TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/21 W283 2230345-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.08.2020
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Entscheidungsdatum

21.08.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch

W283 2230345-2/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 1072898710/200325581 zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 10.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 27.03.2017 vollinhaltlich abgewiesen wurde. Gemäß § 8 Abs. 3a iVm 9 Abs. 2 AsylG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan unzulässig ist und wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts als unbegründet abgewiesen bzw. als verspätet zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer wurde während seines laufenden Asylverfahrens straffällig und wegen des Verbrechens der Vergewaltigung rechtskräftig verurteilt. Er befand sich von 23.04.2016 bis 22.04.2020 in Strafhaft.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 27.03.2020 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan festgestellt und ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und keine Frist für die freiwillige Ausreise erteilt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.04.2020 bzw. mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.05.2020 als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.04.2020 wurde über den Beschwerdeführer Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet und ausgesprochen, dass die Rechtsfolge nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft eintreten. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.04.2020 abgewiesen.

Seit seiner Entlassung aus der Strafhaft am 22.04.2020 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten.

Am 15.05.2020 wurde der Beschwerdeführer einer afghanischen Delegation vorgeführt und die Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreiszertifikates erteilt.

Am 10.08.2020 legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme und relevante Aktenteile zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 22.04.2020 durchgehend in Schubhaft. Es ist zu prüfen, ob unter der Voraussetzung des § 80 Abs. 4 FPG zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

1. Feststellungen:

1.1. Zum bisherigen Verfahren

1.1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 10.06.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 27.03.2017 vollinhaltlich abgewiesen wurde. Gemäß § 8 Abs. 3a iVm 9 Abs. 2 AsylG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan unzulässig ist und wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen und hinsichtlich Spruchpunkt II. als verspätet zurückgewiesen (W275 2156084-2/4E).

1.1.2. Der Beschwerdeführer wurde während seines laufenden Asylverfahrens straffällig und wegen des Verbrechens der Vergewaltigung rechtskräftig verurteilt. Er befand sich von 23.04.2016 bis 22.04.2020 in Strafhaft (Strafregister; Melderegister).

1.1.3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 27.03.2020 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, und eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie die Zulässigkeit der Abschiebung festgestellt und ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und keine Frist für die freiwillige Ausreise erteilt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.04.2020 bzw. mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.05.2020 als unbegründet abgewiesen (W275 2156084-2/4E).

1.1.4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.04.2020 wurde über den Beschwerdeführer Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet und ausgesprochen, dass die Rechtsfolge nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft eintreten. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.04.2020 abgewiesen (W117 2230345-1/7E).

1.1.5. Seit seiner Entlassung aus der Strafhaft am 22.04.2020 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten (Anhaltedatei).

1.1.6. Am 15.05.2020 wurde der Beschwerdeführer einer afghanischen Delegation vorgeführt und die Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreiszertifikates erteilt (AS 313).

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft

1.2.1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter (W124 2156084-1/8 E).

1.2.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 27.03.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen und gemäß § 8 Abs. 3a iVm 9 Abs. 2 AsylG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan unzulässig ist. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts als unbegründet abgewiesen bzw. als verspätet zurückgewiesen (W124 2156084-1/8 E).

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 27.03.2020 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, und eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie die Zulässigkeit der Abschiebung festgestellt und ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und keine Frist für die freiwillige Ausreise erteilt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.04.2020 bzw. mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.05.2020 als unbegründet abgewiesen (W275 2156084-2/4E).

1.2.3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.04.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Unter einem wurde ausgesprochen, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft eintreten. Seit dem 22.04.2020 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten (SIM Verfahren, AS 5; Anhaltedatei).

1.2.4. Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer leidet an Hämophilie A und erhält alle notwendigen Medikamente im Polizeianhaltezentrum. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung (AS 313; Anhaltedatei).

1.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

1.3.1. Gegen den Beschwerdeführer besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung (W275 2156084-2/4E).

1.3.2. Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer befand sich seit seiner Asylantragstellung am 10.06.2015 in Österreich 4 Jahre in Justizanstalten in Haft. Der Beschwerdeführer ist in Österreich behördlich ausschließlich im Polizeianhaltezentrum gemeldet. Er verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz (Auszug aus dem Melderegister).

Der Beschwerdeführer geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung (Anhaltedatei; AS 15).

1.3.3. Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht (Strafregister; Strafurteil).

Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende Verurteilung auf:

1.3.3.1. Mit Urteil eines Landesgerichtes als Jugendschöffengericht vom 31.01.2017 wurde der Beschwerdeführer als Mittäter gemeinsam mit zwei weiteren Tätern wegen des Verbrechens der Vergewaltigung (§§ 12, 201 Abs. 1 und Absatz 2 erster Fall) zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 6 Jahren verurteilt.

Der Verurteilung liegt eine Tathandlung zugrunde, wonach der Beschwerdeführer im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit zwei weiteren Mittätern am 22.04.2016 das Opfer mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich der mehrfachen digitalen Penetration genötigt hat, indem sie dem Opfer auf eine öffentliche Toilette folgten, wo die beiden Mittäter das Opfer gewaltsam packten und zu Boden auf die Knie stießen, ein Mittäter den Kopf des Opfers mehrmals gegen die Klomuschel stieß, die beiden Mittäter das Opfer unter Anwendung massiver Körperkraft auf den Boden niederdrückten, ihr Hose und Unterhose herunterrissen, ein Täter dem Opfer mit seiner rechten Hand zwischen die Beine auf den Genitalbereich des Opfers griff, ihr brutal und mit massiver Gewalt seine Finger in die Vagina, soweit er konnte, einführte und sie mehrmals heftig digital penetrierte, mehrmals versuchte, seinen Penis in ihre Vagina einzuführen, wobei er jedoch scheiterte, weil er diesen nicht erigieren und deswegen nur äußerlich an ihrer Vagina reiben konnte und sie gegen ihren erklärten Willen an ihren Brüsten und anderen Stellen des Körpers berührte, während ein weiterer Täter sie weiterhin auf den Boden drückte und ihr den Mund fest zuhielt, sodann der Beschwerdeführer die WC Kabine betrat, sich vor das Opfer kniete, ihre Knie gewaltsam auseinanderdrückte und seinen erigierten Penis in ihre Vagina einführte und trotz ihres heftigen Widerstandes bis zum Samenerguss penetrierte, während einer der Mittäter das Opfer zu Boden drückte und ein weiterer Mittäter dem Opfer mit der ganzen Hand den Mund und die Nase zuhielt. Der Beschwerdeführer und die Mittäter ergriffen in weiterer Folge die Flucht, als die Freundin des Opfers die Damentoilette betrat. Die Tat hatte eine schwere Körperverletzung, nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung (F 43.1), zu Folge. Mildernd wurden im Fall des Beschwerdeführers das bisher tadellose Vorleben, die äußerst ungünstigen Erziehungsverhältnisse als von seinen Eltern in die Flucht geschickter Jugendlicher und sein Beitrag zur Wahrheitsfindung gewertet. Als erschwerend wurden der Umstand des Angriffs von drei Tätern gegenüber einem Opfer in einer WC Kabine, wodurch das Opfer in eine kaum wehrfähige Situation gebracht wurde, die mehrfache Qualifikation der schweren Verletzung und die mehrfachen Tathandlungen gewertet. Im Rahmen der Beweiswürdigung wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer und die beiden Mittäter keinerlei Empathie für das Opfer und Reue zeigten. Mangels günstiger Zukunftsprognose mussten die Strafen auch unbedingt ausgesprochen werden. Am 22.04.2020 wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft bedingt entlassen (OZ 7; AS 311).

1.3.4. Der Beschwerdeführer ist nicht vertrauenswürdig. Der Beschwerdeführer wird sich einer Abschiebung widersetzen. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten.

1.3.5. Der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer wurde seitens der afghanischen Vertretungsbehörde am 15.05.2020 zugestimmt. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer in seinen Herkunftsstaat besteht zum Zeitpunkt dieser Entscheidung in hinreichendem Maße. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Rückführungen nach Afghanistan dauerhaft nicht möglich wären. Es ist im Entscheidungszeitpunkt von der Effektuierung der Abschiebung in den nächsten Monaten auszugehen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes das bisherige Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers betreffend (W117 2230345-1) und die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das Asylverfahren (W124 2156084-1) bzw. das fremdenbehördliche Verfahren (W275 2156084-2) betreffend, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

2.1. Zum bisherigen Verfahren

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das bisherige Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers (W117 2230345-1) und die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das Asylverfahren (W124 2156084-1) bzw. das fremdenrechtliche Verfahren (W275 2156084-2) betreffend.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft

2.2.1. Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers. Da der Asylantrag des Beschwerdeführers in Österreich rechtskräftig abgewiesen bzw. zurückgewiesen wurde, ist der Beschwerdeführer weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter (W124 2156084-1/8 E).

2.2.2. Die Feststellungen zum Verfahren hinsichtlich des Antrags auf internationalen Schutz und dem Vorliegen einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung und eines unbefristeten Einreiseverbots, ergibt sich aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichts (W124 2156084-1/8 E; W275 2156084-2/4E).

2.2.3. Dass gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.04.2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet wurde und ausgesprochen wurde, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft eintreten, sowie die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit dem 22.04.2020 aufgrund der Einsichtnahme in die Anhaltedatei und des im Akt aufliegenden Schubhaftbescheides festzustellen (SIM Verfahren, AS 5; Anhaltedatei).

2.2.4. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war (Anhaltedatei). Dass der Beschwerdeführer an Hämophilie A leidet und alle notwendigen Medikamente im Polizeianhaltezentrum erhält ergibt sich aufgrund der Aktenlage. Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft (AS 313; Anhaltedatei).

2.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

2.3.1. Dass gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht, war aufgrund der Einsichtnahme in den Gerichtsakt festzustellen (W275 2156084-2/4E).

2.3.2. Dass der Beschwerdeführer in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte hat, war aufgrund seiner eigenen Angaben vor dem Bundesamt am 18.07.2019 festzustellen (AS 15).

Das Fehlen eines gesicherten Wohnsitzes ergibt sich im Wesentlichen aus dem Einblick in das zentrale Melderegister und aufgrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt am 18.07.2019 (AS 15). Der Beschwerdeführer hat in der Vergangenheit behördliche Meldungen an Justizanstalten im Ausmaß von 4 Jahren vorzuweisen, was sich aufgrund der Einsicht in das Melderegister ergibt. Aus dem Melderegister ist zudem zu ersehen, dass der Beschwerdeführer aktuell über keine Meldeadresse außerhalb des Anhaltezentrums verfügt.

Eine nachhaltige Existenzsicherung ist mangels ausreichender Geldreserven, wie dies in der Anhaltedatei ersichtlich ist, nicht zu erblicken. Mit Datum 10.08.2020 verfügte der Beschwerdeführer lediglich über € 400,-- an Barmitteln (Anhaltedatei). Einer legalen Erwerbstätigkeit zur Erlangung einer Selbsterhaltungsfähigkeit steht das Fehlen einer diesbezüglichen Bewilligung entgegen und hat der Beschwerdeführer eine Beschäftigung auch verneint (AS 15).

2.3.3. Dass der Beschwerdeführer die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, war aufgrund seiner rechtskräftigen Verurteilung festzustellen.

Die rechtskräftige Verurteilung ergibt sich aufgrund der Einsichtnahme in das Strafregister und das im Akt aufliegenden Strafurteil (OZ 7).

2.3.4. Die fehlende Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass er aufgrund seines Vorverhaltens, wonach er wegen des Verbrechens der Vergewaltigung von einem österreichischen Gericht rechtskräftig verurteilt wurde, für sich keine Vertrauenswürdigkeit in Anspruch nehmen kann. Dass sich der Beschwerdeführer einer Abschiebung widersetzen wird, war aufgrund seiner eigenen Angaben am 18.07.2019 festzustellen, wonach der Beschwerdeführer zwar angab, dass er sich einer Abschiebung nicht widersetzen würde, aber in eine Abschiebung nicht einwilligen würde. Er gab zudem an, dass er nie in Afghanistan gewesen sei und nicht wisse wie es dort aussehe und zudem sei es dort brandgefährlich (AS 17 ff). Vor dem Hintergrund der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung und der zeitnah bevorstehenden Abschiebung des Beschwerdeführers, war auch die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten wird.

2.3.5. Die Feststellungen zum Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer beruht auf dem Akteninhalt und der Stellungnahme des Bundesamtes vom 07.08.2020. Die Feststellungen zu Es sind keine Hinweise hervorgekommen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhafthaftdauer nicht möglich ist. Insbesondere liegen dem Gericht zum Entscheidungszeitpunkt keinerlei Hinweise dafür vor, dass Rückführungen nach Afghanistan dauerhaft nicht möglich wären. Aufgrund der allgemeinen Lage im Hinblick auf die Wiederaufnahme des internationalen Flugverkehrs ist im Entscheidungszeitpunkt von der Effektuierung der Abschiebung in den nächsten Monaten auszugehen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Fortsetzungsausspruch

3.1. Gesetzliche Grundlagen

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:

§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:

§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 lautet:

§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1.

drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2.

sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1.

die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.

eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.

der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.

die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

§ 80 Abs. 4 FPG idF der Novelle BGBl. I Nr. 70/2015 lautete (Hervorhebung durch das Bundesverwaltungsgericht):

(4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1.

weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2.

weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3.

weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt.

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monate nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrechterhalten werden.

3.1.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.2. Zur Judikatur

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

3.3. Allgemeine Voraussetzungen

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Gegen den Beschwerdeführer besteht eine durchsetzbare und rechtskräftige Rückkehrentscheidung und wurde ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen. Daher war die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich.

3.4. Fluchtgefahr

Fluchtgefahr ist dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Da gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige, durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt und das Verfahren ergeben hat, dass der Beschwerdeführer nicht vertrauenswürdig ist und sich einer Abschiebung widersetzen wird bzw. sich durch Untertauchen entziehen wird, ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.

Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des Beschwerdeführers Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Er verfügt im Inland über keinerlei enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist auch nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb keinerlei soziales Netz vorhanden ist, welches ihn vom Untertauchen bewahren könnte. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich ebenfalls vor.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG vor.

3.5. Sicherungsbedarf

Sicherungsbedarf ist zu bejahen, wenn die Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers gegeben oder wahrscheinlich ist oder ein wesentliches Erschweren der Abschiebung zu erwarten ist.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Es liegt eine den Beschwerdeführer betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme sowie ein unbefristetes Einreisverbot vor und der Ausstellung eines Heimreisezertifkates wurde bereits zugestimmt. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des Beschwerdeführers noch ist er sonst sozial verankert. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach und fehlt es auch an einer erforderlichen Bewilligung.

Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.6. Verhältnismäßigkeit

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der Beschwerdeführer wurde als wegen des Verbrechens der Vergewaltigung strafrechtlich verurteilt. Er hat dabei im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit zwei weiteren Tätern das Opfer mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt. Diese Tat des Beschwerdeführers und seiner Mittäter hatte eine schwere Körperverletzung, nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung zu Folge. Aus dem Urteilstenor war zudem abzuleiten, dass der Beschwerdeführer und die beiden Mittäter keinerlei Empathie für das Opfer und Reue zeigten. Zudem wurde bei der Strafbemessung erschwerend berücksichtigt, dass der Angriff von drei Tätern gegenüber einem Opfer in einer WC Kabine, wodurch das Opfer in eine kaum wehrfähige Situation gebracht wurde. Weiters wurden die mehrfache Qualifikation der schweren Verletzung und die mehrfachen Tathandlungen erschwerend gewertet. Mangels günstiger Zukunftsprognose mussten die Strafen auch unbedingt ausgesprochen werden.

Da der Beschwerdeführer das Verbrechen der Vergewaltigung begangen hat, gefährdet der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Daher besteht ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers.

Betrachtet man die Interessen des Beschwerdeführers an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer familiäre Kontakte und andere enge soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht vorweisen konnte die im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen geeignet waren. Der Beschwerdeführer hat massiv gegen strafrechtliche Bestimmungen verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Es wurde auch ein unbefristetes Einreiseverbot verhängt. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Gerichts nunmehr ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des Beschwerdeführers im Inland rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des Beschwerdeführers bekundet. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers, der keine engen Kontakte und keine Angehörigen in Österreich hat, weit weniger schwer als das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers.

Es wurde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bei der Vertretungsbehörde betrieben und der Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugestimmt. Wie sich aus der medialen Berichterstattung ergibt, ist der Flugverkehr aus Österreich auf Grund der derzeitigen Pandemie (Covid-19) zwar noch immer eingeschränkt, es finden aber bereits gestaffelte Lockerungen der Covid-19 Maßnahmen statt, sodass eine realistische Möglichkeit der Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer der Schubhaft besteht. Aus derzeitiger Sicht ist auch damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Einschränkungen im Zusammenhang mit Covid-19 weiter gelockert werden und Abschiebungen sohin auch wieder durchführbar sein werden. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht aus aktueller Sicht weiterhin. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand mit wenigen Monaten, abhängig von den Entwicklungen im internationalen Flugverkehr, einzustufen. Eine ehestbaldige Abschiebung des Beschwerdeführers unmittelbar nach Wiederaufnahme der Luftabschiebungen ist aus derzeitiger Sicht jedenfalls realistisch. Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es trotz der Einschränkungen im Flugverkehr fallbezogen noch vertretbar eine Schubhaft in Erwartung einer Lockerung der Reisebeschränkungen vorerst aufrecht zu erhalten (VwGH vom 12.05.2020, Ra 2020/21/0094).

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

3.7. Gelinderes Mittel

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des Beschwerdeführers nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung des Verfahrens, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.8. Ultima ratio

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.9. Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und der Stellungnahme der belangten Behörde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Haftfähigkeit Heimreisezertifikat Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft Ultima Ratio Untertauchen Verbrechen Vergewaltigung Verhältnismäßigkeit Vertrauenswürdigkeit
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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