Entscheidungsdatum
07.09.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W282 2233699-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: Serbien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom XXXX 2020, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbots auf 18 Monate herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger Serbiens, wurde am XXXX .2020, vormittags von Beamten der Finanzpolizei des Finanzamts Hollabrunn – Korneuburg – Tulln, in XXXX auf einer Baustelle bei der Durchführung von nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bewilligungspflichtigen Tätigkeiten angetroffen ohne im Besitz einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung oder eines Aufenthaltstitels gewesen zu sein. Der BF war dort mit zwei anderen serbischen Staatsbürgern mit der Errichtung eines Flugdaches beschäftigt. In der Folge setzten die einschreitenden Organe das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge Bundesamt oder belangte Behörde) vom Sachverhalt in Kenntnis. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erließ gegen den Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG einen Festnahmeauftrag.
2. Der BF wurde in Folge zu den Vorhalten noch am XXXX .2020 vom Bundesamt einvernommen. Dabei gab der BF an, er habe bereits die zwei vorhergehenden Tage auf dieser Baustelle gearbeitet und sei seit ca. einem Monat in Österreich. Er habe eine Partnerin im Bundesgebiet, die er regelmäßig besuche und sei mit einem LKW-Fahrer, der ihn mitgenommen habe, eingereist. Auf den Vorhalt, dass er keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet habe, änderte der BF seine Angaben zu seiner Aufenthaltsdauer und behauptete nunmehr, er habe sich geirrt, er sei erst ca. 10 Tage im Bundegebiet. Er sei eingereist um seine Freundin zu besuchen, er habe aber keinen Wohnsitz im Inland. Er sei eigentlich ausgebildeter Psychologe, finde aber in Serbien keine Arbeit. Er sei mit 700€ eingereist habe aber sonst keine Möglichkeit legal an Bargeld zu kommen; jetzt besitze er nur noch 11€. Weiters spreche er auch Deutsch. Wenn gegen ihn ein Einreiseverbot erlassen werde, könne er seine Freundin nicht besuchen. Zum Vorhalt der illegalen Beschäftigung gab er an, nur einem Bekannten - einem bosnischen Staatsbürger - geholfen zu haben, er habe dafür kein Geld erhalten.
3. Über den BF wurde in Folge die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verhängt.
4. Mit Bescheid vom XXXX .2020 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Niederösterreich zur im Spruch angegeben GZ den angefochtenen Bescheid, mit welchem dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen iSd § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wurde (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen wurde (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 46 FPG eine Abschiebung nach Serbien für zulässig erklärt wurde (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG ein auf fünf Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen wurde (Spruchpunkt IV.), eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt wurde (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannt wurde (Spruchpunkt VI.). Der BF wurde in Folge am XXXX 2020 auf dem Landweg nach Serbien abgeschoben.
6. Der Beschwerdeführer erhob durch seinen von Amts wegen zur Seite gestellte Rechtsberaterin gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde, diese jedoch inhaltlich beschränkt auf den Spruchpunkt IV. (Einreiseverbot). Der Beschwerdeführer beantragte darin das Einreiseverbot zu beheben bzw. in eventu die Dauer des Einreiseverbots zu reduzieren.
7. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 05.08.2020 vom BFA vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Serbiens. Seine Identität steht fest, er ist im Bundesgebiet strafrechtlich unbescholten.
1.2 Er ist ledig, gesund und erwerbsfähig; er suchte vor seiner Einreise in das Bundesgebiet Arbeit als Psychologe in Serbien, konnte eine solche aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage dort aber nicht finden. Der BF hat eine Partnerin im Bundesgebiet, die er regelmäßig besucht, mit der er jedoch nicht in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt. Der BF hat die nach dem MeldeG vorzunehmende Anmeldung anlässlich seines Aufenthalts unterlassen.
1.3 Der BF ist Anfang Juli 2020 in das Bundegebiet eingereist. Der BF wurde am XXXX .2020 von Beamten der Finanzpolizei in XXXX gemeinsam mit zwei weiteren serbischen Staatangehörigen bei einer nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bewilligungspflichtigen Tätigkeit betreten, ohne im Besitz einer solchen arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung zu sein. Der BF verfügt auch sonst über keinen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet. Der BF wurde zum ersten Mal bei einer derartigen - gegen das AuslBG verstoßenden - Beschäftigung betreten. Der BF wurde in Folge festgenommen und nach Ergehen des angefochtenen Bescheides am XXXX 2020 auf dem Landweg nach Serbien abgeschoben.
1.4. Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet stellt eine in ihrem Ausmaß moderate Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar.
2. Beweiswürdigung:
2.1 Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde (insbesondere in die Niederschrift der Einvernahme des BF am XXXX .2020 und die Mitteilung des Finanzamts Hollabrunn-Korneuburg-Tulln über die Betretung des BF bei eine gegen das AuslBG verstoßenden Tätigkeit vom XXXX .2020), in den bekämpften Bescheid sowie in den Beschwerdeschriftsatz. Auskünfte aus dem Strafregister (SA) und dem Zentralen Melderegister (ZMR) sowie aus dem „Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister“ und dem Grundbuch hinsichtlich des Betretungsortes in XXXX wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
2.2 Die Feststellungen zur Einreise des BF und der Existenz seiner Freundin im Bundesgebiet ergeben sich aus seinen Angaben anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt (AS 23f) und den Angaben in der Beschwerde (AS 145f). Soweit der BF just auf den Vorhalt hin, er sei schon ein Monat ohne Meldung im Bundegebiet, bei seiner Einvernahme plötzlich behauptet, er habe sich bei der ersten Angabe zum Einreisedatum geirrt, erscheint dies nicht glaubwürdig.
2.3 Die Feststellungen zu den Umständen der Betretung bei einer nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bewilligungspflichtigen Tätigkeit am XXXX vormittags, in XXXX stützen sich auf die schriftliche Mitteilung und Bestätigung der Finanzpolizei des Finanzamtes Hollabrunn-Korneuburg-Tulln (AS 11f). In dieser Mitteilung wird von dem zuständigen Beamten hinsichtlich des BF und zweier weiterer Personen amtlich bestätigt, dass diese am oben genannten Tag und am oben genannten Ort entgegen § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit a) Ausländerbeschäftigungsgesetz Tätigkeiten durchgeführt haben, für deren rechtmäßige Ausführung eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung Vorrausetzung ist. Den genannten Personen wäre aber keine solche Bewilligung erteilt worden. Wenn der BF dem entgegenzutreten versucht, indem er behauptet, es habe sich nur um einen unentgeltlichen Freundschaftsdienst gehandelt, schließt das grundsätzlich eine gegen das AuslBG verstoßende Beschäftigung nicht aus.
2.4 Der Umstand, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit gefährdet ergibt sich aus seiner Betretung bei der Ausübung einer arbeitsmarktrechtlich illegalen Beschäftigung sowie aus der Verletzung seiner Meldeverpflichtung nach dem MeldeG.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zum Beschwerdeumfang ist im Hinblick auf die vorgebrachten Beschwerdegründe und die erstatteten Beschwerdeanträge (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) festzuhalten, dass iSd § 27 VwGVG eine Teilanfechtung trennbarer Absprüche vorliegt, die den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichts entsprechend beschränkt (VwGH 26. 3. 2015, Ra 2014/07/0077, Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG §9 VwGVG, Rz 40). Als angefochten gilt daher nur Spruchpunkt IV. (Einreiseverbot) des angefochtenen Bescheids, die übrigen Spruchpunkte sind daher bereits in Rechtskraft erwachsen.
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.
Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner serbischen Staatsangehörigkeit demnach Fremder iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Zu A)
3.1 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Im gegenständlichen Fall blieb die Rückkehrentscheidung durch die Beschwerde unbekämpft, die Beschwerde richtet sich im Übrigen gegen das Einreiseverbot, in eventu gegen die Dauer dessen Befristung.
§ 53 Abs. 1 und 2 FPG lauten auszugsweise wie folgt:
„53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. [..]
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
[..]
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
Die §§ 2 und 28 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 2. (1) Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.
(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung
a) in einem Arbeitsverhältnis,
b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,
d) nach den Bestimmungen des § 18 oder
e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 1 und 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, und des § 5a Abs. 1 des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287.
(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind
a) in den Fällen eines arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnisses (Abs. 2 lit. b) der Vertragspartner,
b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, sofern nicht lit. d gilt, oder der Veranstalter,
c) iin den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und des § 5a Abs. 3 des Landarbeitsgesetzes 1984,
d) der ausländische Dienstleistungserbringer, dem eine EU-Entsendebestätigung nach Maßgabe des § 18 Abs. 12 auszustellen ist und
e) der Inhaber der Niederlassung, die einen unternehmensintern transferierten Arbeitnehmer (§ 2 Abs. 13) beschäftigt.
§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,
1. Wer
a) entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU, Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („ICT“), Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („mobile ICT“), Aufenthaltsbewilligung „Familiengemeinschaft“ mit Zugang zum Arbeitsmarkt (§ 20f Abs. 4)“ oder „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ oder keine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, keine „Aufenthaltsberechtigung plus“, keinen Befreiungsschein (§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt, oder [..]“
Im gegenständlichen Fall verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer ein auf fünf Jahre befristetes Einreiseverbot und stützte sich dabei auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG.
Bei der Abwägung der für ein Einreiseverbot in Folge zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 bzw. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 20. 12. 2011, 2011/23/0256). Weiters ist diese Prognose auf den Zeitpunkt der Ausreise des Fremden auszurichten, die im gegenständlichen Fall im August 2020 erfolgte. Der gemeinschaftsrechtliche Begriff „Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit“ ist weit gefasst und schließt sämtliche Gefährdungsbereiche, also auch die gesamte Verwaltungspolizei mit ein (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 53 FPG 2005 Rz 2)
Im Rahmen der durchzuführenden Gefährdungsprognose im Hinblick darauf, ob, wie lange und in welcher Schwere vom Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgeht, ist daher wie folgt festzuhalten:
Zu allererst ist - wie von der belangten Behörde zutreffend in ihrer Begründung herangezogen - jedenfalls der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG erfüllt, da der BF – wie von der Finanzpolizei mit Schreiben vom XXXX .2020 gegenüber dem Bundesamt bestätigt wurde - am XXXX .2020 von der Finanzpolizei bei einer Beschäftigung (Bauarbeiten) betreten wurde, für deren legale Ausübung er als Drittstaatsangehöriger eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung benötigt hätte, über die er jedoch nicht verfügt. Ob der Einwand des BF, er habe nur einen unentgeltlichen Freundschaftsdienst erbracht, der Wahrheit entspricht oder nicht, kann in rechtlicher Hinsicht dahingestellt bleiben:
„Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für den Beschäftigtenbegriff des § 2 Abs. 2 AuslBG grundsätzlich maßgebend, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG ist auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Sogenannte Gefälligkeitsdienste fallen dann nicht unter den Begriff der bewilligungspflichtigen Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG, wenn sie nicht nur kurzfristig, freiwillig und unentgeltlich, sondern auch aufgrund spezifischer Bindungen zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger erbracht werden. Nach ständiger Rechtsprechung könnte allenfalls eine Tätigkeit etwa im Rahmen und wegen eines Verwandtschaftsverhältniss es zwischen Beschäftiger und Beschäftigtem als Freundschaftsdienst zählen (vgl. VwGH 28.3.2017, Ra 2017/09/0011, mwN).“ (VwGH 25.04.2019, Ra 2019/09/0048).
Der BF bringt ggst. nicht vor, mit dem Eigentümer des Grundstücks, der im Hinblick auf
§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 3 lit a) AuslBG als Arbeitgeber gilt, verwandt zu sein. Die vom VwGH geforderte „spezifische Bindung“ zwischen dem BF als Beschäftigten und seinem Bekannten, der gleichzeitig auch der Grundstückseigentümer ist, liegt daher jedenfalls nicht vor. Andernfalls wäre es auch Sache des BF gewesen, nachzuweisen, dass die Bindung zwischen ihm und seinem Bekannten derart intensiv ausgeprägt ist, dass von einer verwandtschaftsgleichen Beziehung auszugehen ist (zur Behauptungs- und Mitwirkungspflicht hierzu: VwGH 9.10.2006, Zl. 2005/09/0089). Letztlich geht daher das Bundesamt zu Recht von der Erfüllung des Tatbestandes des § 53 Abs.2 Z 7 FPG aus.
Weiters ist dem BF vorzuwerfen, dass er trotz seiner Einreise bereits ein Monat vor seiner Betretung bei einer illegalen Beschäftigung die entsprechende Wohnsitzmeldung unterließ, wodurch er gegen das MeldeG verstoßen hat. Soweit der BF just auf diesen Vorhalt bei seiner Einvernahme behauptet hat, er habe sich bei der ersten Angabe zum Einreisedatum geirrt, erscheint dies nicht glaubwürdig. Weiters gibt der BF an, in Serbien in seinem erlernten Beruf als Psychologe aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage keine Beschäftigung zu finden. Der Umstand, dass der BF in seinem Heimatland nur geringe Aussichten auf eine Beschäftigung hat, erhöht jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass der BF erneut im Bundesgebiet einer arbeitsmarktrechtlich unzulässigen Beschäftigung nachgehen wird, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, was wiederum auch die vom BF ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung erhöht.
Zusammengefasst ist daher neben der Erfüllung der oben zitierten Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG, im Hinblick auf die Umstände der den Verurteilungen zu Grunde liegenden Straftaten, von einer moderaten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch den Aufenthalt des BF im Bundesgebiet auszugehen.
„Aus der grundsätzlichen Geltung des Einreiseverbotes für das gesamte Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten folgt vielmehr, dass die Frage nach dem Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden darf, sondern es ist auch die Situation des Fremden in den anderen Mitgliedstaaten in den Blick zu nehmen“ (VwGH 15. 12. 2011, 2011/21/0237, VwGH 28. 5. 2015, Ra 2014/22/00379).“
In diesem Zusammenhang ist insbesondere der Umstand Gunsten des BF zu berücksichtigen, dass der BF über eine Partnerin im Bundesgebiet verfügt, mit der er jedoch nicht in keinem gemeinsamen Haushalt lebt, weshalb diesbezüglich kein Eingriff in das Familienleben iSd Art. 8 EMRK, sondern nur ein Eingriff in das Privatleben des BF angenommen werden kann.
„Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) - oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes - hat allerdings regelmäßig nur dann stattzufinden, wenn von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht. Das wird verschiedentlich dann der Fall sein, wenn der Drittstaatsangehörige "bloß" einen der Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 FPG erfüllt. Ist dagegen davon auszugehen, dass es sich um einen Drittstaatsangehörigen handelt, von dessen Aufenthalt im Sinn des § 53 Abs. 3 FPG eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgeht, so wird in aller Regel - freilich abhängig von den sonstigen Umständen des Einzelfalles - ein längerfristiges Einreiseverbot zu verhängen sein [..]“ (VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125; VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207).
Im Ergebnis zeigt sich im Hinblick auf die Person des Beschwerdeführers damit ein Charakterbild, das die Achtung der österreichischen Rechtsordnung und va. arbeitsmarktrechtlicher und melderechtlicher Bestimmungen deutlich vermissen lässt. Dennoch ergibt sich aus der obigen Abwägung der Gefährdungsprognose kein Bild des BF, dass eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet begründet, zumal der BF zum ersten Mal bei einer illegalen Beschäftigung betreten wurde. In Ansehung des Privatlebens des BF im Bundesgebiet kann daher aus Sicht des erkennenden Richters mit einem achtzehnmonatigen Einreiseverbot das Auslangen gefunden werden. Binnen dieses Zeitraums ist davon auszugehen, dass dem BF sein unrechtmäßiges Verhalten vor Augen geführt wird und der BF zukünftig keine Gefahr für die öffentliche Ordnung mehr darstellen wird. Dementgegen vermag die Gefährdungsprognose die von der belangten Behörde verhängte Höchstfrist von fünf Jahren nicht zu tragen:
„Das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen darf aber nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des Abs. 3 Z 1 bis 8 FrPolG 2005 vorliegt (Hinweis E 15. Dezember 2011, 2011/21/0237)“ (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002).
Soweit dies einen Eingriff in das Privatleben des BF und seiner im Bundesgebiet aufhältigen Partnerin mit sich bringt, ist dieser im öffentlichen Interesse hinzunehmen, zumal der BF auch in Serbien von seiner Partnerin besucht werden kann, sowie auch der Kontakt über Fernkommunikationsmittel aufrechterhalten werden kann. Eine weitere Reduzierung des Einreiseverbots oder dessen gänzlicher Entfall kommt jedoch aufgrund der vom BF ausgehenden (moderaten) Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht in Betracht.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG war daher der Beschwerde teilweise stattzugeben und die Befristung des Einreiseverbots auf 18 Monate zu reduzieren.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Einleitend ist festzuhalten, dass weder vom Beschwerdeführer noch von der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung beantragt wurde.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 Abs. 4 VwGVG.
Der Sachverhalt wurde durch die belangte Behörde vollständig erhoben, und ergibt sich im Übrigen widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt bzw war nur in Detailaspekten ergänzungswürdig, wobei die Ergänzungen aufgrund der Aktenlage vorgenommen werden konnten. Der Sachverhalt weist auch die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht in den tragenden Gründen ebenfalls angeschlossen. Die wesentlichen Feststellungen blieben unbestritten, lediglich im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung iSd der Abwägung der Gefährdungsprognose erschien der angefochtene Bescheid ergänzungsbedürftig.
„Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung des Weiteren bereits festgehalten, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG (selbst bei anwaltlich Vertretenen) auch ohne Antrag von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen hat, wenn es dies für erforderlich hält, wobei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ohne Parteiantrag nicht im Belieben, sondern im pflichtgemäßen Ermessen des Verwaltungsgerichtes steht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 9. September 2014, Ro 2014/09/0049, vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/19/0085, und vom 22. Jänner 2015, Ra 2014/21/0019). Dies ist nach der Rechtsprechung etwa dann anzunehmen, wenn die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde substantiiert bekämpft und/oder ein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet wird (vgl. nochmals das erwähnte Erkenntnis vom 27. Jänner 2015, mwN).“ (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/19/0171)
Zu B)
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen (jeweils in der Begründung zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Dauer Einreiseverbot Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Herabsetzung illegale Beschäftigung TeilstattgebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W282.2233699.1.00Im RIS seit
11.12.2020Zuletzt aktualisiert am
11.12.2020