Entscheidungsdatum
08.09.2020Norm
BFA-VG §18 Abs5Spruch
W282 2234807-1/3Z
TEILERKENNTNIS
im namen der republik!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA über die Beschwerde des XXXX geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Kosovo, vertreten durch RA Dr. Peter PHILIPP, wegen Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2020, Zl. XXXX , betreffend Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, zu A) zu Recht und beschließt zu B):
A)
Der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge binnen einer Woche nach Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
C)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG gegenüber dem Beschwerdeführer (BF) als begünstigter Drittstaatsangehöriger ein auf der Dauer von 3 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt III.)
Am 06.07.2020 erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid. Darin wird erkennbar auch Spruchpunkt III. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) bekämpft und ua. beantragt „der Beschwerde binnen einer Woche nach Vorlage [..] die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen“.
Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 07.09.2020 vom BFA vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF lebt seit 2015 im Bundesgebiet, er verfügt aufgrund seiner Ehe mit einer slowakischen Staatangehörigen, die in Österreich niedergelassen ist bzw. niedergelassen war über eine Aufenthaltskarte als deren Familienangehöriger, er ist begünstigter Drittstaatsangehöriger.
Der BF wurde im Bundesgebiet einmal strafgerichtlich wegen Verstößen gegen das WaffG und gegen das SMG verurteilt
Nach den Angaben des BF lebt seine Ex-Frau im Bundesgebiet des BF, mit der der BF gemeinsam einen Kaffeehausbetrieb in Wien 16 führt. Der BF bestreitet seinen Lebensunterhalt durch Betrieb dieses Kaffeehauses.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG und aus dem Beschwerdeschriftsatz, sowie den dort beigelegten Urkunden (GISA Auszug).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Prozessgegenstand und Prüfungsumfang:
Vorab ist festzuhalten, dass Gegenstand der vorliegenden und in Form eines Teilerkenntnisses ergehenden Entscheidung nur jener Spruchteil des mit der Beschwerde angefochtenen Bescheides ist, mit dem gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt wurde, weshalb sich die Prüfung auf jene Teile des Beschwerdevorbringens beschränkt (§ 27 VwGVG), welche sich gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung richten.
Die Entscheidung des erkennenden Gerichts in der Hauptsache, das heißt hinsichtlich aller übrigen mit der gegenständlichen Beschwerde angefochtenen Spruchpunkte des Bescheides, ergeht zu einem späteren Zeitpunkt gesondert.
3.2. Zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde
§ 18 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet wie folgt:
„(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.“
Die belangte Behörde stützte sich dabei im Wesentlichen auf die einzige rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des BF vom Oktober 2019 zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, wobei davon 6 Monate bedingt nachgesehen wurden.
Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-) Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
Aus dem Beschwerdevorbringen gehen insofern konkrete Anhaltspunkte für eine dem BF bei einer Außerlandesbringung drohende Art. 8 EMRK-Verletzung einher, als in diesem auf ein in Österreich bestehendes ausgeprägtes Privatleben des BF eingegangen wird, da er Gewerbeinhaber eines Kaffeehausbetriebs in Wien 16 ist, in dem auch seine Ex-Ehefrau arbeitet. Im Falle einer sofortigen Durchsetzung der aufenthaltsbeenden Maßnahme erschiene die Fortsetzung dieses Gewerbebetriebs und somit der wirtschaftlichen Existenz des BF nachhaltig gefährdet. Das vom BF behauptete reale Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmung kann bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens nicht von vornherein ausgeschlossen werden, weswegen spruchgemäß zu entscheiden war.
Der Beschwerde hinsichtlich des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Zu Spruchteil B):
3.3 Zur Zurückweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Der VwGH hält in seiner Rechtsprechung zu § 18 Abs. 5 BFA-VG wie folgt fest:
„Der Verwaltungsgerichtshof hat - insoweit ist dem Bundesverwaltungsgericht beizupflichten - in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG regelt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen hat. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - wie er etwa in § 13 Abs. 3 und 4 und § 22 Abs. 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehen ist - ist in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen.
Die Systematik des § 18 BFA-VG, wonach die aufschiebende Wirkung von der Behörde aberkannt werden kann (Abs. 1) und einer Beschwerde vom Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung (wieder) zuerkannt werden kann (Abs. 5), entspricht der Systematik des § 13 Abs. 2 und 5 VwGVG: Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausschließen, gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden.
Auch im Rahmen des § 18 BFA-VG kann sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG wenden.
Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren ist ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG gesetzlich nicht vorgesehen. Es kann dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen.
Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG ist somit unzulässig (vgl. zum Ganzen den hg. Beschluss vom 13. September 2016, Fr 2016/01/0014).“ (VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023).
Es gibt keinen Grund davon auszugehen, dass diese Rechtsprechung nicht uneingeschränkt auf die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 3 BFA-VG übertragbar sein sollte. § 18 Abs. 3 leg. cit. stellt lediglich eine inhaltlich zu § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG mutatis mutandis lex specialis dar, deren Unterschied nur in den Normadressaten besteht. Während bei Abs. 2 Z 1 der genannten Bestimmung Drittstaatsangehörige im Fokus stehen, regelt deren Abs. 3 dies mit gleichem Regelungsinhalt für begünstigte Drittstaatsangehörige, EWR Bürger und Schweizer Bürger.
Dass die Judikatur des VwGH zu § 18 Abs. 5 BFA-VG auch auf die Aberkennung nach § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG anwendbar ist, hat der VwGH selbst ausgesprochen (VwGH 19.10.2017, Ra 2017/18/0278, VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0224). Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat daher gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG durch das BVwG von Amts wegen zu erfolgen, weshalb darauf gerichtete Beschwerdeanträge unzulässig sind
Aus dem Gesagten erweist sich daher der in der Beschwerde gestellte Antrag, der Beschwerde binnen einer Woche nach Vorlage die aufschiebende Wirkung (Anm.: erkennbar nach § 18 Abs. 5 BFA-VG) zuzuerkennen, als unzulässig und war daher zurückzuweisen.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG entfallen. Hinsichtlich der Zurückweisung des Beschwerdeantrags in Spruchteil B) konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil dieser Beschwerdeantrag a limine als unzulässig zurückzuweisen war.
Zu Spruchteil C):
Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen vor dem Hintergrund der in der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des VwGH keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Antragsrecht aufschiebende Wirkung unzulässiger Antrag ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W282.2234807.1.00Im RIS seit
11.12.2020Zuletzt aktualisiert am
11.12.2020