illegaler Einreise in die Bundesrepublik Deutschland in Hannover an einer näher genannten Adresse gewohnt und sei bis vor rund drei bis vier Monaten (vor seiner Festnahme) als Straßenbauarbeiter und Reinigungskraft beschäftigt gewesen. Wegen eines Arbeitsunfalles habe er die Arbeit aufgeben müssen und beziehe seither Sozialhilfe. Er habe am 1. Dezember 1995 in Hannover einen Termin für eine Nachoperation am Kopf, weil er sich auf einer Baustelle mit einer Eisenstange verletzt habe und schon einmal operiert worden sei. In Österreich habe er keine Familienangehörigen, keinen Wohnsitz, keine Beschäftigung und auch sonst keine wie immer gearteten Bindungen. Auch ein neuerlicher Versuch, bei der Bayrischen Grenzpolizei eine Rücknahme des Beschwerdeführers im Hinblick auf seinen Operartionstermin zu erwirken, sei am 30. November 1995 fehlgeschlagen. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau habe sich daraufhin an das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland bzw. die deutsche Botschaft in Wien betreffend Zurücknahme des Beschwerdeführers gewandt.
Mit Bescheid vom 23. Jänner 1996 habe die Bezirkshauptmannschaft Braunau die Ausweisung des Beschwerdeführers verfügt. Einer allfälligen Berufung sei die aufschiebende Wirkung aberkannt worden.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, ehestens in einer ihm verständlichen Sprache aufgrund seiner Festnahme informiert zu werden, verletzt. Diese Verletzung habe bis zu seiner Einvernahme in der Justizanstalt Ried im Innkreis durch die "Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis" am 29. November 1995, 14.35 Uhr, angedauert. Hätte die belangte Behörde ihre Pflicht zur amtswegigen Feststellung des Sachverhaltes ernst genommen, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, daß der Beschwerdeführer sehr schlecht deutsch spreche und nicht gehörig über die Gründe der Festnahme informiert worden sei.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu dem nach § 45 Abs. 1 FrG gewährleisteten Recht des Festgenommenen, ehestens in einer ihm verständlichen Sprache aufgrund seiner Festnahme in Kenntnis gesetzt zu werden, festgestellt hat, ist dabei eine Relevanz dieses behaupteten Verstoßes darzutun (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. November 1994, Zl. 94/02/0301, und vom 12. April 1996, Zl. 94/02/0326, 0327).
Mit dem Hinweis auf schlechte Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers und auf die mögliche Feststellung, der Beschwerdeführer sei "nicht gehörig über die Gründe der Festnahme" informiert worden, vermag jedoch der Beschwerdeführer eine solche Relevanz nicht aufzuzeigen, zumal er mit solchen Behauptungen nicht dartut, zu welchen anderen Ergebnissen das Verwaltungsverfahren bei Einhaltung dieser Verfahrensvorschrift geführt hätte.
Der Beschwerdeführer wendet in diesem Zusammenhang aber auch ein, er habe keine zielgerichteten Schritte setzen können, um die Enthaftung bzw. Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland zu beschleunigen, weil er nicht rechtzeitig in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe der Festnahme informiert worden sei.
Auch damit vermag der Beschwerdeführer nicht darzulegen, daß es ihm trotz verhängter Schubhaft nicht möglich gewesen wäre, dennoch "geeignete, zielgerichtete Schritte" zur Beschleunigung seines Verfahrens - insbesondere betreffend seine beabsichtigte Wiedereinreise nach Deutschland - zu setzen, weshalb auch diesem Beschwerdegrund - nicht zuletzt infolge der umgehenden Weigerung der deutschen Behörden in Bezug auf die Zurücknahme des Beschwerdeführers - keine Relevanz zukam.
Der Beschwerdeführer bringt ferner vor, die belangte Behörde habe festgestellt, daß er die Begründung seiner Festnahme nicht gekannt habe. Mit diesem Vorbringen enfernt sich der Beschwerdeführer von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt, der keinen diesbezüglichen Hinweis enthält.
Insoweit der Beschwerdeführer schließlich rügt, es sei "eher unwahrscheinlich", daß er im Zeitpunkt der Festnahme niemand habe verständigen wollen, zeigt er mit diesem Vorbringen gleichfalls keinen relevanten, der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensfehler auf.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996020353.X00Im RIS seit
20.11.2000