TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/13 W176 2190139-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.08.2020
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Entscheidungsdatum

13.08.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W176 2190139-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , iranischer Staatsangehöriger, vertreten durch Migrantinnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.02.2018, Zl. 1027153200-150775501, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), als unbegründet abgewiesen.

II. Hinsichtlich der Spruchpunkte IV. bis VI. des angefochtenen Bescheides wird der Beschwerde stattgegeben und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), auf Dauer für unzulässig erklärt.

III. Dem Beschwerdeführer wird gemäß §§ 54 und 55 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste am 22.09.2014 legal mit einem Visum D nach Österreich ein. Auf Antrag wurde ihm eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende nach § 64 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. BGBl. I Nr. 100/2005 (NAG), für einen Zeitraum von einem Jahr (von 30.10.2014 bis 30.10.2015) erteilt.

2. Am 02.07.2015 brachte er einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab er an, in Österreich zu studieren und vor kurzem von seiner Familie erfahren zu haben, dass die iranische Religionspolizei bei seinen Eltern zu Hause gewesen sei und diese gefragt habe, wo er sich aufhalte und warum er seine Religion „getauscht“ habe. Seiner Familie sei angedroht worden, dass sie große Probleme zu bekomme, wenn sie nicht mit der Polizei zusammenarbeite. Im Falle einer Rückkehr in den Iran befürchte der Beschwerdeführer, dass ihm dort aufgrund seiner Konversion die Todesstrafe drohe.

3. Am 26.08.2015 wurde der Beschwerdeführer in der XXXX Gemeinde in Wien getauft.

4. Am 24.01.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: belangte Behörde) einvernommen, gab er zusammengefasst Folgendes an: Er habe einen Asylantrag gestellt, weil seit seiner Ausreise aus dem Iran Probleme aufgetaucht seien. Er habe im Iran nicht an den Islam geglaubt und habe eine Abneigung gegen diesen entwickelt. Vor seiner Ausreise habe er den Militärdienst abgeleistet und in den letzten zehn Monaten nebenbei nachmittags in einem Coffeeshop gearbeitet. Dort habe er einen Freund namens XXXX kennengelernt. Er habe zu dieser Zeit große Probleme gehabt; der Militärdienst, die Arbeit im Coffeeshop sowie familiäre Probleme hätten ihn belastet. Er habe sich damals öfters mit XXXX ausgetauscht, weil dieser ihm sehr ordentlich erschienen sei. XXXX habe ihn mit seinen Aussagen immer sehr beruhigt. Eines Tages, als der Beschwerdeführer „schlecht drauf“ gewesen sei, habe ihm XXXX gestanden, dass er Christ sei. Er habe ihm erzählt, früher ähnliche Probleme gehabt zu haben, aber mit Hilfe von Jesus Christus wieder auf den rechten Weg gefunden zu haben. Er habe gemeint, der Beschwerdeführer könne mit seinem Bruder, der Pastor sei, sprechen und vielleicht diese Woche an einem Hauskirchentreffen teilnehmen. In der Folge hätten sie einen Treffpunkt ausgemacht und der Beschwerdeführer sei mit ihnen mit in eine Hauskirche gegangen.

Im April 2015 habe er dann einen Anruf seines Bruders XXXX erhalten, der ihm erzählt habe, zivile Beamte seien bei ihm und seinen Eltern zu Hause gewesen und hätten nach dem Beschwerdeführer gesucht. Die Beamten hätten einen Hausdurchsuchungsbefehl gehabt. Sie hätten ihre Computer mitgenommen und sein Vater habe sie begleiten müssen. Sein Vater sei von den Beamten befragt worden und habe unterschreiben müssen, dass er sich im Falle der Rückkehr des Beschwerdeführers bei den Beamten melden werde. Die Beamten hätten betont, sie wüssten, dass der Beschwerdeführer konvertiert sei. Auf Nachfrage gab der Beschwerdeführer an, die Beamten seien zu seinen Eltern gekommen, nachdem die Hauskirche aufgeflogen sei. Sie hätten seine Eltern unter Druck setzen wollen, um ihn zu einer Rückkehr zu bewegen. Am Ende der Einvernahme wurde der Beschwerdeführers betreffend seinen Wissensstand zum Christentum befragt.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 200/2005 (AsylG), (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab, erteilte gemäß § 57 AsylG keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) gegen den Beschwerdeführer (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) sowie dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe einen Glaubenswechsel vom Islam zum Christentum aus grundlegender innerer Überzeugung nicht glaubhaft machen können. Seine Glaubwürdigkeit sei stark gemindert, weil seine Fluchtgründe unglaubwürdig seien. Seine Schilderungen betreffend des Inkontakttretens mit dem christlichen Glauben bzw. der Besuche einer Hauskirche im Iran erschienen vor dem Hintergrund der Länderberichte als unwahrscheinlich. Zudem habe er auch bei seiner Befragung zu seinem Wissensstand bezüglich des Christentums wenig überzeugen können bzw. nicht habe zeigen können, dass er sich intensiv und tiefgehend mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt habe.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in der er sich in erster Linie gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung wendete.

7. Am 24.06.2020 fand am Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerdeverhandlung statt; in dieser wurde der Beschwerdeführer als Partei und XXXX , Pastor der XXXX Gemeinde in Wien, als Zeuge vernommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Beschwerdeführer

1.1.1. Der 27-jährige Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger persischer Volksgruppenzugehörigkeit und stammt aus Teheran, wo er auch bis zu seiner Ausreise lebte. Er wuchs unter schiitisch-muslimischer Prägung auf. Er besuchte zwölf Jahre lang die Grundschule, absolvierte im Anschluss einen zweijährigen Studiengang für XXXX und leistete im Anschluss 21 Monate lang Militärdienst (stationiert in XXXX ). Während seines ersten Studienjahres arbeitete er bei einem XXXX ; während der Ableistung seines Militärdienstes arbeitete er nachmittags in einem Coffeeshop. Zudem war er ein Jahr als XXXX tätig. Seine Eltern und sein jüngerer Bruder wohnen nach wie vor im Iran. Sein älterer Bruder lebt in Deutschland. Er ist nach wie vor in Kontakt mit seiner Familie.

1.1.2. Nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer in Teheran während seiner Beschäftigung im Coffeeshop durch einen Freund namens XXXX in Kontakt mit dem Christentum kam und mehrmals eine Hauskirche besuchte.

1.1.3. Der Beschwerdeführer stellte im Wintersemester 2014 einen Antrag auf Zulassung zum Bachelorstudium XXXX . Da für die Zulassung zum Studium Deutschkenntnisse auf Niveau C1 erforderlich sind, über welche der Beschwerdeführer nicht verfügte, meldete er sich für den XXXX an (Studienblatt, Verwaltungsakt AS 71) und besuchte im Rahmen dessen von März bis Juni 2015 einen Sprachkurs auf Niveau B1-B2 im XXXX . Er schloss den Sprachkurs nicht positiv ab (Prüfungszeugnis des XXXX , Verwaltungsakt AS 73).

1.1.4. Nicht festgestellt werden konnte, dass von iranischen Behördenvertretern nach dem Beschwerdeführer in seinem Elternhaus gesucht wurde, weil diese erfahren hätten, dass der Beschwerdeführer zum Christentum konvertiert sei.

1.1.5. Der Beschwerdeführer besucht seit Dezember 2014 regelmäßig den Gottesdienst und das Abendmahl in der XXXX Gemeinde in Wien. Er absolvierte dort einen Glaubensgrundkurs und einen Taufkurs und wurde am 26.08.2015 getauft (Taufschein, Verwaltungsakt AS 43).

1.1.6. Nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer den christlichen Glauben derartig ernsthaft angenommen hat, dass dieser wesentliche Bestandteil seiner Identität geworden ist und er auch bei geänderten Verhältnissen, wie einer Rückkehr in den Iran, das Bedürfnis hätte, diesen innerlich und äußerlich auszuleben.

1.1.7. Der Beschwerdeführer hält sich seit September 2014 durchgehend in Österreich auf. Er erzielte durch seine selbstständige Erwerbstätigkeit im Rahmen der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen (Gewerbeberechtigung seit 28.11.2018) im Jahr 2019 einen Gewinn von ca. EUR 13.500,--, seit Ende Jänner 2020 betreibt er aufgrund einer entsprechenden Gewerbeberechtigung ein Gastlokal in XXXX . Seit April 2019 bezieht er keine Leistungen aus der Grundversorgung mehr. Er hat eine (in Österreich seit acht Jahren asylberechtigte) Lebensgefährtin, mit der er seit fünf Jahren eine Beziehung führt und seit April 2019 zusammenlebt sowie zahlreiche iranische, afghanische sowie österreichische Freunde in Österreich. Auch verfügt er über sehr gute Deutschkenntnisse. Er besuchte diverse Deutschkurse und nahm an einem Integrationsprogramm-Modul der Stadt Wien teil. Er ist ledig und kinderlos. Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur hier relevanten Situation im Iran:

Allgemeine Lage:

Iran ist eine islamische Republik mit etwa 80 Millionen Einwohnern. Staatsoberhaupt und Revolutionsführer ist Ayatollah Seyed Als Khamene-i, Präsident seit 2013 Hassan Rohani. Dem Staatsoberhaupt unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden Basij-Milizen. Islamische und demokratische Elemente bestehen nebeneinander. Eine demokratische Verfassung im europäischen Sinn besteht nicht. Die allgemeine Sicherheitslage ist mit Ausnahme der Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan und West-Aserbaidschan, in denen es immer wieder zu Konflikten zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen und Anschlägen gegen die Sicherheitskräfte kommt, ruhig, wobei latente Spannungen bestehen. Die verfassungsrechtlich festgeschriebene Unabhängigkeit der Justiz unterliegt Begrenzungen. Vor allem der Sicherheitsapparat nimmt in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung. Allgemein erfüllen Gerichtsverfahren internationale Standards nicht. Obwohl nach der Verfassung primär kodifiziertes Recht anzuwenden ist, kann im Zweifelsfall nach der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewandt werden. Nach wie vor werden Körperstrafen und Todesstrafe angewandt. Es kommt immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, insbesondere im Zusammenhang mit politischer Überzeugung. Basij-Kräfte sind eine freiwillige paramilitärische Gruppierung, die oft bei der Unterdrückung von Oppositionellen oder der Einschüchterung von Zivilisten, die den strikten Moralkodex nicht befolgen, involviert sind. Die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasadaran-e Enghelab-e Islami - IRGC) sind herausragend im Sicherheitsapparat, sie sind eine Parallelarmee und haben Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt. Sie verfügen über eigene Gefängnisse. Mit willkürlichen Verhaftungen muss im Iran gerechnet werden. Auffälliges Hören von (westlicher) Musik, die Äußerung einer eigenen Meinung zum Islam, gemeinsame Autofahrten junger nicht verheirateter Männer und Frauen, gemischtgeschlechtliche Partys oder das Verstoßen gegen Bekleidungsvorschriften kann den Unmut zufällig anwesender Basijs bzw. mit diesen sympathisierenden Personen hervorrufen. Es kann auch zum Verprügeln durch Basij kommen. Die genaue Überwachungskapazität der iranischen Behörden ist unbekannt.

Auch 2017 wurden grausame und unmenschliche Strafen (zB. Peitschenhiebe, Amputationen) vollstreckt. Die Todesstrafe steht auf Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten schweren Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen. Der Häufigkeit nach wird sie primär bei Drogendelikten, dann Mord und Sexualdelikten angewandt. Laut AI wurden 2017 mindestens 507 Personen hingerichtet. Auch 2016 war Iran mit hoher Wahrscheinlichkeit das Land mit der weltweit höchsten Hinrichtungszahl im Verhältnis zur Bevölkerung.

Religionsfreiheit, Situation von Christen und Konversion:

99% der Bevölkerung gehören dem Islam (Staatsreligion) an. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% Sunniten, der Rest Christen, Juden, Zorostrier, Baha-i, Sufis und kleinere religiöse Gruppen. Die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) dürfen ihren Glauben relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe-und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Etwa 100.000 bis 300.000 - vornehmlich armenische - Christen leben im Iran, hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Ihnen stehen zwei der 290 Parlamentssitze zu. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen (armenische, assyrische und chaldäische). Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes. Jegliche Missionstätigkeit kann als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Ihre Vertreter unterliegen Beschränkungen beim Zugang von höheren Staatsämtern. Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, armenische und assyrische Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen (Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi, Atheisten) in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg diskriminiert. Anerkannte religiöse Minderheiten sind in ihrer Glaubensausübung nur geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt, christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind verboten).

Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen (10 bis 15 Jahre). Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden. Unter besonderer Beobachtung stehen hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt. 2016 sollen 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert gewesen sein. Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, 5 wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und 10 mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen.

Apostasie (Abtrünnigkeit vom Islam) ist verboten und mit langen Haftstrafen bis zur Todesstrafe bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), Verdorbenheit auf Erden, oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen wurden im Jahr 2016 25 Sunniten (davon 22 Kurden) u.a. wegen "moharebeh" exekutiert (ÖB Teheran 9.2017). Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern solche Fälle als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt. Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Im Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf.

Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter im Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und in den Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Es wird diesbezüglich von familiärer Ausgrenzung berichtet sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden. In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion als Familienmitglied als heikel eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der Konvertit aus der Familie verbannt oder den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen. Die Schließungen der "Assembly of God" Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Deren Anzahl steigt. Es ist schwierig diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Sie werden teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren. Diese organisieren sich daher in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weitverbreitet. In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet. Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken. Ansonsten haben die Behörden kaum Möglichkeiten, eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind. Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. Nicht verlässlich bekannt ist, ob nur Anführer oder auch einfache Mitglieder verfolgt werden. Primär zielen die Behörden auf Anführer der Hauskirchen ab. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder Unterricht anderer Personen im Glauben, kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen.

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, ist eine Rückkehr in den Iran kein Problem. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist nicht von einer harschen Bestrafung auszugehen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein wird nicht zu einer Verfolgung führen. Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, steht nicht fest.

Rückkehr:

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Für die Rückkehr in den Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann in den Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein.

Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein (AA 2.3.2018). Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).

Sozialbeihilfen:

Dem Gesundheitsministerium ist auch die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten „Hohen Versicherungsrat“ (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Ein Hauptversicherer ist die „Organisation für Sozialversicherung“ (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in dessen System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen (ÖB Teheran 12.2018). Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und

Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Einzahlungsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch in der Höhe von 1.111.269 IRR (ca. 7,70 Euro) pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Höhe von 70-80% des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 450.000 IRR (ca. 3.10 Euro, sog. Yarane). Dabei handelt es sich jedoch um ein auslaufendes System, das keine Neuaufnahmen zulässt. Angesichts drängender Wirtschaftsnöte wurde im September 2018 zusätzlich die Ausgabe von 10 Millionen elektronischen Lebensmittelkarten beschlossen, ergänzt durch Nahrungsmittelpakete für die am meisten von Armut betroffenen Familien (AA 12.1.2019).

Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z.B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 12.1.2019).

Kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Weitere Leistungen können vom Arbeitgeber angeboten werden (IOM 2018).

Eine staatliche Arbeitslosenhilfe gibt es nicht, es sei denn der Rückkehrer oder dessen Arbeitgeber haben monatliche Beiträge an eine entsprechende Versicherungsfirma gezahlt. Die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung ist für alle Arbeitnehmer verpflichtend. Die Sozialsicherung schützt im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfällen und auch bei altersbedingtem Ausscheiden. Seit 2003 wurden die zuständigen Institutionen überholt und zusammengelegt, um Ineffektivität und Redundanzen zu vermeiden. Das System deckt alle Angestellten und FreiberuflerInnen ab, wobei letztere zwischen verschiedenen Sfufen wählen können. Freiwillige Abdeckung ist für vorher versicherte Personen bis 55 Jahre verfügbar (mindestens 30 Tage) sowie für die Gruppe der Berufskraftfahrer. Spezielle Systeme gibt es darüber hinaus für Staatsangestellte und Militärangehörige. Solange Rückkehrende für eine iranische Organisation/Firma arbeiten, übernehmen die Arbeitgeber den Großteil der Beiträge. Ansonsten muss (je nach gewähltem Angebot) selbst eingezahlt werden. Für Angestellte müssen 7% des monatlichen Gehalts abgegeben werden, während Selbstständige und Private einen individuell abgestimmten Beitrag in Gänze bezahlen (IOM 2018).

Für schutzbedürftige Gruppen im Iran gibt es zwei Arten von Zentren: Öffentliche und private. Die öffentlichen Einrichtungen sind in der Regel überlaufen und es gibt lange Wartezeiten, weshalb Personen, die über die nötigen Mittel verfügen sich oft an kleinere spezialisierte private Zentren wenden. Die populärste Organisation ist BEHZISTI, welche Projekte zu Genderfragen, alten Menschen, Behinderten (inklusive psychischer Probleme) ethnischer und religiöser Minderheiten, etc. anbietet. Außerdem werden Drogensüchtige, alleinerziehende Mütter, Personen mit Einschränkungen etc. unterstützt. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem Sozio- psychologische Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen etc. Es gibt einige Zentren unter Aufsicht der BEHZISTI Organisation, welche Personen in Not Hilfe gewähren. Solche Leistungen sind kostenfrei. Aufgrund der hohen Nachfrage und einiger Beschränkungen bevorzugen viele zahlungspflichtige private Zentren (IOM 2018).

Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die sadeqe, die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, das der Staat selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 3.2019b).

Medizinische Versorgung:

Im Gesundheitswesen zeigt sich ein Stadt-Land-Gefälle. Zwar ist es fast flächendeckend – laut WHO haben 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung (100% in Städten, 95% auf dem Land), aber die Qualität schwankt. Die Kosten für Krankenhäuser werden unter anderem dadurch gesenkt, indem die Versorgung des Kranken mit Dingen des täglichen Bedarfs, etwa Essen, immer noch weitestgehend seiner Familie zufällt (GIZ 3.2017a). Die medizinische Versorgung ist in Teheran und anderen großen Städten ausreichend bis gut. In den zahlreichen Apotheken [Persisch: daru-khane] sind die meisten auch in Europa gebräuchlichen Medikamente zu kaufen und nicht sehr teuer (GIZ 3.2017b).

Die spezialisierte, medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard. In Teheran ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem recht hohen Niveau möglich (AA 15.3.2017). Grundsätzlich entspricht die medizinische Versorgung nicht (west-) europäischen Standards. Gegen Zahlung hoher Summen ist jedoch in den Großstädten eine medizinische Behandlung nach erstklassigem Standard erhältlich. Die Versorgung mit Medikamenten ist weitgehend gewährleistet. Behandlungsmöglichkeiten auch für schwerste Erkrankungen sind zumindest in Teheran und ggf. gegen Zahlung entsprechender Kosten grundsätzlich gegeben. Iran verfügt über ein staatliches Versicherungswesen, welches prinzipiell auch die Deckung von Krankheitskosten umfasst. Allerdings müssen Patienten hohe Eigenleistungen teils in Form von Vorauszahlungen erbringen und regelmäßig lange Wartezeiten in Kauf nehmen (AA 8.12.2016).

Die Regierung versucht kostenfreie medizinische Behandlung und Medikamentenversorgung für alle Iraner zu gewährleisten. Es gibt zwei verschiedene Krankenversicherungen: entweder durch die Arbeit oder privat. Beide gehören zur staatlichen iranischen Krankenversicherung TAMIN EJTEMAEI genannt: www.tamin.ir/. Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern gedeckt (IOM 2016).

Versicherung durch Arbeit: Regierungsangestellte profitieren vom kostenfreien Zugang zur staatlichen Krankenversicherung. Private Firmen decken die Unfallversicherung für ihre eigenen Mitarbeiter.

Private Versicherung: Mit Ausnahme von Regierungsangestellte müssen sich alle iranischen Bürger selbst privat versichern, wenn deren Arbeitgeber dies nicht bereits erledigen. Um die Versicherung zu erhalten sind eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto und eine komplette medizinische Untersuchung notwendig.

Salamat Versicherung: Diese neue Versicherung wird vom Ministerium für Gesundheit angeboten und deckt bis zu 90% der Behandlungskosten. Die Registrierung erfolgt online unter: http://www.bimesalamat.ir/isc/ISC.html (IOM 2016).

Zugang speziell für Rückkehrer:

Anmeldeverfahren: Alle iranischen Bürger einschließlich Rückkehrer können beim Tamin Ejtemaei eine Krankenversicherung beantragen.

Notwendige Dokumente: Eine Kopie des iranischen Geburtszertifikats, ein Passfoto, und ein vollständiges medizinisches Check-up sind notwendig. Weitere Dokumente können jedoch noch verlangt werden.

Zuschüsse: Zuschüsse hängen von der gewählten Versicherung des Klienten ab, über die er/sie während der Registrierung ausführlich informiert wird.

Kosten: Jegliche Kosten werden vom Arbeitgeber getragen sobald die Person eine Arbeit im Iran aufnimmt. Andernfalls müssen die Kosten selber getragen werden (IOM 2016).

Mehr als 85% der Bevölkerung in ländlichen als auch ärmeren Regionen hat Zugang zu essentiellen Gesundheitsdienstleistungen. In den letzten drei Jahrzehnten wurden im Iran diverse Reformen zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bevölkerung vorgenommen, nach deren Implementierungen wesentliche Fortschritte im sozialen sowie wirtschaftlichen Sektor verzeichnet werden konnten. In ländlichen Regionen verfügt jedes Dorf über ein sogenanntes Gesundheitshaus, in dem ausgebildete “Behvarz” und Gesundheitsarbeiter zur medizinischen Behandlung bereitstehen. In städtischen Regionen stehen, ebenfalls ähnlich verteilt, eine Vielzahl an Gesundheitszentren zur Verfügung. Das gesamte Gesundheitssystem wird vom Ministerium für Gesundheit und Medizinische Bildung verwaltet. Die Universitätskliniken, von denen in jeder Provinz eine vorhanden ist, spielen ebenfalls eine wichtige Rolle hinsichtlich der medizinischen Versorgung. Der Universitätsleiter fungiert hier als Oberhaupt aller medizinischen Dienstleistungen und ist verantwortlich für alle Gesundheitshäuser und Kliniken in der jeweiligen Region. Trotz kürzlicher Sanktionen gegen den Iran die zu einer vorläufigen Knappheit bestimmter Medikamentengruppen geführt haben, gibt es generell keinen Mangel an Medikamenten, Spezialisten sowie Behandlungsmöglichkeiten. Pharmazeutische Produkte werden unter der Aufsicht des Gesundheitsministeriums ausreichend importiert. Darüber hinaus gibt es vor allem in größeren Städten mehrere private Kliniken die für Privatpatienten Gesundheitsdienste anbieten (IOM 2016).

Einweisung: In jedem Bezirk gibt es Ärzte sowie Kliniken, die dazu verpflichtet sind Notfälle zu jeder Zeit aufzunehmen. In weniger dringenden Fällen sollte der Patient zunächst sein Gesundheitscenter kontaktieren und einen Termin vereinbaren.

Verfügbarkeit von Medikamenten: “The Red Crescent” ist die zentrale Stelle bezüglich des Imports von speziellen Medikamenten, die für Patienten in bestimmten Apotheken erhältlich sind. Generell sind alle Medikamentengruppen im Iran erhältlich, welche üblicherweise in kleinen Mengen ausgeteilt werden um den Weiterverkauf auf dem Schwarzmarkt zu unterbinden (IOM 2016).

2. Beweiswürdigung:

2.1.1. Die wesentlichen biografischen Feststellungen (Herkunft, Ausbildung, Berufstätigkeit) beruhen auf den insoweit glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht und der belangten Behörde. Seine Identität konnte durch Vorlage seines iranischen Personalausweises (Verwaltungsakt AS 121) und iranischen Reisepasses (Verwaltungsakt AS 123) festgestellt werden.

2.1.2. Nicht glaubhaft war eine christliche Vorprägung des Beschwerdeführers im Iran:

Gänzlich unglaubhaft war das Inkontakttretens des Beschwerdeführers mit dem christlichen Glauben durch einen Freund namens XXXX :

Durchwegs widersprüchliche Angaben machte der Beschwerdeführer betreffend der Frage, wann er XXXX kennen gelernt habe: Vor der belangten Behörde führte er aus, in den letzten zehn Monaten seines Militärdienstes (der 21 Monate gedauert habe) nachmittags in einem Coffeeshop gearbeitet und dort viele Leute – unter anderem XXXX – kennengelernt zu haben (Verwaltungsakt AS 109). Vor Gericht gab er hingegen an, eher in der Anfangszeit seines Militärdienstes im Coffeeshop gearbeitet zu haben (Verhandlungsschrift S 4). Konfrontiert mit diesem Widerspruch, führte er aus, in der Anfangszeit des Militärdienstes im Coffeeshop gearbeitet zu haben und in den letzten zehn Monaten des Militärdienstes XXXX kennengelernt zu haben (Verhandlungsschrift S 5). Im weiteren Verlauf der Beschwerdeverhandlung gab er jedoch wiederum an, XXXX im Coffeeshop kennengelernt zu haben (Verhandlungsschrift S 17). Es ist somit nicht nachvollziehbar, wann und wo er XXXX kennengelernt habe, was die Glaubwürdigkeit seines diesbezüglichen Vorbringens zunächst schon einmal schwächt.

Weiters sind auch seine Schilderungen, wie bzw. inwiefern er durch XXXX in Kontakt mit dem Christentum gekommen sei, widersprüchlich: Vor der belangten Behörde führte er aus, damals viele Probleme gehabt zu haben; der allgemeine Lebensdruck (aufgrund des Militärdienstes, der Arbeit im Coffeshop und familiärer Probleme) sei sehr hoch für ihn gewesen und er habe sich darüber oft mit XXXX ausgetauscht. Dieser habe ihn sehr beruhigt und habe ihm sogar eines Tages – als es dem Beschwerdeführer sehr schlecht gegangen sei – „gestanden“, dass er Christ sei und früher ähnliche Probleme gehabt habe, aber mit Jesus Christus wieder auf den rechten Weg gefunden habe (Verwaltungsakt AS 109 f). Vor Gericht erwähnte der Beschwerdeführer hingegen seine damaligen Probleme nicht, sondern führte seine Hinwendung zum Christentum darauf zurück, dass er den Islam abgelehnt habe und sich vom Christentum sehr angezogen gefühlt habe, weil er immer mit einem Gott „direkt“ habe sprechen und beten wollen und diese „Ruhe“ sehr genossen habe (Verhandlungsschrift S 17).

Überdies erscheinen auch diese Ausführungen des Beschwerdeführers wenig plausibel, zumal es zum einen vor dem Hintergrund der Länderberichte als wenig wahrscheinlich erscheint, dass XXXX ihm nach einer Bekanntschaft von gerade einmal ein bis zwei Monaten (Verhandlungsschrift S 18) mitgeteilt habe, dass er Christ sei und ihn in eine Hauskirche eingeladen habe, wenn doch Mitglieder von Hauskirchen schweren Sanktionen wie Verhaftungen ausgesetzt sein können und diese daher in der Regel sehr diskret agieren. Zum anderen ist die Motivation des Beschwerdeführers, sich dem Christentum hinzuwenden, weil er mit einem Gott „direkt“ habe sprechen und beten wollen nicht wirklich nachvollziehbar, weil nicht ersichtlich ist, inwiefern dies mit dem christlichen Gott möglich sei und mit dem islamischen Gott nicht. Auch sonst blieben die Angaben des Beschwerdeführers, insbesondere befragt nach einem „Schlüsselerlebnis“ für seine Befassung mit dem Christentum, sehr oberflächlich: Er führte durchwegs pauschal aus, sich für das Christentum interessiert zu haben und dass es ihn „angezogen“ habe (Verhandlungsschrift S 5, 10, 17), ohne dies konkret näher zu begründen oder zu erläutern. Aus seinen Aussagen, ihm gefalle diese „freie Religion“ und der „lebendige Gott“ sehr gut und er habe sich deswegen für das Christentum entschieden (Verhandlungsschrift S 5), lässt sich auch keine intensive und tiefgehende Beschäftigung mit dem christlichen Glauben ableiten.

Widersprüchliche Angaben machte der Beschwerdeführer auch hinsichtlich der Hauskirchenbesuche: Vor der belangten Behörde gab er zunächst an, XXXX habe ihn noch am gleichen Tag, an dem er ihm gestanden habe, dass er Christ sei, in die Hauskirche eingeladen und gemeint, er könne vielleicht noch in der gleichen Woche an einem Treffen teilnehmen (Verwaltungsakt AS 110). Vor Gericht führte der Beschwerdeführer hingegen aus, XXXX habe ihm ein bis zwei Wochen, nachdem er ihm gesagt habe, er sei Christ, in die Hauskirche eingeladen (Verhandlungsschrift S 18). Konfrontiert mit diesem Widerspruch gab der Beschwerdeführer an, an dem Tag, an dem XXXX ihm gesagt habe, er sei Christ, hätten sie fixiert, dass der Beschwerdeführer irgendwann einmal die Hauskirche besuchen werde und ein bis zwei Wochen später seien sie dann tatsächlich auch dort gewesen (Verhandlungsschrift S 18). Dies klärt jedoch die Widersprüchlichkeit seiner Angaben nicht auf.

Als Steigerung des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers sind seine Aussagen zur Reaktion seiner Familienangehörigen auf seine Hinwendung zum Christentum bzw. seinen Hauskirchenbesuchen zu werten: Denn hatte er vor der belangten Behörde noch angegeben, seine Mutter hätte darauf damit reagiert, dass sie zu ihm gesagt habe, es sei „dumm“ von ihm, jedoch seine Entscheidung, und sein Bruder gemeint habe, der Beschwerdeführer würde Probleme bekommen (Verwaltungsakt AS 112), brachte er vor Gericht vor, seine Mutter und sein Bruder hätten große Angst bekommen, weil sie gefürchtet hätten, dass, wenn die Regierung von den Aktivitäten des Beschwerdeführers erfahren würde, ihm die Todesstrafe drohe (Verhandlungsschrift S 10).

Vor diesen Hintergrund ist das Vorbringen des Beschwerdeführers zu einer christlichen Vorprägung im Iran für tatsachenwidrig zu erachten.

2.1.3 Die Feststellungen hinsichtlich des Visums und der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers ergeben sich aus einem Auszug aus dem Fremdenregister. Die Feststellungen betreffend des Studiums an der XXXX bzw. des Sprachkurses im XXXX beruhen auf den vom Beschwerdeführer vorgelegten (in Klammer zitierten) Unterlagen. Die Feststellungen betreffend den Zulassungsvoraussetzungen zum Bachelorstudium XXXX ergeben sich aus einer Internetrecherche: XXXX

2.1.4. Dass nicht glaubhaft ist, dass der Beschwerdeführer von iranischen Beamten im Haus seiner Eltern gesucht wurde, beruht auf folgenden Erwägungen:

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bei seiner Erstbefragung vor der Polizei im Juli 2015 angab, die Religionspolizei sei vor kurzem bei seinen Eltern zu Hause gewesen und habe nach ihm gefragt (Verwaltungsakt AS 39). Vor der belangten Behörde und Gericht führte er hingegen aus, die Beamten seien im April 2015 bei seinen Eltern gewesen (Verwaltungsakt AS 110, Verhandlungsschrift S 19). Dass mit der Bezeichnung „vor kurzem“ ein Zeitraum von drei Monaten zu verstehen sei, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Befragt, warum der Beschwerdeführer drei Monate gewartet habe, um einen Asylantrag zu stellen, gab er an, Angst gehabt zu haben, dass ihm im Iran, im Falle einer Rückkehr, oder in Österreich über die iranische Botschaft etwas passieren könnte (Verhandlungsschrift S 19). Dies ist ebenfalls nicht plausibel; es wäre – ganz im Gegenteil – naheliegend, dass ihm die Angst vor Sanktionen im Iran bzw. durch die iranische Botschaft in Österreich dazu motiviert hätte, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.

In Hinblick darauf, dass der Sprachkurs des Beschwerdeführers am 19.06.2015 endete und er eine negative Prüfungsnote erhielt, erscheint es aufgrund der zeitlichen Nähe naheliegend, dass dies – und nicht der behauptete Anruf seines Bruders im April 2015 – auslösend für die Asylantragstellung am 03.07.2015 war. Voraussetzung für eine Verlängerung der „Aufenthaltsbewilligung Student“ nach § 64 NAG ist, dass der Beschwerdeführer innerhalb von vier Semestern Deutschkenntnisse auf Niveau C1 nachweist. Die positive Absolvierung des Sprachkurses auf Niveau B1/B2 im Sommersemester 2015 wäre somit der erste Schritt zur Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung gewesen. Dass der Beschwerdeführer im Sommersemester 2016 den Vorstudienlehrgang zur Erreichung der Deutschkenntnisse auf C1-Niveau letztlich abbrach (siehe dazu das von ihm vorgelegte Studienblatt, Verwaltungsakt AS 71), bestärkt die Annahme, dass ein Zusammenhang zwischen dem Ergebnis der Sprachprüfung des Beschwerdeführers und seiner Asylantragstellung besteht.

Weiters ist sein Vorbringen betreffend den Hausdurchsuchungen bei seinen Eltern nicht widerspruchsfrei: Unterschiedliche Angaben machte der Beschwerdeführer hinsichtlich des Grundes für die Hausdurchsuchungen. Vor der belangten Behörde führte er aus, die Beamten seien zu seinen Eltern gekommen, nachdem die Hauskirche aufgeflogen sei (Verwaltungsakt AS 112). Vor Gericht gab er hingegen an, er wisse nicht, wie die Beamten herausgefunden hätten, dass er konvertiert sei; vielleicht sei die Hauskirche verraten worden oder jemand habe ihn hier in Österreich verraten, weil er Teil der Musikgruppe der XXXX Gemeinde sei (Verhandlungsschrift S 18). Ein weiterer Widerspruch liegt darin, dass er vor der belangten Behörde ausführte, sein Vater habe mit den Beamten mitkommen müssen, sei von ihnen befragt worden, habe einen Zettel unterschreiben müssen und sei dann in Folge wieder freigelassen worden (Verwaltungsakt AS 110), während er vor Gericht lediglich angab, sein Vater habe einen Zettel unterschreiben müssen (Verhandlungsschrift S 18); dass dieser „befragt“ worden sei oder mit den Beamten habe mitgehen müssen, führte er hingegen nicht mehr aus.

Somit war nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer in seinem Elternhaus im Iran von Beamten gesucht wurde.

2.1.5 Dass der Beschwerdeführer regelmäßig den Gottesdienst und das Abendmahl in der XXXX Gemeinde besucht, beruht auf seinen diesbezüglich glaubwürdigen und vom Zeugen XXXX bestätigten Angaben.

2.1.6. Eine ernsthafte innere Konversion des Beschwerdeführers war aus folgenden Gründen nicht glaubhaft:

Befragt nach dem Grund für seine Hinwendung zum Christentum, machte der Beschwerdeführer (wie schon bereits unter Punkt 2.1.2. ausgeführt) durchwegs oberflächliche und unsubstantiierte Angaben: Er berief sich darauf, den Islam abgelehnt zu haben, weil es viele „Sachen“ gegeben habe, die man habe machen müssen und dies ihm nicht gefallen habe. Seiner Ansicht nach brauche man Liebe und es sei wichtig, dass man mit Gott in Kontakt treten könne und dieses Gefühl habe er beim Islam nicht gehabt (Verhandlungsschrift S 4 f). Weiters habe er mit einem Gott immer „direkt“ sprechen und „beten“ wollen und habe diese „Ruhe“ im Christentum sehr genossen (Verhandlungsschrift S 17). Er habe sich für das Christentum entschieden, weil ihm diese „freie“ Religion und der „lebendige“ Gott sehr gut gefallen habe (Verhandlungsschrift S 5).

Keine dieser Angaben zeugt von einer tiefgehenden und intensiven Auseinandersetzung mit dem Christentum oder einer ernsthaften inneren Überzeugung vom christlichen Glauben. Die sehr oberflächlich gehaltene pauschale Begründung, den Islam abgelehnt zu haben, weil der Beschwerdeführer viele „Sachen“ nicht habe machen wollen, die verpflichtend gewesen seien, legt keine intensive Auseinandersetzung mit dem Islam nahe. Es ist jedoch zu erwarten, dass sich jemand, der seinen Glauben wechseln möchte, zuerst ernsthaft mit dem Glauben, dem er bislang zugehörig war, auseinandersetzt. Auch sonst überzeugen die Ausführungen des Beschwerdeführers nicht: Seine wiederholte Aussage, sich vom Christentum „angezogen“ gefühlt zu haben (Verhandlungsschrift S 5, 10, 17) – ohne dies gleichzeitig näher substantiiert zu begründen – überzeugt nicht. Der Frage nach einem „Schlüsselerlebnis“ wich der Beschwerdeführer aus, indem er angab, dass „sein Interesse mit der Zeit immer größer geworden sei“ und ihm diese „freie Religion“ und der „lebendige“ Gott sehr gefallen habe (Verhandlungsschrift S 5). Seine Ausführungen, mit dem christlichen Gott – im Gegensatz zu dem islamischen Gott – „direkt“ sprechen und beten zu können, sind (wie bereits unter Punkt 2.1.2. ausgeführt) nicht nachvollziehbar. Seine Angaben bieten insgesamt keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer ernsthaften inneren Überzeugung vom christlichen Glauben bzw. ist aus ihnen auch keine nachvollziehbare Motivation des Beschwerdeführers, sich dem Christentum zugewandt zu haben, ableitbar.

Der Wissensstand des Beschwerdeführers hinsichtlich des Christentums entspricht ungefähr dem zu erwartenden Stand nach der Absolvierung eines Glaubensgrundkurses und Taufkurses in der XXXX . Dies kann jedoch nicht ausschlaggebend für die Beurteilung sein, ob der Beschwerdeführer den christlichen Glauben auch ernsthaft innerlich angenommen hat, sein. Unrichtige Angaben machte er zudem hinsichtlich des sola-fide- Prinzips, das ein Grundprinzip des protestantischen Glaubens ist und besagt, dass der Mensch allein durch seinen Glauben (und nicht aufgrund seiner Werke) das ewige Leben erlangt. Der Aussage der Beschwerdeführers, wonach man durch die Art und Weise, wie man sein Leben führt, seine Chance erhöhen kann, dass es einem nach dem Tod gut ergeht (Verhandlungsschrift S 8), entspricht nicht dieser Lehre.

Für eine innere Konversion spricht im Wesentlichen die Aussage des Zeugen, der den Beschwerdeführer während seiner Glaubenskurse begleitete und auch taufte. Er gab an, der Beschwerdeführer sei schon Christ gewesen, als er zu ihnen in die Gemeinde gekommen sei; er habe Jesus Christus schon im Herzen angenommen und einen inneren Zugang zum Christentum gehabt (Verhandlungsschrift S 12).

Das Gericht verkennt keineswegs den nicht unerheblichen Beweiswert der Zeugenaussage, sieht dies jedoch insgesamt als nicht ausreichend an, um eine ernsthafte innere Konversion des Beschwerdeführers feststellen zu können. Aufgrund der deutlich herabgesetzten Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers aufgrund der Unglaubwürdigkeit seines Vorbringens betreffend einer christlichen Vorprägung im Iran und der Vorfälle rund um die Hausdurchsuchungen bei seinen Eltern und der Tatsache, dass er keine hinreichend nachvollziehbare Motivation für seine Hinwendung zum Christentum darlegen konnte, erachtet das Gericht die Zeugenaussage als nicht ausreichend, um die gegen eine innere Konversion sprechenden Umstände aufzuwiegen.

Aufgrund dieser Umstände erachtet das Gericht es in einer Gesamtbetrachtung als nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer den christlichen Glauben ausreichend ernsthaft innerlich angenommen hat, sodass er auch bei geänderten Verhältnissen (wie einer Rückkehr in den Iran) weiterhin das Bedürfnis hätte, diesen innerlich und äußerlich auszuleben.

2.1.7. Die Feststellungen zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf dessen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben in der Beschwerdeverhandlung in Zusammenhang mit den von ihm vorgelegten Unterlagen sowie einem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem. Die Feststellung zu den Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers beruht auf dem Eindruck des erkennenden Richters in der Verhandlung sowie den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen.

2.2. Die Feststellungen zur Lage im Iran gründen sich auf das Länderinformationsblatt (LIB) der Staatendokumentation zum Iran vom 14.06.2019, welches im Rahmen der Ladungen zur Beschwerdeverhandlung in das Verfahren eingeführt wurde. Da das LIB auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruht und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bietet, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln, zumal der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung die Richtigkeit des LIB nicht in Frage stellte.

Das inzwischen veröffentliche aktualisierte LIB mit Stand 19.06.2020 enthält in den hier relevanten Teilen keine Aussagen, die ein maßgeblich anderes Bild zeichnen würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:

3.2.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Heimatstaat verlassen hat (objektive Nachtfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Antrag abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) oder er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob der Antragsteller tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

Verfolgung ist gemäß § 2 Abs. 11 AsylG jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie. Nach Art. 9 der Statusrichtlinie muss eine Verfolgungshandlung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist.

Unter anderem können als Verfolgung folgende Handlungen gelten:

-        Anwendung physischer oder psychischer, einschließlich sexueller Gewalt,

-        gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder diskriminierend angewandt werden,

-        unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

-        Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

-        Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich des Art 12 Abs 2 fallen und

-        Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter Verfolgung ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mehrfach mit drohender Verfolgung von zum christlichen Glauben konvertierten Muslimen im Iran befasst (zB. Erkenntnis vom 19.12.2001, 2000/20/0369; Ra 2014/01/0117). Danach kommt es darauf an, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, aus dies

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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